Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrente eines Dienstordnungs-Angestellten. Dienstordnungs-Angestellte. dynamische oder statische Verweisung. beamtenähnliche Versorgung. maßgebliche Besoldungsgruppe. Beförderungsreife. Regelvoraussetzungen für die Beförderung. Zwischenfeststellungsklage

 

Orientierungssatz

  • Die Arbeitgeberin und nicht der Kommunale Versorgungsverband Sachsen schuldete das Ruhegehalt (§§ 9, 10 SächsGKV).
  • Da der Kläger als Dienstordnungs-Angestellter bei einer gesetzlichen Krankenkasse beschäftigt war, ist sein Arbeitsverhältnis durch die Dienstordnung seiner Arbeitgeberin normativ geregelt gewesen (§§ 352, 358 RVO). Eine von den späteren Änderungen der Dienstordnung abgekoppelte statische Verweisung im Arbeitsvertrag wäre unwirksam gewesen. Die in § 352 RVO angeordnete normative Wirkung der Dienstordnung in der jeweils geltenden Fassung konnte nicht arbeitsvertraglich beseitigt werden. Zudem handelt es sich bei der Übernahme von Regelwerken außerhalb des Arbeitsvertrages in der Regel um dynamische Verweisungen.
  • Da in den maßgeblichen Dienstordnungen Sonderregelungen zu § 5 Abs. 3 BeamtVG fehlten, galten die in dieser beamtenrechtlichen Vorschrift enthaltenen Berechnungsgrundsätze für die Versorgung der Dienstordnungs-Angestellten der Arbeitgeberin ebenso wie für die Versorgung der Landesbeamten.
  • Dem Kläger kam entgegen seiner Ansicht nicht die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF zugute, weil ihm die erforderliche sog. Beförderungsreife (Erfüllung der Regelvoraussetzungen für eine Beförderung) fehlte. Dieses im Gesetzestext nicht ausdrücklich erwähnte Tatbestandsmerkmal widerspricht nicht dem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Gebot der ausreichenden Bestimmtheit von Rechtsvorschriften. Es beruht auf einer teleologischen Reduktion des § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF. Sie gehört zu den gängigen Auslegungsmethoden.
 

Normenkette

BGB § 611; BeamtVG § 5 aF; 2. BesVNG Art. VIII; RVO §§ 351-353, 358; Gesetz über den Kommunalen Versorgungsverband Sachsen §§ 9-10; GG Art. 20 Abs. 3

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 23.04.2004; Aktenzeichen 3 Sa 768/03)

ArbG Dresden (Urteil vom 03.07.2003; Aktenzeichen 8 Ca 1645/03)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob bei der Berechnung des dem Kläger zustehenden Ruhegehalts von der Besoldungsgruppe A 15 oder A 16 auszugehen ist.

Der am 3. April 1944 geborene Kläger war nach Vollendung seines 17. Lebensjahres bis zum 31. Dezember 1963 Assistentenanwärter auf Widerruf. Vom 1. Januar 1964 bis zum 31. Dezember 1991 war er bei der AOK M… als Dienstordnungs( DO)-Angestellter tätig. Am 8. November 1991 schloss er mit der AOK C… einen Anstellungsvertrag, der folgende Vereinbarungen enthielt:

“I.

Herr F… B… … wird auf Grund des Beschlusses des Vorstandes vom 07.11.1991 mit Wirkung

ab 01. Januar 1992

als

Verwaltungsrat

nach den Vorschriften der Dienstordnung der AOK C… vom 05.07.91 dienstordnungsmäßig auf Lebenszeit angestellt.

II.

Die Besoldung richtet sich nach Besoldungsgruppe 13 der Besoldungsordnung A des Bundes-Besoldungsgesetzes. Nach 6-monatiger Tätigkeit erfolgt die Besoldung in Bes.Gr. A 14 als Verwaltungsoberrat.

III.

Das Besoldungsdienstalter wird auf den 01.04.1965 festgesetzt.

IV.

Die allgemeinen und besonderen Rechtsverhältnisse richten sich nach der Dienstordnung der AOK C… vom 05.07.1991. Sie ist Bestandteil des Vertrages.

