Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. Widerstand gegen Polizei bei Durchsetzung eines vom Arbeitgeber angeordneten Hausverbotes. sozialgerichtliches Verfahren. Mutwillenskosten gem § 192 Abs 1 S 1 Nr 2 SGG. Hinweis auf Rechtsmissbräuchlichkeit und Möglichkeit der Kostenauferlegung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob eine versicherte Tätigkeit im Sinne des § 8 SGB 7 vorliegt, wenn einem Versicherten nach einer außerordentlichen Kündigung vom Arbeitgeber Hausverbot erteilt wird und dieses mit unmittelbarem Zwang durch die Polizei durchgesetzt wird.

 

Orientierungssatz

Zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 192 Abs 1 S 1 Nr 2 SGG, wenn der Kläger nicht auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird Ziffer III. des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.12.2004 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Kläger hat 225,00 € an die Staatskasse zu zahlen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Erkrankung des Klägers vom 18.11.2002 bis 31.10.2003 als Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen ist bzw. das Ereignis vom 18.11.2002 als Arbeitsunfall und die Erkrankung vom 18.11.2002 bis 31.10.2003 als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen und zu entschädigen sind.

Dem 1950 geborenen Kläger wurde mit Schreiben vom 15.11.2002, ihm am selben Tag zugegangen, von seinem Arbeitgeber, der Firma C. GmbH, fristlos, hilfsweise ordentlich, zum 15.11.2002 gekündigt. Gleichwohl erschien er am Montag, den 18.11.2002, gegen 7.00 Uhr auf dem Firmengelände. Den mehrfachen Aufforderungen des Produktionsleiters der Firma, die Firma zu verlassen, sowie dem im Beisein der herbeigerufenen Polizei durch den Werkleiter K. ausgesprochenen Hausverbot kam der Kläger nicht nach. Nachdem auch die Polizeibeamten mehrfach - erfolglos - versucht hatten, den Kläger zum Verlassen des Betriebsgeländes zu bewegen, versuchten die Polizeibeamten den Kläger aus dem Betriebsgelände zu schieben. Dabei wendeten sie unmittelbaren Zwang an. Laut Durchgangsarztbericht vom 21.11.2002 erlitt der Kläger bei der Festnahme eine Schürfwunde am rechten Handgelenk sowie Prellungen am Handgelenk, Ellenbogengelenk und Brustkorb. Mit Endurteil vom 13.03.2003 stellte das B. (im Verfahren ) fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 15.11.2002 nicht aufgelöst worden ist und verurteilte die Firma C., den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Kündigungsschutzverfahren als Kunststoffwerker zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

Mit Bescheid vom 21.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2003 lehnte die Beklagte die vom Kläger geltend gemachten psychischen Beschwerden im Zeitraum vom 18.11.2002 bis 31.10.2003 als Berufskrankheit ab. Hiergegen erhob der Kläger Klage (S 2 U 296/03) zum Sozialgericht Nürnberg (SG). In der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2004 schlossen die Beteiligten eine Vereinbarung, wonach sich die Beklagte bereit erklärte, den Vorgang vom 18.11.2002 aufgrund des Schreibens vom 17.11.2003 im anhängigen Klageverfahren unter dem Gesichtspunkt eines Arbeitsunfalls zu prüfen und rechtsbehelfsfähig zu verbescheiden (1.). Daraufhin erklärte der Kläger, dass die anhängige Streitsache wegen Anerkennung einer Berufskrankheit erledigt ist (2.). Mit Schriftsatz vom 29.02.2004, bei der Beklagten am 02.03.2004 im Verfahren S 2 U 56/04 A eingegangen, erklärte der Kläger, dass er Punkt 2. der Vereinbarung vom 19.02.2004 nicht zustimme. Mit Urteil vom 15.07.2004 stellte das SG fest, dass die Klage zurückgenommen ist. Am 03.06.2004 erhob der Kläger Untätigkeitsklage (S 2 U 128/04), die das SG mit Urteil vom 15.07.2004 als unzulässig abwies.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15.07.2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Das Ereignis vom 18.11.2002 sei nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen, da der Kläger keine versicherte Tätigkeit verrichtet habe, als er die Verletzungen erlitten habe. Den hiergegen am 02.08.2004 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2004 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 05.10.2004 Klage zum SG (Az: S 2 U 219/04) mit dem Begehren erhoben, dass seine Erkrankung vom 18.11.2002 bis 31.10.2003 entweder als Folge eines Arbeitsunfalls oder als Berufskrankheit anerkannt werde. Zum Zeitpunkt des Ereignisses am 18.11.2002 habe er voll im Arbeitsverhältnis mit der Fa. C. GmbH A-Stadt gestanden und gerade seine Arbeit ausgeübt. Er habe zu diesem Zeitpunkt die Absicht gehabt, zu arbeiten, jedoch habe die Polizei ihn aus Gründen falscher Angaben der Firmenleitung daran gehindert. Seine Erkrankung habe sich ausschließlich auf seine Arbeit bezogen, weshalb die Beklagte alle Leistungen übernehmen müsse. In der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2004 hat der Kläger ein...

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