Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung zwecks Lohnkürzung

 

Orientierungssatz

Anforderung an dringende betriebliche Erfordernisse für eine Änderungskündigung zwecks Lohnherabsetzung - Zielrichtung der Unternehmerentscheidung.

 

Normenkette

KSchG §§ 2, 1 Abs. 1-2; BetrVG § 102 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 05.09.1986; Aktenzeichen 16 Sa 2137/85)

ArbG Münster (Entscheidung vom 14.05.1985; Aktenzeichen 3 (4) Ca 2204/84)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die soziale Rechtfertigung einer der Klägerin gegenüber erklärten Änderungskündigung, die das Ziel hat, eine übertarifliche Zahlung von 30,-- DM im Monat wegfallen zu lassen.

Der Beklagte ist ein eingetragener Verein. Er betreibt die Fachklinik H in M als Krankenhaus im Rahmen des Versorgungsauftrags u. a. nach dem "Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - KHG -" vom 29. Juni 1972 (BGBl. I S. 1009) und entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen in den jeweils geltenden Fassungen. In der Fachklinik werden Patienten an Tumoren und Tuberkulosen der Haut und an sonstigen Gesichts- und Hautversehrungen behandelt. Auch die Rehabilitation solcher Behinderten gehört zu den Aufgaben des Beklagten.

Der Krankenhausbetrieb wird im wesentlichen durch Einnahmen aus Pflegesätzen nach den Bestimmungen des KHG und der Verordnungen zur Regelung der Krankenhauspflegesätze vom 25. April 1973 (BPflVO 1973, BGBl. I S. 333) bzw. vom 21. August 1985 (BPflVO 1985, BGBl. I S. 1666) bestritten. In der Satzung des Beklagten heißt es u. a.:

"§ 2

Zweck

(1) Zweck des Vereins ist die Bekämpfung von Tumoren

und Tuberkulose der Haut sowie von sonstigen zu

Gesichts- und Hautversehrungen führenden Krank-

heiten, Verletzungen und Fehlbildungen und die

Rehabilitation der durch solche Versehrungen

Behinderten.

(2) Zur Erfüllung dieser Aufgaben betreibt der Verein

die Fachklinik H in M . Er

ist Krankenhausträger i. S. des Krankenhausge-

setzes Nordrhein-Westfalen.

(3) Die Klinik übernimmt im Rahmen des Versorgungs-

auftrages nach dem "Gesetz zur wirtschaftlichen

Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der

Krankenhauspflegesätze" - KHG - sowie nach dem

"Krankenhausgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen"

- KHG NW - in der jeweils geltenden Fassung die

Untersuchung und Behandlung der Patienten ein-

schließlich der Rehabilitation entsprechend dem

jeweiligen Stand der ärztlichen Wissenschaft.

(4) Die Klinik leistet Beiträge zur fachbezogenen

Forschung, Lehre und Fortbildung.

(5) Diese Aufgaben erfordern eine enge Zusammenarbeit

der Mitarbeiter unterschiedlicher Spezialisierung

untereinander und mit den Einrichtungen der West-

fälischen Wilhelms-Universität in Münster - ins-

besondere mit der Hautklinik - sowie mit weiteren

in- und ausländischen wissenschaftlichen Einrich-

tungen.

§ 3

Gemeinnützigkeit

(1) Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar

gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnittes

"Steuerbegünstigte Zwecke" der Abgabenordnung.

(2) Mittel des Vereins dürfen nur für die satzungs-

mäßig vorgesehenen Aufgaben verwendet werden.

(3) Die Mitglieder erhalten keine Gewinnanteile und

in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine

sonstigen Zuwendungen aus Mitteln des Vereins.

(4) Es darf keine Person durch Verwaltungsausgaben,

die dem Zweck des Vereins fremd sind, oder durch

unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt

werden.

.........

§ 5

Aufbringung der Mittel

(1) Die Fachklinik H wird als Krankenhaus im

Sinne des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung

der Krankenhäuser und zur Regelung der Kranken-

hauspflegesätze - KHG -, nach dem Krankenhaus-

gesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - KHG NW -

und der Bundespflegesatzverordnung in der jeweils

geltenden Fassung geführt und nimmt ihre Versor-

gungsaufgabe nach dem Krankenhausbedarfsplan

Nordrhein-Westfalen wahr.