…”

Die am 5. Juli 1991 in Kraft getretene Dienstordnung für die Angestellten der AOK C… lautete auszugsweise:

“§ 14 Beförderung

(1) Die Übertragung einer freien Stelle mit höherer Besoldungsgruppe (Beförderung) ist nur möglich, wenn der Angestellte den Nachweis der fachlichen Befähigung nach § 12 erbracht hat und nach Eignung, Befähigung und Leistung den Anforderungen der höheren Stelle entspricht. Die Dienstzeit oder das Lebensalter allein können eine Beförderung nicht rechtfertigen.

(3) Eine Beförderung ist unzulässig

b) vor Ablauf einer Dienstzeit von einem Jahr nach der Anstellung oder vor Ablauf einer Dienstzeit von drei Jahren im mittleren Dienst von zwei Jahren der letzten Beförderung,

(4) Eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 13 darf erst übertragen werden, wenn der Angestellte seit der erstmaligen Einweisung in eine Planstelle des gehobenen Dienstes eine Dienstzeit von mindestens acht Jahren zurückgelegt hat.

(5) Der Vorstand kann von den Absätzen 2 bis 4 abweichen, von den Absätzen 2 und 3 jedoch nur, wenn zwingende Belange der Verwaltung es erfordern, von Absatz 3 Buchst. a) und b) auch dann, wenn sich die Anstellung aus nicht in der Person des Angestellten liegenden Gründen verzögert hat.

§ 33 Versorgung

(1) Für die Versorgung gelten die Vorschriften für Landesbeamte entsprechend.

(2) Als ruhegehaltsfähig im Sinne des § 6 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt auch …”

Auf Grund des Beschlusses des Vorstandes der AOK C… vom 7. November 1991 wurde der Kläger “mit Wirkung ab 01. Juli 1992 zum Verwaltungsoberrat befördert” und nach Besoldungsgruppe A 14 vergütet (Nachtrag Nr. 1 vom 1. Juli 1992 zum Dienstvertrag vom 7. November 1991). Seit dem 1. November 1992 wurde er als Projektleiter für den Aufbau der Niederlassung A eingesetzt. Die AOK C… übertrug ihm auf Grund des Beschlusses ihres Vorstandes vom 30. November 1993 ab 1. Januar 1994 die Leitung dieser Niederlassung. Durch Beschluss des Vorstandes vom 20. Januar 1994 wurde er mit Wirkung zum 1. Januar 1994 zum Verwaltungsdirektor befördert mit Entlohnung nach der Besoldungsgruppe A 15 (Nachtrag Nr. 2 vom 24. Januar 1994 zum Dienstvertrag vom 7. November 1991). Mit Wirkung zum 1. März 1996 wurde er zum Leitenden Verwaltungsdirektor befördert mit Entlohnung nach der Besoldungsgruppe A 16 (Nachtrag Nr. 3 vom 27. März 1996 zum Dienstvertrag vom 7. November 1991).

Im Jahre 1997 kam es zur Fusion der Sächsischen Allgemeinen Ortskrankenkassen und des AOK-Landesverbandes Sachsen zur AOK Sachsen – Die Gesundheitskasse. Deren Dienstordnung lautet in der Fassung vom 11. Januar 2002 auszugsweise wie folgt:

“§ 8

Beförderung

(1) Die Übertragung einer freien Stelle mit höherer Besoldungsgruppe (Beförderung) ist nur möglich, wenn der Angestellte den Nachweis der fachlichen Befähigung (§ 6) erbracht hat und nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung den Anforderungen der höheren Stelle entspricht. Das Sächsische Landesbeamtengesetz ist entsprechend anzuwenden.

§ 15

Rechtsstellung

Der Angestellte auf Lebenszeit steht in einem Dienstverhältnis, das dem eines Landesbeamten auf Lebenszeit entspricht.

§ 26

Versorgung

(1) Für die Versorgung gelten die Vorschriften für Beamte des Freistaates Sachsen entsprechend.

(2) Als ruhegehaltfähig i. S. des § 6 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt auch …

§ 32

Besitzstandswahrung

(1) Auf den bisherigen Dienstverträgen und der bisherigen Dienstordnung der AOK Sachsen beruhende günstigere Rechtsverhältnisse der Angestellten bleiben unberührt, soweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.

