Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. freiwillig Versicherter (hier: Schüler einer allgemeinbildenden Schule). Höhe. Mindestbeitrag. Beitrag. Pflichtversicherter (zB Student). Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist nicht verletzt, wenn die Mindestbeiträge freiwillig Versicherter (hier: Schüler einer allgemeinbildenden Schule) höher sind als die Beiträge mancher Pflichtversicherter, zB der Studenten (vgl ua BSG vom 07.11.1991 - 12 RK 37/90 = SozR 3-2500 § 240 Nr 6)

 

Tatbestand

Der 1989 geborene Kläger ist Schüler und freiwilliges Mitglied der Beklagten. Der Vater und Prozeßbevollmächtigte des Klägers ist selbständiger Rechtsanwalt und privat gegen Krankheit versichert, die Mutter des Klägers ist Pflichtmitglied der Beklagten. Sie übt als Angestellte eine versicherungspflichtige Teilzeittätigkeit bei ihrem Ehemann aus (monatliches Entgelt derzeit DM 680,--).

Der Bevollmächtigte des Klägers wandte sich mit Schreiben vom 02.02.1996 an die Beklagte mit dem Antrag, die monatlichen Beiträge der Höhe nach neu festzusetzen, so dass sie monatlich DM 50,-- nicht überschreiten. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 02.05.1996 mit der Begründung ab, nach den gesetzlichen Bestimmungen sei die Beitragseinstufung für freiwillige Mitglieder mindestens nach einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße vorzunehmen. Eine Sondereinstufung für den Kläger könne nicht vorgenommen werden.

Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch wurde beantragt, für die Beitragsbemessung ein Einkommen höchstens in Höhe des Kindergeldes heranzuziehen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 02.12.1996 zurück. Die Beiträge seien zutreffend berechnet worden. Das Bundessozialgericht habe festgestellt, dass die zwingende Regelung des § 240 Abs. 4 SGB V (Mindestbeiträge) nicht verfassungswidrig sei.

Hiergegen richtete sich die zum Sozialgericht München erhobene Klage, mit der geltend gemacht wird, die Beitragsbemessung unter Zugrundelegung eines fiktiven Mindesteinkommens, das realitätsfern sei, sei rechtswidrig. Sie widerspreche bereits § 240 Abs. 1 SGB V, wonach sich die Beitragsbemessung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu orientieren habe. Außerdem sei höherrangiges Recht verletzt. Die Eltern würden in verfassungswidriger Weise kostenmäßig ausgebeutet. Es sei im Übrigen willkürlich und sachfremd, den Kläger gegenüber Studenten, deren Beitragslast eine viel geringere sei, zu benachteiligen und ungleich zu behandeln. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.04.1988 teilte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit, die monatliche Belastung für die Krankenversicherung der ganzen Familie (Pflichtversicherung Ehefrau, freiwillige Krankenversicherung der Söhne und private Krankenversicherung des Ehemannes) betrage im Monat 1.300,-- DM.

Die Klage wurde mit Urteil vom 29.04.1998 abgewiesen. Das Sozialgericht bezog sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach bei freiwilliger Krankenversicherung die Mindestgrenze des § 240 Abs. 4 SGB 5 nicht unterschritten werden dürfe. Diese Regelung sei auch im Fall des Klägers nicht verfassungswidrig.

Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung macht der Klägerbevollmächtigte geltend, im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts sei es der Normalfall, dass Kindern die beitragsfreie Versicherung verwehrt werde, weil der selbständig tätige Partner, der die Hauptverdienerrolle hat, in der Regel mehr verdiene als der pflichtversicherte Partner. Es sei zwar richtig, dass der Kläger sich privat versichern könnte, was für ihn sogar günstiger sei. Darüber werde aber nicht gestritten. Streitgegenstand sei die Frage, ob die Beitragslast verfassungskonform sei, wenn der Kläger sich entschieden habe, der Solidargemeinschaft angehören zu wollen. Es seien keine sachlichen Unterscheidungskriterien ersichtlich, die es rechtfertigen würden, Studenten in der gesetzlichen Krankenversicherung wesentlich anders, nämlich zu viel geringeren Beiträgen, zu versichern, als dies für Schüler möglich sei. Es sei angemessen, das Kindergeld als Beitragsbemessungsgrundlage heranzuziehen. Außerdem sei nicht einzusehen, warum ein einkommensloser Schüler - also faktisch als Hauptverdiener der Unterzeichner (der von der Mitgliedschaft ausgeschlossen sei) - die Solidargemeinschaft subventionieren solle. Die Subventionierung einer Sozialkasse in derartiger Weise könne nur von jemandem verlangt werden, der später einmal mit Sicherheit dieser Solidargemeinschaft angehören werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.04.1998 und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 02.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, bei der Beitragsbemessung keinen höheren Betrag als das jeweilige Kindergeld heranzuziehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid und hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Gesi...

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