Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung. Versetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

Will der Arbeitgeber mit einer fristgerechten Änderungskündigung eine Versetzung des Arbeitnehmers im Sinne von § 95 Abs 3 BetrVG bewirken, so ist die Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG Wirksamkeitsvoraussetzung nur für die tatsächliche Zuweisung des neuen Arbeitsbereichs nach Ablauf der Kündigungsfrist.

Ist die Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG nicht erteilt oder ersetzt, so führt dies nicht zur - schwebenden - Unwirksamkeit der Änderungskündigung.

Der Arbeitgeber kann nur die geänderten Vertragsbedingungen nicht durchsetzen, so lange das Verfahren nach § 99 BetrVG nicht ordnungsgemäß durchgeführt ist; der Arbeitnehmer ist dann in dem alten Arbeitsbereich weiterzubeschäftigen, der ihm nicht wirksam entzogen worden ist.

 

Normenkette

BetrVG §§ 99, 102

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 24.03.1993; Aktenzeichen 5 Sa 547/92)

ArbG Hannover (Entscheidung vom 10.02.1992; Aktenzeichen 3 Ca 43/91)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten mit Schreiben vom 28. März 1991 ausgesprochenen Änderungskündigung, die der Kläger unter Vorbehalt angenommen hat.

Der 1941 geborene Kläger ist verheiratet und hat ein unterhaltsberechtigtes Kind. Er ist mit 30 % GdB schwerbehindert und durch Bescheid vom 22. Mai 1991 einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Er ist gelernter Dipl.-Braumeister und seit dem 1. Juli 1968 bei der beklagten Brauerei als Betriebskontrolleur beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der einheitliche Bundesrahmentarifvertrag für die Arbeitnehmer in der deutschen Brauwirtschaft, gültig ab 1. Januar 1981 Anwendung. Mit seiner Tätigkeit als Betriebskontrolleur war der Kläger in die Bewertungsgruppe IX des Tarifvertrages eingruppiert. Die Betriebskontrolleure arbeiteten bei der Beklagten in drei Schichten, die jeweils mit einem Kontrolleur besetzt waren. Zwei Schichten überschnitten sich zum größten Teil zeitlich (erste Schicht 5.30 Uhr bis 14.30 Uhr, zweite Schicht 6.00 Uhr bis 15.00 Uhr), hatten aber eine unterschiedliche Aufgabenstellung für die Betriebskontrolleure. Während der Spätschicht (13.30 Uhr bis 22.00 Uhr) war ab 15.00 Uhr nur ein Betriebskontrolleur im Betrieb anwesend. Die Aufgabe der Betriebskontrolleure besteht im wesentlichen darin, die einzelnen Arbeitsgänge zu überwachen und damit eine ausreichende Qualitätskontrolle für das hergestellte Bier zu gewährleisten, vor allem an verschiedenen Orten im Produktionsgang Proben zu entnehmen und diese zu analysieren. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, seit 1984 habe er ständig in seinen Leistungen nachgelassen. Er sei schließlich nicht mehr in der Lage gewesen, seiner eigentlichen qualifizierten Tätigkeit bei der Analyse der Proben nachzukommen. Einerseits habe er sich der fortschreitenden technischen Entwicklung nicht mehr angepaßt und sei deshalb von seinem Fachwissen her zu einer tauglichen Analyse gar nicht mehr in der Lage gewesen, andererseits habe er es in zunehmendem Maße verstanden, sich vor seiner eigentlichen Arbeit zu drücken und irgendwo im Betrieb unauffindbar zu sein. In den letzten Jahren habe der Kläger in Wahrheit nicht mehr die Aufgaben eines Betriebskontrolleurs wahrgenommen, sondern habe nur noch an den verschiedenen Stellen der Produktion die Proben entnommen und sei darüber hinaus nur noch zu numerischen Auszählungen, nicht jedoch zu komplizierteren Analysen in der Lage gewesen. Für diese Tätigkeit sei er überbezahlt. Zahlreiche Versuche, ihn wieder an seine qualifizierte Tätigkeit fachlich heranzuführen, seien fehlgeschlagen. Die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit entspreche der eines Probenholers. Die Änderungskündigung sei erforderlich geworden, um die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit und die Bezahlung des Klägers der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit anzupassen.

Mit Schreiben vom 28. März 1991 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 30. September 1991 und bot dem Kläger gleichzeitig an, ihn ab 1. Oktober 1991 als Mitarbeiter des Labors für die Probennahme mit einer Bezahlung nach Bewertungsgruppe VI, hilfsweise Bewertungsgruppe VII weiterzubeschäftigen. Zuvor hatte die Beklagte den Betriebsrat gemäß § 102 BetrVG zu der Änderungskündigung angehört. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung und bemängelte in seiner Stellungnahme vom 28. März 1991, die Beklagte habe bislang kein Verfahren nach § 99 BetrVG eingeleitet. Mit Schreiben vom 24. April 1991 bat die Beklagte daraufhin den Betriebsrat, der Versetzung/Umgruppierung auf den Arbeitsplatz eines Mitarbeiters für die Probennahme nach der Bewertungsgruppe VI, hilfsweise VII zuzustimmen. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung. Die Beklagte leitete kein Zustimmungsersetzungsverfahren ein, weil sie die Ansicht vertrat, zur Durchführung der Änderungskündigung sei keine Versetzung des Klägers erforderlich, dem Kläger werde kein anderer Arbeitsbereich zugewiesen, sondern er werde mit der Arbeit weiterbeschäftigt, die er tatsächlich auch bereits vor der Änderungskündigung ausgeübt habe.