§ 33

Inkrafttreten

(1) Diese Dienstordnung tritt mit Wirkung vom 01.01.1997 in Kraft.

(2) § 26 tritt mit Wirkung vom 01.01.1991 in Kraft.”

Mit Bescheid vom 27. Juni 1997 wurde der Kläger ab 1. Oktober 1997 in den einstweiligen Ruhestand versetzt, “weil mit der Fusion … Planstellen eingespart werden und deshalb zur Zeit weder eine gleichwertige Weiterverwendung entsprechend Ihrem bisherigen Amt noch eine Versetzung in ein anderes Amt möglich ist”.

In der Zeit vom 1. Oktober 1997 bis einschließlich 30. September 2002 erhielt der Kläger nach § 14 Abs. 6 BeamtVG ein Ruhegehalt in Höhe von 75 % der Dienstbezüge nach Besoldungsgruppe A 16 Stufe 12. § 14 Abs. 6 BeamtVG in der vom 1. Juli 1997 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung schrieb vor:

“Bei einem in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten beträgt das Ruhegehalt während der ersten fünf Jahre des einstweiligen Ruhestandes fünfundsiebzig vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, in der sich der Beamte zur Zeit seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand befunden hat …”

Für die Zeit ab 1. Oktober 2002 (nach Ablauf der 5 Jahre) war das Ruhegehalt des Klägers neu zu berechnen. Der Kommunale Versorgungsverband Sachsen legte in seiner Festsetzung vom 17. September 2002 nur noch die Besoldungsgruppe A 15 zugrunde. Dadurch verringerte sich das dem Kläger gezahlte Ruhegehalt ab 1. Oktober 2002 um 406,40 Euro von monatlich 4.010,45 Euro brutto auf monatlich 3.604,05 Euro brutto.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach dem entsprechend anzuwendenden § 5 Abs. 3 BeamtVG aF sei bei der Berechnung seines Ruhegehaltes nicht von der Besoldungsgruppe A 15, sondern von der Besoldungsgruppe A 16 auszugehen. Entscheidend sei der Wortlaut des § 5 Abs. 3 BeamtVG aF. Der Umfang der Verweisung auf beamtenrechtliche Vorschriften müsse sich eindeutig aus der Dienstordnung selbst ergeben. Weder die Dienstordnung der AOK C… noch die Dienstordnung der AOK Sachsen hätten das vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der sog. Beförderungsreife übernommen. Abgesehen davon könnten die in beiden Dienstordnungen enthaltenen autonomen Detailregelungen den durch Gesetz oder Verordnung festgelegten Regelvoraussetzungen nicht gleichgestellt werden, deren Erfüllung das Bundesverwaltungsgericht fordere. Die Beförderung des Klägers zum Leitenden Verwaltungsdirektor (A 16) mit Wirkung zum 1. März 1996 sei nach § 14 Abs. 5 der Dienstordnung der AOK C… zulässig gewesen. Die nach dieser Vorschrift erforderlichen zwingenden Belange der Verwaltung hätten vorgelegen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Beförderungsreife sei nach Regelungszweck und Interessenlage nicht übertragbar.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum von Oktober 2002 bis einschließlich März 2003 Versorgungsbezüge in Höhe von 2.438,40 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit der Klagzustellung zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte ab April 2003 künftig bei der Festsetzung der monatlichen Versorgungsbezüge des Klägers das Grundgehalt A 16 als ruhegehaltsfähige Dienstbezüge zugrunde zu legen hat.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die in ihrem Auftrag und ihrem Namen vorgenommene Berechnung des Kommunalen Versorgungsverbandes Sachsen für zutreffend gehalten. Die Zweijahresfrist nach § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG aF habe der Kläger nicht erfüllt. Die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF komme ihm nicht zugute. Die entsprechende Anwendung dieser Bestimmung umfasse auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Beförderungsreife. Die Regelvoraussetzungen für eine Beförderung des Klägers zum Leitenden Verwaltungsdirektor (A 16) hätten am 1. März 1996 noch nicht vorgelegen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein bisheriges Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Dem Kläger steht kein höheres Ruhegehalt zu. Zu Recht hat der Kommunale Versorgungsverband Sachsen im Auftrag und namens der Beklagten die Besoldungsgruppe A 15 Stufe 12 und nicht die Besoldungsgruppe A 16 Stufe 12 zugrunde gelegt.

