Entscheidungsstichwort (Thema)

Ein-Euro-Job. Zusätzliche Maßnahme. Absenkung. Wiederholungsfall. Rechtsfolgenbelehrung. Warnfunktion. Mehraufwandsentschädigung. Anordnung der aufschiebenden Wirkung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine “zusätzliche” Maßnahme i.S.v. § 16 Abs. 3 S. 2 SGB II liegt nur vor, wenn sie ohne Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würde.

2. Grundsätzlich erfordert jede Sanktion nach § 31 SGB II eine vorherige ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung. Sind dem Hilfebedürftigen indes die drohenden Rechtsfolgen aufgrund vorangegangener Sanktionen bekannt, können die Leistungen nach dem SGB II auch ohne nochmalige Belehrung abgesenkt werden.

 

Normenkette

SGB II § 16 Abs. 3 S. 2, § 31 Abs. 3 Sätze 4, 6; SGB III § 261

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 16. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten wegen der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf.) strebt an, die Vollziehung einer Absenkung seiner Leistungen auf Null für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2008 zu verhindern.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg.) unterbreitete dem Bf. ein auf den 18.08.2008 datiertes Angebot für eine Hilfsarbeitertätigkeit bei der A. im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II. Der Bf. sollte als Hilfsarbeiter im Sozialkaufhaus mithelfen. Die Tätigkeit wäre bis zum 31.01.2009 befristet gewesen, der zeitliche Umfang sollte 20 Stunden wöchentlich betragen; Lage und Verteilung der Arbeitszeit hätten flexibel gestaltet werden können. Der Bf. meldete sich aber nicht bei der A..

Im Vorfeld hatte die Bg. bereits mehrfach Absenkungen nach § 31 SGB II festgestellt:

Zunächst erging mit Bescheid vom 10.05.2007 eine Absenkung in Höhe von 30 v.H. der für den Bf. maßgebenden Regelleistung für den Zeitraum Juni bis August 2007. Die Bg. trägt vor, der Bf. hätte sich geweigert, eine ihm mit Schreiben vom 05.03.2007 angebotene Tätigkeit bei der evangelisch-lutherischen Gesamtkirchenverwaltung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II auszuführen. In dieser Angelegenheit ist beim Sozialgericht Augsburg ein Klageverfahren anhängig (S 16 AS 761/08). Das Sozialgericht hat Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt; eine im PKH-rechtlichen Sinn hinreichende Erfolgsaussicht hat das Sozialgericht bejaht, weil zweifelhaft sei, ob es sich um eine "zusätzliche" Arbeit gehandelt hätte.

Sodann erfolgte mit Bescheid vom 23.08.2007 eine Absenkung in Höhe von 60 v.H. der für den Bf. maßgebenden Regelleistung für den Zeitraum September bis November 2007. Dem Bf. wäre, so die Bg., mit Schreiben vom 31.05.2007 eine Tätigkeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II bei der A. angeboten worden. Wiederum hätte der Bf. die Arbeit nicht ausgeführt. In dieser Angelegenheit ist ebenfalls beim Sozialgericht ein Klageverfahren anhängig (S 16 AS 764/08). Dieses hat die Bewilligung von PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt; bei der Tätigkeit im Sozialkaufhaus, so das Sozialgericht zur Begründung, hätte es sich um eine gemeinnützige Arbeit gehandelt, bei der auch das Tatbestandsmerkmal der Zusätzlichkeit nicht zweifelhaft sei.

Das nächste Angebot hatte die Bf. mit Schreiben vom 12.06.2007 unterbreitet (Aufforderung, sich um eine ausgeschriebene Stelle bei der B. zu bewerben; es hatte sich um ein Stellenangebot für den "ersten Arbeitsmarkt" gehandelt). Da der Bf. auch dies ignoriert hatte, hatte die Bg. mit Bescheid vom 04.09.2007 einen vollständigen Wegfall des Arbeitslosengelds (Alg) II für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2007 festgestellt. Auch hierzu gibt es ein Klageverfahren beim Sozialgericht (S 16 AS 765/08). Die Bewilligung von PKH hat dieses abgelehnt.

Mit Schreiben vom 02.08.2007 hatte die Bg. dem Bf. eine Tätigkeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II bei der Stadt A-Stadt angeboten. Da dieser auch darauf nicht eingegangen war, hatte die Bg. mit Bescheid vom 31.10.2007 den Zeitraum des vollständigen Wegfalls des Alg II gegenüber dem Bescheid vom 04.09.2007 um die Monate Januar und Februar 2008 verlängert. Auch diesbezüglich ist vor dem Sozialgericht ein Klageverfahren anhängig (S 16 AS 766/08). Hier hat das Sozialgericht PKH bewilligt. Denn es hegt Bedenken, ob es sich bei den für den Bf. vorgesehenen Tätigkeiten nicht um Pflichtaufgaben der Gemeinde handeln würde, die nicht "zusätzlich" im Sinn von § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II seien. Außerdem sei im Stellennachweis die Art der Tätigkeit zu unbestimmt gefasst gewesen.

Eine weitere vollständige Absenkung war mit Bescheid vom 05.03.2008 ausgesprochen worden; betroffen war der Zeitraum April bis Juni 2008. Mit Schreiben vom 18.01.2008 hatte die Bg. den Bf. wiederum ohne Erfolg aufgefordert, sich um eine angebotene Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bewerben. Das hiergegen beim Sozialgericht anhängige Klageverfahren trägt das Aktenzeic...

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