Ab Oktober 1991 beschäftigte die Beklagte den Kläger nur noch in der ersten Schicht von 5.30 Uhr bis 14.30 Uhr, später in der Normalschicht ab 6.30 Uhr. Sie begründete das damit, die Wechselschicht sei nur für Betriebskontrolleure angeordnet, die Probenholerschicht sei die erste Schicht, in dieser Schicht müsse der Kläger arbeiten, nachdem er die Änderungskündigung unter Vorbehalt akzeptiert habe und die Kündigungsfrist abgelaufen sei. Gegen diese Maßnahme erhob der Kläger Klage (Az.: - 3 Ca 2/92 - ArbG Hannover, - 5 Sa 158/92 - LAG Niedersachsen) mit dem Ziel, weiterhin im Drei-Schicht-Dienst im Wechsel mit zwei anderen Betriebskontrolleuren beschäftigt zu werden. Nachdem die Beklagte in diesem Verfahren erstinstanzlich unterlegen war, beantragte sie mit Schreiben vom 5. Oktober 1992 vorsorglich beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung des Klägers aus der Wechselschicht in die Normalschicht mit dem Zusatz, der Antrag werde nur vorsorglich gestellt, nach ihrer Ansicht stelle eine solche Maßnahme keine Versetzung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne dar. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung im wesentlichen unter Hinweis auf eine Betriebsvereinbarung über die Arbeitszeiten im Labor und die seiner Ansicht nach mangelhafte Information durch die Beklagte. Daraufhin beantragte die Beklagte beim Arbeitsgericht Hannover (- 4 BV 17/92 -) die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der beabsichtigten Maßnahme. Durch Beschluß vom 20. Juli 1993 hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, die bloße Änderung der Arbeitszeit stelle keine Versetzung i.S. des § 95 Abs. 3 BetrVG dar.

Der Kläger stützt seine Klage auf Feststellung, daß die von der Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung unwirksam und die Änderungsangebote sozial ungerechtfertigt sind, auf die Behauptung, er sei bis zu der Kündigung stets in gleicher Weise eingesetzt worden wie die anderen Betriebskontrolleure. Dies ergebe sich schon daraus, daß er in der Spätschicht alle Arbeiten selbständig habe durchführen müssen, da kein anderer Betriebskontrolleur anwesend gewesen sei. Die auszuführenden Arbeiten seien im Schichtplan vorgegeben, alle diese Arbeiten habe er verrichtet. Es könne keine Rede davon sein, daß er zuletzt nur noch als Probenholer beschäftigt worden sei. Auch Analysen, soweit sie erforderlich gewesen seien, habe er durchgeführt und es seien ihm sogar Sonderaufgaben zugewiesen worden. Wie sich schon aus den der Beklagten vorliegenden Analyseberichten ergebe, sei er mit den verschiedenartigsten Analysen und nicht nur als Probenholer beschäftigt worden. Es treffe auch nicht zu, daß seine Leistungen erheblich nachgelassen hätten und er manche Verfahren gar nicht mehr durchführen könne; an dem neu angeschafften Computer sei er sogar mehrfach einem anderen Betriebskontrolleur behilflich gewesen. Fortbildungsmaßnahmen habe die Beklagte für ihn nicht durchgeführt und sich teilweise darauf beschränkt, ihm für neue Geräte lediglich die Gebrauchsanweisung vorzulegen.

Die Beklagte begründet ihren Klageabweisungsantrag im wesentlichen wie folgt: Die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial gerechtfertigt. Nachdem alle Versuche gescheitert seien, den Kläger wieder an seine vertragsgemäße Arbeit als Betriebskontrolleur heranzuführen, müsse nunmehr sein Gehalt der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit als Probenholer angepaßt werden. Seit 1984 stecke der Kläger in einer beruflichen Krise, die nicht zuletzt mit Alkoholproblemen zu tun habe. Trotz aller Bemühungen der Vorgesetzten und Kollegen bilde er sich nicht mehr weiter fort und sei deshalb nicht mehr in der Lage, die steigenden Anforderungen an die Analysetechnik zu bewältigen. Dies führe dazu, daß er alle schwierigeren Aufgaben, die mit seiner Tätigkeit als Betriebskontrolleur verbunden seien, auf andere Mitarbeiter übertrage und sich nur noch mit der Abnahme der Proben beschäftige, ohne zu schwierigeren Analysen überhaupt noch in der Lage zu sein. Manchmal verschwinde er auch einfach im Betrieb zu "Verkostungen". Für die verantwortungsvolle Aufgabe eines Betriebskontrolleurs in der Qualitätskontrolle könne der Kläger nicht mehr eingesetzt werden, diese Aufgabe habe er auch in der letzten Zeit gar nicht mehr wahrgenommen. Sie habe dies nicht geduldet, sondern den Kläger sieben Jahre lang vergeblich geschult und aufgefordert, seiner Tätigkeit als Betriebskontrolleur nachzukommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Einen von der Beklagten in der Berufungsinstanz gestellten Auflösungsantrag hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls zurückgewiesen. In der Revisionsinstanz verfolgt die Beklagte diesen Antrag nicht mehr weiter, sondern beantragt Aufhebung des angefochtenen Urteils und Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz (§ 565 ZPO).

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Angebot einer Tätigkeit als Probenholer anstelle derjenigen eines Betriebskontrolleurs stelle die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs dar, die als Versetzung nach § 99 Abs. 1 BetrVG dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliege. Bei einer Änderungskündigung, die gleichzeitig eine Versetzung darstelle, müsse sowohl das Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG als auch das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG durchgeführt werden. Führe der Arbeitgeber das Zustimmungsverfahren bzw. das Zustimmungsersetzungsverfahren gem. § 99 BetrVG nicht durch, so stehe damit fest, daß eine Versetzung, also die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs aus Rechtsgründen nicht erfolgen könne, denn ohne Zustimmung des Betriebsrats sei die Versetzung gem. § 134 BGB unwirksam. Die Änderung von Arbeitsbedingungen, die aus Rechtsgründen nicht verwirklicht werden könne, sei auch nicht i.S.v. § 2 KSchG als sozial gerechtfertigt anzusehen.

