Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufungserweiterung. Verteilungsfläche. Erschlossenes Grundstück. Erschließungsanlage. Parkhaus. Parkfläche. Widmung. Erschließungsbeitrags (W. straße). Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. November 1998

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Berufungserweiterung ist wegen Verstoßes gegen § 124a Abs. 3 VwGO unzulässig, wenn der durch die – ursprünglich beschränkt eingelegte – Berufung gesteckte Rahmen nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist überschritten wird.

2. Ein straßenrechtlich gewidmetes gemeindliches Parkhaus fällt als Erschließungsanlage nicht in den Kreis der durch eine Anbaustraße i.S.d. § 131 Abs. 1 BauGB erschlossenen Grundstücke.

 

Normenkette

VwGO § 124a Abs. 3; BauGB § 123 Abs. 2, § 127 Abs. 2 Nr. 4, § 131 Abs. 1, § 133 Abs. 1; BayStrWG Art. 6

 

Verfahrensgang

VG Regensburg (Urteil vom 17.11.1998; Aktenzeichen RO 11 K 97.972)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 09.08.2002; Aktenzeichen 9 B 35.02)

 

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. November 1998 wird abgeändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 14. November 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung der Oberpfalz vom 5. Mai 1997 wird aufgehoben, soweit ein höherer Beitrag als 38.143,87 Euro (entspricht 74.602,93 DM) festgesetzt worden ist. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im übrigen wird die Berufung verworfen.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu einem Erschließungsbeitrag für die Herstellung der W. straße.

Die Klägerin ist Miteigentümerin des mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebauten Grundstücks FINr. 6130 der Gemarkung W. mit einer Größe von 903 qm, das im Westen an die Hstraße und im Norden an die W. straße grenzt. Die in Ost-West-Richtung verlaufende W. straße biegt von der B. straße nach Osten ab. Von ihr zweigen, bevor sie den S. bach überquert, im Norden die Straße „Am W.” und die Nstraße sowie im Süden die Hstraße ab. Sodann kreuzt sie die L. straße, bevor sie im Osten in die D-. -Straße mündet.

Die Bebauung an der W. straße begann ab 1910. Noch in den siebziger Jahren war auf der südlichen Straßenseite kein Gehweg vorhanden, sondern nur eine geschotterte Fläche. Die weitere bauliche Entwicklung vollzog sich aufgrund des Bebauungsplanes Nr. 60/61 26 179 (= W. straße einschließlich südlich angrenzender Grundstücke und südliche D-. -Straße), bekannt gemacht am 15. Februar 1979 und des Bebauungsplans 60/61 26 225 (= nördlich der W. straße östlich des S. bachs), bekannt gemacht am 1. April 1980. Für die nördlich an die W. straße angrenzende, zwischen S. bach und L. straße liegende FlNr. 928 trifft der Bebauungsplan die Festsetzung „Gemeinbedarfsfläche-Parkdeck”; auf der östlich davon zwischen L. straße und D-. -Straße liegende FlNr. 910 ist ein „Parkplatz” festgesetzt.

Die Beklagte hat die W. straße entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 60/61 26 179 zwischen 1990 und 1993 in einer Gesamtbreite von 18,5 m (Fahrbahn, Parkstreifen, Gehwege) hergestellt; die letzte Rechnung ging am 27. Oktober 1993 ein. Mit Bescheid vom 14. November 1996 zog sie die Klägerin für die Herstellung der W. straße (Teilabschnitt zwischen B. straße und D-. -Straße) zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 113.990,48 DM heran.

Ihren Widerspruch begründete die Klägerin mit dem Einwand der Verjährung der Beitragsforderung und Zweifeln daran, ob es sich um die erstmalige Herstellung handele. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 1997 wies die Regierung der Oberpfalz den Widerspruch der Klägerin zurück.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Erschließungsbeitragsbescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids. Die seit 100 Jahren als Anlieger- und Durchgangsstraße für Wohn- und Geschäftsgrundstücke dienende W. straße sei schon vor den abgerechneten Baumaßnahmen erstmals hergestellt gewesen. Der Erschließungsaufwand sei unzutreffend berechnet und fehlerhaft sei zudem die Nichteinbeziehung des Parkdecks und der Parkplätze auf den FINrn. 928 bzw. 910. Bei dem Gebäude handele es sich um ein Parkhaus, denn nur die oberste Etage sei nicht überdacht und gerade die zur W. straße zeigende Seite des Gebäudes sei umbaut.

Die Beklagte führte demgegenüber aus, dass die W. straße vor den abgerechneten Baumaßnahmen nur bis zum S. bach provisorisch ausgebaut gewesen sei. Der notwendige Unterbau der Fahrbahn habe gefehlt und Gehwege – soweit vorhanden – seien nur provisorisch errichtet worden. Das Parkdeck und der Großpark...

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