Normenkette

§ 14 WEG, § 15 WEG

 

Kommentar

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einer in der Tagespresse heftig kritisierten Entscheidung beschlossen, dass Wohnungseigentümer nicht mit Mehrheit das Ballspielen von Kindern auf einer in gemeinschaftlichem Eigentum stehenden Rasenfläche beschließen können, da ein solcher Beschluss eine Nutzungs- und Zweckänderung darstelle, die nur mit Zustimmung aller Eigentümer möglich sei. Mangels abweichender Vereinbarung in einer Gemeinschaftsordnung habe ein angelegter Rasen den Zweck, das gemeinschaftliche Grundstück optisch ansprechend zu gestalten. Im Vordergrund stehe der zu erhaltende Wohnwert einer Eigentumswohnanlage. Ballspielen stelle keinen "ordnungsgemäßen Gebrauch" des Gemeinschaftseigentums mehr dar, wie sich dies auch aus einem Vergleich mit öffentlichen Grünanlagen ergebe, auf denen Ballspielen in der Regel verboten sei mit Ausnahme dort speziell angelegter Bolzplätze.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.1985, 3 Wx 352/85)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Ist vom Sachverhalt dieser Entscheidung tatsächlich davon auszugehen, dass hinsichtlich einer Rasenfläche keine anfänglichen, ausdrücklich zweckbestimmenden Vereinbarungen getroffen wurden, gehe ich davon aus, dass ein Rasen in einer Eigentumswohnanlage grundsätzlich auch dafür vorgesehen und geeignet ist, von Bewohnern betreten werden zu dürfen. Wäre von Anfang an in einer Anlage ausschließlich ein parkartiger Zierrasen gewollt gewesen, hätte dies ausdrücklich in einer Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung vereinbart werden müssen. Hierauf hätte sich dann jeder Wohnungserwerber rechtzeitig einstellen können.

Ein üblicher Rasengarten hat m.E. nicht nur die Funktion, ein gemeinschaftliches Grundstück optisch ansprechend zu gestalten und dadurch den Wert der einzelnen Wohnungen zu erhalten, sondern auch den Zweck, in üblicher Weise privat genutzt zu werden, ohne auf öffentlichen Grund ausweichen zu müssen. Es ist keine Frage, dass in jeder Anlage ein ausgewogener Kompromiss gefunden werden muss zwischen berechtigten Ruhebedürfnissen bestimmter Bewohner und den Interessen von Familien mit Kindern. In einem Garten befinden sich Kinder unter steter gewisser Aufsicht in umfriedeter Sicherheit. Es ist keine Frage, dass Kinder vereinbarte Ruhezeiten einzuhalten und auch Gartenanlagen möglichst schonend zu behandeln haben; hier bieten sich entsprechende Hausordnungsregelungen an. So meine ich, dass eine vernünftige Regelung z.B. dahin gehen könnte, das Spielen (auch bestimmte Ballspiele) in einem Garten in der Zeit von 8.00 bis 12.00 Uhr und 15.00 bis 20.00 Uhr grundsätzlich zu gestatten.

Allerdings sollte das Spielen auch auf bestimmte Spielarten beschränkt werden. Ein z.B. gärtnerisch sehr ansprechend angelegter und gepflegter Garten mit Blumenbeeten und wertvollen Bäumen und Sträuchern ist sicher nicht geeignet, darauf Fußball zu spielen, wenn die Gefahr besteht, dass hierdurch Schäden an Haus und Pflanzen entstehen. Hingegen betrachte ich einen üblichen Nutz-Rasen als geeignet, darauf hin und wieder z.B. Federball, Softball, Seilspringen, Krocket usw. spielen zu können. Für ein Tischtennisfeld sollte eine eigene feste Untergrundfläche vorgesehen werden; auch das Tischtennisspielen (auf transportabler Platte) dürfte noch im üblichen Rahmen einer Gebrauchsregelung einer Gartenfläche liegen. Für Kleinkinder sollte i.ü. ein eigener Spielplatz mit Sandkasten und einigen sicheren Spielgeräten angelegt werden, ist ein solcher nicht bereits von Anfang an aufgrund entsprechender behördlicher Anordnungen vorhanden.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass das OLG Düsseldorf m.E. nicht von einer Zweckbestimmungsänderung der Gartennutzung hätte ausgehen dürfen, sondern von einer angemessenen Gebrauchsregelung im Sinne des § 15 Abs. 2 WEG. Die notwendigen Schranken einer Mehrheits-Beschlussfassung ergeben sich hier schon aus der gesetzlichen Bestimmung des § 14 Nr. 1 WEG.

Es hätte auch auf die sehr ausgewogene Entscheidung des BayObLG vom 15. 3. 1982 (BReg 2 Z 2/81) Bezug genommen werden können. Fatal wäre es m.E., die optisch ansprechende Gestaltung von Gartenflächen - was den Wohnwert einer Anlage betrifft - höher anzusetzen als das naturgegebene Spielbedürfnis von Kindern auf geschützten Garten- und Grünflächen. Der Nutzwert eines Gartens schafft ebenfalls Lebensqualität und damit Wohnwert. Auch bei öffentlichen Grünanlagen (Beispiel: Englischer Garten in München) hat sich die Auffassung in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Auch dort ist ein gerechter Interessenausgleich zwischen aktiver Nutzung gleichberechtigt neben einem Repräsentationsbedürfnis verwirklicht worden. Es kann deshalb m.E. auch im Wohnungseigentumsrecht nicht angehen, dass z.B. ein einzelner, kinderloser Wohnungseigentümer einer großen Mehrheit der Hausbewohner mit Kindern die Freude an aktivem Wohnen in Wohnanlagen verdirbt.

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