Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenübernahmeanspruch für Arzneimittel. Entscheidungsfrist. Bekanntgabe der Entscheidung seitens der Krankenkasse innerhalb der Frist nicht erforderlich

 

Leitsatz (amtlich)

Die drei sowie die fünfwöchige Frist des § 13 Abs 3a SGB V ist jeweils eine Entscheidungsfrist und soll den Krankenkassen vollumfänglich zur Entscheidungsfindung zur Verfügung stehen. Der Bescheidbekanntgabe innerhalb der Fristen bedarf es daher nicht.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 23.02.2016 aufgehoben und der Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes streitig die vorläufige Kostenübernahme für die Behandlung des Antragstellers mit dem Arzneimittel Anakinra in Verbindung mit Metothrexat.

Der Antragsteller, geb. 1983, ist bei der Antragsgegnerin gesetzlich krankenversichert und leidet seit seiner Jugend an einem PAPASH-Syndrom (Akne conglobata, Akne inversa, Akne keloidalis nuchae und sinus pilonidalis, superfizielle pyoderma gangraenosa sowie ausgeprägte Arthralgien im Bereich der Schultergelenke, Sternokrostalgelenke, Fingergrundgelenke und Beckenregion) sowie auch an einer manifesten Depression mit psychiatrisch geäußerter Tendenz zur Suizidalität mit Verdacht auf Assoziation zum Verlauf der Grunderkrankung.

Mit Schreiben vom 18.12.2015 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Behandlungskosten mit Anaknra und Methotrexat und legte zur näheren Begründung einen Bericht der Universitätsklinik A-Stadt vom 03.11.2015 vor. Daraus geht hervor, dass es sich bei der Erkrankung um eine seltene Erkrankung mit teils variablem klinischem Phänotyp handle mit einer Prävalenz von 1:1.000.000, wobei beim Antragsteller eine besonders schwere Form dieser rheumatologisch-dermatologischen Erkrankung am ganzen Körper vorliege. Zusätzlich zeige der Antragsteller eine schwere depressive Symptomatik mit zunehmenden sozialen Rückzugs- und suizidalen Tendenzen. Eine psychiatrische Co-Morbidität bei chronischen, dermatologischen Erkrankungsbildern sei bekannt. Der Antragsteller habe nach langen Fehlzeiten sein Hochschulstudium abgebrochen und zuletzt auch seine Hilfstätigkeit in einer Werkstatt aufgegeben. Bisher seien bei dem Antragsteller wiederholte operative Eingriffe indiziert gewesen aufgrund der Akne inversa. Zusätzlich habe eine Behandlung stattgefunden mit Retinoiden, Glukokortikosteroiden und TNF-alpha-Blockern. Ein alleiniger topischer Behandlungsansatz sei bei der komplexen rheumatologisch-dermatologischen Systemerkrankung zu keinem Zeitpunkt zielführend gewesen. Aufgrund der zu erwartenden Nebenwirkungen und des jungen Alters des Antragstellers sei eine Fortsetzung der systemischen Cortisonbehandlung keine weiterhin vertretbare Option gewesen. Es laufe aktuell seit Juni 2015 ein Behandlungsversuch mit Methotrexat 20 mg S.C. wöchentlich und Dapson 100 mg täglich und dies erweise sich als nicht zufriedenstellend, da hierunter Athralgien und systemische Entzündungen erneut zugenommen hätten.

Die in der einschlägigen Literatur beschriebenen therapeutischen Maßnahmen seien bisher alle ohne Erfolg versucht worden.

Mit Bezug auf erfolgreiche aktuelle Fallberichte, die aufgrund der Seltenheit dieser Erkrankung (Orphan-Disease) nicht durch große randomisiert-/kontrollierte Studien ersetzt werden können, sei bei dem Antragsteller im Jahr 2014 eine Behandlung mit dem Anti-Interleukin-1-Rezeptor Antagonist Anakinra durchgeführt worden. Diese Therapie habe beim Antragsteller nach einem Zeitraum von vier Monaten bereits zu einem wichtigen Teilerfolg geführt, wodurch erstmals die mehrjährige Cortisonbehandlung ausgeschlichen und anschließend komplett abgesetzt werden konnte. Auch habe sich dadurch der Schmerzmittelbedarf bezüglich der intermittierenden Athralgien unter Anakinra soweit reduziert, dass zur Kontrolle der Gelenkschmerzen nun nicht mehr nichtsteroidale Antiphlogistika (z. B. Ibuprofen) bei Bedarf ausreichten. In den Vorjahren seien bei dem Antragsteller hierfür die Einnahme stark wirksamer Opioidanalgetika (z. B. Tilidin) und Prednisolon erforderlich gewesen.

Aufgrund der Ergebnisse der bisher veröffentlichen Fallberichte und des dokumentierten Behandlungserfolges im Fall des Antragstellers werde daher eine Therapie mit dem Anti-Interleukin-1-Rezeptor Antagonist Anakinra empfohlen. Die Therapiekosten für einen Monat belaufen sich auf ca. 1.050,00 Euro. Empfohlen werde zunächst eine sechsmonatige Therapie unter Dokumentation und nachfolgender Evaluation.

Die Antragsgegnerin hat eine sozialmedizinische Stellungnahme des MDK eingeholt. Dr. R. führte ein seiner Stellungnahme vom 04.01.2016 aus, dass der Antragsteller an einer schweren syndromalen Erkrankung leide, die jedoch nicht lebensbedrohlich, unbehandelt regelmäßig tödlich verlaufen bzw. gleichgestellt sei nach den Kri...

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