Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Bestellung eines besonderen Vertreters bei Prozessunfähigkeit. Aufenthaltsort: Philippinen. gerichtliches Ermessen

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Bestellung eines besonderen Vertreters.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Nürnberg vom 28.04.2010 (S 13 AS 481/10 ER) wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren L 11 AS 473/10 B ER wird abgelehnt.

IV. Die Bestellung eines besonderen Vertreters für das Beschwerdeverfahren L 11 AS 473/10 B ER wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller (ASt) begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere die Kostenübernahme für seinen Krankenrücktransport von den Philippinen.

Am 22.08.2009 beantragten die Eltern (E.; geb. 1962 und J. A.; geb. 1936) sowie der Bruder (P.; geb. 1992) des 1991 geborenen ASt die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der ASt sei ebenfalls Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, halte sich aber seit April 2005 auf den Philippinen auf. Er sei nach einer Nierentransplantation dort auf eine regelmäßige Dialysebehandlung angewiesen. Zudem leide er an Asthma. Durch seine Behandlung auf den Philippinen seien Kosten in Höhe von über 50.000,00 € entstanden, die er vor seiner Ausreise begleichen müsse, da er ansonsten das Land nicht verlassen dürfe.

Der Mutter und dem Bruder des ASt bewilligte die Antragsgegnerin (Ag) mit Bescheid vom 11.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2010 laufende Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 22.08.2009 bis 28.02.2010. Der ASt habe keinen Anspruch, weil dieser seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland habe.

Am 11.02.2010 hat der ASt - vertreten durch seine Mutter - hiergegen Klage zum Sozialgericht B-Stadt (S 5 AS 450/10) erhoben und u.a. unter Ziffer 2 und 3 des Klageantrages beantragt, "der Klägerin ihren nieren- und asthmakranken Sohn A. (den ASt) zu ihrer Bedarfsgemeinschaft mit anrechnen zu müssen" (Ziffer 2) und "der Klägerin die 40.000,00 € für den Kranken- Rücktransport ihres Sohnes A." (den ASt) von den Philippinen nach Deutschland zu bezahlen (Ziffer 3). Zudem verstoße die Auffassung der Beklagten gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG), denn es gebe keinen Unterschied zwischen Jugendlichen in Deutschland und dem ASt, der sich zwangsweise auf den Philippinen aufhalte (Antrag c aus dem Schriftsatz vom 03.03.2010)

Zugleich hat die Mutter des ASt einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, die mit der Klageerhebung geltend gemachten Ansprüche wegen der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit vor einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu bewilligen (S 451/10 ER).

Das Sozialgericht Ulm hat die unter Ziffer 2 und 3 des Klageantrages sowie die im Antrag c aus dem Schriftsatz vom 03.03.2010 genannten Begehren als Anträge des ASt aufgefasst und nach Abtrennung diese wegen des ausländischen Wohnsitzes des ASt mit Beschluss vom 18.03.2010 an das Sozialgericht Nürnberg (SG ) verwiesen (S 13 AS 481/10 ER).

Unter Vorlage einer Vollmacht vom 16.05.2009, die zur uneingeschränkten Vertretung des ASt vor deutschen Gerichten befuge, hat die Mutter des ASt gegenüber dem SG vorgebracht, ihr Sohn schwebe in Lebensgefahr und liege zeitweise im Delirium. Er kämpfe täglich um sein Überleben.

Das SG hat mit Ladung vom 26.03.2010 als Bevollmächtigen des ASt Herrn F. H. (H.), den Bevollmächtigten der Mutter des ASt, zur mündlichen Verhandlung am 18.04.2010 geladen. Nach dessen Hinweis, allein die Mutter des ASt sei bevollmächtigt, und nach einem Antrag, die RA M. aus B. als besondere Vertreterin gemäß § 72 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu bestellen, hat das SG die benannte Rechtsanwältin als Betreuerin des ASt geladen und H. den Grund seiner "Abladung" mitgeteilt. RA M. hat mitgeteilt, sie kenne den ASt nicht.

In der öffentlichen Sitzung am 28.04.2010 hat das SG festgestellt, der ASt sei ordnungsgemäß geladen. Die Antragsgegnerin (Ag) hat, nachdem für den ASt niemand erschienen war, eine Entscheidung nach Aktenlage beantragt.

Mit Beschluss vom 28.04.2010 hat das SG den Antrag des ASt auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes abgelehnt. H. sei Prozessbevollmächtigter des ASt, nachdem auch eine Vollmacht des H. für die Mutter des ASt vorgelegt worden sei. Der ASt habe keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so dass Leistungen nach dem SGB II nicht zu erbringen seien. Hierunter falle auch der Krankenrücktransport, unabhängig davon, dass eine solche Leistung nach dem SGB II nicht vorgesehen sei.

Am 25.06.2010 hat der ASt unter Bezugnahme auf das gerichtliche Aktenzeichen S 13 AS 481/10 ER gegen den Beschluss vom 02.06.2010 Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingel...

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