(2) Die Aufgaben nach § 2 Abs. 4 werden aus Zuwendun-

gen Dritter finanziert.

(3) Die Mittel für die besonderen Aufgaben des Vereins

werden von den Mitgliedern aufgebracht.

(4) Der Vorstand setzt die Höhe der Mitgliedsbeiträge

und deren Fälligkeit fest. Er kann Beihilfebeträge

und Spenden auf den Mitgliedsbeitrag anrechnen,

auch soweit diese auf Veranlassung eines Mitglieds

von Dritten gezahlt werden.

(5) Die ausgeschiedenen Mitglieder haben keinen An-

spruch auf Erstattung des Mitgliedsbeitrages für

das laufende Geschäftsjahr.

.....

§ 8

Der Vorstand

.....

(3) Im Vorstand müssen vertreten sein

die Landesversicherungsanstalt Westfalen,

die Bundesknappschaft,

der Landschaftsverband Westfalen-Lippe.

Darüber hinaus sollen

der Regierungspräsident Münster,

die Stadt Münster

dem Vorstand angehören.

....."

Die 1953 geborene, geschiedene und für ein Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin ist seit dem 1. Oktober 1981 bei dem Beklagten als Krankenschwester beschäftigt. Kraft Vereinbarung im schriftlichen Arbeitsvertrag vom selben Tag richtet sich ihre Vergütung nach der Vergütungsgruppe Kr. III des auch sonst kraft derselben Vereinbarung geltenden BAT. Nebenabreden sind in jenem schriftlichen Vertrag nicht getroffen worden. In den Bruttomonatsbezügen der Klägerin von 2.822,80 DM (November 1984) war auch ein als "Erschwerniszulage" bezeichneter Betrag von 30,-- DM enthalten. Über die Zahlung dieses bis dahin monatlich gezahlten Betrages ist eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien nicht getroffen worden. Die Zulage erhielten neben der Klägerin auch die anderen Kräfte des Beklagten, die unmittelbar mit schwer gesichtsverletzten und entstellten Patienten dienstlich in Kontakt treten mußten und müssen. Daneben wurde - ebenfalls ohne ausdrückliche Vereinbarung - ein monatlicher Fahrgeldzuschuß in Höhe von 55,-- DM gezahlt.

Unter dem Datum vom 24. Februar 1983 schrieb der Vorstandsvorsitzende des Beklagten an die Mitarbeiter in der Klinik, darunter auch an die Klägerin:

"Betr.: Zahlung von außertariflichen Zulagen

------

Sehr geehrte/r

in der letzten Betriebsversammlung am 22.11.1982

hatte Herr K bereits über die in den Pflege-

satzverhandlungen aufgetretenen Schwierigkeiten

bezüglich der Anerkennung von außertariflichen

Zahlungen berichtet. Inzwischen hat am 06.1.1983

die abschließende Pflegesatzverhandlung für 1982

stattgefunden, in der unsererseits noch einmal auf

die besonderen Verhältnisse der Klinik (Stadtrand-

lage, Patientengut usw.) hingewiesen wurde. Trotz-

dem beharrte die Krankenkassenseite weiterhin auf

ihrem Standpunkt und lehnte die Anerkennung der

Ihnen bisher gewährten Erschwerniszulagen und

Fahrkostenzuschüsse ab. Die daraus resultierende

Kürzung beträgt für 1982 rd. DM 110.000,--, für

die keine anderweitige Deckung vorhanden ist.

In der Vorstandssitzung am 01.02.1983 befaßte sich

nun auch der Vorstand mit diesem Problem, da für

das Haushaltsjahr 1983 nicht noch einmal ein Ver-

lust in der o. g. Größenordnung hingenommen werden

kann. Da sich keine Deckungsmöglichkeit finden

ließ, sah der Vorstand nur die Möglichkeit, die

Zahlung des Fahrkostenzuschusses in Höhe von

DM 55,-- und der Erschwerniszulage in Höhe von

DM 30,-- mit Ablauf des 31. März 1983 einzustellen.

Diesen Beschluß möchte ich Ihnen hiermit bekannt-

geben und hoffe dabei auf Ihr Verständnis für diese

unpopuläre Maßnahme. Der Vorstand ist sich bewußt,

daß dieser Beschluß in seinen finanziellen Auswir-

kungen den einzelnen Mitarbeiter trifft, meint

aber, daß diese Maßnahme im Hinblick auf das Ge-

samtwohl der Klinik jedoch notwendig ist."