A. Nicht nur die Leistungsklage für den zurückliegenden Zeitraum, sondern auch die Feststellungsklage für die anschließende Zeit ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 256 ZPO sind erfüllt.

Gegenstand der vorliegenden Feststellungsklage ist ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Sie soll nicht lediglich eine rechtliche Vorfrage, sondern den Inhalt und die Höhe des Betriebsrentenanspruchs klären.

Ein Interesse an alsbaldiger Feststellung besteht. Der Kläger musste keine Klage auf künftige Leistungen nach § 258 ZPO erheben. Bereits die Feststellungsklage führt zu einer sinnvollen, prozessökonomischen Bereinigung aller zwischen den Parteien bestehenden Meinungsverschiedenheiten. Einen Vollstreckungstitel gegen die beklagte AOK benötigt der Kläger nicht.

Ohne die Begrenzung auf die Zeit ab April 2003 würde es sich zweifelsfrei um eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) handeln. Für deren Zulässigkeit genügt es, dass das Bestehen oder Nichtbestehen des festzustellenden Rechtsverhältnisses für die Entscheidung über die Hauptklage vorgreiflich ist und das Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien nicht abschließend regelt. Die Zeitangabe “ab April 2003” verdeutlicht lediglich, für welchen Zeitraum die zusätzliche Feststellungsklage Bedeutung gewinnt. Ob dieser Hinweis zu strengeren prozessualen Anforderungen führt – Beurteilung nach § 256 Abs. 1 ZPO statt nach § 256 Abs. 2 ZPO –, kann dahinstehen, weil den Anforderungen des § 256 Abs. 1 ZPO genügt ist.

B. Beide Klageanträge sind unbegründet. Die Beklagte ist zwar Versorgungsschuldnerin. Sie zahlt aber dem Kläger zu Recht Ruhegehalt nach der Besoldungsgruppe A 15.

I. Die Beklagte ist passiv legitimiert. Sie und nicht der Kommunale Versorgungsverband Sachsen schuldet das Ruhegehalt. Im Namen seiner Mitglieder gewährt der Kommunale Versorgungsverband Sachsen den früheren DO-Angestellten die Versorgung (vgl. § 9 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Kommunalen Versorgungsverband Sachsen – SächsGKV) und trifft die erforderlichen Entscheidungen (§ 9 Satz 2 SächsGKV). In Rechtsstreitigkeiten werden seine Mitglieder von ihm lediglich vertreten (§ 9 Satz 2 SächsGKV).

II. Der Kläger kann nicht verlangen, dass bei der Berechnung seines Ruhegehaltes statt der Besoldungsgruppe A 15 die Besoldungsgruppe A 16 zugrunde gelegt wird. Welche Dienstbezüge ruhegehaltsfähig sind, ist dem entsprechend anzuwendenden § 5 BeamtVG zu entnehmen. Diese Bestimmung hat der Kommunale Versorgungsverband Sachsen im Auftrag und namens der Beklagten zutreffend angewandt.

