Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung eines Handwerkskammerangestellten

 

Leitsatz (redaktionell)

Fristlose Kündigung des Leiters der Innenverwaltung einer Handwerkskammer; Vertretungsbefugnis des Hauptgeschäftsführers für Anstellungsverträge; Wirksamkeit der Vereinbarung über die Zuweisung höherwertiger Tätigkeit und übertarifliche Eingruppierung bei fehlender Mitbestimmung des Personalrats (im Anschluß an das Urteil des Vierten Senats vom 16. Januar 1991 – 4 AZR 301/90 – zur Veröffentlichung vorgesehen).

 

Normenkette

BGB §§ 626, 126, 177, 182, 242; BAT §§ 4, 22-23; LPVG Baden-Württemberg § 76; ZPO §§ 256, 286, 565a; HandwO § 105 Abs. 2 Nr. 5

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 17.01.1990; Aktenzeichen 2 Sa 41/89)

ArbG Reutlingen (Urteil vom 21.03.1989; Aktenzeichen 2 Ca 458/88)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. Januar 1990 – 2 Sa 41/89 – teilweise aufgehoben.

2. Soweit das Landesarbeitsgericht über die Wirksamkeit der Änderungsverträge vom 7. November 1984 und 20. September 1985, die ordentliche Kündigung und den Auflösungsantrag der Beklagten sowie über die Kosten entschieden hat, wird der Rechtstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

3. Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der am 25. November 1957 geborene Kläger wurde von der beklagten Handwerkskammer aufgrund Arbeitsvertrages vom 11. April 1983 mit Wirkung vom 1. Mai 1983 als Mitarbeiter in der Innenverwaltung eingestellt und in die VergGr. IV b BAT eingruppiert. In dem Vertrag war die Geltung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) für das Arbeitsverhältnis vereinbart.

Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 ihrer Satzung wird sie von dem Präsidenten und dem Hauptgeschäftsführer, im Verhinderungsfall von deren Vertretern, gemeinsam in allen öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Weiter ist in dieser Vorschrift bestimmt:

(3) Willenserklärungen, mit Ausnahme bei laufenden Geschäften der Verwaltung, welche die Handwerkskammer vermögensrechtlich verpflichten, bedürfen der Schriftform. Sonstige Schriftstücke von besonderer Bedeutung müssen von dem Präsidenten und dem Hauptgeschäftsführer oder ihren Vertretern unterzeichnet sein.

(4) Die Erledigung der laufenden Geschäfte der Verwaltung obliegt dem Hauptgeschäftsführer; insoweit kann er die Handwerkskammer vertreten.

§ 33 der Satzung enthält u.a. folgende Bestimmungen über die Geschäftsführung der Beklagten:

(2) Die Handwerkskammer ist berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Beamte einzustellen; auf die dienstlichen Verhältnisse finden die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften Anwendung … Ernennungen und Beförderungen sind vom Vorstand zu beschließen.

(6) Die nach geltendem Recht auszustellenden Urkunden für Beamte unterzeichnen beim Hauptgeschäftsführer: … bei den übrigen Beamten: der Präsident und der Hauptgeschäftsführer.

(7) Die Einstellung der nicht im Beamtenverhältnis stehenden Bediensteten erfolgt … durch den Vorstand; er kann diese Befugnis ganz oder teilweise auf den Hauptgeschäftsführer übertragen. Für die nicht im Beamtenverhältnis stehenden Bediensteten gelten die allgemein arbeitsrechtlichen Grundsätze und die für entsprechende Landesbedienstete getroffenen Tarifvereinbarungen. Alle Dienstverhältnisse sind durch schriftliche Verträge zu regeln.

Mit Schreiben vom 2. Januar 1984 bestellte der damalige Hauptgeschäftsführer Dr. B. den Kläger aufgrund § 16 Abs. 1 der Haushalts- und Kassenordnung (HKO) der Beklagten vom 9. Februar 1977 zum Beauftragten für den Haushalt und verfügte gemäß § 17 Abs. 1 HKO, daß alle Zahlungsanordnungen von ihm und dem Kläger erteilt würden.

Mit Urkunde vom 25. Juni 1984 ernannte die Beklagte den Kläger zum 1. Oktober 1984 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Verwaltungsoberamtsrat und wies ihn mit einem weiteren Schreiben vom selben Tag zum 1. Oktober 1984 in die Planstelle der BesGr. A 13 BBesO des Stellenplans zu ihrem Haushaltsplan ein. Mit einer weiteren Urkunde ernannte sie ihn mit Wirkung vom 1. Dezember 1984 zum Beamten auf Lebenszeit. Sämtliche Urkunden waren vom Kläger vorbereitet und von dem Präsidenten und dem Hauptgeschäftsführer unterzeichnet worden.

Die Beklagte übertrug dem Kläger zum 1. Oktober 1984 die Leitung der Innenverwaltung, zu der auch das Personalwesen gehört. Sein Vorgänger war seit dem 31. Mai 1984 urlaubsabwesend, seitdem vom Kläger vertreten worden und zum 30. September 1984 aus Altersgründe ausgeschieden.

Die Prüfstelle der Handwerkskammern Baden-Württemberg beanstandete die Ernennung des Klägers zum Beamten und wies die Beklagte mit Schreiben vom 5. Oktober 1984 an die Ernennung zurückzunehmen. Gleichzeitig unterbreitete sie den Vorschlag, die Stelle des Klägers in eine solche der VergGr. III BAT mit der Möglichkeit einer Höhergruppierung nach VergGr. II a BAT nach fünf Jahren im Wege des Bewährungsaufstiegs umzuwandeln.

Mit Schreiben vom 5. November 1984 nahm die Beklagte die Berufung des Klägers in das Beamtenverhältnis und seine Ernennung zum Oberamtsrat zurück. Mit einem vom Kläger verfaßten und von dem damaligen Hauptgeschäftsführer Dr. B. unterzeichneten Schreiben vom 7. November 1984, teilte ihm die Beklagte folgendes mit:

„Die Ihnen 1983 bei Ihrer Einstellung gegebene Zusage, daß Sie nach Ausscheiden von Herrn D. als Beamter in den gehobenen Verwaltungsdienst übernommen werden, kann aus beamtenrechtlichen Gründen derzeit noch nicht vollzogen werden. Aus diesem Grund war auch die zum 1.10.84 ausgesprochene Ernennung zurückzunehmen. Wenn § 56 der Landeslaufbahnordnung in der derzeit geltenden Fassung bestehen bleibt, ist eine Ernennung frühestens mit Vollendung Ihres 32. Lebensjahres und mit Zustimmung des Landespersonalausschusses möglich. Da Sie auf die Gültigkeit unserer Zusage zur Übernahme in das Beamtenverhältnis vertrauen konnten, wir jedoch an die beamtenrechtlichen Vorschriften gebunden sind, gleichen wir den Ihnen entstehenden finanziellen Schaden wie folgt aus:

Der durch die Ernennung erloschene privatrechtliche Arbeitsvertrag tritt ab 1.10.1984 wieder in Kraft. Die Besoldungsgruppe A 13 BBesO aus der zurückgenommenen Ernennung entspricht der Vergütungsgruppe II a BAT. Rückwirkend ab 1. Juni 1984, der Tag, an dem Sie die Leitung der Abteilung Innenverwaltung übernommen haben, werden Sie in die Verg.Gruppe II a BAT eingruppiert. Als Beamter wären Sie in der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung nicht versicherungspflichtig gewesen bzw. hätte der Arbeitgeber die Beiträge zur Versorgungskasse in voller Höhe übernommen und Beihilfen in Krankheitsfällen gewährt. Unter diesem Gesichtspunkt tragen wir ab 1.10.1984 die vollen Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung einschließlich des geldwerten Vorteils im Sinne des Steuerrechts. Dieser Anspruch erlischt mit Ihrem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der Handwerkskammer.”