Auch eine Aussetzung des Änderungsschutzverfahrens komme nicht in Betracht, da die Beklagte die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung des Klägers zum 1. Oktober 1991 auf den Arbeitsplatz eines Probenholers überhaupt noch nicht beim Arbeitsgericht beantragt habe. Das von der Beklagten eingeleitete Beschlußverfahren betreffe nicht diese Maßnahme, also die im vorliegenden Verfahren streitige Änderungskündigung, sondern den von der Beklagten lange Zeit später gefaßten Entschluß, den Kläger als Probenholer von der Wechselschicht in die Normalschicht zu versetzen. Die Beklagte setze voraus, daß es sich bei dem Kläger bereits um einen Probenholer handele, weil er seit längerer Zeit nicht mehr die Aufgaben eines Betriebskontrolleurs ausgeübt habe. Solange aber der Arbeitsvertrag der Parteien nicht geändert worden sei und auch keine Zustimmung zu der Änderung des Arbeitsbereichs des Klägers erteilt bzw. ersetzt worden sei, bestehe das ursprünglich vereinbarte Arbeitsverhältnis unverändert fort.

B. Dem kann weder im Ergebnis noch in der Begründung gefolgt werden.

I. Die Änderungskündigung ist nicht bereits deshalb unwirksam, weil die Zustimmung des Betriebsrats zu einer Versetzung des Klägers nach § 99 BetrVG (noch) fehlt.

1. Zutreffend geht zunächst das Berufungsurteil davon aus, daß bei einer Änderungskündigung, die auf eine Versetzung des Arbeitnehmers i.S.v. § 95 Abs. 3 BetrVG zielt, §§ 102 und 99 BetrVG 1972 nebeneinander Anwendung finden (vgl. BAG Urteil vom 3. November 1977 - 2 AZR 277/76 - AP Nr. 1 zu § 75 BPersVG). Nach § 102 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Änderungskündigung zu hören. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern vor jeder Versetzung die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen. Beide Formen der Beteiligung sind im Gesetz unterschiedlich ausgestaltet und die Entscheidung des Betriebsrats muß nicht notwendig einheitlich ausfallen. Der Betriebsrat ist nicht gehalten, einer Versetzung und der entsprechenden Änderungskündigung insgesamt zu widersprechen oder zuzustimmen, der Widerspruch kann vielmehr entweder auf die Versetzung oder auf die Änderungskündigung beschränkt werden. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, z.B. in dem Verfahren nach § 99 BetrVG die speziellere Regelung zu sehen.

2. Das Berufungsgericht nimmt auch im Ergebnis zu Recht an, die von der Beklagten beabsichtigte Maßnahme stelle eine Versetzung des Klägers i.S.v. § 95 Abs. 3 BetrVG dar. Eine Versetzung i.S. des BetrVG ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Der Begriff des Arbeitsbereichs ist funktional zu verstehen. Eine Versetzung liegt jedenfalls dann vor, wenn dem Arbeitnehmer auf Dauer ein neuer Tätigkeitsbereich zugewiesen wird, so daß der Gegenstand der geschuldeten Arbeitsleistung, der Inhalt der Arbeitsaufgabe ein anderer wird und sich deshalb das Gesamtbild der Tätigkeit ändert. Da die dem Arbeitnehmer zugewiesene Tätigkeit laufend Änderungen unterworfen ist, die in der technischen Gestaltung des Arbeitsablaufs, in einer Änderung der Hilfsmittel oder Maschinen oder auch in einer anderen Organisation des Arbeitsablaufs ihre Ursache haben können, muß die eingetretene Änderung über solche sich im normalen Schwankungsbereich haltende Änderungen hinausgehen und zur Folge haben, daß die Arbeitsaufgabe oder die Tätigkeit eine andere wird (BAG Beschluß vom 10. April 1984 - 1 ABR 67/82 - AP Nr. 4 zu § 95 BetrVG 1972). Ob ein anderer Tätigkeitsbereich zugewiesen wurde, beurteilt sich ausschließlich nach den objektiv vorliegenden tatsächlichen Verhältnissen im Betrieb. Es kommt darauf an, ob sich die Tätigkeiten des Arbeitnehmers vor und nach der Zuweisung so voneinander unterscheiden, daß die neue Tätigkeit in den Augen eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine andere angesehen werden kann (BAG Urteil vom 7. April 1992 - 1 AZR 275/91 -, unveröffentlicht).

Die Beklagte hat dem Kläger in diesem Sinne einen neuen Arbeitsbereich zugewiesen und den Kläger deshalb i.S.v. § 95 Abs. 3 BetrVG versetzt, indem sie ihn ab 1. Oktober 1991 lediglich noch als Probenholer eingesetzt hat. Der Arbeitsbereich als Betriebskontrolleur war dem Kläger ordnungsgemäß zugewiesen und ein derartiger Einsatz entsprach der vom Kläger vertraglich geschuldeten Tätigkeit. Viele Jahre lang arbeitete der Kläger im Betrieb der Beklagten in diesem Arbeitsbereich und die Beklagte behauptet selbst nicht, dem Kläger jemals einen anderen Arbeitsbereich zugewiesen zu haben. Ob der Kläger seine geschuldete Arbeitsleistung als Betriebskontrolleur gut oder schlecht erbracht hat, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Erst durch die Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs am 1. Oktober 1991 hat die Beklagte dem Kläger die qualifizierteren Tätigkeiten als Betriebskontrolleur entzogen und den Gegenstand der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung dahin eingeschränkt, daß der Kläger nach der neuen Anweisung der Beklagten nunmehr nur noch als Probenholer tätig werden sollte. Eine solche Maßnahme stellt eine Versetzung i.S. des § 95 Abs. 3 BetrVG dar, zumal die neue Tätigkeit nach der Darstellung der Beklagten mehrere Tarifgruppen niedriger zu bewerten ist als die vom Kläger bis 30. September 1991 geschuldete Tätigkeit.