Gegen den Wegfall der Erschwerniszulage von 30,-- DM und des Fahrkostenzuschusses durch diese Maßnahme des Beklagten setzten sich Arbeitnehmer des Beklagten in einer Reihe von Musterprozessen zur Wehr. Das Landesarbeitsgericht Hamm ist in diesen Prozessen zu dem Ergebnis gelangt, daß der einseitige Widerruf der Erschwerniszulage rechtsunwirksam sei, weil die Zahlung der Zulage formlos wirksam stillschweigend vertraglich vereinbart sei. Dagegen sei der Fahrkostenzuschuß mangels Formwirksamkeit der Abrede nach § 4 Abs. 2 BAT zu Recht gestrichen worden.

Mit seinem Formularschreiben vom 30. Oktober 1984 hörte der Beklagte am selben Tag den bei ihm bestehenden Betriebsrat zur zum 31. Dezember 1984 gemäß § 53 BAT mit sechs Wochen zum Quartalsende beabsichtigten Änderungskündigung mit der Begründung an: "Wegfall der Erschwerniszulage s. Schreiben vom 24.2.1983." Der Betriebsrat lehnte die Änderungskündigungen hinsichtlich der Klägerin und weiterer 15 Arbeitnehmer des Beklagten am 6. November 1984 ab.

Am 8. November 1984 ist der Klägerin die ordentliche Änderungskündigung des Beklagten vom 7. November 1984 zum 31. Dezember 1984 mit dem Angebot zugegangen, das Arbeitsverhältnis unter Wegfall der Erschwerniszulage von 30,-- DM fortzusetzen.

Die Klägerin hat dieses Angebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung vor Erhebung der Klage angenommen. Mit ihrer am 27. November 1984 eingereichten Klage setzt sich die Klägerin gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen zur Wehr.

Sie hat vorgetragen: Die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial nicht gerechtfertigt. Sie bestreite mit Nichtwissen, daß die Zulage nicht in den Pflegesatz aufgenommen worden sei. Die Zulage sei auch pflegesatzfähig. Der Beklagte habe nicht dargelegt, hinreichend intensive Pflegesatzverhandlungen geführt zu haben. Der Beklagte habe sich vielmehr am Prüfungsbericht des Regierungspräsidenten Münster, wonach die Zulage nicht pflegesatzfähig sei, widerspruchslos orientiert. Sie bestreite, daß dem Beklagten keine andere Einnahmequelle als der Pflegesatz zur Verfügung stehe. Die monatliche Zahlung von 30,-- DM an insgesamt 27 betroffene Arbeitnehmer führe auch nur zu einer geringfügigen Erhöhung des Pflegesatzes.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß die der Klägerin unter

dem 8. November 1984 zugestellte Änderungs-

kündigung des Beklagten sozial ungerecht-

fertigt und unwirksam ist;