Unter dem 20. September 1985 schlossen die Parteien einen Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 11. April 1983 mit folgendem Inhalt ab:

§ 4 erhält folgende Fassung:

§ 4

Der Angestellte wird ab 01. Juni 1984 in die Vergütungsgruppe II a Fallgruppe 1 b BAT eingruppiert. Der Bewährungsaufstieg erfolgt nach Ablauf von 6 Jahren.

Es wird folgender § 6 aufgenommen:

§ 6

1) Als Ausgleich für die rechtsungültige beamtenrechtliche Ernennung trägt die Handwerkskammer ab 01.10.1984 die vollen Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung einschließlich des geldwerten Vorteils im Sinne des Steuerrechts. Dieser Anspruch erlischt beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der Handwerkskammer, sei es durch Kündigung durch den Arbeitnehmer oder Eintritt in den Ruhestand.

2) Die Unkündbarkeit des Arbeitnehmers tritt in Abänderung des § 53 Absatz 3 BAT mit dem ursprünglichen Tag der Wirksamkeit der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit ein.

Dieser Vertrag wurde für die Beklagte vom damaligen Hauptgeschäftsführer unterzeichnet. Der Personalrat der Beklagten wurde weder vor der Zusage vom 7. November 1984 noch vor Abschluß des Änderungsvertrages beteiligt. Er hat später (am 28. September 1988) beschlossen, der Höhergruppierung des Klägers nicht zuzustimmen. Der Kläger erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung von etwa 6.000,– DM brutto.

Bei der Beklagten gilt die gleitende Arbeitszeit. Die tatsächliche tägliche Arbeitszeit wird anhand einer Gleitzeituhr festgestellt. Die praktische Handhabung ist in einer seit dem 1. Januar 1983 geltenden Dienstanweisung (DA) vom 30. Dezember 1982 geregelt, die u.a. folgende Bestimmungen enthält:

8. Die Arbeitszeit ist so zu leisten, daß sich am Ende jeden Monats möglichst weder Gleitzeitguthaben noch eine Gleitzeitschuld ergibt. Ist dies nicht möglich, so sind Zeitguthaben sowie Zeitschulden nur bis zur Höchstgrenze von 10 Stunden als Saldo für den nächsten Monat vortragbar. Das Guthaben kann monatlich nach vorheriger Abstimmung mit dem Abteilungsleiter bzw. mit der Geschäftsführung um maximal einen halben Tag = 4 Stunden abgebaut werden. Die Zeitschuld muß im nachfolgenden Monat abgearbeitet werden.

9. Am letzten Arbeitstag jeden Monats hat jeder Mitarbeiter bei Beendigung der Arbeit die von der Gleitzeituhr gezählte Arbeitszeit in seine Gleitzeitkarte einzutragen. Am gleichen Tag wird die von der Gleitzeituhr gezählte Arbeitszeit von der Verwaltung abgelesen und in das Arbeitszeitbuch eingetragen. Dann wird das Zählwerk auf Null gestellt. Bis zum 5. des folgenden Monats hat jeder Abteilungsleiter für sich und seine Abteilung dafür zu sorgen, daß auf der neuen Gleitzeitkarte das Plus oder Minus an Arbeitszeit aus dem Vormonat eingetragen wird.

Eine weitere Dienstanweisung vom 28. November 1978 regelt die Ableistung und Vergütung von Überstunden u.a. wie folgt:

3. Überstunden sind vom Abteilungsleiter bei der Geschäftsführung mit Begründung zu beantragen. Nach Genehmigung erfolgt die Anordnung an die Mitarbeiter schriftlich und zwar vom Hauptgeschäftsführer, bei dessen Abwesenheit von seinem Stellvertreter.

4. Überstunden sind möglichst bis zum Ende des nächsten Kalendermonats durch entsprechende Arbeitsbefreiung, in der die laufende Vergütung fortgezahlt wird, auszugleichen. Dieser Ausgleich ist vom Abteilungsleiter zu überwachen, der auch die erfolgte Abwicklung der Geschäftsführung schriftlich zu melden hat. Erfassung wird in der Kasse über die Urlaubskartei vorgenommen.

5. Nur in besonderen Ausnahme fällen, wo ein Ausgleich der geleisteten Überstunden durch Arbeitsbefreiung nicht möglich ist, wird Überstundenvergütung nach BAT gezahlt. Hierfür hat der Abteilungsleiter eine zusätzliche Genehmigung beim Hauptgeschäftsführer bzw. dessen Stellvertreter im voraus zu beantragen.

Die Prüfvermerke auf den von dem Kläger erstellten Zeitabrechnungsberichten für Januar 1986 bis März 1987 sind von dem damaligen Hauptgeschäftsführer Dr. B. mit Handzeichen, die Zeitabrechnungsberichte für April und Mai sowie für Oktober bis Dezember 1987 von dem jetzigen Geschäftsführer H. mit seinem vollen Namen unterzeichnet. Die Berichte für Juni bis September 1987 enthalten keinen Prüfvermerk.

Der Kläger errechnete für die Monate März 1986 bis Mai 1987 insgesamt 306,5 Überstunden, die ihm mit 8.900,– DM abgegolten wurden. Die Vergütung der in den Monaten April und Mai 1987 geleisteten 44,5 Überstunden hatte der jetzige Hauptgeschäftsführer mit der Begründung angeordnet, sie seien durch die Krankheit der Kassenleiterin bedingt und könnten nicht durch Dienstbefreiung ausgeglichen werden. Weiter nicht unterzeichnete Überstundenberechnungen zu den Berichten für März 1987 und Dezember 1986 enthalten die Begründung, die aufgeführten Überstunden seien wegen der mehrmonatigen Krankheit der Kassenleiterin erforderlich gewesen.

Der Kläger bewahrte die Zeitabrechnungsberichte seiner Mitarbeiter für die Zeit bis einschließlich 1987 bei sich auf und ließ sie etwa im September 1988 vernichten. Seine eigenen, ebenfalls bei sich zu Hause aufbewahrten Berichte für Mai 1983 bis Dezember 1987 legte er nach einer Besprechung mit dem jetzigen Hauptgeschäftsführer vom 29. November 1988 am 1. Dezember 1988 der Beklagten vor.

Während eines Urlaubs vom 13. bis 29. Juli 1987 fuhr der Kläger am 27. Juli mit seinem damaligen Pkw von seinem Wohnort E. nach N. Dort verursachte er gegen 11.45 Uhr auf einer Kreuzung unmittelbar vor dem Gebäude der dortigen Dienststelle der Landesversicherungsanstalt (LVA) einen Verkehrsunfall, bei dem sein Fahrzeug beschädigt wurde. Die Dienststelle suchte er nicht auf. Anfang August 1987 sprach er bei dem jetzigen Hauptgeschäftsführer vor und berichtete diesem, er habe die Fahrt nach N. unternommen, um bei der dortigen LVA-Dienststelle eine ein Kammermitglied betreffende sozialversicherungsrechtliche Angelegenheit zu besprechen. Zugleich legte er eine von ihm vorbereitete Schadensmeldung an den Württembergischen Gemeindeversicherungsverein vor, bei dem die Beklagte eine Dienstreise-Kaskoversicherung für ihre Mitarbeiter abgeschlossen hat. Aufgrund der Schilderung des Klägers, deren Inhalt zwischen den Parteien in einigen Punkten streitig ist, bestätigte der Hauptgeschäftsführer unter dem 5. August 1987 die Richtigkeit der Schadensmeldung. Der Versicherer erstattete dem Kläger daraufhin 5.262,15 DM. Außerdem erstattete ihm die Beklagte – einer Vereinbarung mit dem Personalrat entsprechend – den Selbstbeteiligungsbetrag von 300,– DM.

