Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenerstattung. Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a SGB 5. kein Sachleistungsanspruch. Vorliegen eines konkreten Antrags. Bariatrische Operation

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 13 Abs 3a S 7 SGB V sieht einen Kostenerstattungsanspruch vor, der die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB V voraussetzt.

2. Die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB V begründet keinen Sachleistungsanspruch.

 

Orientierungssatz

Ein Antrag, der die Fristen nach § 13 Abs 3a SGB V in Gang setzt und zum Eintritt der Genehmigungsfiktion führen kann, ist nur dann anzunehmen, wenn dieser auf eine konkrete Leistung gerichtet ist, die grundsätzlich auch Leistungsgegenstand des SGB V sein kann und wenn die für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen vorliegen.

 

Normenkette

SGB V § 13 Abs. 3a, § 2 Abs. 1, § 2 S. 1, § 27; SGB I § 17

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.07.2017; Aktenzeichen B 1 KR 26/16 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 05.11.2015 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 19.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2015 abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin von der Beklagten aufgrund der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - eine Schlauchmagen-Operation beanspruchen kann.

Die 1978 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert.

Mit Schreiben vom 08.12.2014, eingegangen bei der Beklagten am 17.12.2014, beantragte die Klägerin "die Übernahme von Behandlungskosten". Sie leide seit ihrer Kindheit unter Übergewicht, habe die verschiedensten Diäten ausprobiert. Diese hätten jedoch nicht den erwünschten Erfolg gezeigt, trotz regelmäßigem Sport (Schwimmen, Tanzen (Standard/Latein), Nordic Walking, lange Spaziergänge, Aqua-Fitness und Zumba) habe sie ihre Ziele nicht erreicht. Sie habe zwischenzeitlich starke körperliche Beschwerden an der Wirbelsäule, Knie und Hüfte. Ihr Fettstoffwechsel sei ein Desaster. Durch Umstellung der Psychopharmaka im vergangenen Jahr habe sie innerhalb eines Jahres 30 Kilo zugenommen. Sie habe einen BMI von 42,5, was als morbiditäre und krankhafte Adipositas bezeichnet werde. Sie habe sich bereits im Adipositas Zentrum in A-Stadt bei Dr. S. vorgestellt und würde sich dort auch gerne behandeln lassen. Sie bitte, ihr eine Chance zu geben, ihr Gewicht mittels einer Operation zu verringern. Vorgelegt wurde hierzu eine Bescheinigung ohne Datum von der "metabolic balance GmbH", dass die Klägerin an einem entsprechenden Ernährungsprogramm teilnehme, eine ärztliche Bescheinigung der Neurologin und Psychiaterin Dr. A. vom 12.12.2014, wonach die Klägerin sich im Adipositas-Zentrum A-Stadt vorgestellt und die Empfehlung zur Durchführung eines bariatrischen Eingriffs erhalten habe, den auch sie empfehle, insbesondere im Hinblick auf die damit verbundenen positiven Auswirkungen hinsichtlich Selbstwertproblematik und vermehrter körperlicher Aktivität. Des Weiteren wurde vorgelegt eine Rechnung der Krankenhäuser N. GmbH über eine konsiliarische Betreuung der Klägerin im Mai 2014, ein Schreiben des Adipositas-Zentrums A-Stadt an die Klägerin vom 01.12.2014, eine "Stellungnahme" der Dipl.-Psych. R. vom 01.12.2014 über eine psychotherapeutische Behandlung der Klägerin bei den bestehenden Diagnosen "emotional instabile Persönlichkeitsstörung (F60.3) und Adipositas (E66) sowie ein "Attest" des behandelnden Hausarztes Dr. M. zur Vorlage an das Adipositas-Zentrum vom 11.12.2014, wonach sich die Klägerin nach diversen Reha-Aufenthalten und diversen Abnehmprogrammen einer bariatrischen Intervention dort unterziehen wolle und der Hausarzt die Vorstellung der Klägerin im Adipositas-Zentrum befürworte.

Nach telefonischer Aufforderung durch die Beklagte übersandte die Klägerin zunächst per Mail am 11.01.2015, und nachdem diese Daten von der Beklagten nicht geöffnet werden konnten, auf telefonische Aufforderung der Beklagten erneut am 15.01.2015 ihr Ernährungstagebuch und eine Ultraschallabklärung der Nebenniere und der Schilddrüse zum Ausschluss einer hormonellen Störung. Nach Vorliegen dieser Unterlagen beauftragte die Beklagte am 16.01.2015 den Medizinischen Dienst der Krankenkassen - MDK - mit der Erstellung einer gutachterlichen Stellungnahme. Mit Schreiben vom 16.01.2015 wurde zudem die Klägerin darauf hingewiesen, dass für die abschließende Bearbeitung eine Beratung durch den MDK erforderlich sei. Es werde um Verständnis gebeten, dass dies einige Zeit in Anspruch nehmen werde.

Am 13.02.2015 nahm der MDK dahingehend Stellung, dass eine Kostenübernahme für eine Schlauchmagen-OP nicht befürwortet werde. Voraussetzung für eine adipositaschirurgische Maßnahme sei eine seit mehr als fünf Jahren bestehende Adipositas mit einem BMI von 40 kg/m² bzw. einem BMI von 35 kg/m² bei adipositasassoziierter Komorbidität, sowie erfolglose k...

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