den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin

zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter-

zubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet: Der Regierungspräsident Münster habe im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Selbstkosten- und Wirtschaftlichkeitsprüfung im Jahr 1982 die Zahlung der Erschwerniszulage beanstandet. Der Kostenaufwand hierfür werde in die Pflegesätze seitdem nicht mehr aufgenommen. Selbst seine Bemühungen, zumindest für besonders kündigungsgeschützte Arbeitnehmer wie Betriebsratsmitglieder, tariflich unkündbare oder schwerbehinderte Arbeitnehmer die Aufnahme der Zulage in den Pflegesatz zu erreichen, seien zuletzt am 22. November 1984 gescheitert. Mangels Deckung im Haushalt stünden der Weiterzahlung der Erschwerniszulage dringende betriebliche Erfordernisse i. S. des § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG entgegen. Der kostendeckende Pflegesatz betrage nach Absetzung von Chefarztabgaben und Erstattungen 220,71 DM, der zugestandene Pflegesatz betrage nur 215,-- DM. Die Unterdeckung von 5,71 DM habe 1982 zu einem Gesamtfehlbetrag von 309.351,-- DM geführt; durch Einnahmen aus Wahlleistungen (Ein- oder Zweibettzimmer) habe er um 110.068,-- DM vermindert werden können, so daß für 1982 ein Betriebsverlust von 199.283,-- DM verblieben sei. In den Folgejahren seien Betriebsverluste in ähnlicher Höhe aufgelaufen. Er nehme laufend Betriebsmittelkredite in Anspruch (Kreditstände: 30. Juni 1982 2.563.092,21 DM; 31. Dezember 1982 2.329.270,24 DM; 11. Februar 1983 642.794,06 DM), für die er allein im Jahr 1985 insgesamt 126.625,-- DM an Zinsen aufzuwenden gehabt habe und die von den Sozialleistungsträgern nicht erstattet würden. Einnahmen aus Investitionsmitteln nach dem KHG dürfe er nicht für den laufenden Betrieb verwenden. Daneben erhalte er zweckgebundene Forschungsmittel und Spenden von Dritten, die nach der Vereinssatzung zusammen mit den Mitgliedsbeiträgen ausschließlich für Forschungsaufträge und nicht für den laufenden Krankenhausbetrieb zu verwenden seien. Die Ausgaben für die außertarifliche Erschwerniszulage erhöhten die Schuldenlast; eine Einsparung an anderer Stelle sei nicht möglich.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zunächst im Wege des Versäumnisurteils zurückgewiesen. Auf den rechtzeitigen Einspruch des Beklagten und nach einvernehmlicher Rücknahme des Weiterbeschäftigungsantrags hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel im aufrechterhaltenen Umfang weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

I. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß die streitbefangene Änderungskündigung nicht an einer fehlerhaften Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG scheitert. Insoweit greift die Revision das Urteil auch nicht an.

1. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Betriebsrat sei vor Ausspruch der Änderungskündigung ordnungsgemäß angehört und dabei auch über das den Arbeitnehmerinnen unterbreitete Änderungsangebot unterrichtet worden, welches im Schreiben vom 24. Februar 1983 genannt sei. Daß sich bei Anhörung des Betriebsrats am 30. Oktober 1984 die Lage insoweit geändert habe, als die Zahlung des Fahrkostenzuschusses in Höhe von 55,-- DM pro Monat nicht mehr im Streit gewesen sei und daß der Mitarbeiterkreis, der die Erschwerniszulage erhalte, geringer sei als im Februar 1983, sei für die Frage der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats ohne Bedeutung. Die Lage habe sich hinsichtlich der Erschwerniszulage seit dem einseitig versuchten Widerruf dieser Zulage gemäß dem Schreiben des Beklagten vom 24. Februar 1983 nicht verändert. Die Erschwerniszulage werde weiterhin von der Pflegesatzkommission nicht als pflegesatzrelevanter Kostenpunkt angesehen. Der Betriebsrat habe insgesamt den erforderlichen Kenntnisstand gehabt.

2. Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. In seinem Anhörungsschreiben vom 30. Oktober 1984 hat der Beklagte teilweise auf Informationen Bezug genommen, die er in dem dem Betriebsrat bekannten Schreiben vom 24. Februar 1983 bereits mitgeteilt hatte. Das Änderungsangebot ist dem Betriebsrat ebenso mitgeteilt worden. Der Betriebsrat hat dies alles auch dementsprechend verstanden, wie sich aus dem Inhalt seiner Zustimmungsverweigerung ergibt.

II. Dagegen vermag der Senat den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur sozialen Rechtfertigung der Änderungskündigung aufgrund des vom Landesarbeitsgericht bislang festgestellten Sachverhalts nicht in allen Teilen zu folgen.

1. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur sozialen Rechtfertigung einer Änderungskündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen abgestellt und sodann ausgeführt:

Der Beklagte sei ein gemeinnütziger Verein, auf dessen Wirken die öffentliche Hand durch mehrheitliche Gestellung der Mitglieder seines Vorstandes entscheidenden Einfluß habe. Gemäß § 3 der Vereinssatzung dürfe der Beklagte Mittel nur für die satzungsgemäß vorgesehenen Aufgaben verwenden. Der Betrieb des Beklagten umfasse einen Forschungsbetrieb und einen Krankenhausbetrieb; dementsprechend seien seine Mittel satzungsmäßig aufgeteilt und entsprechend zweckgebunden. Nach § 5 Abs. 1 der Vereinssatzung werde der Krankenhausbetrieb im Rahmen des Krankenhausbedarfsplanes des Landes Nordrhein-Westfalen geführt und würden die Mittel für Versorgungsaufgaben ausschließlich aus den nach § 16 BPflVO festzusetzenden Pflegesätzen bestritten. Die Forschungsaufgaben würden durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert (§ 5 Abs. 2 und 3 der Vereinssatzung). Ein Austausch der Mittel finde nicht statt. Anderenfalls würde der Vereinsvorstand gegen § 3 Abs. 2 der Vereinssatzung verstoßen. Die Festsetzung der Pflegesätze entspreche ihrer Bedeutung und ihrer Wirkung nach dem Haushaltsgesetz im Bereich der öffentlichen Verwaltung und entfalte eine dementsprechende Bindungswirkung für den Vereinsvorstand. Das Haushaltsrecht stehe zwar nicht über dem Kündigungsschutzgesetz, sondern könne seine Wirkungen nur im Rahmen dieses Gesetzes äußern. Andererseits entziehe sich die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit des Entzugs von Haushaltsmitteln durch den Haushaltsgesetzgeber der gerichtlichen Nachprüfung, so daß nur die konkrete Durchführung des Haushaltsgesetzes auf ihre Wirksamkeit im Einzelfall hin nachgeprüft werden könne. Ähnlich sei die Lage im Vereinsrecht zu beurteilen. Die Entscheidung der Mitgliederversammlung, wie Beiträge und Spenden satzungsgemäß zu verwenden seien, sei von den Gerichten für Arbeitssachen ohne Zweckmäßigkeitsprüfung hinzunehmen.

Für den Krankenhausbetrieb sei nach § 5 Abs. 1 der Vereinssatzung vorgesehen, daß die Mittel ausschließlich aus den nach der Bundespflegesatzverordnung festzusetzenden Pflegesätzen zu bestreiten seien. Die Pflegesatzkommission habe es nach den Bekundungen des Zeugen Dr. M kategorisch abgelehnt, außertarifliche Zulagen bei der Berechnung der Selbstkosten des Beklagten zu berücksichtigen. Der Beklagte habe auch alles in seiner Macht Stehende getan, um die Erschwerniszulage weiterhin bei der Festsetzung der Pflegesätze berücksichtigen zu lassen. Es könne vom Beklagten weder verlangt werden, anderweitig Mittel für die Weiterzahlung der Pflegesätze einzuwerben, noch gefordert werden, die satzungsmäßig gebundenen Beiträge und Spenden statt für fachbezogene Forschung, Lehre und Fortbildung zur Deckung der fehlenden Personalkosten zu verwenden. Die Kürzung von 30,-- DM brutto im Monat bei einem Gehalt von 2.800,-- DM bis 3.200,-- DM führe in der Lohnsteuerklasse V zu einer Nettoeinbuße von 10,-- DM, in den Lohnsteuerklassen I bzw. IV/0 bis IV/2 lediglich zu einer Minderung des Nettoverdienstes um 17,-- DM bis 19,-- DM. Bei einem gemeinnützigen Krankenhausträger müßten durch die Pflegesätze nicht abgedeckte Personalkosten eine Änderungskündigung rechtfertigen, weil eben kein Gewinn erzielt werde. Andererseits könne nicht abgewartet werden, bis die Verluste des Krankenhauses so groß seien, daß dem Betrieb die Insolvenz drohe.

2. Auch bei einer Änderungskündigung ist die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Frage der Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung im Revisionsverfahren nur beschränkt nachprüfbar. Bei der Frage der Sozialwidrigkeit handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die der Nachprüfung grundsätzlich nur dahin unterliegt, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt ist, ob bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob bei der Interessenabwägung alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt worden sind (ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. etwa Urteil vom 12. Oktober 1979 - 7 AZR 959/77 - AP Nr. 7 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAGE 45, 146, 151 = AP Nr. 14 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu B 1 der Gründe).

Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht.

Das Bundesarbeitsgericht hat mehrfach entschieden, daß bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen sei, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß (vgl. statt vieler: BAG Urteil vom 20. März 1986 - 2 AZR 294/85 - AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969 m. w. N.). Hiervon ist auch das Landesarbeitsgericht unter Hinweis auf zeitlich früher liegende Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts im Ansatz zu Recht ausgegangen.