1. Da der Kläger als Dienstordnungs-Angestellter bei einer gesetzlichen Krankenkasse beschäftigt war, ist sein Arbeitsverhältnis durch die Dienstordnung seiner Arbeitgeberin normativ geregelt (§§ 352, 358 RVO). Die dienstordnungsmäßig Angestellten der Sozialversicherungsträger sind zwar weder Beamte noch haben sie einen öffentlich-rechtlichen Status. Dies ändert aber nichts daran, dass ihr Angestelltenverhältnis weitgehend öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist. Die Dienstordnungen der Sozialversicherungsträger sind dem öffentlichen Recht angehöriges, auf Grund gesetzlicher Ermächtigung erlassenes autonomes Satzungsrecht (BAG 25. Mai 1982 – 1 AZR 1073/79 – BAGE 39, 76, 81; 15. November 2001 – 6 AZR 382/00 – BAGE 99, 348, 355 jeweils mwN). Es gestaltet normativ und zwingend die Arbeitsverhältnisse der Angestellten, die der Dienstordnung unterworfen sind. Der nach § 354 Abs. 1 RVO abzuschließende schriftliche Arbeitsvertrag unterstellt die Angestellten der Dienstordnung. Sobald der Vertrag geschlossen ist, wirkt die Dienstordnung in ihrer jeweiligen Fassung gesetzesgleich auf das Dienstverhältnis ein (BAG 25. Mai 1982 – 1 AZR 1073/79 – aaO). Nr. IV des Anstellungsvertrages des Klägers verweist auf die “Dienstordnung der AOK C… vom 05.07.1991” und bezeichnet sie als Bestandteil des Anstellungsvertrages. Trotz der Datumsangabe ist die Dienstordnung in der jeweils aktuellen Fassung anzuwenden. Abgesehen davon, dass es sich bei der Übernahme von Regelwerken außerhalb des Anstellungsvertrages im Zweifel um dynamische Verweisungen handelt (vgl. ua. BAG 11. Dezember 2001 – 3 AZR 512/00 – BAGE 100, 76, 85; 21. Oktober 2003 – 3 AZR 60/03 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 17, zu A I der Gründe), wäre eine von den späteren Änderungen der Dienstordnung abgekoppelte statische Verweisung unwirksam. Die in § 352 RVO angeordnete normative Wirkung der Dienstordnung in der jeweils geltenden Fassung kann nicht arbeitsvertraglich beseitigt werden.

2. Bei Eintritt des Klägers in den Ruhestand war die Dienstordnung der AOK Sachsen anzuwenden. Sie war nach § 33 Abs. 1 dieser Dienstordnung am 1. Januar 1997 und deren Versorgungsregelung nach § 33 Abs. 2 dieser Dienstordnung rückwirkend zum 1. Januar 1991 in Kraft getreten. Nach § 26 Abs. 1 dieser Dienstordnung gelten für die Versorgung die Vorschriften für Beamte des Freistaates Sachsen entsprechend. Die Besitzstandsregelung des § 32 Abs. 1 dieser Dienstordnung führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach bleiben auf den bisherigen Dienstverträgen und der bisherigen Dienstordnung beruhende günstigere Rechtsverhältnisse unberührt, soweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Auch § 33 Abs. 1 der Dienstordnung der AOK C… hatte bestimmt, dass für die Versorgung die Vorschriften für Landesbeamte entsprechend gelten.

3. Nach dieser in beiden Dienstordnungen enthaltenen Verweisungsvorschrift ist das für die Beamten des Freistaates Sachsen geltende Versorgungsrecht entsprechend, also sinngemäß anzuwenden. Die Bestimmungen des Beamtenversorgungsrechts und des übrigen Beamtenrechts können nicht unbesehen übernommen werden. Einerseits müssen sie nach Inhalt, Regelungszweck und Interessenlage überhaupt auf das vorliegende Arbeitsverhältnis übertragbar sein (vgl. dazu BAG 22. Februar 2000 – 3 AZR 108/99 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 14 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 4, zu I 2b der Gründe; 21. Oktober 2003 – 3 AZR 60/03 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 17, zu A II der Gründe). Andererseits ermöglicht die lediglich sinngemäße Anwendung Modifizierungen, die den Besonderheiten des konkreten Arbeitsverhältnisses und damit den in der Dienstordnung enthaltenen Sonderregelungen Rechnung trägt. Nach diesen Kriterien ist sowohl § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG aF als auch § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF anzuwenden. Entgegen der Ansicht des Klägers kann dabei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF nicht ausgeblendet werden. Dies führt dazu, dass dem Kläger das geforderte höhere Ruhegehalt nach Besoldungsgruppe A 16 nicht zusteht.