Die Beklagte hat das Anstellungsverhältnis des Klägers zunächst mit Schreiben vom 31. Oktober 1988, ihm zugegangen am 4. November 1988, ordentlich zum 31. März 1989 gekündigt und darin die Feststellung getroffen, daß die mit Schreiben vom 7. November 1984 sowie durch den Änderungsvertrag vom 20. September 1985 getroffenen Regelungen unwirksam seien und für sein Dienstverhältnis ausschließlich der Arbeitsvertrag vom 11. April 1983 maßgebend sei. Mit Schreiben vom 9. Dezember 1988, dem Kläger zugegangen am 12. Dezember 1988, hat die Beklagte das Anstellungsverhältnis fristlos gekündigt und schließlich mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 13. Dezember 1988 den Änderungsvertrag vom 20. September 1985 vorsorglich wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Der Kläger hat sich mit getrennt erhobenen und später verbundenen Klagen gegen die Kündigungen gewandt, die er für rechtsunwirksam hält. Er ist ferner der von der Beklagten zu der Zusage vom 7. November 1984 und zum Änderungsvertrag vom 20. September 1985 sowie zur Anfechtung dieses Vertrages vertretenen Ansicht entgegengetreten und hat folgende Anträge gestellt:

  1. Es wird festgestellt, daß das Anstellungsverhältnis des Klägers mit der Beklagten nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 4. November 1988 am 31. März 1989 aufgelöst wird, sondern fortbesteht.
  2. Es wird festgestellt, daß die Änderungsverträge des Klägers mit der Beklagten vom 7. November 1984 und 20. September 1985 wirksam sind.
  3. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 9. Dezember 1988 – zugegangen am 12. Dezember 1988 – beendet worden ist, sondern fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

1. Zur Rechtfertigung ihrer fristlosen Kündigung hat die Beklagte zunächst vorgetragen:

a) Der Kläger habe ihrem Hauptgeschäftsführer im Verlaufe einer Besprechung, die am 29. November 1988 stattgefunden hat, in bezug auf den Verbleib von Zeitabrechnungsberichten mehrfach wissentlich die Unwahrheit gesagt. Zuerst habe er erklärt, er habe alle fehlenden Zeitabrechnungsberichte bereits im April 1988 vernichtet. Als man ihm die Unrichtigkeit dieser Behauptung nachgewiesen habe, habe er erklärt, er habe alle Zeitabrechnungsberichte zu einem späteren Zeitpunkt an sich genommen und sie vernichtet. Als man ihm dies zum Vorwurf gemacht habe, habe er gesagt, er habe nur die Berichte der anderen Mitarbeiter vernichtet, seine eigenen aber (erst: möglicherweise, dann plötzlich: ganz sicher) bei sich zu Hause aufbewahrt.

b) Der Kläger habe ferner pflichtwidrig gehandelt, soweit er die Zeitabrechnungsberichte der ihm unterstellten Mitarbeiter für die Jahre bis einschließlich 1987 beseitigt habe, ohne zuvor mit der Geschäftsführung abzuklären, ob er hierzu auch berechtigt sei. Dies, obwohl es sich bei den Zeitabrechnungskarten um Dokumente handle, in ihrem Eigentum ständen und als Bestandteil der Personal- und Kassenakten anzusehen seien. Dies ergebe sich aus Abschnitt A Ziff. 1 und 5 der Bekanntmachung des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 22. März 1956 (GABl. S. 256), die gemäß § 39 ihrer Satzung auch für sie gelte.

c) Zudem habe die Überprüfung seiner Zeitabrechnungsberichte nicht nur ergeben, daß er mit der Fortschreibung der angeblichen Überstunden gegen § 8 der Dienstanweisung vom 30. Dezember 1982 verstoßen und sich über die Dienstanweisung vom 28. November 1978 hinweggesetzt habe, da er die Überstunden weder zuvor habe genehmigen noch vom Hauptgeschäftsführer schriftlich anordnen lassen. Vielmehr sei auch die Begründung, die er für die angeblichen Überstunden gegeben habe, nicht zutreffend.

Da der Kläger die Abrechnung und Auszahlung der Überstunden an sich selbst veranlaßt habe, könne sie deren Berechtigung nicht mehr nachvollziehen. Andererseits bestünden wegen der falschen Begründung erhebliche Zweifel an der sachlichen Berechtigung der ausbezahlten Beträge.

d) Mit Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 6. November 1989 hat die Beklagte zur Rechtfertigung beider Kündigungen folgenden Grund nachgeschoben:

Der Kläger habe ihren Hauptgeschäftsführer Anfang August 1987 unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu veranlaßt, die Fahrt, die er am 27. Juli 1987 mit seinem privaten Pkw von E. nach N. unternommen habe, nachträglich als Dienstreise zu genehmigen und dadurch erreicht, daß er Versicherungsschutz aus ihrer Dienstreise-Kaskoversicherung erlangt habe.

Der Kläger habe ihrem Hauptgeschäftsführer seinerzeit nämlich erzählt, er habe die Fahrt deshalb unternommen, um bei der dortigen Dienststelle der LVA B., von der er schon mehrfach in schwierigen Fragen zufriedenstellend beraten worden sei, eine komplizierte sozialversicherungsrechtliche Angelegenheit für ein Kammermitglied abzuklären. Am 24. Oktober 1989 habe der jetzige Hauptgeschäftsführer wegen der negativen Erfahrungen, die er mit dem Kläger zwischenzeitlich gemacht habe, mit der LVA-Dienststelle in N. telefoniert und erfahren, daß es sich um eine reine ärztliche Untersuchungsstelle handle, die keine sozialversicherungsrechtlichen Auskünfte erteilen könne, und der Name des Klägers dort nicht bekannt sei.

Erst hierdurch habe sie von dem wahren Sachverhalt erfahren und ihn danach noch am selben Tag dem Personalrat mitgeteilt. Die Frist für eine Stellungnahme des Personalrats hierzu sei somit am 27. Oktober 1989 abgelaufen. Der Personalrat habe sich zustimmend geäußert. Erst danach habe sie diesen Kündigungsgrund nachgeschoben.

2. Zumindest sei aber die ordentliche Kündigung wirksam.

a) Sie sei nicht durch den Änderungsvertrag vom 20. September 1985 ausgeschlossen, weil dieser Vertrag aus mehreren Gründen unwirksam sei.

Er sei nicht zustande gekommen, weil er nur von dem damaligen Hauptgeschäftsführer unterzeichnet worden sei. Gleiches gelte im übrigen auch für die Zusage vom 7. November 1984. Beide Vereinbarungen hätten gemäß § 18 Abs. 1 und 3 ihrer Satzung nicht nur vom Hauptgeschäftsführer, sondern auch von dem Präsidenten unterschrieben werden müssen. Der Hauptgeschäftsführer könne lediglich Arbeitsverträge bis einschließlich Vergütungsgruppe IV BAT allein abschließen, nicht aber Schriftstücke von besonderer Bedeutung – um solche gehe es hier – allein unterzeichnen.

Darüber hinaus sei die Änderungsvereinbarung auch wegen der fehlenden Beteiligung des Personalrats unwirksam. Nach § 76 Abs. 1 Ziff. 2 LPVG unterliege eine übertarifliche Eingruppierung der Mitbestimmung des Personalrats, setze zu ihrer Wirksamkeit also dessen Zustimmung voraus. Auch die Zusage, die Wirkung des § 53 Abs. 3 BAT über die Unkündbarkeit sofort eintreten zu lassen, sei eine übertarifliche Eingruppierung. Die Vergütungsgruppe II a BAT habe dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zugestanden. Damit sei gemäß § 139 BGB die Vereinbarung insgesamt unwirksam.