3. Die Wirksamkeit der Änderungskündigung scheitert aber nicht - wie das Landesarbeitsgericht annimmt - daran, daß zu dieser Versetzung keine Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG vorliegt bzw. ersetzt ist. Beabsichtigt der Arbeitgeber eine Versetzung des Arbeitnehmers i.S.v. § 95 Abs. 3 BetrVG, die er ohne Änderungskündigung auf der Grundlage des bestehenden Vertrages bzw. seines Direktionsrechts nicht durchsetzen kann, so muß er zu der Änderungskündigung den Betriebsrat nach § 102 BetrVG anhören, für die Versetzung ist darüber hinaus zwar nach § 99 BetrVG zusätzlich die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich. Die Wirksamkeit der Änderungskündigung hängt aber nicht davon ab, daß der Betriebsrat der Versetzung zugestimmt hat bzw. die Zustimmung durch das Gericht ersetzt worden ist. Auch wenn die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung nach § 99 BetrVG fehlt, führt dies nicht zu einer Unwirksamkeit der Änderungskündigung wegen Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 99 BetrVG; der Arbeitgeber kann dann allerdings die Versetzung tatsächlich nicht durchführen.

a) Die Rechtsfolgen der Nichtbeachtung des Mitbestimmungsrechts nach § 99 BetrVG ergeben sich nicht ohne weiteres bereits daraus, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt Urteile vom 26. April 1988 - 3 AZR 168/86 - BAGE 58, 156 = EzA § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung Nr. 2 und vom 20. August 1991 - 1 AZR 326/90 - AP Nr. 50 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung) die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers ist. Im Beschluß vom 16. September 1986 (- GS 1/82 - BAGE 53, 42 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972, ebenso: Beschluß vom 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen) hat der Große Senat unter C III 4 der Gründe dargelegt, die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung bzw. die Theorie der notwendigen Mitbestimmung sei entwickelt worden, um zu verhindern, daß der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweiche. Die Rechtsunwirksamkeit von arbeitsvertraglichen Maßnahmen und Abreden solle eine Sanktion dafür sein, daß der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt habe. Derjenige, der sich betriebsverfassungswidrig verhalte, solle sich Dritten (den Arbeitnehmern) gegenüber nicht auf die Verletzung berufen können mit dem Ziel, sich so seiner vertraglich eingegangenen Verpflichtungen zu entledigen. Dementsprechend sei die Unwirksamkeitsfolge einer Maßnahme die geeignete Sanktion, wenn der Arbeitgeber bei einer belastenden Maßnahme ein Mitbestimmungsrecht verletzt habe.

Bei einer Versetzung bzw. Umgruppierung durch Änderungskündigung ist aber gerade problematisch, welches die Maßnahme ist, deren Wirksamkeit von der Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens abhängig ist. Wenn darauf abgestellt wird, Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers könnten ohne Zustimmung des Betriebsrats nicht verbindlich durchgeführt werden (BAG Urteil vom 20. August 1991 - 1 AZR 326/90 - AP Nr. 50 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung), so liegt es näher, die Durchführung der betriebsverfassungsrechtlichen Maßnahme nicht in dem Ausspruch der Änderungskündigung, sondern in der tatsächlichen Durchführung der Versetzung, also in der Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs zu sehen. Bei der Einstellung des Arbeitnehmers hat das Bundesarbeitsgericht im Rahmen des § 99 BetrVG schon deutlich zwischen der arbeitsvertraglichen Ebene und der tatsächlichen Durchführung der Maßnahme unterschieden und als i.S.v. § 99 BetrVG zustimmungsbedürftig nur die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers, nicht jedoch den Abschluß des Arbeitsvertrages angesehen (BAG Beschluß vom 14. Mai 1974 - 1 ABR 40/73 - BAGE 26, 149, 154 = AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 3 der Gründe; zuletzt BAG Beschluß vom 28. April 1992 - 1 ABR 73/91 - AP Nr. 98 zu § 99 BetrVG 1972).

b) In der Literatur wird teilweise angenommen, die fehlende und nicht ersetzte Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG mache auch die Änderungskündigung unwirksam (Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 3. Aufl., § 99 Rz 219; Wlotzke, BetrVG, 2. Aufl., § 99 zu II, 4, e; KR-Rost, 3. Aufl., § 2 KSchG Rz 139, m.w.N.; Schaub in Hromadka, Änderung von Arbeitsbedingungen, C. Änderungskündigung, S. 73, 106; anders Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., § 241 VI 1 a, S. 1775; Richardi, DB 1974, 1335, 1338; Meyer, BB 1982, 1614, 1616). Dabei wird unterschieden, ob der Arbeitnehmer die Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen hat oder nicht. Hat der Betriebsrat die Zustimmung zu der Versetzung oder Umgruppierung nach § 99 BetrVG verweigert, der Arbeitgeber die Änderungskündigung aber trotzdem ausgesprochen und nimmt der Arbeitnehmer die neuen Arbeitsbedingungen nicht an, so wird teilweise angenommen, das Verfahren nach § 99 BetrVG sei damit gegenstandslos geworden und die fehlende Zustimmung des Betriebsrats stehe der Wirksamkeit der Änderungskündigung nicht entgegen. Nehme demgegenüber der Arbeitnehmer die Änderung der Arbeitsbedingungen unter Vorbehalt an, so sei die Änderungskündigung nach § 134 BGB unwirksam, solange keine Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG vorliege, ggf. sei das Änderungsschutzverfahren bis zur Erledigung des entsprechenden Zustimmungsersetzungsverfahrens auszusetzen (KR-Rost, 3. Aufl., § 2 KSchG Rz 141). Die Vertreter dieser Ansicht stellen damit nicht darauf ab, ob bei Ausspruch der Kündigung eine Zustimmung nach § 99 BetrVG vorliegt, sondern berücksichtigen eine nachträglich erteilte Zustimmung und nehmen eine Unwirksamkeit der Kündigung ersichtlich nur dann an, wenn im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Änderungsschutzverfahren eine Zustimmung nach § 99 BetrVG immer noch nicht vorliegt.

c) Andere Autoren (Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 2 Rz 64 ff.; Kraft, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 99 Rz 110; Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 238; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 99 Rz 119 f.; Stege, DB 1975, 1506, 1510 f.; Hueck/von Hoyningen-Huene, KSchG, 11. Aufl., § 2 KSchG Rz 47 ff.; von Hoyningen-Huene, RdA 1982, 205, 213; ders. NZA 1993, 145, 148 ff.; Matthes, DB 1975, 1651, 1652; MünchArbR/Matthes, § 349 Rz 20; wohl auch Schwerdtner, Festschrift 25 Jahre Bundesarbeitsgericht, S. 555, 577 ff.) unterscheiden deutlich zwischen dem Ausspruch der Änderungskündigung und der tatsächlichen Zuweisung der Tätigkeit und nehmen, teilweise unter ausdrücklichem Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Einstellung des Arbeitnehmers an, bei fehlender Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG sei die Änderungskündigung wirksam, wobei allerdings die Rechtsfolgen unterschiedlich beurteilt werden.