a) Nach den gesetzlichen Vorgaben sind die Rechtsverhältnisse der Dienstordnungs-Angestellten trotz der Statusunterschiede materiell weitgehend so auszugestalten wie Beamtenverhältnisse. § 353 Abs. 1 RVO schreibt vor, dass die von den Krankenkassen nach § 351 RVO aufzustellende Dienstordnung einen Besoldungsplan zu enthalten hat. Daraus ergibt sich, dass Dienstordnungs-Angestellte wie Beamte vergütet werden. Die Angleichung an das Beamtenverhältnis beruht darauf, dass die Dienstordnungs-Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern grundsätzlich Tätigkeiten verrichten, die bei allgemeinen staatlichen Behörden in der Regel Beamten übertragen sind. Dementsprechend darf die Dienstordnung nach § 352 Satz 2 RVO für die Nichterfüllung von Pflichten keine weitergehenden Rechtsnachteile vorsehen, als sie das Disziplinarrecht für Beamte zulässt. Nach § 353 Abs. 1 Nr. 3 RVO hat die Dienstordnung zu regeln, unter welchen Bedingungen “Anstellung auf Lebenszeit” erfolgt. Auch das Alimentationsprinzip gilt für Dienstordnungs-Angestellte entsprechend (BAG 25. April 1979 – 4 AZR 791/77 – BAGE 31, 381, 395; 15. November 2001 – 6 AZR 382/00 – BAGE 99, 348, 355).

b) Art. VIII des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (2. BesVNG) vom 23. Mai 1975 (BGBl. I S. 1173) geht ebenfalls hiervon aus. In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 7/1906 S. 75, 130) wird als Regelungszweck genannt, das Besoldungs- und Versorgungsrecht in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes zu vereinheitlichen und dabei möglichst alle Bediensteten zu erfassen, “die Hoheitsbefugnisse ausüben, für die Beamtenrecht maßgeblich ist und bundeseinheitliche Maßstäbe gefunden werden können”. Nach Art. VIII § 1 Abs. 1 des 2. BesVNG haben bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung bei der Aufstellung ihrer Dienstordnungen den Rahmen des Bundesbesoldungsgesetzes, insbesondere das für die Bundesbeamten geltende Besoldungs- und Stellengefüge, einzuhalten und alle weiteren Geld- und geldwerten Leistungen sowie die Versorgung im Rahmen und nach den Grundsätzen der für die Bundesbeamten geltenden Bestimmungen zu regeln. Für landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts im Bereich der Sozialversicherung gilt dies gem. Art. VIII § 2 Abs. 1 Nr. 1 des 2. BesVNG mit der Maßgabe, dass an die Stelle des für Bundesbeamte geltenden Rechts das für Landesbeamte geltende Recht tritt.

An diese Vorgaben haben sich sowohl § 33 Abs. 1 der Dienstordnung der AOK C… als auch § 26 Abs. 1 der Dienstordnung der AOK Sachsen gehalten. Nach beiden Verweisungsvorschriften gelten für die Versorgung der Dienstordnungs-Angestellten – abgesehen von den Sonderregelungen in den nachfolgenden Absätzen – uneingeschränkt die Vorschriften für die Landesbeamten des Freistaates Sachsen. Dies dient der Vereinheitlichung der Versorgungsbedingungen. Gleiche Versorgungsbedingungen sind die Regel. Modifizierungen bedürfen einer besonderen Regelung, wie sie § 33 Abs. 2 bis 4 der Dienstordnung der AOK C… und § 26 Abs. 2 bis 5 der Dienstordnung der AOK Sachsen enthalten. Da in beiden Dienstordnungen Sonderregelungen zu § 5 Abs. 3 BeamtVG fehlen, gelten die in dieser beamtenrechtlichen Vorschrift enthaltenen Berechnungsgrundsätze für die Versorgung der Dienstordnungs-Angestellten der Beklagten ebenso wie für die Versorgung der Landesbeamten. Eine unterschiedliche Auslegung widerspräche dem Vereinheitlichungsziel.

c) Da der Kläger vor dem 1. Januar 2001 zum Leitenden Verwaltungsdirektor (A 16) befördert worden war und der Versorgungsfall (Versetzung in den einstweiligen Ruhestand) vor dem 1. Januar 1999 eingetreten ist, finden nach den Übergangsregelungen des § 69c Abs. 1 und 2 BeamtVG aF für den Kläger § 5 Abs. 3 bis 5 und § 14 Abs. 6 BeamtVG in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden alten Fassung (aF) Anwendung. Auch nach dieser für die Versorgungsempfänger günstigeren Regelung richtet sich das Ruhegehalt des Klägers lediglich bis zum 30. September 2002 nach Besoldungsgruppe A 16 und seit dem 1. Oktober 2002 nach Besoldungsgruppe A 15.