Für eine Änderungskündigung, die ohne Änderung der sonstigen Arbeitsbedingungen lediglich das Ziel verfolgt, vertraglich geschuldete Bezüge abzusenken, kann eine andauernd schlechte Ertragslage Anlaß sein, wenn sie nicht anderweitig aufgefangen werden kann und durch die mit der Änderungskündigung angestrebte Senkung der Personalkosten die Stillegung des Betriebes oder die Reduzierung seiner Belegschaft verhindert werden kann und soll (BAG Urteil vom 20. März 1986, aaO, zu IV 3 a der Gründe). Ob diese Voraussetzungen im Streitfalle gegeben sind, läßt sich anhand der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht beurteilen.

a) Das Landesarbeitsgericht geht bei seiner Würdigung davon aus, daß die Nichtberücksichtigung der Erschwerniszulage im Pflegesatz notwendig zu einer entsprechenden Unterdeckung bei den Kosten des Krankenhausbetriebes führe, wenn die Erschwerniszulage trotzdem weitergezahlt werden müsse. Das ist jedoch nicht der Fall. Nach § 17 KHG ist der Pflegesatz gleichermaßen von allen Benutzern zu erheben. Ob ein Krankenhaus kostendeckend arbeitet, hängt daher nicht allein vom Pflegesatz, sondern maßgeblich auch von der Auslastung des Krankenhauses ab. Bei einer höheren Auslastung steigen die Einnahmen, bei einer geringeren sinken sie. Hinzu kommen Einnahmen des Krankenhauses aus Wahlleistungen. Die Frage einer Unterdeckung der Betriebskosten des Krankenhauses des Beklagten läßt sich deshalb nicht bereits danach entscheiden, ob die Erschwerniszulage in den Pflegesatz eingeflossen ist oder nicht, sondern nur aufgrund einer Gesamtbetrachtung aller Einnahmen und Ausgaben des Krankenhausbetriebes. Dazu fehlt es aber an entsprechenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.

b) Nach dem Vorbringen des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 2. April 1986 sollen sich die Aufwendungen für die hier in Rede stehende Erschwerniszulage auf jährlich 24.570,-- DM belaufen, während nach der Behauptung der Klägerin nur 27 Mitarbeiter die Erschwerniszulage von monatlich 30,-- DM brutto erhalten, was einen Jahresaufwand von lediglich etwa 10.000,-- DM ergäbe. Welcher Betrag zutrifft, ist nicht festgestellt worden. Selbst wenn man aber den Angaben des Beklagten folgt, würden die Kosten der Erschwerniszulage nur einen geringen Teil der durch Einnahmen nicht gedeckten Ausgaben des Krankenhausbetriebes ausmachen. Wie der Beklagte in dem genannten Schriftsatz vorgetragen hat, sollen die Betriebsverluste des Krankenhauses seit 1982 jährlich etwa 200.000,-- DM betragen haben; bis zum Jahre 1986 hätten zur Finanzierung der Kosten des laufenden Betriebes Betriebsmittelkredite in Höhe von 2.329.270,24 DM in Anspruch genommen werden müssen, für die allein im Jahre 1985 an Zinsen ein Betrag von 126.625,-- DM habe aufgebracht werden müssen, der von den Sozialleistungsträgern nicht erstattet worden sei. Angesichts einer von Jahr zu Jahr wachsenden Schuldenlast dieser Größenordnung ist nicht zu erkennen, daß der Fortfall der Erschwerniszulage für sich allein ohne weitere Maßnahmen des Beklagten überhaupt geeignet wäre, den finanziellen Zusammenbruch des Krankenhauses und den damit verbundenen Verlust von Arbeitsplätzen zu verhindern oder auch nur wesentlich hinauszuschieben, wenn sich der Krankenhausbetrieb - wie der Beklagte behauptet und auch das Landesarbeitsgericht angenommen hat - allein aus seinen selbst erwirtschafteten Einnahmen tragen müßte. Der Beklagte hat bisher nicht vorgetragen, wie nach seinen Vorstellungen eine finanzielle Sicherung des Krankenhausbetriebes für die Zukunft überhaupt erreicht werden soll und welche unternehmerischen Entscheidungen er dazu getroffen hat. Ohne ein entsprechendes Sanierungskonzept und ohne Kenntnis der dazu getroffenen Entscheidungen des Beklagten läßt sich nicht beurteilen, ob der mit der Änderungskündigung bezweckte Fortfall der Erschwerniszulage durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

c) Nicht zu folgen vermag der Senat dem Landesarbeitsgericht auch in der Auffassung, nach der Satzung des Beklagten seien die laufenden Kosten des Krankenhausbetriebes ausschließlich aus dem Pflegesatzaufkommen zu bestreiten, andere Mittel des Beklagten dürften dazu nicht verwendet werden. Die Revision rügt zu Recht, daß das Landesarbeitsgericht damit den Inhalt der Satzung verkannt habe.

