nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe. Nachweis der Eigenbemühungen. Zeitpunkt der Aufhebung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Setzt die Agentur für Arbeit dem Arbeitslosen eine Frist zum Nachweis von Eigenbemühungen, kann sie die Bewilligung von Leistungen erst für die Zeit nach Ablauf der Frist rückwirkend aufheben. Denn das Tatbestandsmerkmal der Verfügbarkeit im Sinne des § 119 SGB III ist einer Fingierung im negativen Sinne dahingehend nicht zugänglich, dass aufgrund eines an einem bestimmten Tag eingetretenen Ereignisses, hier dem fehlenden Nachweis von Eigenbemühungen, die Arbeitslosigkeit rückwirkend als nicht gegeben angesehen wird.

2. Eine Umdeutung der Rücknahmeentscheidung in eine Versagung nach § 66 SGB I ist nicht möglich.

 

Normenkette

SGB X §§ 48, 43; SGB III § 119 Abs. 5 S. 2; SGB I § 66

 

Verfahrensgang

SG München (Entscheidung vom 06.07.2004; Aktenzeichen S 5 AL 349/01)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.10.2005; Aktenzeichen B 7a AL 18/05 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) zu Recht für die Zeit ab 25.05.2000 aufgehoben hat, weil die Klägerin ab diesem Zeitraum nicht alle Möglichkeiten genutzt hat, um die Arbeitslosigkeit zu beenden.

Die 1969 (laut Zahlungsnachweis) bzw. 1971 (laut Lebenslauf) geborene Klägerin meldete sich nach einer Fortbildungsmaßnahme von April 1999 bis 11.01.2000 am 14.02.2000 erneut bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alhi. Dabei stellte sie sich für 20 Stunden wöchentlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung.

Mit Bescheid vom 20.06.2000 wurde ihr Alhi bewilligt.

Nachdem die Klägerin trotz wiederholter mündlicher Aufforderungen keinen Nachweis über Eigenbemühungen vorlegte, wurde sie am 24.05.2000 schriftlich aufgefordert, sich mindestens zweimal pro Woche schriftlich zu bewerben und die entsprechenden Nachweise am 24.07.2000 vorzulegen.

In der Rechtsfolgenbelehrung wurde sie darauf hingewiesen, dass keine Arbeitslosigkeit vorliege, wenn keine ausreichenden Eigenbemühungen unternommen worden seien, so dass dann die Entscheidung über die bewilligte Leistung für den Zeitraum ab Zugang dieser Aufforderung bis zu dem auf der Vorderseite genannten Nachweistermin zurückzunehmen oder aufzuheben sei. Sei die Arbeitslosigkeit mangels ausreichender Eigenbemühungen für mehr als sechs Wochen unterbrochen, sei auch die Wirkung der Arbeitslosmeldung als weitere Voraussetzung für den Leistungsanspruch bis zu einer erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung entfallen.

Da die Klägerin keine ausreichenden Nachweise beibrachte, hob die Beklagte mit Bescheid vom 22.08.2000 die Bewilligung von Alhi ab 25.05.2000 ganz auf und forderte die Erstattung von DM 1.004,36 Alhi und DM 340,72 sowie DM 17,07 an Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe bereits mit Schreiben vom 07.08.2000 ihrer Arbeitsvermittlerin dargelegt, dass sie mit bis zu vier Bewerbungen pro Woche und den Nachweisen hierfür ihre Eigenbemühungen mehr als erfüllt habe und dass kein Grund für eine Sperre vorliegen würde. Auch sei deswegen eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung im Nachweiszeitraum nicht gerechtfertigt und deshalb auch eine erneute Antragstellung wegen Arbeitslosigkeit nicht nötig. Auch habe sie bereits im Gespräch wie auch schriftlich darauf hingewiesen, dass sie für zehn bis 15 Tage wegen der Operation ihres Sohnes und außerdem danach zur Beaufsichtigung ihres Kindes während der Schulferien mindestens bis zum 12.09. dem Arbeitsamt nicht zur Verfügung stehen werde.

Nach einem Aktenvermerk vom 05.12.2000 legte die Klägerin ausgeschnittene Anzeigen und Arbeitgeberantworten vor. Anschreiben seien nicht mehr vorhanden. Die Klägerin habe diese mit Computer geschrieben und die Aufforderung der Vorlage von Nachweisen über Eigenbemühungen fände sich in den Unterlagen. Die Klägerin habe angegeben, nicht verstanden zu haben, dass sie die Anschreiben vorlegen solle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und verwies dabei auf ihre Begründung im Ausgangsbescheid.

Mit ihrer dagegen zum Sozialgericht (SG) München erhobenen Klage hat die Klägerin erneut geltend gemacht, ihre Eigenbemühungen seien ausreichend gewesen. Sie habe sich während ihrer Arbeitslosigkeit und nach vielen Bewerbungen und diversen Kursen selbst vergeblich nach einer ihr zeitlich entsprechenden Arbeit als Büroangestellte gesucht und sei nicht fündig geworden. Später habe sie nach Absprache mit ihrer Arbeitsvermittlern nicht wie verlangt zwei, sondern bis zu vier Bewerbungen pro Woche geschrieben und auch abgeschickt, unter anderem auch als Ver...

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