Schließlich habe sie die Änderungsvereinbarungen auch gemäß § 123 BGB wirksam angefochten. Der Kläger habe beide Schriftstücke selbst verfaßt, sie schreiben lassen und dem damaligen und zwischenzeitlich verstorbenen Hauptgeschäftsführer vorgelegt.

Dieser sei krankheitsbedingt nur noch sporadisch im Dienst gewesen und habe die vorgelegten Schriftstücke im Vertrauen auf dessen Loyalität unterzeichnet. Er habe im Hinblick auf den von der Prüfstelle für die Gestaltung des Anstellungsverhältnisses des Klägers unterbreiteten Vorschlag auch nicht mit der Vorlage eines hiervon abweichenden Vertragsentwurfs rechnen müssen. Der jetzige Hauptgeschäftsführer habe von diesen Umständen im Dezember 1987 noch keine Kenntnis gehabt.

b) Die Kündigung sei auch aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Hierzu hat sie u.a. vorgetragen, der Kläger habe seine Stellung als Leiter der Innenverwaltung dazu mißbraucht, sich rechtswidrig eine beamtenähnliche Rechtsstellung zu verschaffen und sich unberechtigt Fahrtkostenerstattung für Dezember 1986 angewiesen.

Des weiteren hat sich die Beklagte auch zur Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung auf ihren Vortrag zur Fortschreibung von Überstunden berufen.

3. Die Beklagte ist schließlich der Auffassung, daß die vorgebrachten Umstände zumindest die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigten.

Der Kläger hat auf das Vorbringen der Beklagten erwidert:

1. Die fristlose Kündigung sei unwirksam.

Auf den Vorwurf des Vortäuschens einer Dienstfahrt könne sie schon deshalb nicht gestützt werden, weil das Nachschieben dieses Grundes wegen fehlenden engen Zusammenhanges mit den übrigen Gründen unzulässig sei. Ferner habe die Beklagte hierzu den Personalrat nicht angehört. Der Vorwurf sei aber auch sachlich unbegründet, weil er am 27. Juli 1987 tatsächlich eine Dienstfahrt unternommen habe. Richtig sei, daß mit der LVA-Dienststelle in N. für den 27. Juli 1987 kein Termin vereinbart gewesen sei. Er habe dies aber dem Hauptgeschäftsführer gegenüber auch nicht behauptet.

Zur Aufbewahrung der Zeitabrechnungsberichte sei er nicht verpflichtet gewesen. Sie seien nicht Bestandteil der Personal- und Kassenakten. Zum Ende eines Jahres seien die Bruttogehaltsaufwendungen aller Gehaltsempfänger in einem Beleg und in einer Gesamtsumme erfaßt worden. Der Hauptgeschäftsführer und der Haushaltsbeauftragte hätten diesen Beleg dann zur Zahlung angewiesen. Grundlage dieser Zahlungsanweisungen seien die individuellen Gehaltskonten aller Mitarbeiter. Nur diese seien Kassenakten. Die Zeitkarten seien nicht Grundlage der Gehaltszahlung, sondern dienten nur dem Nachweis, daß die Pflichtstundenzahl erreicht sei. Den Zeitvortrag auf der Zeitkarte des Folgemonats müsse der Abteilungsleiter abzeichnen. Die Zeitkarten seien auch nicht, wie dies bei sonstigen Zahlungsbelegen üblich sei, bei der Kasse aufbewahrt worden. Jeder Abteilungsleiter habe es mit der Aufbewahrung der Zeitkarten gehalten, wie er gewollt habe.

Er habe Mehrarbeitsstunden nicht unter Verstoß gegen die Dienstanweisung übertragen. Der damalige Hauptgeschäftsführer habe die Zahlung von Überstunden an ihn durch Abzeichnung auf den Zeitabrechnungsberichten genehmigt.

Schließlich habe die Beklagte nicht dargelegt, daß sie die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt habe.

2. Die ordentliche Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil sie vertraglich ausgeschlossen sei.

Die Vereinbarungen vom 7. November 1984 und 20. September 1985 seien wirksam zustande gekommen. Aus der Satzung ergebe sich nicht, daß der Hauptgeschäftsführer allein nur Arbeitsverträge mit Mitarbeitern unterhalb der; Abteilungsleiterebene abschließen dürfe. Selbst wenn aber auch die Unterschrift des Präsidenten erforderlich gewesen wäre, habe die Beklagte die beiden Vertragsänderungen zumindest durch schlüssiges Verhalten genehmigt. Sie habe ferner die Alleinunterzeichnung durch den Hauptgeschäftsführer geduldet.

Die Anfechtung der Vereinbarungen sei schon deshalb unwirksam, weil der Anfechtungserklärung im Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 13. Dezember 1988 keine Vollmachtsurkunde beigefügt gewesen sei und seine Prozeßbevollmächtigten die Anfechtung aus diesem Grunde in ihrem Schriftsatz vom 4. Januar 1989 zurückgewiesen hätten. Außerdem lägen die geltend gemachten Anfechtungsgründe nicht vor.

Es bestünden aber auch keine Gründe für eine ordentliche Kündigung. Er habe die Beklagte nicht unter Ausnutzung der Vertrauensseligkeit des damaligen Hauptgeschäftsführers zum Abschluß der Änderungsvereinbarungen veranlaßt. Jedenfalls habe die Beklagte die Vereinbarungen später durch schlüssiges Verhalten genehmigt. Die Überstunden habe er tatsächlich geleistet und sich von dem Hauptgeschäftsführer genehmigen lassen.

3. Der Auflösungsantrag sei schon deshalb unzulässig, weil die ordentliche Kündigung wegen Verstoßes gegen die vertragliche Unkündbarkeitsregelung unwirksam sei.

Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und den Auflösungsantrag der Beklagten abgewiesen.

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihre abgewiesenen Anträge weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet, soweit über die fristlose Kündigung entschieden worden ist. Im übrigen führt sie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

A. Das Berufungsgericht hat die fristlose Kündigung wegen Fehlens eines wichtigen Grundes für unwirksam erachtet.

Die Vernichtung der Zeitabrechnungsberichte der Mitarbeiter aus den Jahren 1983 bis 1987 durch den Kläger sei keine Pflichtverletzung. Auf die Fortschreibung von zehn Stunden im Monat übersteigenden Zeitguthaben könne eine fristlose Kündigung schon wegen Versäumung der zweiwöchigen Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB, § 54 Abs. 2 BAT nicht mehr gestützt werden. Zu dem Vorwurf, es bestünden auch erhebliche Zweifel an der sachlichen Berechtigung der geltend gemachten Überstunden fehle es an einem dahingehenden schlüssigen Tatsachenvortrag. Das Verhalten des Klägers in der Unterredung mit dem Hauptgeschäftsführer am 29. November 1988 reiche zur Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung nicht aus. Der Vorwurf der Vortäuschung eines Dienstunfalls sei nicht erwiesen. Auch eine Gesamtwürdigung des Verhaltens des Klägers am 29. November 1988 und der als selbständiger Kündigungsgrund verfristeten Fortschreibung von Zeitguthaben reiche zur Rechtfertigung der fristlosen Kündigung nicht aus.

Diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

I.1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, die Zeitabrechnungsberichte seien keine Kassenakten im Sinne der für die Beklagte geltenden kassenrechtlichen Vorschriften und demzufolge auch nicht zehn Jahre aufzubewahren gewesen.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt enthalten weder die DA über die Gleitzeituhr vom 30. Dezember 1982 noch die DA über die Ableistung von Überstunden vom 28. November 1978 eine Regelung über die Aufbewahrung der Zeitabrechnungsberichte. Das Berufungsgericht geht, entsprechend dem Vortrag des Klägers und von der. Revision ungerügt davon aus, daß Grundlage für die Gehaltszahlungen die individuellen Gehaltskonten seien und nach Ziff. 4 der DA vom 28. November 1978 die Erfassung von Überstunden in der Kasse über die Urlaubskartei vorgenommen wird. Daraus hat es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise gefolgert, daß die Zeitabrechnungsberichte keine zu einem Rechnungsbeleg gehörenden „die Zahlung begründenden Unterlagen” im Sinne des § 37 Abs. 1 HKO sind, die nach § 52 HKO zehn Jahre aufbewahrt werden müssen.