d) Vom Bundesarbeitsgericht ist die Frage bislang nicht entschieden. Der Siebte Senat hat es im Urteil vom 29. Juni 1988 (- 7 AZR 459/87 - BAGE 59, 132 = AP Nr. 2 zu § 72 LPVG NW) ausdrücklich dahinstehen lassen, welche Auswirkungen die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung auf das Änderungsangebot des Arbeitgebers bzw. die Änderungskündigung hat, weil nach § 72 LPVG NW auch wesentliche Änderungen des Arbeitsvertrags der Mitbestimmung unterliegen. Das in diesem Zusammenhang öfter zitierte Urteil des Zweiten Senats vom 3. November 1977 (- 2 AZR 277/76 - AP Nr. 1 zu § 75 BPersVG) ist nicht einschlägig, da in dem Ausgangsfall dieser Entscheidung feststand, daß der Personalrat bei der tatsächlichen Durchführung der Versetzung ordnungsgemäß beteiligt worden war und nur fraglich war, ob daneben auch das Mitwirkungsverfahren für die beabsichtigte Änderungskündigung durchgeführt worden war. Das Urteil des Ersten Senats vom 26. Januar 1988 (- 1 AZR 531/86 - AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972) kann schon deshalb nicht herangezogen werden, weil es nach dem Antrag des Klägers in diesem Verfahren nicht um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung sondern darum ging, ob der Kläger auf seinem bisherigen Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen war bzw. ob die tatsächliche Umsetzung des Klägers in einen anderen Arbeitsbereich rechtsunwirksam war. Bezüglich dieses Antrags hat der Erste Senat die Unwirksamkeit der Maßnahme nach § 134 BGB angenommen. Darüber hinaus wird aber deutlich zwischen einer arbeitsvertraglich zulässigen und einer mitbestimmungswidrigen Versetzung unterschieden und abschließend festgestellt, dem Kläger sei wirksam keine neue Tätigkeit zugewiesen worden. Auch in dem Urteil vom 26. Januar 1993 (- 1 AZR 303/92 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) und vom 4. Mai 1993 (- 1 AZR 55/93 - n.v.) prüft der Erste Senat nicht die Wirksamkeit der einzelvertraglichen Maßnahme, sondern die Wirksamkeit der "Versetzungsweisung". In den Entscheidungen des Zweiten Senats vom 30. November 1989 (- 2 AZR 197/89 - BAGE 63, 351 = AP Nr. 53 zu § 102 BetrVG 1972) und vom 25. Februar 1988 (- 2 AZR 611/87 - n.v.) bleibt die Frage ausdrücklich unentschieden. Zwei Entscheidungen zu anderen Mitbestimmungsnormen (BAG Urteil vom 31. Januar 1984 - 1 AZR 174/81 - EzA § 87 BetrVG Betriebliche Lohngestaltung Nr. 8 und Urteil vom 24. März 1988 - 2 AZR 369/89 - BAGE 58, 69 = AP Nr. 1 zu § 9 ASiG) stellen auf den Gesichtspunkt der funktionswidrigen Umgehung des Mitbestimmungsrechts ab, der hier keine Rolle spielen kann; selbst wenn man die Änderungskündigung für wirksam hält, kann die mitbestimmungswidrige Versetzung nicht durchgeführt, das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG durch die Änderungskündigung also nicht umgangen werden.

e) Es ist nicht gerechtfertigt, die Wirksamkeit der Änderungskündigung davon abhängig zu machen, ob (zum Zeitpunkt der Kündigung oder letzten mündlichen Verhandlung) eine Zustimmung nach § 99 BetrVG zu der geplanten Versetzung vorliegt bzw. ersetzt ist.

aa) Schon der Gesetzeswortlaut läßt erkennen, daß die §§ 99 und 102 BetrVG ganz unterschiedliche Ebenen betreffen. Während § 102 BetrVG an die Änderungskündigung anknüpft, also die arbeitsvertragliche Ebene betrifft, findet sich für das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG - deutlicher noch als bei der Einstellung - in § 95 Abs. 3 BetrVG die klare gesetzliche Regelung, daß das Mitbestimmungsrecht an die tatsächliche Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, also an die tatsächliche Übertragung der neuen Tätigkeit anknüpft. Das Gesetz regelt also zwei verschiedene Tatbestände, die bei der fristgerechten Änderungskündigung nicht einmal zeitlich zusammenfallen. In beiden Fällen ist das Verfahren völlig unterschiedlich ausgestaltet: Bei der Kündigung ist nach § 102 BetrVG der Betriebsrat nur anzuhören, wobei in § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG ausdrücklich bestimmt ist, daß eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam ist; in besonderen Fällen ist allerdings nach § 103 BetrVG auch die Kündigung zustimmungsbedürftig. Bei § 99 BetrVG bedarf die geplante Maßnahme zwar der Zustimmung des Betriebsrats, es ist jedoch in §§ 100, 101 BetrVG geregelt, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber die Maßnahme vorläufig durchführen darf. Für die Kündigung gelten nur §§ 102, 103 BetrVG, für die Versetzung nur §§ 99 bis 101 BetrVG.

bb) Die Rechtsprechung hat deshalb stets darauf abgestellt, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei einer Versetzung sei nicht davon abhängig, ob die angeordnete Maßnahme dem Arbeitnehmer gegenüber individual-rechtlich zulässig sei (z.B. BAG Beschluß vom 26. Mai 1988 - 1 ABR 18/87 - AP Nr. 13 zu § 95 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 7. April 1992 - 1 AZR 275/91 -, unveröffentlicht). Eine Versetzung des Arbeitnehmers kann einzelvertraglich schon von dem bestehenden Arbeitsvertrag gedeckt sein, der Arbeitnehmer kann mit dem Arbeitgeber auf dessen Wunsch eine entsprechende Vertragsänderung vereinbaren, der Arbeitgeber kann zulässigerweise im Wege des Direktionsrechts die Umsetzung anordnen oder es kann eine Änderungskündigung erforderlich sein. Ganz unabhängig davon, welche Maßnahmen erforderlich sind, um der Umsetzung auf der individual-rechtlichen Ebene zur Wirksamkeit zu verhelfen, ist ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG stets dann gegeben, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG vorliegen.