aa) Das Ruhegehalt des zum 1. Oktober 1997 in den einstweiligen Ruhestand versetzten Klägers betrug nach § 14 Abs. 6 BeamtVG aF während der ersten fünf Jahre des einstweiligen Ruhestandes 75 vom Hundert der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, in der er sich zur Zeit seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand befunden hatte. Die Beschränkung des § 5 Abs. 3 BeamtVG galt in dieser Zeit nicht. Nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums entfiel diese Vergünstigung. Soweit keine Sonderregelungen bestehen, gelten nach § 60 des Beamtengesetzes für den Freistaat Sachsen (SächsBG) für den einstweiligen Ruhestand die Vorschriften über den Ruhestand. Dies kann – wie hier – dazu führen, dass nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums von geringeren ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen auszugehen ist.

bb) Da der Kläger aus einem Amt in den Ruhestand getreten ist, das nicht der Eingangsbesoldungsgruppe seiner Laufbahn entspricht, und er die Dienstbezüge dieses Amtes vor dem Eintritt in den Ruhestand (1. Oktober 1997) nicht mindestens zwei Jahre, sondern erst seit dem 1. März 1996 erhalten hat, sind nach § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG aF nur die Bezüge des vorher bekleideten Amtes (A 15) ruhegehaltsfähig. Diese Regelung ist verfassungsrechtlich zulässig (BVerfG 7. Juli 1982 – 2 BvL 14/78, 2/79 und 7/82 – BVerfGE 61, 43).

§ 5 Abs. 3 BeamtVG verfolgt zum einen das Ziel, “Gefälligkeitsbeförderungen” kurz vor dem Erreichen des Ruhestandes zu verhindern oder jedenfalls nicht wirksam werden zu lassen. Dieses Ziel ist bei einer Zusammenlegung von öffentlich-rechtlichen Einrichtungen keineswegs bedeutungslos. Eine derartige Organisationsmaßnahme erfordert eine gewisse Vorlaufzeit. In diesem Vorfeld ist die Gefahr zielgerichteter, großzügiger Personalentscheidungen nicht von der Hand zu weisen. Zum anderen liegt dem § 5 Abs. 3 BeamtVG der überkommene Rechtsgedanke zugrunde, dass die dem Beamten zuletzt zustehenden Dienstbezüge nur dann die Grundlage seiner Versorgung bilden sollen, wenn sie ihm während einer gesetzlich festgelegten Mindestzeit zugestanden haben und dadurch zum Ausgangspunkt seiner amtsgemäßen Versorgung geworden sind (BVerwG 27. Juni 1986 – BVerwG 6 C 131.80 – BVerwGE 74, 303, 307). Die Versorgung nach Maßgabe des letzten Amtes setzt demgemäß ein gesetzliches Mindestmaß an nachhaltiger, diesem Amt entsprechender Dienstleistung voraus (BVerwG 22. September 1993 – BVerwG 2 C 8.92 – BVerwGE 94, 168, 170). Diese Voraussetzung kann während des einstweiligen Ruhestandes nicht mehr erfüllt werden.

cc) Dem Kläger kommt entgegen seiner Ansicht nicht die Ausnahmevorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF zugute. Ihm fehlt die erforderliche, im Gesetzestext allerdings nicht ausdrücklich erwähnte Beförderungsreife. Dieses Tatbestandsmerkmal widerspricht nicht dem sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Gebot der ausreichenden Bestimmtheit von Rechtsvorschriften. Es beruht auf einer teleologischen Reduktion des § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF. Sie gehört zu den gängigen Auslegungsmethoden.

(1) § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF ist zwar durch Art. 6 Nr. 4 Buchst. b des Versorgungsreformgesetzes 1998 vom 29. Juni 1998 (BGBl. I S. 1666, 1672) aufgehoben worden, aber auf Grund der Übergangsregelung des § 69c BeamtVG aF im vorliegenden Fall weiter anzuwenden. Nach § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF ist “die Zeit, in der der Beamte vor der Amtsübertragung die höherwertigen Funktionen des ihm später übertragenen Amtes tatsächlich wahrgenommen hat,” in die Zweijahresfrist einzurechnen. Der Kläger erfüllt nicht alle Voraussetzungen dieser Vorschrift.

