Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsprüfung. keine Änderung eines bestandskräftigen Beitragsbescheides bei Gewinnung neuer Erkenntnisse zu einem bereits abgeschlossenen früheren Prüfzeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

Ein bestandskräftiger Beitragsprüfungsbescheid über einen konkreten Prüfzeitraum hindert eine weitere Nachforderung für den gleichen Zeitraum durch einen späteren Prüfbescheid. Dies setzte die vorherige Rücknahme nach § 45 SGB 10 voraus.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 20. Mai 2011 abgeändert und die aufschiebende Wirkung gegen den Bescheid vom 18. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2011 insoweit angeordnet, als Beiträge für die Jahre 2000 bis 2004, einschließlich der daraus berechneten Säumniszuschläge nachgefordert werden.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Eilverfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Der Streitwert wird auf 12.447,88 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 37.343,65 Euro anzuordnen.

I.

Gegenstand des Betriebs der Antragstellerin ist eine Tankstelle mit Imbiss und Verkaufsshop sowie der Handel mit Kfz-Zubehör. Nach einer Betriebsprüfung bei der Antragstellerin setzte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18. Mai 2010 eine Nachforderung von Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung in Höhe von 24.993,65 Euro und Säumniszuschläge in Höhe von 12.350 Euro fest. Nachgefordert wurden zum einen Sozialversicherungsbeiträge für als geringfügig Beschäftigte geführte Personen. Die Antragsgegnerin begründete die für das Jahr 2008 nachberechneten Beiträge mit einem Überschreiten der anteiligen Geringfügigkeitsgrenze. Da die betroffenen Beschäftigten nur kürzere Beschäftigungsverhältnisse als einen Monat ausgeübt hätten, dürfe das erzielte Entgelt den anteiligen Monatsbetrag (400 Euro als maximalen Monatsbetrag für geringfügige Beschäftigungen x Kalendertage des Beschäftigungsverhältnisses : 30) nicht überschreiten. Daneben forderte die Antragsgegnerin Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung für die Jahre 2000 bis 2005 nach. Der Prüfzeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2004 war bereits Gegenstand einer früheren Betriebsprüfung gewesen, die mit Bescheid vom 9. Juni 2006 abgeschlossen worden war. Die Antragsgegnerin stützte ihre neue Forderung auf die Auswertung eines Berichts über die Lohnsteuer-Außenprüfung des Finanzamtes H. vom 13. Januar 2006. Darin hatte das Finanzamt unter anderem beanstandet, dass für mehrere namentlich aufgeführte Arbeitnehmer als steuerfrei ausgezahlte Zuschläge dem steuerpflichtigen Arbeitslohn zuzurechnen seien. Hinzu kamen nach Feststellungen des Finanzamtes Lohnauszahlungen ohne Lohnkonto und höhere ausbezahlte Nettolöhne als in den Lohnkonten verbucht worden waren. Auf den Inhalt des Berichtes über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 13. Januar 2006 auf Bl. I 64 ff der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin wird Bezug genommen. Zu den Säumniszuschlägen führte die Antragsgegnerin aus, die Antragstellerin habe aufgrund des Lohnsteuerhaftungsbescheides vom 18. Januar 2006 Kenntnis von ihrer Zahlungspflicht von Sozialversicherungsbeiträgen hinsichtlich der Zuschläge für Sonntags- Feiertags- und Nachtarbeit, der Lohnzahlung ohne Lohnkonto und der nicht versteuerten Lohnzahlungen gehabt. Daher seien Säumniszuschläge für die Zeit vom 1. März 2006 bis zum 30. April 2010 zu berechnen. Auf den früheren Bescheid vom 9. Juni 2006 über die damals abgeschlossene Betriebsprüfung nahm die Antragsgegnerin keinen Bezug.

Dagegen hat die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 8. Juni 2010 Widerspruch eingelegt und zugleich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs beantragt. Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die auf die Lohnsteuerprüfung gestützten Beitragsnachforderungen seien bereits verjährt. Das Finanzamt habe nach Klärung mit den Geschäftsführern die zunächst getroffenen Festsetzungen geändert und zum größeren Teil die Nachzahlungsbeträge aufgehoben. Mit Schreiben vom 29. Juni 2010 hat die Antragsgegnerin den Vollzug der Beitragsforderung in Höhe von 24.825,82 Euro für die Dauer des Widerspruchsverfahrens ausgesetzt. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2011 hat die Antragsgegnerin schließlich den Widerspruch der Antragstellerin zurückgewiesen und ihre Nachforderung in Höhe von insgesamt 37.343,65 Euro (einschließlich 12.350 Euro Säumniszuschläge) bestätigt. Zur Begründung hat die Antragsgegnerin ausgeführt, die Antragstellerin habe keine Unterlagen über die Änderung des Lohnsteuerhaftungsbescheides vom 18. Januar 2006 vorgelegt. Trotz entsprechender Aufforderung mit Schreiben vom 21. Juni 2010 und einer Erinnerung mit Schreiben vom 3. August 2010 habe die Antragstellerin keine entsprechenden Nachweise übersandt. Di...

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