cc) Die Änderungskündigung, die der Arbeitgeber ausspricht, um eine Versetzung des Arbeitnehmers zu bewirken, hat deshalb bei dieser Sicht nur den Zweck, die fehlende Zustimmung des Arbeitnehmers zu der Versetzung auf der einzelvertraglichen Ebene zu ersetzen. Stimmt der Arbeitnehmer der Änderungskündigung nachträglich zu oder stimmt er der Änderungskündigung unter Vorbehalt zu und unterliegt in dem Änderungsschutzverfahren, so steht damit fest, daß der Arbeitgeber individual-rechtlich in der Lage ist, dem Arbeitnehmer den anderen Arbeitsbereich zuzuweisen. In der Sache zielt die Änderungskündigung lediglich auf eine Erweiterung des Direktionsrechts des Arbeitgebers.

Die fehlende Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG hindert den Arbeitgeber demgegenüber an der wirksamen Durchführung der Maßnahme, für die nach §§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich ist, also der tatsächlichen Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. Es handelt sich damit um ein oft zwar vorübergehendes Hindernis; wird die Zustimmung nachträglich erteilt oder in einem Zustimmungsersetzungsverfahren ersetzt, kann der Arbeitgeber die tatsächliche Versetzung vornehmen.

dd) Wollte man die Wirksamkeit der Änderungskündigung bei einer Versetzung vom Vorliegen der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG abhängig machen, so würde dies der Systematik der §§ 99 ff. und 102 f. BetrVG widersprechen. Es würde nicht genügend beachtet, daß in §§ 100 f. BetrVG die Rechtsfolgen des Fehlens einer Zustimmung des Betriebsrats eine gesonderte Regelung erfahren haben, die eine dem § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG vergleichbare Regelung nicht enthält. Andererseits würde im Widerspruch zu der klaren gesetzlichen Regelung des § 102 BetrVG, wonach bei Kündigungen grundsätzlich der Betriebsrat nur anzuhören ist, eine über den § 103 BetrVG hinausgehende Sondervorschrift geschaffen, die für bestimmte Änderungskündigungen eine Zustimmungsbedürftigkeit vorsieht. Im Ergebnis würde nach der abgelehnten Meinung z.B. dann, wenn bei einer Teilbetriebsschließung ein Teil der Arbeitnehmer entlassen, ein anderer Teil im Wege der Änderungskündigung versetzt werden müßte, derjenige stärker geschützt, der lediglich eine Änderungskündigung erhält.

ee) Auch in das geltende Kündigungsrecht läßt sich ein solches Wirksamkeitserfordernis für die Änderungskündigung kaum einordnen.

Fordert man, was eigentlich konsequent wäre, daß schon bei Ausspruch der Änderungskündigung die Zustimmung nach § 99 BetrVG vorliegen muß (dagegen schon BAG Urteil vom 3. Juli 1986 - 2 AZR 343/85 - n.v.), so würde dies angesichts der Erforderlichkeit eines vorgeschalteten Zustimmungsersetzungsverfahrens die Maßnahme in kaum erträglicher Weise verzögern. Das wäre schon deshalb schwer vertretbar, weil erst nach Ausspruch der Kündigung und der entsprechenden Reaktion des Arbeitnehmers feststeht, ob nicht der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt und damit das Verfahren nach § 99 BetrVG gegenstandslos wird. Das Mitbestimmungsrecht des § 99 BetrVG erfordert auch keinen so weitgehenden Schutz: Bei der fristgerechten Änderungskündigung hat der Arbeitgeber Zeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, die Zustimmung des Betriebsrats zu erwirken und notfalls gerichtlich ersetzen zu lassen. Er verletzt das Mitbestimmungsrecht nur, wenn bei der tatsächlichen Durchführung der Maßnahme nach Ablauf der Kündigungsfrist eine Zustimmung nicht vorliegt und der Arbeitgeber auch nicht das Verfahren nach § 100 BetrVG durchführt. Bei Ausspruch der Kündigung steht damit überhaupt noch nicht fest, ob sich der Arbeitgeber mitbestimmungswidrig verhalten wird oder nicht.

Berücksichtigt man die spätere Entwicklung und nimmt eine Wirksamkeit der Änderungskündigung auch dann an, wenn bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung eine Zustimmung nach § 99 BetrVG erteilt oder ersetzt ist, so macht man damit die Kündigung von einer Voraussetzung abhängig, die noch während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens eintreten kann, obwohl im übrigen die Wirksamkeit der Kündigung stets bezogen auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung geprüft wird. Damit nimmt man eine schwebende Unwirksamkeit der Kündigung an. Die Kündigung als Gestaltungserklärung verträgt aber keinen derartigen Schwebezustand, ihre Wirksamkeit kann nicht von einem Ereignis abhängig gemacht werden, das nach Ausspruch der Kündigung eintritt (vgl. zur Begründung eingehend: Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen, S. 344 f.). Es leuchtet auch nicht ein, warum eine Zustimmung, die noch am Tag der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren erklärt wird, die Kündigung wirksam machen soll, während eine am Tag danach erklärte Zustimmung bewirken soll, daß der Arbeitgeber erneut eine Änderungskündigung aussprechen muß. Würde man die Zustimmung nach § 99 BetrVG in derartigen Fällen als Wirksamkeitsvoraussetzung auch für die Änderungskündigung ansehen und damit im Änderungsschutzverfahren dieselben Rechtsfragen prüfen wie im Zustimmungsersetzungsverfahren, wäre darüber hinaus die Gefahr divergierender Entscheidungen vorprogrammiert, die nur durch die zweifelhafte Möglichkeit einer Aussetzung des Änderungsschutzverfahrens abgemildert werden könnte.