2. Gleichwohl hat der Kläger mit der Vernichtung der Zeitabrechnungsberichte objektiv pflichtwidrig gehandelt. Sie waren Eigentum der Beklagten. Sie dienten jedenfalls auch dem Nachweis der Überstunden und insbesondere auch dem Nachweis ihrer Genehmigung, da sie von dem Mitarbeiter unterschrieben und vom Abteilungsleiter, im Falle des Klägers vom Hauptgeschäftsführer geprüft und abgezeichnet wurden. Jedenfalls der letztere Nachweis konnte nur durch diese Urkunden und nicht durch die die Monatsendstände der Stempeluhr enthaltende und bei der Personalabteilung verwahrte Gesamtliste, die Urlaubskartei und die Reisekostenabrechnung erbracht werden. Das Berufungsgericht durfte deshalb, wie die Revision zur Recht rügt, nicht allein aus dem Fehlen einer die Aufbewahrung der Berichte regelnden ausdrücklichen Anweisung der Beklagten folgern, diese Urkunden seien der freien Verfügung des Klägers als des Vorgesetzten seiner Mitarbeiter überlassen gewesen. Zur Verfügung über Eigentum der Beklagten waren mangels anderweitiger Regelungen nur ihre gesetzlichen Vertreter und damit allenfalls der Hauptgeschäftsführer ermächtigt.

3. Diese Pflichtverletzung stellt jedoch keinen zur Kündigung geeigneten Grund dar, weil nach dem Vortrag der Beklagten nicht von einem Verschulden des Klägers ausgegangen werden kann.

a) Verhaltensbedingte Gründe bilden in der Regel nur dann einen wichtigen Grund, wenn der Gekündigte nicht nur objektiv, sondern auch rechtswidrig und schuldhaft seine Pflichten aus dem Vertrag verletzt hat (vgl. BAG Urteil vom 9. April 1987 – 2 AZR 210/86 – AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit, zu B II 2 der Gründe). Der Kündigende ist darlegungs- und beweisbelastet für alle Umstände, die als wichtige Gründe geeignet sein können. Dies gilt auch für das Verschulden des Gekündigten. Beruft sich dieser auf fehlendes Verschulden, muß er allerdings wie bei der Berufung auf Rechtfertigungsgründe näher ausführen, warum ihm eine objektiv begangene Pflichtverletzung subjektiv nicht anzulasten sein soll (vgl. KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 626 BGB Rz 275 und 279, m.w.N.).

b) Dieser prozessualen Mitwirkungspflicht ist der Kläger nachgekommen. Er hat vorgetragen, die Beklagte habe die Handhabung der Aufbewahrung der Zeitabrechnungsberichte jedem Abteilungsleiter überlassen, ihr Justitiar habe sie beispielsweise seinen Mitarbeitern anvertraut. Auf solchen Organisationsmängeln beruhende Unklarheiten über die Aufbewahrung der Berichte wären von der Beklagten zu vertreten und schlössen ein Verschulden des Klägers aus. Die an sich für das Verschulden des Klägers darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hätte deshalb zu diesem Vorbringen Stellung nehmen müssen. Diese Darlegungslast hat sie nicht erfüllt, so daß es an einem ausreichenden Vortrag zum Verschulden des Klägers fehlt.

II. Das Berufungsgericht hat den Vorwurf, der Kläger habe vertragswidrig zehn Stunden im Monat übersteigende Zeitguthaben fortgeschrieben und als Überstunden verrechnet, ohne revisiblen Rechtsfehler gem. § 626 Abs. 2 BGB, § 54 Abs. 2 BAT für verwirkt angesehen.

1. Nach den ungerügt gebliebenen und deshalb für das Revisionsgericht gemäß § 561 ZPO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts war dem jetzigen Hauptgeschäftsführer der Beklagten bereits Anfang Mai 1987 und damit weit mehr als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung bekannt geworden, daß der Kläger zehn Stunden übersteigende Zeitguthaben auf die Monate April und Mai 1987 übertragen hat. Gleiches gilt für den früheren Hauptgeschäftsführer hinsichtlich der entsprechenden Handhabung des Klägers in den Monaten April bis Juni 1986, die ihm bereits vor dem Ende des Jahres 1986 bekannt geworden war.

2. Mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht angenommen, daß sich die Beklagte die Kenntnis ihrer Hauptgeschäftsführer als eigene selbst dann im Rahmen des § 626 Abs. 2 BGB, § 54 Abs. 2 BAT anrechnen lassen muß, wenn er zur Kündigung des Klägers nicht allein, sondern gemäß § 18 Abs. 1 der Satzung der Beklagten (künftig: Satzung) nur gemeinsam mit dem Präsidenten berechtigt war. In den Fällen einer Gesamtvertretung ist, soweit es um die Zuständigkeit des gesetzlichen Vertretungsorgans geht, auf die allgemeinen Grundsätze zurückzugreifen, die für die Bedeutung der Kenntnis eines Gesamtvertreters nicht nur für die passive Stellvertretung gelten (Empfang von Willenserklärungen, vgl. § 28 Abs. 2 BGB, § 78 Abs. 2 AktG, § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG, § 25 Abs. 1 Satz 3 GenG), sondern auch für die auf die Kenntnis abstellende fristgebundene Ausübung von Gestaltungsrechten. Danach beginnt die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB, § 54 Abs. 2 BAT bereits dann, wenn auch nur einer von mehreren Gesamtvertretern den Kündigungsgrund kennt (vgl. BAGE 46, 386, 392 ff. = AP Nr. 1 zu § 28 BGB, zu B II 2 b der Gründe; KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 626 BGB Rz 244).

III. Jedenfalls im Ergebnis zutreffend ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Kündigung könne nicht auf den Vorwurf gestützt werden, es bestünden erhebliche Zweifel an der sachlichen Berechtigung der geltend gemachten Überstundenvergütung.

1. Das Berufungsgericht hat den Sachvortrag der Beklagten richtig dahin verstanden, daß gegen den Kläger insoweit nur der Verdacht einer unberechtigten Geltendmachung von Überstundenvergütung erhoben werde. Denn die Beklagte hat lediglich von erheblichen Zweifeln an der sachlichen Berechtigung der ausgezahlten Beträge gesprochen und ausdrücklich vorgetragen, der Kläger habe sich doch durch sein gesamtes Verhalten (am 29. November 1988, aber auch zuvor mit der Vernichtung der Belege) dem dringenden Verdacht ausgesetzt, sich durch Auszahlung erheblicher Überstundenvergütung bereichert zu haben.

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Berufungsgericht in der Würdigung zu folgen ist, die Beklagte habe keine einen dringenden Tatverdacht begründende Tatsachen vorgetragen. Die fristlose Kündigung ist, soweit sie auf den Verdacht eines unberechtigten Bezugs von Überstundenvergütung gestützt wird, schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte nicht vorgetragen hat, den Kläger zu diesem Vorwurf, wie zur Wirksamkeit einer Verdachtskündigung erforderlich (BAGE 49, 39, 54 ff. = AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972, zu C III 3 der Gründe), vor Ausspruch der Kündigung angehört zu haben. Nach ihrem Vorbringen ist der Kläger in der Unterredung vom 29. November 1988 nur zum Verbleib der Zeitabrechnungsberichte befragt worden. Er hat erst am 1. Dezember 1988 den Hauptgeschäftsführer diese Berichte vorgelegt, die anschließend auf die Berechtigung der Überstundenvergütung überprüft worden sind (vgl. Kündigungsschreiben vom 29. November 1988). Da die vorherige Anhörung des verdächtigten Arbeitnehmers Wirksamkeitsvoraussetzung für die Verdachtskündigung ist, ist der Arbeitgeber hierfür darlegungs- und beweispflichtig.

