Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Nichtanwendbarkeit der Bestandsschutzregelung nach Art 45 PflegeVG. Bezieher einer beamtenrechtlichen pauschalen Pflegebeihilfe. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Art 45 PflegeVG ist auf Pflegebedürftige, die bis zum 31.3.1995 nach beamtenrechtlichen Beihilfevorschriften eine Pauschal-Beihilfe für ständige häusliche Pflege von 400 DM bezogen haben und nicht zum 1.4.1995, sondern erst Jahre später Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung geworden sind, nicht entsprechend anwendbar.

 

Orientierungssatz

Hierin liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art 3 Abs 1 GG.

 

Normenkette

SGB XI § 15 Abs. 3 S. 1 Nr. 2; PflegeVG Art. 45; BhV a.F. § 6 Abs. 1 Nr. 7; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.06.2014; Aktenzeichen B 3 P 7/13 R)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21. November 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit aus dem Bereich des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) betrifft die Frage, ob Art. 45 Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) auf Pflegebedürftige, die bis zum 31.03.1995 nach beamtenrechtlichen Beihilfevorschriften eine Pauschal-Beihilfe für die ständige häusliche Pflege von 400 DM bezogen haben und nicht zum 01.04.1995, sondern erst Jahre später Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung geworden sind, unmittelbar oder zumindest entsprechend anwendbar ist.

Der 1990 geborene Kläger leidet an einer psychomotorischen Entwicklungsretardierung aufgrund Downsyndroms. Er war zunächst als berücksichtigungsfähiger Angehöriger über seinen Vater als Beihilfeberechtigten, der Beamter der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd ist, versichert. Der Beihilfeanspruch deckte 80 % der Kosten, für die restlichen 20 % bestand eine private Versicherung für Krankheit und später Pflege bei der D. Krankenversicherungs a. G. Bis zum 31.03.1995 erhielt der Kläger eine Pflegebeihilfe von 400 DM monatlich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevorschriften - BhV) vom 19.04.1985 (GMBl 1985, S. 290) in der Fassung der Änderung vom 10.12.1991 (GMBl 1991, S. 1051).

Als zum 01.04.1995 in die Beihilfevorschriften Regelungen aufgenommen wurden, die denjenigen der zum gleichen Zeitpunkt in Kraft getretenen sozialen Pflegeversicherung entsprachen, wurde der Kläger entsprechend der Übergangsvorschrift des Art. 2 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 29.12.1994 (GMBl 1995, S. 51) allein aufgrund der Tatsache, dass er bis zum 31.03.1995 Beihilfe nach den bisherigen Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 BhV a. F. bezogen hatte, ohne Antragstellung und ohne erneute Untersuchung in die Pflegestufe II aufgenommen und erhielt eine Pauschalbeihilfe nach dem neu eingeführten § 9 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BhV in Höhe von monatlich 800 DM.

Bei der D. wurde der Kläger dagegen in der neu eingerichteten privaten Pflegeversicherung entsprechend der Begutachtung durch die M. GmbH in die Pflegestufe I eingruppiert (Leistungszusage der D. vom 09.11.2005).

Eine Wiederholungsbegutachtung durch M. vom 18.09.2003 ergab einen täglichen Grundpflegebedarf von 100 min entsprechend der Pflegestufe I.

Seit dem 01.09.2010 ist der Kläger bei der Beklagten pflichtversichert, weil er in einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen tätig ist.

Mit Bescheid vom 02.09.2010 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 01.09.2010 bei ihr versichert sei. Sie bewilligte ihm ab dem 01.09.2010 Pflegegeld in Höhe von 225 €, was der Pflegestufe I entsprach.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 20.09.2010 Widerspruch ein und machte die Anwendbarkeit des Art. 45 Abs. 1 Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) geltend. Nach dieser Vorschrift werden pflegebedürftige Versicherte, die bis zum 31.03.1995 Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit nach den §§ 53 bis 57 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) erhalten haben, mit Wirkung vom 01.04.1995 ohne Antragstellung in die Pflegestufe II eingestuft und erhalten Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XI in dem Umfang, der für Pflegebedürftige im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI vorgesehen ist.

Daraufhin erfolgte eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Bayern, der in seinem Gutachten vom 01.12.2010 einen täglichen Grundpflegebedarf von 82 min und einen Zeitaufwand für die hauswirtschaftliche Versorgung von täglich 45 min feststellte. Die Alltagskompetenz sei erheblich eingeschränkt.

Mit Schreiben vom 23.09.2011 teilte bei Beihilfestelle der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd dem Vater des Klägers mit, sie werde bis zur rechtskräftigen Klärung der Einstufung des Klägers bei der Beklagten rückwirkend zum 01.09.2010 unter dem Vorbehalt der Rückforderung den Differenzbetrag zwischen der Pflegestufe I ...

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