Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung. Anwendbarkeit der Grundsätze zur Beurteilung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs 1 SGB 4 auf Künstler. durchgehendes Beschäftigungsverhältnis gastspielverpflichteter Künstler

 

Orientierungssatz

1. Die Grundsätze zur Beurteilung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs 1 SGB 4 sind auch auf Künstler anzuwenden.

2. Gastspielverpflichtete Künstler stehen vom ersten Probenbeginn bis zum Zeitpunkt der letzten Vorstellung in einem durchgehenden Beschäftigungsverhältnis mit einer entsprechenden beitragsrechtlichen Berücksichtigung einer monatsweise abzurechnenden Vergütung (Entgegen LSG Bremen vom 27.1.2010 - L 1 KR 622/08).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.03.2013; Aktenzeichen B 12 R 13/10 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 15. Januar 2008 abgeändert und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 2006 vollumfänglich abgewiesen.

II. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Der Streitwert wird auf 4.095,94 Euro festgesetzt.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beigeladenen zu 3) bis 6) als gastspielverpflichtete Künstler während ihrer Tätigkeit am Landestheater C in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin standen und für welchen Zeitraum die geleisteten Gagen bei der Beitragsberechnung jeweils zugrunde zulegen sind.

Die Klägerin betreibt das Landestheater C. In der Zeit vom November 2003 bis Dezember 2004 verpflichtete sie die Beigeladenen zu 3) bis 6) durch Gastspielverträge zur Mitwirkung an verschiedenen Darbietungen als Sänger, Tänzer oder Schauspieler. Die vertraglichen Vereinbarungen enthielten neben einer Probenpauschale und einem festen Vorstellungshonorar, bei den Beigeladenen zu 3), 4) und 6) nebst Reise- und Übernachtungskosten (§ 2 der vertraglichen Vereinbarung), die folgenden weitgehend wortgleichen Regelungen:

"§ 3: (...) informiert sich in Absprache mit dem künstl. Betriebsbüro über alle angesetzten Proben und Vorstellungen und sichert seine Erreichbarkeit für evtl. erforderlich werdende Vorstellungsänderungen zu.

§ 4: Die vereinbarte Gage unterliegt im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen der Lohnsteuer und der Sozialversicherungspflicht. Ebenso kommen die Altersversorgungsabgaben zur Verrechnung. Die Sozialversicherungsbeiträge und die Altersversorgungsabgabe werden bestimmungsgemäß von den Vertragsparteien getragen. Der Gast wird die erforderlichen Unterlagen für die Berechnung der Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge zum Probenbeginn der Bühnenverwaltung vorlegen. Die Auszahlung der Probenpauschale sowie der Vorstellungshonorare erfolgt über die monatliche Lohnabrechnung des Landestheaters (keine Auszahlung über Scheck möglich.) Mit der Zahlung der in § 2 genannten Beträge sind alle Ansprüche gegen die Bühne aus der zu erbringenden Leistung einschließlich eines Urlaubsanspruches abgegolten."

Die Beigeladenen zu 3) bis 6) waren in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum jeweils an mehreren Spieltagen für die Klägerin tätig geworden. Zwischen den einzelnen Spieltagen lagen in der Regel nur wenige spielfreie Tage, an denen die Beigeladenen zu 3) bis 6) nicht für die Klägerin tätig wurden. Der längste Abstand zwischen den Spieltagen betrug weniger als einen Monat. Die Klägerin hatte die Sozialversicherungsbeiträge zunächst für die Zeit von Vertragsbeginn bis zum Tag der Premiere und im Anschluss daran nur für tageweise Beschäftigungsverhältnisse an den jeweiligen Spieltagen abgeführt.

Die Beklagte führte bei der Klägerin am 14.03.2005 und 15.03.2005 eine Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für den Prüfzeitraum vom 01.06.2001 bis 31.12.2004 durch. Mit Bescheid vom 17.03.2005 wurden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 5.580,02 Euro nachgefordert. Diese Nachforderung beruht in Höhe der streitgegenständlichen 4.095,94 Euro auf der Feststellung, dass nach der Auffassung der Beklagten der gastspielverpflichtete Beigeladene zu 3) in der Zeit vom 02.11.2003 bis 20.12.2003, der Beigeladene zu 6) in der Zeit vom 01.02.2004 bis 04.05.2004, der Beigeladene zu 5) in der Zeit vom 16.01.2004 bis 22.04.2004 und die Beigeladene zu 4) in der Zeit vom 21.10.2004 bis 31.12.2004 bei der Klägerin durchgehend in einem abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung wurde vorgebracht, dass Gastspielverträge in keiner Weise mit den üblichen Bühnenverträgen zu vergleichen seien, da nach § 1 Abs. 5 des Tarifvertrages NV-Bühne AT die Anwendung des Tarifvertrages auf die zum Gastspiel verpflichteten Künstler ausgeschlossen sei. Ferner seien die zum Gastspiel verpflichteten Künstler nur zur Ergänzung d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge