Entscheidungsstichwort (Thema)

Säumniszuschlag. Beitragsnachforderung. keine wahlweise Berechnung nach der im Steuerrecht angewendeten Methode

 

Leitsatz (amtlich)

Säumniszuschläge werden im Sozialversicherungsrecht anders berechnet als im Steuerrecht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.07.2020; Aktenzeichen B 12 R 28/18 R)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird festgesetzt auf 41,00 Euro.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten sind Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 41,00 EUR streitig.

Mit Bescheid vom 07.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2016 forderte die Beklagte vom Kläger, der eine Praxis für Psychiatrie und Psychotherapie betreibt, aufgrund einer Betriebsprüfung in der Praxis des Klägers einen Gesamtbetrag von 252,41 EUR nach, worin neben Beitragsnachforderungen Säumniszuschläge in Höhe von 41,00 EUR enthalten waren.

Im Einzelnen wurden Beiträge wie folgt nachgefordert:

Januar 2014

14,94 EUR

Februar 2014

14,94 EUR

März 2014

14,94 EUR

April 2014

14,94 EUR

Mai 2014

14,94 EUR

Juni 2014

14,94 EUR

Juli 2014

14,94 EUR

August 2014

14,94 EUR

September 2014

14,94 EUR

Oktober 2014

14,94 EUR

November 2014

14,94 EUR

Dezember 2014

14,94 EUR

Dezember 2015

32,15 EUR

Januar 2016

00,00 EUR

Die Säumniszuschläge wurden von der Beklagten dergestalt berechnet, dass die aufgelaufenen Beitragsrückstände Monat für Monat addiert wurden und dann anschließend aufgrund der Summe der aufgelaufenen Monate nach Überschreiten der 50-Euro-Grenze Säumniszuschläge festgesetzt wurden, beginnend ab April 2014 mit 0,50 EUR bis Januar 2016 mit zuletzt 14,00 EUR, insgesamt 41,00 EUR.

Die ausschließlich gegen die festgesetzten Säumniszuschläge erhobene Klage wies das Sozialgericht München mit Urteil vom 24.10.2017 als unbegründet ab. Die von der Beklagten gewählte Berechnungsmethode, wonach die in den Monaten aufgelaufenen Beitragsrückstände zusammengezählt und aufgrund des zusammengezählten Betrages die Säumniszuschläge für den jeweiligen Monat berechnet wurden, sei rechtmäßig. Beitragsschulden aus mehreren Monaten seien für die Berechnung der Säumniszuschläge zusammenzurechnen und anschließend die Rundungen vorzunehmen, genauso wie die Beklagte es gemacht habe. Die Berufung wurde im Urteil nicht zugelassen.

Auf die Zulassungsbeschwerde des Klägers ließ der Senat mit Beschluss vom 07.08.2018 (L 7 R 5179/17 NZB) die Berufung zu. Die Frage, wie Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zu berechnen seien, sei entscheidungserheblich und von der Rechtsprechung nicht hinreichend geklärt (vgl. Segebrecht in Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB IV, 3. Auflage 2016, § 24 SGB IV Rz. 38).

Die Klägerseite macht im Berufungsverfahren geltend, dass keine Säumniszuschläge hätten erhoben werden dürfen. Die nachberechneten monatlichen Sozialversicherungsbeiträge lägen für jeden Nachberechnungsmonat unter der Geringfügigkeitsgrenze von 50,00 EUR. Damit könne in keinem Monat ein Säumniszuschlag erhoben werden. Soweit die Beklagte die einzelnen Monatsbeiträge addiert habe und nach Überschreiten von 50,00 EUR Säumniszuschläge berechnet habe, sei dies nicht zulässig. Im Steuerrecht sei eine Addition von rückständigen Beiträgen unterschiedlicher Fälligkeiten nicht zulässig und nur für jeden einzelnen Monatsbetrag der jeweilige Säumniszuschlag zu berechnen. Auch der Beitragsanspruch in der Sozialversicherung entstehe jeweils für jeden Monat gesondert. Jeder Monatsbeitrag habe seine eigene Fälligkeit, die auch bestehen bliebe, wenn nachfolgende Beiträge ebenfalls nicht fristgerecht entrichtet würden. Eine Addition mehrerer Beiträge mit verschiedenen Fälligkeiten sei ausgeschlossen, weil sonst der früher fällig gewordene Beitrag seine eigenständige Fälligkeit verlieren würde. Würde die frühere Fälligkeit beseitigt, könnten für die vorhergehenden Zeiträume keine Säumniszuschläge erhoben werden. In der einschlägigen Literatur (Zieglmeier in Kasseler Kommentar § 24 SGB IV Rz 23) sei klargestellt, dass der rückständige Beitrag nicht eine neue Fälligkeit bedeute. Von der Rechtsprechung sei bisher nicht explizit geklärt, welche Berechnungsmethode den gesetzlichen Anforderungen des § 24 Abs. 1 SGB IV entspräche. Mit der Neufassung von § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zum 01.01.1995 habe der Gesetzgeber für die Sozialversicherung eine Anpassung an das Steuerrecht (§ 240 AO) vorgenommen. Der Gesetzgeber habe eine Angleichung an das Steuerrecht gewollt.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 24. Oktober 2017 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 07.09.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2016 insoweit aufzuheben als Säumniszuschläge in Höhe von 41,00 EUR vom Kläger nachgefordert werden.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Klägerseite sei zuzustimmen, dass die von den Rentenversicherungsträgern prak...

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