Leitsatz

Wird ein Wohnungseigentum vom Bauträger als "hochpreisig, repräsentativ und hochwertig ausgestattet" angeboten, darf der Erwerber erwarten, dass auf dem zum Wohnungseigentum gehörenden Stellplatz ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse mit üblichem Aufwand abgestellt werden kann.

 

Normenkette

§§ 133, 157, 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB

 

Das Problem

Bauträger B veräußert Erwerber E ein Wohnungseigentum nebst Stellplatz zu einem Preis von 870.000 EUR, das er als "hochpreisig, repräsentativ und hochwertig ausgestattet" angeboten hatte. Nach Bezug des Sondereigentums stellt sich heraus, dass E seinen Pkw der "gehobenen Mittelklasse" nur mit äußerst aufmerksamer Fahrweise, rückwärts und nach mehrmaligem Rangieren auf dem Stellplatz einparken kann. E verlangt daher eine Minderung des Kaufpreises, die er mit 50 % vom Kaufpreis des Stellplatzes und mit 3 % des Kaufpreises des Wohnungseigentums beziffert. Das Landgericht spricht E für den Stellplatz einen Minderwert von 17.000 EUR und für das Wohnungseigentum einen Minderwert von 25.000 EUR zu. Mit der Berufung macht B geltend, es liege kein Mangel vor.

 

Die Entscheidung

  1. Ohne Erfolg! Dass B baurechtlich keinen größeren Stellplatz errichten durfte, stehe der Annahme eines Mangels nicht entgegen. Ein Mangel sei vielmehr anzunehmen, da das veräußerte Wohnungseigentum nicht die Beschaffenheit aufweise, die bei Werken der gleichen Art üblich sei und die der Besteller nach der Art des Werks erwarten könne.
  2. Richtig sei zwar, dass der Erwerber die Einhaltung der anerkannten Regeln der Bautechnik erwarten dürfe; darüber hinaus gelte aber auch hier der subjektive Mangelbegriff. Der Erwerber dürfe erwarten, einen Stellplatz zu bekommen, auf dem er sein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse mit üblichem Aufwand abstellen könne. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Stellplatz als besonders komfortabel und gut ausgestattet beworben worden sei. Es genüge, dass die Wohnung, zu der der Parkplatz gehöre, als hochpreisig, repräsentativ und hochwertig ausgestattet angeboten worden sei. Die eingeschränkte Nutzbarkeit des Parkplatzes mindere nicht nur dessen Wert, das Fehlen eines geeigneten Parkplatzes mindere auch den Wert des Wohnungseigentumsrechts selbst erheblich. In einer Großstadt sei das Vorhandensein einer festen Parkmöglichkeit für ein Wohnungseigentumsrecht ein ganz erheblicher, wertbestimmender Faktor.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. In vielen Leistungsbeschreibungen sind viele Details der Ausführung nicht erwähnt oder genauer beschrieben. Daraus, dass ein bestimmtes Ausführungsdetail nicht erwähnt ist, kann indessen nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass es nicht geschuldet ist. Vielmehr muss unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Vertrages geprüft werden, ob eine bestimmte Qualität der Ausführung stillschweigend vereinbart ist.
  2. Entsprechende Qualitätsanforderungen können sich nicht nur aus dem Vertragstext, sondern auch aus sonstigen vertragsbegleitenden Umständen, den konkreten Verhältnissen des Bauwerks und seines Umfeldes, dem qualitativen Zuschnitt, dem architektonischen Anspruch und der Zweckbestimmung des Gebäudes ergeben (BGH v. 21.11.2013, VII ZR 275/12, NJW 2014 S. 620 Rn. 11; BGH v. 4.6.2009, VII ZR 54/07, NJW 2009 S. 2439 Rn. 12). Entspricht das versprochene Bauwerk dem üblichen Qualitäts- und Komfortstandard, kann der Erwerber i.d.R. auch die Ausführung nicht näher beschriebener Details in diesem Standard verlangen und muss sich nicht mit einem Mindeststandard zufrieden geben (BGH v. 21.11.2013, VII ZR 275/12, NJW 2014 S. 620 Rn. 11; BGH v. 14.6.2007, VII ZR 45/06, NJW 2007 S. 2983 Rn. 25).

Was ist für den Verwalter wichtig?

Im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen schuldet der Bauträger ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk. An dieser Erfolgshaftung ändert sich nichts, wenn die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben, mit der die geschuldete Funktionstauglichkeit des Werkes nicht erreicht werden kann. Der Bundesgerichtshof nimmt deshalb eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit und damit einen Fehler an, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werks nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt (BGH v. 8.11.2007, VII ZR 183/05, NZBau 2008 S. 109 f.). Das gilt unabhängig davon, ob die Parteien eine bestimmte Ausführungsart vereinbart haben oder die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Nach der Rechtsprechung schuldet auch der Bauträger ein solches funktionstaugliches Werk (BGH v. 25.1.2007, VII ZR 41/06, NZBau 2007 S. 243).

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.02.2014, 3 U 110/13

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