Das Bundesverwaltungsgericht hat darin eine Härteregelung gesehen. Sie soll die Nachteile ausgleichen, die nicht in der Person des Beamten, sondern im dienstlichen Bereich gelegen haben. Die aus objektiven Gründen verzögerte Übertragung des höheren Amtes soll bei tatsächlicher Wahrnehmung seiner Funktionen nicht zu einer Benachteiligung des Beamten führen (19. Januar 1989 – BVerwG 2 C 42.86 – BVerwGE 81, 175, 183). Mit dem Begriff der “Beförderungsreife” werden die Hinderungsgründe für eine Übertragung des Amtes ausgeklammert, die nicht im Bereich des Dienstherrn angesiedelt sind und deshalb keine nach § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF auszugleichenden Nachteile verursachen. Durch diese Vorschrift soll der Beamte so behandelt werden, als sei er “zeitgerecht” befördert worden. Eine auszugleichende Härte liegt nicht vor, wenn der Beamte die gesetzlichen Regelvoraussetzungen für eine Beförderung noch nicht erfüllt hatte, also Beförderungshemmnisse in seiner Person vorlagen (BVerwG 19. Januar 1989 – BVerwG 2 C 5.87 – ZBR 1990, 83).

(2) Die Sozialversicherungsträger legen die Regelvoraussetzungen für die Beförderung von Dienstordnungs-Angestellten in der jeweiligen Dienstordnung fest. Sie müssen das Beamtenrecht nicht unverändert übernehmen, sondern können es modifizieren (vgl. dazu BAG 22. Oktober 1971 – 3 AZR 129/71 – AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 30, zu II 1 der Gründe). Diese Satzungsbestimmungen wirken normativ und sind Gesetze im materiellen Sinne (vgl. dazu BAG 25. Mai 1982 – 1 AZR 1073/79 – BAGE 39, 76, 84 f., zu II 1b bb der Gründe). Mit Sinn und Zweck des entsprechend anwendbaren § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF wäre es nicht zu vereinbaren, die in der Dienstordnung enthaltenen Regelvoraussetzungen unberücksichtigt zu lassen und dadurch die Dienstordnungs-Angestellten gegenüber Beamten zu bevorzugen.

(3) Ob der Kläger “zeitgerecht” befördert wurde, richtet sich nach den Vorschriften, die bis zu seiner Beförderung – im vorliegenden Fall bis zum 1. März 1996 – anzuwenden waren. Bis dahin galt die Dienstordnung der AOK C…. Nach § 14 Abs. 3 Buchst. b dieser Dienstordnung war eine Beförderung vor Ablauf einer Dienstzeit von drei Jahren der letzten Beförderung unzulässig. Dies ist ein in der Person des Klägers liegendes Beförderungshemmnis, das die Beförderungsreife ausschließt.

Unerheblich ist es, dass der Vorstand von dieser Regelvoraussetzung abweichen konnte. Ob und inwieweit er von dieser Möglichkeit Gebrauch machte, stand in seinem Ermessen. Er hat es zu Gunsten des Klägers durch eine vorgezogene Beförderung zum 1. März 1996 ausgeübt. Von einer verzögerten, nicht zeitgerechten Beförderung kann keine Rede sein.

(4) Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es nicht darauf an, ob die Beförderung zum 1. März 1996 unzulässig war. Durch § 5 Abs. 3 Satz 4 BeamtVG aF werden zur Vermeidung von Härten die versorgungsrechtlichen Folgen der Übertragung des letzten Amtes vorverlegt. Entscheidend ist, ob eine frühere Beförderung unterblieb, obwohl die Regelvoraussetzungen bereits erfüllt waren. Dies trifft hier nicht zu.

 

Unterschriften

Reinecke, Kremhelmer, Breinlinger, Dr. Offergeld, H. Frehse

 

Fundstellen

Haufe-Index 1550722

NZA 2006, 1432

ZTR 2006, 216

AP, 0

PersV 2006, 474

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