Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Entschädigung eines Verfahrensbeteiligten für die Wahrnehmung eines Gerichtstermins. Rechtsmittel gegen den Festsetzungbeschluss. Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Beschwerde im Rahmen einer gerichtlichen Festsetzung der Entschädigung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG ist nicht statthaft.

2. Eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit gilt nur für statthafte Verfahren.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Beschwerde im Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 29. Juni 2015, Az.: S 17 RF 31/15, wird als unzulässig verworfen.

II. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I.

In der Sache geht es der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) um die Höhe der Entschädigung wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG).

Die Beschwerdeführerin, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch bezieht, nahm am 25.07.2014 nach Anordnung des persönlichen Erscheinens an einer mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht (SG) Nürnberg teil.

Anschließend beantragte sie eine Entschädigung nach § 21 JVEG für Nachteile bei der Haushaltsführung. Die Kostenbeamtin des SG setzte hingegen eine Entschädigung für Zeitversäumnis ("Nachteilsausgleich") im Sinn von § 20 JVEG in Höhe von 24,50 € fest.

Auf den Antrag der Beschwerdeführerin auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG hin hat das SG mit Beschluss vom 29.06.2015 die Entschädigung für die Dauer der gerichtsterminsbedingten Abwesenheit auf 26,25 € festgesetzt, wobei das SG - anders als noch die Kostenbeamtin - den Angaben der Beschwerdeführerin zur Abwesenheitszeit gefolgt ist. Die Voraussetzungen einer Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung gemäß § 21 JVEG hat das SG nicht gesehen. In der Rechtsbehelfsbelehrung hat das SG auf die Unanfechtbarkeit seines Beschlusses hingewiesen, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- € nicht erreiche und die Beschwerde nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen sei.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 08.08.2015 Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Ihrer Ansicht nach müsse die Entschädigung wegen der gerichtsbedingten Abwesenheit von zuhause 112,- € betragen, weil eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung mit einem Stundensatz von 14,- € für insgesamt 8 Stunden zu gewähren sei.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.

Das SG hat in der Rechtsbehelfsbelehrung des angegriffenen Beschlusses zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde unzulässig ist, da weder der Beschwerdewert 200,- € übersteigt (§ 4 Abs. 3, 1. Alt. JVEG) noch eine Zulassung der Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung durch das SG erfolgt ist (§ 4 Abs. 3, 2. Alt. JVEG). Die Festlegung des SG zur Nichtzulassung der Beschwerde kann nicht durch eine Nichtzulassungsbeschwerde ausgehebelt werden.

1. Beschwerdewert nicht erreicht

Der Beschwerdewert ist nicht erreicht.

Eine Beschwerde gegen die erstinstanzliche gerichtliche Festsetzung der Entschädigung ist gemäß § 4 Abs. 3, 1. Alt. JVEG nur dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- € übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstands ist die Differenz zwischen dem vom Antragsteller angestrebten Entschädigungsbetrag und der erfolgten Festsetzung der Entschädigung.

Im vorliegenden Fall strebt die Beschwerdeführerin eine um 85,75 € höhere Entschädigung an. Denn sie begehrt anstelle der ihr gewährten Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 20 JVEG für 7,5 Stunden in Höhe von 26,25 € eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung gemäß § 21 JVEG für 8 Stunden in Höhe von 112,- €. Die Beschwer beträgt daher 85,75 € und liegt damit weit unter dem gesetzlich vorgegebenen Beschwerdewert von 200,- €.

2. Keine Zulassung der Beschwerde - Unstatthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht statthaft.

Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung der Beschwerde ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 4 JVEG). Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber einerseits dem Umstand Rechnung getragen, dass als Ausgleich für die gegenüber dem bis zum 30.06.2004 geltenden Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) erfolgte Anhebung des Beschwerdewerts von 50,- € (§ 16 Abs. 2 Satz 1 ZuSEG) auf 200,- € (§ 4 Abs. 3, 1. Alt. JVEG) Fragen von grundsätzlicher kostenrechtlicher Bedeutung in jedem Fall einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht zugänglich gemacht werden können und damit die Einheitlichkeit der Rechtsprechung und die Rechtsfortbildung auf dem Gebiet des Kostenrechts entscheidend gestärkt werden. Auf der anderen Seite hat er mit der Unanfechtbarkeit der Zulassungsentscheidung des erstinstanzlich...

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