Die Satzungsbestimmungen des Beklagten unterliegen in vollem Umfange der Prüfung durch das Revisionsgericht. Satzungen von juristischen Personen des Privatrechts sind objektives Recht und damit revisibel im Sinne des § 73 ArbGG (vgl. BAGE 12, 104, 106 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Faktisches Arbeitsverhältnis, zu II der Gründe; BAGE 16, 329 = AP Nr. 1 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit).

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts läßt sich die von ihm vorgenommene Auslegung der Satzung nicht aus deren § 5 Abs. 1 herleiten. Richtig ist zwar, daß die Einnahmen des Krankenhauses allein für den Betrieb des Krankenhauses verwendet werden dürfen. Das schließt aber nicht aus, daß Kosten des laufenden Krankenhausbetriebes, die durch Einnahmen des Krankenhauses nicht gedeckt werden, anderweitig aus Mitteln des Beklagten zu tragen sind. Hierzu dürfen, wie § 5 Abs. 2 der Satzung ohne weiteres ergibt, zwar nicht die Zuwendungen Dritter verwendet werden; denn deren Verwendung ist ausschließlich für Aufgaben nach § 2 Abs. 4 der Satzung (Beiträge zur fachbezogenen Forschung, Lehre und Fortbildung) vorgesehen. Der Beklagte erhebt jedoch auch Mitgliedsbeiträge. Nach § 5 Abs. 3 seiner Satzung werden die Mittel "für die besonderen Aufgaben des Vereins" von den Mitgliedern aufgebracht. Welches diese "besonderen Aufgaben des Vereins" sind, wird in der Satzung nicht näher definiert. Da aber in § 5 Abs. 2 der Satzung für die Verwendung der Zuwendungen Dritter ein spezieller Zweck im Rahmen des Vereinszwecks ausdrücklich bezeichnet ist, in § 5 Abs. 3 der Satzung aber nur allgemein von den besonderen Aufgaben des Vereins die Rede ist, können mangels eines näheren Hinweises in der Satzung selbst hiermit nur die satzungsmäßigen Aufgaben des Vereins ohne speziellere Beschränkung angesprochen sein, also auch der Betrieb der Fachklinik. Damit steht die Satzung des Beklagten dem Einsatz von Mitgliedsbeiträgen zur Deckung sonst nicht abgedeckter Betriebskosten der Fachklinik nicht entgegen.

3. Nach alledem konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache war an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die Parteien Gelegenheit erhalten, ihren Sachvortrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu ergänzen.

Für die weitere Sachbehandlung weist der Senat darauf hin, daß - wie das Landesarbeitsgericht entgegen der Ansicht der Revision zu Recht angenommen hat - der Beklagte nicht gehalten war, zur Vermeidung der Änderungskündigung zunächst weitere rechtliche Schritte zu unternehmen, um die Erschwerniszulage doch noch im Pflegesatz unterzubringen. Wenn sich ein Krankenhausträger - wie hier der Beklagte - in den Pflegesatzverhandlungen intensiv, aber vergeblich bemüht hat, die Berücksichtigung bestimmter außertariflicher Personalkosten im Pflegesatz zu erreichen, so unterliegt es seiner von den Arbeitsgerichten grundsätzlich nicht nachprüfbaren unternehmerischen Entscheidung, ob er sich mit dem Ergebnis zufriedengibt oder dagegen weitere noch mögliche verfahrensrechtliche Schritte unternimmt.

Dr. Seidensticker Richter Schliemann Dr. Steckhan

ist erkrankt

Dr. Seidensticker

Dr. Blaeser Jubelgas

 

Fundstellen

RzK, I 7a Nr 8 (ST1)

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