1 Leitsatz

Einzelne Wohnungseigentümer haben nicht das Recht, von anderen Wohnungseigentümern oder von Dritten rechtswidrig herbeigeführte bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums auf eigene Kosten selbst zu beseitigen.

2 Normenkette

WEG §§ 14 Nr. 1, 22 Abs. 1; BGB § 1004

Sachverhalt

Wohnungseigentümer B errichtet in den Jahren 2001 bis 2004 auf seiner Sondernutzungsfläche im Garten ein Gartenhaus nebst Anbau. Ferner stellt er Dinge im gemeinschaftlichen Eigentum ab (wohl: Garderobe, Schuhablage, Regal, Schrank, Kommode). Wohnungseigentümer K – der einzige andere Wohnungseigentümer – begehrt erst Jahre später von B, zu dulden, dass er, der K, das Gartenhaus und die Dinge auf eigene Kosten entfernt. Ohne Erfolg!

Entscheidung

Einem Wohnungseigentümer stehe nach Verjährung des Beseitigungsanspruchs kein auf die Selbstbeseitigung gerichteter Duldungsanspruch zu. § 1004 BGB gebe dem einzelnen Wohnungseigentümer kein Selbstbeseitigungsrecht. Die Wohnungseigentümer könnten zwar auf der Grundlage von § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG beschließen, eine rechtswidrige bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums auf Kosten aller Wohnungseigentümer zu beseitigen. Fehle es an einem solchen Beschluss, müsse der Wohnungseigentümer, der ihn anstrebe, aber eine Beschlussersetzungsklage erheben. Diese hätte Erfolg, wenn allein die Beseitigung und Wiederherstellung eines ordnungsmäßigen Zustands ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Nichts Anderes gelte hinsichtlich der Gegenstände, die B im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums aufgestellt habe. Allerdings betreffe dieser Antrag keine baulichen Veränderungen, sondern den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums. Aber auch insoweit müsste im Rahmen einer Beschlussersetzungsklage geklärt werden, ob die Beseitigung erfolgen oder gegebenenfalls eine Gebrauchsregelung gemäß § 15 Abs. 2 WEG herbeigeführt werden solle.

Hinweis

Im Fall ärgert sich ein Wohnungseigentümer darüber, dass ein anderer Wohnungseigentümer früher etwas gemacht hat, was er nicht durfte. Denn natürlich ist ein Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht befugt, ein Gartenhaus zu errichten, auch wenn er an der Gartenfläche ein Sondernutzungsrecht hat, noch darf ein Wohnungseigentümer im gemeinschaftlichen Eigentum – wohl im Treppenhaus – eine Garderobe, eine Schuhablage, ein Regal, einen Schrank und eine Kommode aufstellen. Wäre der Wohnungseigentümer, der sich gestört fühlt, gegen den störenden Wohnungseigentümer rechtzeitig vorgegangen, nämlich vor Ablauf der Verjährung, hätte seine Klage auf Beseitigung und Unterlassung daher grundsätzlich Erfolg haben müssen. Der klagende Wohnungseigentümer hatte diese Klage indes erst nach Verjährung der entsprechenden Ansprüche erhoben (was in Bezug auf den Gebrauch des Treppenhauses überrascht: Ansprüche gegen einen störenden Gebrauch können eigentlich nicht verjähren).

Wenn diese Verjährung eingetreten ist, ist der störende Wohnungseigentümer aber nicht mehr verpflichtet, die Störung auf eigene Kosten zu beseitigen. Allerdings ist er verpflichtet, es hinzunehmen, wenn die Störung beseitigt wird. An dieser Stelle fängt der hiesige Fall an. Denn es fragt sich, ob nach Eintritt der Verjährung beschlossen werden muss, dass das "Störende" beseitigt wird, oder ob ein einzelner Wohnungseigentümer berechtigt ist, das Recht einfach in die eigene Hand zu nehmen und die Störung auf eigene Kosten zu entfernen. Der BGH entscheidet sich insoweit gegen eine Reihe von Stimmen, auch meine, dass der einzelne Wohnungseigentümer zu so einer Selbstvornahme nicht berechtigt ist (dies dürfte im Übrigen wohl auch vor Eintritt der Verjährung nicht anders sein). Vielmehr bedürfe es eines Beschlusses, dass beseitigt wird – was dann der Störer erdulden muss. Ist der Störer nicht bereit, freiwillig zu dulden, müsste ihn entsprechend § 14 Nr. 4 Halbs. 1 WEG die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Duldung verklagen.

Dieser Weg ist natürlich beschwerlich. Noch mühseliger ist er, wenn es eine kleine Wohnungseigentümergemeinschaft ist, gar eine mit 2 Wohnungseigentümern wie im Fall. Denn in diesem Fall muss der gestörte Wohnungseigentümer alle Beschlüsse erst einmal im Wege der Beschlussersetzungsklage erzwingen und muss ferner der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein wenig "Leben" einhauchen, am besten, indem gegen den Willen des anderen Wohnungseigentümers ein Verwalter bestellt wird. Wer diese Anstrengung nicht will, muss die Augen aufhalten und gegen Störungen zeitnah vorgehen.

 

Muster: Beseitigungsanspruch

  1. ___ (Beschreibung) soll auf Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit Mitteln der Instandhaltungsrückstellung entfernt werden.
  2. Der Verwalter ist ermächtigt, namens und in Vollmacht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die ___ (Name, Adresse) aufgrund ihres Angebotes vom ___, das dieser Niederschrift als Anlage 1 beiliegt, mit der Entfernung zu beauftragen und mit Wohnungseigentümer ___ (Name, Adresse) das Datum der Entfernung abzusprechen.
  3. Ist Wohnungseigentümer ___ (Name, Adresse) nicht bereit, die Ent...

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