ff) Die Änderungskündigung, mit der der Arbeitgeber sachlich nur die fehlende rechtsgeschäftliche Einverständniserklärung des Arbeitnehmers zu der Änderung der Arbeitsbedingungen erreichen will, ist damit auch bei Fehlen der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG als wirksam und nicht nach § 134 BGB als nichtig anzusehen. Ist die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt, steht dem Arbeitgeber im Ergebnis ein erweitertes Direktionsrecht zu. Ob er es auch ausnutzen kann, hängt u.a. von dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG ab. Ist bei Ablauf der Kündigungsfrist die Zustimmung des Betriebsrats erteilt oder ersetzt, steht auch mitbestimmungsrechtlich der Versetzung nichts im Wege. Führt der Arbeitgeber die beabsichtigte Versetzung vorläufig ohne Zustimmung des Betriebsrats durch, so sind die Rechtsfolgen in §§ 100 f. BetrVG geregelt. Liegt bei Ablauf der Kündigungsfrist weder eine Zustimmung des Betriebsrats vor, noch macht der Arbeitgeber von der Möglichkeit des § 100 BetrVG Gebrauch, so ist eine "Versetzungsweisung" nicht möglich, wird sie trotzdem erteilt, ist sie nach § 134 BGB nichtig. Der Arbeitnehmer kann eine entsprechende Feststellungsklage erheben (vgl. z.B. Urteile des BAG vom 26. Januar 1993 - 1 AZR 303/92 - und 4. Mai 1993 - 1 AZR 55/93 - n.v.). Er bleibt nach wie vor zur Tätigkeit in dem alten Arbeitsbereich berechtigt und verpflichtet, der ihm ordnungsgemäß zugewiesen war, ohne daß eine wirksame andere Zuweisung vorläge. Auch der Entzug der bisherigen Tätigkeit ist unwirksam. Entzug und Zuweisung einer Tätigkeit stellen einen einheitlichen Vorgang dar, der auf seine rechtliche Zulässigkeit hin auch nur einheitlich beurteilt werden kann. Damit bleibt die bisher zugewiesene Tätigkeit die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung. Liegen die Voraussetzungen einer Suspendierung nicht vor, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Beschäftigung mit seiner nach wie vor geschuldeten arbeitsvertraglichen Tätigkeit (BAG Urteil vom 26. Januar 1988 - 1 AZR 531/86 - AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972). Die neue Arbeit kann der Arbeitnehmer verweigern, ohne sich einer Vertragspflichtverletzung schuldig zu machen. Knüpft die Bezahlung wie im vorliegenden Fall an die auszuübende Tätigkeit an, so ergibt sich schon daraus, daß durch eine mitbestimmungswidrige Versetzung auch die Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers nicht tangiert werden.

Steht später endgültig fest, daß die Zustimmung des Betriebsrats nicht zu erlangen ist, so bietet es sich an, § 275 Abs. 2 BGB anzuwenden, so daß die Parteien von ihren Verpflichtungen aus dem Änderungsvertrag befreit werden und es nunmehr endgültig bei dem ursprünglichen Vertrag bleibt. Hatte der Arbeitgeber allerdings die Versetzung ausgesprochen, weil der bisherige Arbeitsplatz weggefallen war, so wird dann unter Umständen eine Beendigungskündigung erforderlich werden.

II. Was das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bei Umgruppierungen anbelangt, gilt im Ergebnis nichts anderes.

1. Für die Ein- oder Umgruppierung i.S.v. § 99 BetrVG hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, daß ein Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats individual-rechtlich ohne Auswirkungen bleibt (BAGE 42, 121 = AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972 und BAGE 57, 242 = AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972). Die Eingruppierung eines Arbeitnehmers in eine tarifliche Vergütungsgruppe durch den Arbeitgeber ist Rechtsanwendung und kein Akt der rechtlichen Gestaltung. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist deshalb kein Mitgestaltungsrecht, sondern nur ein Mitbeurteilungsrecht. Der Arbeitnehmer kann die ihm zustehende Vergütung verlangen, auch wenn der Betriebsrat der Eingruppierung nicht zugestimmt hat. Andererseits geht der Grundsatz der Wirksamkeitsvoraussetzung nicht so weit, daß bei Verletzung eines Mitbestimmungsrechts Zahlungsansprüche entstehen, die bisher nicht bestanden haben (BAG Urteil vom 20. August 1991 - 1 AZR 326/90 - AP Nr. 50 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAG Urteil vom 26. August 1992 - 4 AZR 210/92 - AP Nr. 37 zu § 75 BPersVG, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen). Bei den Rechtsfolgen unterbliebener Mitbestimmung ist zwischen den betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsfolgen und den Rechtsfolgen im Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu unterscheiden. Es ist also zu fragen, ob aus der Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats sich ein individual-vertraglicher Anspruch ergeben kann. Dies ist zu verneinen, da es keinen rechtlichen Anknüpfungspunkt dafür gibt, wie sich aus der Verletzung von Mitbestimmungsrechten ein vertraglicher Erfüllungsanspruch eines Arbeitnehmers ergeben soll.

2. Eine Umgruppierung liegt hier vor. Die Beklagte möchte den Kläger in die Bewertungsgruppe VI bzw. VII herabgruppieren. Welche Vergütung dem Kläger zusteht, ist auch nach dem einschlägigen Tarifvertrag eine reine Bewertungsfrage. Die Vergütung folgt der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. Es ist allerdings nach der Protokollnotiz zu § 2 des BRTV für jede nicht einverständliche Herabgruppierung eine Änderungskündigung nötig.

3. Allein der Umstand, daß zur Herabgruppierung eine Änderungskündigung erforderlich ist, verstärkt nicht die Rechte des Betriebsrats und ermöglicht es ihm nicht, durch Blockierung der Änderungskündigung den Arbeitgeber zur Zahlung einer tariflich nicht geschuldeten Vergütung zu zwingen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats dient der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Durchsetzung der zwingenden Vorschriften des Tarifvertrags. Die Wirksamkeit der Änderungskündigung kann deshalb nicht davon abhängig gemacht werden, ob eine Zustimmung des Betriebsrats zur Herabgruppierung vorliegt (ebenso MünchArbR/Matthes, § 348 Rz 23).