IV. In dem Verhalten des Klägers in der Unterredung vom 29. November 1988 hat das Berufungsgericht zwar eine Pflichtwidrigkeit gesehen, diese jedoch zur Rechtfertigung der Kündigung nicht für ausreichend erachtet. Auch diese Würdigung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht ist in tatsächlicher Hinsicht dem Sachvortrag der Beklagten über den Hergang dieser Unterredung gefolgt, weil der Kläger ihn nicht substantiiert bestritten habe. Danach stehe fest, daß der Kläger dem Hauptgeschäftsführer dreimal bewußt die Unwahrheit gesagt habe. Er habe zunächst erklärt, er habe alle Berichte bis 1987 bereits im April 1987 vernichtet. Dann habe er geäußert, die von ihm erwähnten Berichte seiner Mitarbeiter habe er etwa im September 1988 im Reißwolf vernichten lassen. Weiter habe er zunächst angegeben, seine eigenen Berichte möglicherweise zu Hause zu verwahren und schließlich erklärt, er verwahre sie mit Sicherheit noch dort.

An diese tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 561 Abs. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Sachvortrag der Beklagten nicht für substantiiert bestritten und damit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO für zugestanden angesehen. Gegen diese Feststellung hat der Kläger keine – ihm als Revisionsbeklagten mögliche – Gegenrüge erhoben.

2. Diesen Sachverhalt hat das Berufungsgericht im wesentlichen wie folgt gewürdigt:

Ein Angestellter in der öffentlichen Verwaltung sei in dienstlichen Angelegenheiten zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet. Das gegen diese Verpflichtung verstoßende Verhalten des Klägers reiche jedoch unter Berücksichtigung der konkreten Fallumstände und bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht aus, eine Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen. Der Kläger habe in zwei Punkten seine zunächst unwahre Aussage noch im Verlauf der Unterredung richtig gestellt und seine Berichte dem Hauptgeschäftsführer am 1. Dezember 1988 ausgehändigt. Er habe zwar ihre Aufbewahrung zu Hause zunächst als nur möglich hingestellt. Dem sei jedoch keine erhebliche Bedeutung beizumessen. Erheblich sei für die Beklagte nur, daß er überhaupt Berichte aus den Jahren 1983 bis 1987 vernichtet habe. Obwohl seine Vertrauenswürdigkeit durch die unwahren Angaben beeinträchtigt werde, mache die Tatsache, daß er sie teilweise noch von sich aus berichtigt habe und sie im übrigen einen unbedeutenden Punkt betroffen hätten, es der Beklagten nicht unzumutbar, das Anstellungsverhältnis auf Dauer fortzusetzen.

3. Auch diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.

a) Die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs des wichtigen Grundes kann im Revisionsverfahren nur eingeschränkt dahin überprüft werden, ob der Tatsachenrichter den Begriff als solchen richtig erkannt hat und ob bei der weiter erforderlichen Interessenabwägung alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles berücksichtigt worden sind. Die Bewertung der für oder gegen die Unzumutbarkeit sprechenden Umstände liegt weitgehend im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz. Hält sich das Berufungsgericht in diesem Rahmen, so ist das Revisionsgericht nicht befugt, die angegriffene Würdigung durch eine eigene Beurteilung zu ersetzen (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 9, 263, 265 f. = AP Nr. 42 zu § 626 BGB,: zu III 2 der Gründe).

b) Bei Anwendung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs ist das angefochtene Urteil revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Das Berufungsgericht hat den Begriff des wichtigen Grundes als solchen richtig erkannt. Da es die Vereinbarung der Parteien über den Ausschluß der ordentlichen Kündigung für wirksam angesehen hat, hat es von diesem Standpunkt aus zu Recht geprüft, ob der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf Dauer unzumutbar war. Denn bei sog. unkündbaren Arbeitnehmern ist, anders als bei den durch § 15 KSchG geschützten, bei der Interessenabwägung nicht auf die fiktive Frist für die ordentliche Kündigung, sondern auf die tatsächliche künftige Vertragsbindung abzustellen (BAG Urteil vom 14. November 1984 – 7 AZR 474/83 – AP Nr. 83 zu § 626 BGB, zu II 1 der Gründe).

bb) Wie in dem vorbezeichneten Urteil des Bundesarbeitsgerichts weiter ausgeführt ist, stellen der Ausschluß der ordentlichen Kündigung und die hierdurch in der Regel bedingte langfristige Vertragsbindung Umstände dar, die bei einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers im Rahmen der einzelfallbezogenen Interessenabwägung entweder zugunsten oder zuungunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Welche Betrachtungsweise im Einzel fall den Vorrang verdient, ist insbesondere unter Beachtung des Sinns und Zwecks des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung sowie unter Berücksichtigung der Art des Kündigungsgrundes zu entscheiden. Bei einmaligen Vorfällen ohne Wiederholungsgefahr wirke sich die längere Vertragsbindung zugunsten des Arbeitnehmers aus.

Auch diese Grundsätze hat das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis richtig angewandt. Es hat die besondere Situation, in der sich der Kläger damals befunden hatte, und weiter den Umstand hervorgehoben, daß er die unwahren Angaben schließlich doch noch teilweise selbst richtig gestellt habe und sie im übrigen keinen für die Beklagte bedeutenden Punkt betrafen. Danach handelte es sich um einen einmaligen Vorfall ohne Wiederholungsgefahr, so daß das Berufungsgericht jedenfalls in der Sache die längere Vertragsbindung zugunsten des Klägers berücksichtigen durfte.

Auch im übrigen hat es alle für die Interessenabwägung wesentlichen Umstände, insbesondere auch die hervorgehobene Stellung des Klägers berücksichtigt. Wenn es in Abwägung der beiderseitigen Interessen zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beklagten sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf Dauer zumutbar gewesen, so hat es sich hierbei im Rahmen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums gehalten. Die Einwendungen der Revision zielen nur darauf ab, ihre Wertung an die Stelle der Wertung des Berufungsgerichts zu setzen. Daß das Berufungsgericht nicht ausdrücklich erwähnt hat, der Kläger sei mit der Wahrheit erst auf Vorhalt von Tatsachen stückchenweise herausgerückt, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Tatsachenrichter braucht sich nicht mit jeder Einzelheit, die an sich für die Interessenabwägung erheblich ist, ausdrücklich zu befassen, sofern nur ersichtlich ist, daß auch dieser Umstand mitberücksichtigt worden ist (BAG Urteil vom 30. Juni 1959 – 3 AZR 111/58 – insoweit nicht veröffentlicht; KR-Hillebrecht, a.a.O.). Das Berufungsgericht hat den von der Beklagten bei der rechtlichen Würdigung vermißten Umstand in dem im Tatbestand seines Urteils wiedergegebenen Sachvortrag der Beklagten ausdrücklich erwähnt und ihn nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ersichtlich auch berücksichtigt.

cc) Wie noch auszuführen sein wird, kann zwar im vorliegenden Fall die Vereinbarung des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung unwirksam sein. Dies berührt jedoch die vorstehend behandelte Würdigung des Berufungsgerichts im Ergebnis nicht. Ist selbst seine Annahme, der Beklagten sei eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf Dauer zuzumuten, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, so gilt dies um so mehr, wenn – wie im Falle der Unwirksamkeit der Unkündbarkeitsklausel – nur die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist (hier: 31. März 1989) in Frage stände.

V. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, es stehe nicht fest, daß der Kläger am 27. Juli 1987 eine Dienstfahrt sowie einen Dienstunfall vorgetäuscht habe.

1. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist das den Kläger vorgeworfene Verhalten geeignet, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Der Kläger hätte sich eines Betruges sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber deren Kaskoversicherung schuldig gemacht, wenn er durch Vortäuschung eines Unfalls von dem Versicherer die Versicherungssumme und von der Beklagten den Selbstbeteiligungsbetrag erstattet erhalten hätte.

2. Das Nachschieben dieses Kündigungsgrundes in dem Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 6. November 1989 war der Beklagten aus materiell-rechtlichen Gründen nicht verwehrt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 18. Januar 1980 – 7 AZR 260/78 – AP Nr. 1 zu § 626 BGB Nachschieben von Kündigungsgründen, zu 2 b der Gründe; BAGE 49, 39, 45 = AP Nr. 39 zu § 102 BetrVG 1972, zu B I 1 der Gründe) können Kündigungsgründe, die bei Ausspruch der Kündigung bereits vorlagen, unabhängig davon nachgeschoben werden, ob sie dem Kündigenden vor oder nach der Kündigung bekannt geworden sind und ob sie mit den bisher geltend gemachten Gründen in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.

3. Das Berufungsgericht hat jedoch die Vortäuschung einer Dienstfahrt und damit eines Dienstunfalls durch den Kläger nicht für erwiesen erachtet. Die hiergegen von der Revision zwar nicht unter ausdrücklicher Bezeichnung der Rechtsnorm, jedoch in der Sache erkennbar erhobene Rüge der Verletzung des § 286 ZPO greift nicht durch. Hiervon hat sich der Senat nach eingehender Prüfung überzeugt. Er beschränkt sich deshalb auf die nachfolgenden Erwägungen und sieht gem. § 56 a ZPO von einer weiteren Begründung ab.

a) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht wahr zu erachten sei. Es muß sich in den Entscheidungsgründen mit dem Verhandlungs- und evtl. Beweisergebnis in Form einer umfassenden und widerspruchsfreien Würdigung auseinandersetzen. Es müssen die Gründe erkennbar sein, die für die richterliche Überzeugung maßgebend waren. Die Nachprüfungsmöglichkeit der Revisionsinstanz beschränkt sich darauf, ob das Berufungsgericht die Grenzen und Voraussetzungen der richterlichen Überzeugung gewahrt hat (BAGE 5, 221, 224 = AP Nr. 6 zu § 4 TVG Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung). Ist dies der Fall, so sind die aufgrund der tatrichterlichen Würdigung getroffenen Feststellungen für das Revisionsgericht bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO).

b) Die Würdigung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen dieses Ermessensspielraums. Das Berufungsgericht hat alle von der Revision angesprochenen Umstände berücksichtigt, insbesondere auch die – nach Darstellung der Beklagten unwahren – Angaben des Klägers über bereits bestehende Kontakte zu der LVA-Dienststelle in N. die kurze Entfernung zwischen diesem Ort und seinem Wohnort, die Tageszeit, zu der die Fahrt unternommen worden war, das Fehlen einer Terminsabsprache sowie den Umfang der sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheit, die mit der Dienststelle in N. erörtert werden sollte. Diese Umstände können, müssen aber nicht gegen eine Dienstfahrt aus dem vom Kläger angeführten Grund sprechen. Für die richterliche Überzeugungsbildung ist ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewißheit ausreichend, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 245, 256). Im vorliegenden Fall ist jedoch aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen ein solcher Grad von Gewißheit, daß der Kläger eine Privatfahrt unternommen hat, nicht erreicht.

VI. Schließlich ist auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Gesamtwürdigung des Verhaltens des Klägers am 29. November 1988 und der Fortschreibung von Zeitguthaben revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat auch insoweit den Begriff des wichtigen Grundes richtig erkannt und bei der Interessenabwägung alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände berücksichtigt, darunter auch den von der Revision hervorgehobenen Umstand, daß der Kläger dem Hauptgeschäftsführer gegenüber nicht nur in der Unterredung vom 29. November 1988, sondern auch bei der Schilderung der Fahrt nach N. im August 1987 unwahre Angaben gemacht hatte. Wenn es in Abwägung der beiderseitigen Interessen zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beklagten sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar, hat es sich noch im Rahmen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums gehalten. Die Revision zeigt keine Überschreitung dieses Rahmens auf, sondern versucht nur, ihre Wertung an die Stelle der Wertung des Berufungsgerichts zu setzen.

B. Soweit das Berufungsgericht über die Vertragsänderungen vom 7. November 1984 und 20. September 1985. die ordentliche Kündigung und den Auflösungsantrag der Beklagten entschieden hat, ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Die auf die Feststellung der Wirksamkeit der Vertragsänderungen gerichtete Klage ist zulässig. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, besteht für den Kläger gem. § 256 ZPO ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, weil die Beklagte im Kündigungsschreiben vom 31. Oktober 1988 die Wirksamkeit der Änderungsvereinbarungen geleugnet hat.

II. Soweit das Berufungsgericht die Vereinbarungen für wirksam erachtet hat, trägt die hierfür gegebene Begründung seine Entscheidung nicht.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Vertragsänderungen hätten gemäß § 4 Abs. 2 des BAT der Schriftform bedurft, weil es sich um eine Nebenabrede handele. Gegen diese Ansicht bestehen Bedenken. Die Vertragsänderungen betreffen jedenfalls insoweit keine Nebenabreden im Sinne dieser Tarifnorm. als sie die Zusage einer höheren Vergütung und der Übernahme der vollen Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung enthalten. Diese Vereinbarung betrifft die beiderseitigen Hauptpflichten und Hauptrechte nach § 611 BGB, nämlich die Arbeitsleistung und das Arbeitsentgelt. Auch hierbei handelt es sich um einen „Arbeitsvertrag” i.S. des § 4 Abs. 1 BAT, bei dem es sich im Gegensatz zu Abs. 2 nicht um eine konstitutive, sondern um eine deklaratorische Formvorschrift handelt (BAG Urteil vom 6. September 1972 – 4 AZR 422/71 – AP Nr. 2 zu § 4 BAT). Ob der in der Vereinbarung vom 20. September 1985 zusätzlich enthaltene Ausschluß der ordentlichen Kündigung als Nebenabrede anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben. Denn wie das Berufungsgericht im einzelnen zutreffend dargelegt hat, ist für beide Vereinbarungen die gesetzliche Schriftform gemäß § 126 BGB gewahrt.

2. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die beiden Vereinbarungen nach § 18 Abs. 3 Satz 2 der Satzung von dem Hauptgeschäftsführer und dem Präsidenten hätten unterzeichnet werden müssen oder ob der Vorstand, wie nach § 33 Abs. 7 der Satzung zulässig ist, die ihm zustehende Befugnis zur Einstellung aller nicht im Beamtenverhältnis stehenden Bediensteten auf den Hauptgeschäftsführer übertragen habe. Denn der Präsident habe die Vereinbarungen in jedem Falle gem. § 177 Abs. 1 BGB stillschweigend genehmigt. Der Vorstand, dem er angehöre, müsse gemäß § 4 HKO für jedes Rechnungsjahr einen Haushaltsplan aufstellen, zu dem als Anlage u.a. eine, Übersicht über die Planstellen gehöre. Ihm könne deshalb zumindest bei der Aufstellung der Haushaltspläne für die Jahre 1985 und 1986 die Eingruppierung des Klägers in die VergGr. II a BAT nicht verborgen verblieben sein. Im Hinblick darauf, daß die Ernennungsurkunde zum Beamten auf Lebenszeit auch von dem Präsidenten unterzeichnet gewesen sei, habe der Kläger dessen Schweigen als Zustimmung zu den Änderungsvereinbarungen auffassen dürfen, durch die ihm eine der Beamtenernennung etwa gleichwertige Stellung eingeräumt worden sei.

