Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht. Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. September 1993. Zustimmung zur Kündigung gemäß § 15 SchwbG, wenn kein Zusammenhang zwischen Kündigung und Behinderung. Zur Frage des Ermessensumfangs und zur Interessenabwägung

 

Normenkette

SchwbG § 15

 

Verfahrensgang

VG Regensburg (Urteil vom 15.09.1993; Aktenzeichen RO 14 K 92.1687)

 

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

1. Der am 12. Juni 1925 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 70. Er war seit 16. Juli 1987 als chirurgischer Oberarzt beim Beklagten angestellt. Seine Dienststelle war das Kreiskrankenhaus Vohenstrauß.

Mit Schreiben vom 13. November 1990 beantragte der Beigeladene beim Beklagten die Zustimmung sowohl zur fristlosen Kündigung als auch hilfsweise zur ordentlichen Kündigung gemäß §§ 15 ff. SchwbG. Zur Begründung trug der Beigeladene vor, daß der Kläger laut Dienstplan am 28. Oktober 1990 und am 3. November 1990 Bereitschaftsdienst im Kreiskrankenhaus Vohenstrauß zu leisten gehabt hätte. Während dieses Bereitschaftsdienstes habe sich der Kläger in das 20 km entfernte Weiden begeben und sich damit unberechtigt vom Dienst entfernt. Erschwerend wirke dabei, daß der Kläger damit etwa 50 Patienten ohne die notwendige sowie nach Versorgungsvertrag garantierte ärztliche Versorgung gelassen habe. Am 3. November 1990 sei der Kläger nicht erreichbar gewesen. Am 25. September 1990 habe der Kläger den Arbeitsfrieden erheblich gestört, als er dem Chefarzt Z. „Stasimethoden” vorgeworfen und ihn als „Stasischwein” bezeichnet habe. Erschwerend sei dabei, daß der Kläger mit dem Chefarzt Z. in einem Team arbeiten müsse, das oft Leben und Tod in seiner Hand habe. Am 22. August 1990 habe der Kläger zu Chefarzt Z. im Operationssaal vor dem gesamten Operationspersonal gesagt, wann er, der Chefarzt, endlich einmal lerne, wie eine Narkose gemacht werde. Der Kläger habe außerdem gegenüber ihm, dem Landkreis als Arbeitgeber, eine drohende Haltung eingenommen. So habe der Kläger geäußert, daß er „diesen Saustall ausmisten” werde und daß man ihn jetzt kennenlernen werde. Entsprechende Vorbereitungen habe er schon getroffen. Eine Zusammenarbeit mit dem Kläger sei nicht mehr möglich. Das gelte auch für das Pflegeund Funktionspersonal. Von dieser Seite seien bereits Kündigungen in Aussicht gestellt, falls der Kläger im Hause bleibe. Es liege auch eine Beschwerde von einem einweisenden Arzt über das dienstliche Verhalten des Klägers vor.

Unter dem 16. November 1990 haben der Personalrat und der Vertrauensmann der Schwerbehindertenvertretung der fristlosen Kündigung und einer ordentlichen Kündigung zugestimmt. Der Vertrauensmann führte hierzu noch an, daß der Grund für die beabsichtigte Personalmaßnahme nicht in der Behinderung des Klägers, sondern in dessen persönlichen Verhaltensweisen liege.

Der Kläger machte geltend, daß der Sachverhalt im Antragsschreiben unrichtig wiedergegeben sei. Aber auch wenn die Darstellungen zuträfen, berechtige das nicht zur fristlosen oder ordentlichen Kündigung, weil es an einer entsprechenden Abmahnung fehle. In der Sache sei festzuhalten, daß er, der Kläger, sowohl am 28. Oktober 1990 als auch am 3. November 1990 jeweils für eine Vertretung durch einen anderen Arzt gesorgt habe. Auch habe er sich nicht in der behaupteten Weise nachteilig geäußert. Nach dem Arbeitsvertrag sei eine ordentliche Kündigung überhaupt nicht möglich. Die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung seien weit und breit nicht zu erkennen.

Mit Bescheid vom 28. November 1990 erteilte die Regierung der Oberpfalz – Hauptfürsorgestelle – die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers. Den dagegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuß bei der Hauptfürsorgestelle der Regierung der Oberpfalz mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 1992 als unbegründet zurück.

Mit Bescheid vom 14. März 1991 erteilte die Regierung der Oberpfalz – Hauptfürsorgestelle – die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger. Den hiergegen ebenfalls erhobenen Widerspruch wies der Widerspruchsausschuß bei der Hauptfürsorgestelle der Regierung der Oberpfalz mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 1992 als unbegründet zurück.

Der Beigeladene hatte bereits mit Schreiben vom 11. April 1991 dem Kläger zum 30. September 1991 gekündigt. Mit Urteil vom 1. Juli 1992 hatte das Arbeitsgericht Weiden i.d. OPf. festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kl...

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