III. Es ist auch nicht gerechtfertigt, die ordnungsgemäße Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG, wie das Berufungsgericht meint, dadurch zur Wirksamkeitsvoraussetzung für die Änderungskündigung zu erheben, daß argumentiert wird, eine Änderung der Arbeitsbedingungen, der nicht einmal der Betriebsrat ordnungsgemäß zugestimmt habe, sei stets als sozialwidrig anzusehen (so z.B. von Hoyningen-Huene, NZA 1993, 145, 151). Die Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung beurteilt sich unabhängig von Mitbestimmungsfragen allein nach §§ 1, 2 KSchG. Beurteilungszeitpunkt ist hier der Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung. Da sich regelmäßig erst nach der Kündigung mit der Annahme der neuen Arbeitsbedingungen unter Vorbehalt durch den Arbeitnehmer herausstellt, ob ein Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG überhaupt erforderlich ist, und auch die Autoren, die die Zustimmung nach § 99 als Wirksamkeitsvoraussetzung der Änderungskündigung ansehen, eine später erteilte Zustimmung berücksichtigen wollen, steht im allein maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung noch gar nicht fest, ob durch die Kündigung überhaupt Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verletzt werden. Außerdem läßt es sich dogmatisch kaum begründen, daß ein betriebsverfassungsrechtlicher Mangel der Kündigung dem Arbeitnehmer nur dann nützen soll, wenn die Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes vorliegen und er insbesondere rechtzeitig Klage erhoben hat.

IV. Die Kündigung scheitert vorliegend auch nicht daran, daß nach § 15 SchwbG die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle fehlt. Zwar ist der Kläger einem Schwerbehinderten gleichgestellt und die Wirksamkeit der Gleichstellung tritt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SchwbG am Tag des Eingangs des Antrags ein. Es kann aber dahinstehen, ob der Kläger den Gleichstellungsantrag noch vor Ausspruch der Kündigung gestellt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt bestätigt für die Neufassung des SchwbG durch Urteil vom 5. Juli 1990 - 2 AZR 8/90 - AP Nr. 1 zu § 15 SchwbG 1986) muß der Arbeitnehmer bei Unkenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderteneigenschaft bzw. der Antragstellung dem Arbeitgeber binnen eines Monats nach Zugang der Kündigung von diesen Umständen Mitteilung machen. Hier hat der Kläger ausweislich der Akte erst mit Schriftsatz vom 1. August 1991 mitgeteilt, er sei nunmehr einem Schwerbehinderten gleichgestellt, ohne sich auf den Sonderkündigungsschutz zu berufen oder den Tag der Antragstellung mitzuteilen.

V. Die Wirksamkeit der Änderungskündigung nach §§ 1, 2 KSchG hat das Landesarbeitsgericht - von seinem Ausgangspunkt her konsequent - nicht geprüft; insoweit fehlen alle tatsächlichen Feststellungen. Dies führt dazu, daß das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Da die Prüfung der Sozialwidrigkeit der Kündigung in erster Linie Aufgabe der Tatsacheninstanz ist, hält der Senat für die weitere Sachbehandlung durch das Berufungsgericht die folgenden Hinweise für ausreichend: Nach ihrem bisherigen Vorbringen stützt die Beklagte die Änderungskündigung auf personenbedingte Gründe, indem sie geltend macht, der Kläger sei fachlich gar nicht mehr in der Lage, seine bisherige Tätigkeit als Betriebskontrolleur auszuüben. Andererseits bringt sie verhaltensbedingte Kündigungsgründe vor, wenn sie ausführt, der Kläger habe sich quasi selbst versetzt, indem er sich vertragswidrig von allen schwierigeren Aufgaben nach und nach zurückgezogen habe. Der Kläger behauptet demgegenüber, er habe bis zu seiner Versetzung seine Arbeit als Betriebskontrolleur in vollem Umfang und ohne Beanstandungen erbracht. Dem substantiierten Vorbringen der Parteien zu diesen Punkten wird das Landesarbeitsgericht nachzugehen haben. Bei verhaltensbedingten Kündigungsgründen ist regelmäßig vor Ausspruch einer Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Auch bei personenbedingten Kündigungsgründen kann das Erfordernis einer Abmahnung in Betracht kommen. Die Frage, ob und in welchem Umfang der Kläger vor Ausspruch der Änderungskündigung abgemahnt worden ist, ist zwischen den Parteien ebenfalls streitig. Erweist sich die Kündigung als an sich gerechtfertigt, so wird im Rahmen der Interessenabwägung zu prüfen sein, ob die Beklagte in den sieben Jahren, in denen sie aus ihrer Sicht einen Leistungsabfall des Klägers beobachtete, ausreichende Maßnahmen ergriffen hat, um dem Kläger seinen Arbeitsplatz zu erhalten.

Hillebrecht Bitter Bröhl

Dr. Fischer Dr. Wolter

 

Fundstellen

BAGE 74, 291-309 (LT1)

BAGE, 291

BB 1994, 148

BB 1994, 426

BB 1994, 426-429 (LT1)

DB 1994, 637-640 (LT1)

BuW 1994, 176 (K)

EBE/BAG 1994, 20-24 (LT1)

AiB 1994, 424 (LT1)

BetrVG, (29) (LT1)

DRsp, VI(642) 281d (L1)

JR 1994, 308

JR 1994, 308 (L)

NZA 1994, 615

NZA 1994, 615-620 (LT1)

SAE 1995, 360-367 (LT1)

AP § 2 KSchG 1969 (LT1), Nr 33

AP § 95 BetrVG 1972 (L1), Nr 35

AR-Blattei, ES 1700 Nr 21 (LT1)

EzA-SD 1994, Nr 1/2, 15-17 (LT1)

EzA § 99 BetrVG 1972, Nr 118 (LT1)

MDR 1994, 595 (LT1)

ZfPR 1995, Beilage Nr 6, 18 (L)

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