Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 03.06.2003 aufgehoben, der Bescheid vom 21.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.06.2002 abgeändert und die Beklagte verurteilt, als Folge des Arbeitsunfalls vom 03.09.2001 einen Riss der körperfernen Bizepssehne links anzuerkennen und dem Kläger vom 07.01.2002 bis 02.03.2002 Rente nach einer MdE um 30 v.H. und danach bis 02.09.2002 nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Riss der körperfernen (distalen) Bizepssehne, den sich der Kläger am 03.09.2001 beim Entleeren eines Schleifschlammbehälters zuzog, als Arbeitsunfall anzuerkennen ist und die Beklagte deshalb Leistungen zu gewähren hat.

Der 1953 geborene Kläger war als Werkzeugschleifer beschäftigt und musste am 03.09.2001 eine mit Schleifschlamm gefüllte Kiste, mit den Abmaßen von ca. 1,00 m x 0,35 m x 0,33 m und einem Gewicht von ca. 180 kg bis 200 kg, auskippen. Da ihm keine Helfer zur Seite standen, nahm er die Kiste mit einem Gabelstapler auf, transportierte sie zu einem Abfallcontainer und hob sie auf ca. 1,50 m hoch. Dann kletterte er auf die Gabel des Fahrzeugs, fasste mit der linken Hand unter den linken Kistenrand und ergriff mit der rechten Hand den oberen, gegenüberliegenden Kistenrand, um den Inhalt auszukippen. Dabei verspürte er einen heftigen Schmerz im Bereich des linken Ellenbogens, der ihn zwang, die Arbeit zu unterbrechen und sich in ärztliche Behandlung zu begeben. Später ergänzte er, bei dem so eingeleiteten Kippvorgang, sei der Schlamm, eine zähe, inkonsistente Masse, plötzlich zurückgeschwappt.

Der Durchgangsarzt Dr. G., Kreiskrankenhaus G., der die Erstbehandlung vornahm, vermerkte in seinem Bericht vom 03.09.2001, die Bizepssehne links sei gerissen; es handle sich aber nicht um einen Unfall im Sinne des Gesetzes. Die Weiterbehandlung fand vom 03.09. bis 11.09.2001 im Krankenhaus St. Elisabeth, D. statt, wo eine operative Sehnenrefixation vorgenommen wurde.

Der histologische Befund bestätigte eine frische Sehnenruptur bei Einblutungen im Sinne von Fibroblastenproliferationen (entzündliche Zellwucherungen) und eine Vorschädigung durch degenerative Veränderungen. Die Operateure hielten im Operationsbericht fest, es habe sich ein glatter Abriss und ein deutlich degenerativ verändertes Sehnenende gezeigt. Der von der Beklagten beauftragte Chirurg Dr. G1. kam am 31.01.2002 zum Ergebnis, der angeschuldigte Vorgang sei weder Ursache noch Teilursache für die Sehnenruptur gewesen; die eigentliche Ursache seien degenerative Veränderungen. Er erwähnte, der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, er habe sich vor ca. einem Jahr einen Sehnenriss am rechten Arm zugezogen. Mit Bescheid vom 21.02.2002 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung eines Arbeitsunfalls ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19.06.2002).

Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben. Er hat zur Begründung vorgebracht, soweit bei ihm tatsächlich degenerative Veränderungen vorbestanden hatten, seien diese auf die von seinem Arbeitgeber verlangte schwere Arbeit zurückzuführen. Der Unfall hätte auch bei einem Arbeiter ohne Vorschädigung infolge der häufigen Hebe- und Tragebelastungen mit Gewichten von 180 bis 200 kg zu einer Sehnenruptur geführt.

Das SG hat die einschlägigen medizinischen Unterlagen, insbesondere die Röntgenaufnahmen des Kreiskrankenhauses D. und einen Befundbericht des Allgemeinarztes Dr. K., von dem der Kläger nach seiner Krankenhausentlassung weiterbehandelt worden war, beigezogen und den Orthopäden Dr. G2., Orthopädische Klinik der A., gebeten, ein Gutachten zu erstatten. Am 31.01.2003 hat Dr. G2. betont, dem Ereignis komme in Anbetracht der weit fortgeschrittenen Vorschädigung, die sich mikroskopisch und makroskopisch gezeigt habe, keine wesentliche Bedeutung zu. Im Übrigen habe der Kläger bereits rechts eine Bizepssehnenruptur erlitten, was für eine schicksalhafte Anlage spreche. Auch sei der Unfallmechanismus für eine traumatische Entstehung nicht als geeignet anzusehen, denn es habe sich um eine willentliche Kraftanspannung gehandelt. Dem hat der Kläger widersprochen und eine Bestätigung der praktischen Ärztin I. K. vorgelegt, die eine massive Muskelkontraktion, wie sie beim Kläger stattgefunden hatte, für geeignet hielt, dass eine gesunde Sehne reiße.

Das SG hat den Kläger zum Unfallablauf gehört und mit Urteil vom 03.06.2003 die Klage abgewiesen. Es hat sich auf die übereinstimmenden Gutachten im Verwaltungs- und Klageverfahren gestützt.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt mit der Begründung, das Erstgericht habe sich nicht ausreichend mit der Frage befasst, ob unter der von ihm geschilderten Belastung auch eine gesunde Sehne hätte reißen können oder müssen. Der Senat hat die Röntgenaufnahmen - darunter auch eine Aufna...

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