Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Fahrtkosten. Gerichtliches Mediationsverfahren. Gleichbehandlung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Erstattung von Kosten nach dem JVEG kann bei einem gerichtlichen Mediationsverfahren nicht erfolgen.

 

Normenkette

SGG § 191

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen und jetzigen Beschwerdeführerinnen begehren die Erstattung von Fahrtkosten nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) für die Teilnahme an einem gerichtlichen Mediationstermin im Rahmen eines Rechtsstreits nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch.

In dem am Sozialgericht München (SG) unter dem Az. S 51 AS 2787/09 geführten Klageverfahren erklärten sich die Beschwerdeführerinnen und die damalige Beklagte mit der Durchführung eines gerichtlichen Mediationsverfahrens einverstanden. Am 02.03.2011 fand ein Mediationstermin statt, bei dem der Rechtsstreit erledigt wurde. Die Beschwerdeführerinnen nahmen an diesem Termin teil.

Am 14.03.2011 beantragten die Beschwerdeführerinnen beim SG, ihr persönliches Erscheinen beim Mediationstermin anzuordnen und Fahrtkosten in Höhe von 87,- € zu erstatten.

Die Kostenbeamtin des SG lehnte den Antrag auf Kostenerstattung mit Schreiben vom 30.03.2011 ab, da Grundlage für die Kostenerstattung § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. den Vorschriften des JVEG sei. Für eine Kostenerstattung sei die Anordnung des persönlichen Erscheinens Voraussetzung. Eine solche Anordnung könne aber in einem freiwilligen Mediationsverfahren nicht ergehen. Im Übrigen sei auch bei der Einladung zum Mediationstermin darauf hingewiesen worden, dass Fahrtkosten nicht erstattungsfähig seien.

Die Beschwerdeführerinnen haben mit anwaltlichem Schreiben vom 05.04.2011 die richterliche Kostenfestsetzung beantragt. Der Mediator habe - so die Beschwerdeführerinnen - die Zusage gegeben, auf eine Fahrtkostenerstattung hinzuwirken. Ansonsten sei eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegeben, da sie eine Fahrtkostenerstattung erhalten hätten, wenn statt einer Mediation ein Verhandlungstermin stattgefunden hätte.

Mit ausführlich begründetem Beschluss vom 19.06.2012 hat das SG eine Entschädigung wie bereits die Kostenbeamtin abgelehnt. Das SG hat sich darauf gestützt, dass § 191 SGG bei einer Mediation nicht anwendbar sei. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das SG die Beschwerde zugelassen.

Dagegen haben die Beschwerdeführerinnen mit anwaltlichem Schreiben vom 26.07.2012 Beschwerde eingelegt. Es gebe - so der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerinnen - keinen sachlichen Grund, die Beschwerdeführerinnen in einem Mediationsverfahren anders als in einem Klageverfahren zu behandeln. Würde keine Kostenerstattung erfolgen, bestehe die Gefahr, dass die Mediation leer laufen würde, da schon allein wegen der Gefahr des Verlusts des Kostenerstattungsanspruchs eine Klagepartei nie der Mediation zustimmen würde.

II.

Die gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Ein Kostenerstattungsanspruch nach dem JVEG kann für die Wahrnehmung eines Termins im Rahmen eines gerichtlichen Mediationsverfahrens nicht bestehen. Dies hat das SG zutreffend und unter ausführlicher Würdigung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte im Beschluss vom 19.06.2012 ausgeführt. Das Mediationsverfahren ist, wie das SG richtig festgestellt hat, nicht Gegenstand einer ausdrücklichen prozessualen Regelung (vgl. auch Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss vom 21.09.2011, Az.: 5 K 2044/10 - m.w.N.), sodass § 191 SGG und damit auch das JVEG nicht zur Anwendung kommen.

Wenn die Beschwerdeführerinnen darin eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit einem Klageverfahren zu erkennen meinen, irren sie. Denn Klage- und Mediationsverfahren sind eben gerade nicht vergleichbar, sondern haben grundlegend verschiedenen Charakter. Sofern die Beschwerdeführerinnen in einer fehlenden Kostenerstattungspflicht ein praktisches Hemmnis für Mediationsverfahren sehen, kann der Senat dem nicht widersprechen - jedenfalls dann nicht, wenn derartige Kostenfragen als so gewichtig eingeschätzt werden, dass sie allein einer einvernehmlichen Lösungsfindung im Rahmen eines Mediationsverfahrens entgegenstehen können. Praktische Gründe geben aber kein Recht, sich über gesetzliche Vorgaben hinwegzusetzen oder gesetzgeberische Entscheidungen vorwegzunehmen. Eine Änderung im Sinn einer Kostenerstattung nach dem JVEG auch bei einem Mediationsverfahren könnte nur der Gesetzgeber selbst, nicht aber ein Gericht herbeiführen.

Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sieht der Senat mit Blick auf die Ausführungen im sozialgerichtlichen Beschluss ab (§ 153 Abs. 2 SGG analog).

Der Kostensenat des Bayerischen Landessozialgerichts trifft diese Entscheidung nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG in voller Besetzung.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

 

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