Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. Abgrenzung: arbeitnehmerähnliche Tätigkeit/unternehmerähnliche Tätigkeit. keine Weisungsgebundenheit. spezifische Fachkenntnis. Zeitaufwand. familiäre Mithilfe. Gefälligkeit. Schwiegervater. Schwiegertochter. Bauhelfer/Bauberater

 

Orientierungssatz

1. Zur Abgrenzung einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit gem § 2 Abs 2 S 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB 7 von einer unternehmerähnlichen Tätigkeit (hier: Tätigkeit als Bauhelfer/Berater).

2. Ein Zeitaufwand von 40 Stunden für eine Hilfstätigkeit kann im Rahmen der Beurteilung der konkreten Verhältnisse des Einzelfalls noch einer rein familiär geprägten Gefälligkeit zugeordnet werden (vgl BSG vom 29.9.1992 - 2 RU 46/91 = SozR 3-2200 § 657 Nr 1).

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.03.2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung und Entschädigung (H-Leistungen) des Ereignisses vom 12.10.2001 als Arbeitsunfall streitig.

Der 1937 geborene Ehemann der Klägerin J. H. (JH) erlitt am 12.10.2001 einen tödlichen Unfall. Nicht angegurtet prallte er mit einem VW-Pritschenwagen der Firma H. und Co. auf eine Betonmauer. Noch am Unfallort verstarb er bei Schädel-Hirn-Trauma (Rückenmarksdurchtrennung). Er stand nicht unter Alkohol. Bremsspuren fanden sich am Unfallort nicht. Mängel an dem VW waren nicht vorhanden (Kurzgutachten des Dipl. Ing. H. vom 23.10.2001).

JH war früher selbstständiger Bauunternehmer und bis 31.03.1998 bei der Beklagten unternehmerversichert. Anschließend hatte sein Sohn T. das Bauunternehmen übernommen. JH war kein Gesellschafter der H. & Sohn Bauunternehmen GmbH mehr.

Zur Unfallzeit hatte JH bei der Bausache seiner Schwiegertochter C. H. (Ehefrau seines Sohnes S. H.) mitgeholfen, und zwar als Bauhelfer und in der Organisation. Baubeginn war September 2000. Bis zum Unfallzeitpunkt hatte er 40 Arbeitsstunden zurückgelegt (Meldebogen für Eigenbauarbeiten vom 13.12.2001). Nach Angaben seines Sohnes S. war er bei der Vorplanung der Baumaßnahme sowie der Planung und Organisation beratend tätig. Weisungen sei er nicht unterlegen gewesen. Eine Entlohnung sei nicht vereinbart gewesen. Das Interesse von JH habe in der Hilfe für die beiden Söhne bestanden, um Geld zu sparen. Nach Absprache mit seinem Sohn S. holte er zum Unfallzeitpunkt einen Innenkamin aus S. ab, um ihn zum Ort der Bauarbeiten (V., S.-Weg) zu fahren.

Das Bauvorhaben wurde der Beklagten erst mit Meldung vom 25.10.2001 angezeigt.

Mit Bescheid vom 17.07.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Sie führte aus, dass JH wesentlich an der Planung und Beratung der Eigenbaumaßnahme beteiligt gewesen sei. Er habe die Tätigkeit weisungsfrei und eigenverantwortlich ausgeübt. Somit sei er nicht arbeitnehmer-, sondern unternehmerähnlich tätig gewesen.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass JH während der Eigenbaumaßnahme arbeitnehmerähnlich tätig gewesen sei. Seine Mitwirkung habe sich auf die unentgeltliche Unterstützung des Sohnes S. bei dessen Eigenheimbau bezogen, nicht auf die bauunternehmerische Auftragsabwicklung durch die Fa. H. & Sohn. An der Bauplanung sei er zu keinem Zeitpunkt maßgeblich beteiligt gewesen. Bei der Ausführung des Bauvorhabens habe er selbstverständlich sein jahrzehntelanges Fachwissen beratend mit eingebracht. Dies habe ihn jedoch noch nicht zu einer unternehmerähnlichen Person gemacht. Allein baufachlichen Weisungen des Sohnes - fachlich ein Laie - sei er nicht gefolgt. Am Unfalltag sollte er den Kamin lediglich anliefern, beim Abladen helfen und schließlich noch Aufräumungsarbeiten auf der Baustelle leisten.

Mit Bescheid vom 26.03.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII habe nicht bestanden, da kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur Fa. H. & Sohn bzw. zu den Bauherren vorgelegen habe. Auch Versicherungsschutz nach § 2 Abs 2 SGB VII komme nicht in Betracht. Eine unternehmerähnliche Tätigkeit sei anzunehmen, da JH über spezifische Fachkenntnisse verfügte, die Leitung über die Tätigkeiten innehatte, bei der Ausführung in keinem wesentlichen Umfang Weisungen ausgesetzt gewesen sei und seine Arbeitszeit frei bestimmen konnte.

Gegen diese Bescheide hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, Hinterbliebenenleistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen des SGB VII zu gewähren. Sie hat vorgetragen, dass der Transport des Kamins auf Geheiß bzw. nach vorheriger Absprache mit den Bauherren erfolgt sei, für die JH aufgrund familiärer Bindungen beim Bauvorhaben unentgeltliche Arbeit leistete.

In der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2004 hat der Sohn S. bekräftigt, dass er seinem Vater keine Anweisungen bzgl. der Abh...

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