Diese Würdigung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

3. Bei den vorbezeichneten Satzungsbestimmungen über die gemeinsame Vertretung und die gemeinsame Unterzeichnung von Schriftstücken von besonderer Bedeutung durch den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Regelung der Vertretungsmacht der Organe der Beklagten, die in § 18 Abs. 3 Satz 2 der Satzung durch das Gebot, bestimmte Formalitäten zu beachten, begrenzt wird. Insoweit gilt für den Bereich der Handwerkskammern, die nach § 105 Abs. 2 Nr. 5 HandwO in ihrer Satzung auch die Wahl des Vorstandes und seine Befugnisse regeln müssen, das gleiche wie für die entsprechenden Vorschriften in den Gemeindeordnungen über die gemeinsame Abgabe und Unterzeichnung von Verpflichtungserklärungen durch mehrere Vertretungsorgane (z.B. § 63 Abs. 2 der Niedersächsischen Gemeindeordnung: Gemeindedirektor und Ratsvorsitzender), die ebenfalls nur Vertretungsregelungen enthalten (vgl. zu den gemeinderechtlichen Vorschriften BGH Urteil vom 15. Oktober 1983 – III ZR 158/82 – NJW 1984, 606; BAGE 59, 93, 100 f. = AP Nr. 6 zu §174 BGB, zu III 5 a der Gründe). Ziel dieser gemeinderechtlichen Förmlichkeiten ist es nicht nur, Klarheit über den Inhalt der Verpflichtungen zu schaffen, sondern auch die als Vertreter der Gemeinde Mitwirkenden eindeutig erkennbar zu machen, die Prüfung ihrer Vertretungsberechtigung zu ermöglichen und die Kontrolle ihrer Tätigkeit zu sichern (BGH, a.a.O.).

Dieselben Funktionen haben entsprechende Vorschriften in der Satzung einer Handwerkskammer, wie vorliegend § 18 Abs. 3 Satz 2 der Satzung der Beklagten. Die Handwerkskammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat wie eine Gemeinde ein berechtigtes Interesse daran, daß ihre Vertreter in der Ausübung bestimmter, für sie besonders bedeutsamer Tätigkeiten kontrolliert und die Kontrolle in besonderer Weise gesichert wird.

4. Im Hinblick auf diese Funktion der Vertretungsregelung ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine nur formlose, mündliche oder konkludent erteilte Genehmigung des Handelns eines Gesamtvertretungsberechtigten durch den anderen Vertreter unwirksam.

Es kann dahingestellt bleiben, ob entsprechend § 177 BGB die nachträgliche Genehmigung des zunächst durch einen Gesamtvertretungsberechtigten abgeschlossenen Rechtsgeschäfts durch den anderen Vertreter überhaupt zulässig ist (bejahend: BGH Urteil vom 4. Dezember 1981 – V ZR 241/80 – NJW 1982, 1036; offengelassen: BGH Urteil vom 16. November 1978 – III ZR 81/77 – NJW 1980, 117). Wie der Bundesgerichtshof (NJW 1984, 606) für die gemeinderechtliche Vertretungsregelung angenommen hat, muß in jedem Falle für die Genehmigung die Schriftform gefordert werden. Sie ist nicht gemäß § 182 Abs. 2 BGB entbehrlich. Diese Vorschrift ist nicht unmittelbar anwendbar, weil es sich bei diesen Regelungen, ebenso wie bei § 18 Abs. 3 Satz 2 der Satzung im Bereich der Handwerkskammern, nicht um eine privatrechtliche Formvorschrift, sondern um eine öffentlich-rechtliche Regelung der Vertretungsmacht handelt. Eine analoge Anwendung würde dem Sinn und Zweck der Norm widersprechen und die Kontrolle erschweren, die sie sicherstellen soll.

5. Eine schriftliche Genehmigung der von dem Hauptgeschäftsführer unterzeichneten Änderungsvereinbarungen durch den Präsidenten kann nicht darin gesehen werden, daß in den vom Vorstand aufgestellten Haushaltsplänen für die folgenden Jahre die Stelle des Klägers in der dem Haushaltsplan beigefügten Übersicht als Stelle nach VergGr. II a BAT ausgewiesen war. Gemäß § 4 Abs. 3 HKO werden durch den Haushaltsplan Ansprüche oder Verbindlichkeiten weder begründet noch aufgehoben. Im Hinblick auf diese Beschränkung der Rechtswirkungen des Haushaltsplans kann in seiner Billigung durch den Präsidenten als Mitglied des Vorstandes keine schriftliche Genehmigung eines nach § 18 Abs. 3 Satz 2 der Satzung der Gesamtvertretung unterliegenden Rechtsgeschäfts von besonderer Bedeutung gesehen werden. Anderenfalls würde hierdurch dem Haushaltsplan mittelbar doch eine anspruchsbegründende Wirkung zukommen. In jedem Falle fehlt es aber an der Genehmigung der Unkündbarkeitsregelung, die aus dem Haushaltsplan nicht ersichtlich ist. Im Hinblick auf den vorstehend gekennzeichneten Schutzzweck der Vertretungsregelung muß sich die Genehmigung jedoch auf die Gesamtheit der Bedingungen erstrecken, die der Urkunde den Charakter einer Urkunde von besonderer Bedeutung im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 2 der Satzung verleihen.

6. Die nur vom Hauptgeschäftsführer unterzeichneten Änderungsvereinbarungen können, sofern ein Verstoß gegen die Gesamtvertretungsregelung vorliegt, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht als wirksam angesehen werden. Die für diese Rechtsfigur entwickelten Grundsätze finden gegenüber Körperschaften des öffentlichen Rechts Anwendung, wenn deren vertretungsberechtigte Organe das Vertreterhandeln eines Dritten geduldet oder nicht verhindert, haben. Diese Grundsätze dürfen aber nicht dazu dienen, den im öffentlichen Interesse bestehenden Vertretungsregelungen im Einzelfall jede Wirkung zu nehmen. Wenn die Vertretungsmacht an die Beachtung gewisser Förmlichkeiten gebunden ist, so können die Regeln der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht einer Erklärung, bei der diese Förmlichkeiten erkennbar mißachtet worden sind, nicht trotzdem bindende Wirkung zulegen (so für eine gemeinderechtliche Gesamtvertretungsregelung BGH NJW 1984, 606).

7. Die Beklagte verstößt mit der Berufung auf den Formmangel auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dieser Grundsatz gilt zwar auch im Bereich der öffentlich-rechtlichen Gesamtvertretungsregelungen. Der Vertragsgegner kann aber in aller Regel nicht unter Berufung auf § 242 BGB verlangen, so gestellt zu werden, als seien diese Erklärungen trotz der Vertretungsmängel wirksam. Dies kann nur in Betracht kommen, wenn die Nichtigkeit Folgen für den Vertragsgegner zu schlechthin unerträglichen Ergebnissen führen würde und ein notwendiger Ausgleich mit anderen rechtlichen Mitteln nicht zu erzielen ist (so für den gemeinderechtlichen Bereich BGH NJW 1984, 606).

Eine solche Ausnahme liegt im Fall des Klägers nicht vor. Nach § 53 Abs. 3 BAT tritt im Normalfall die Unkündbarkeit nach einer Beschäftigungszeit (bei demselben Arbeitgeber, § 19 Abs. 1 BAT) von 15 Jahren ein. Im Falle des am 1. Mai 1983 eingestellten Klägers ist dieser Zeitpunkt der 1. Mai 1998, wenige Monate nach Erreichen des nach § 53 Abs. 3 BAT erforderlichen Mindestalters von 40 Jahren (Geburtsdatum 25. November 1957). Hinsichtlich der Vergütung könnte der Kläger, wie noch auszuführen sein wird, unbeschadet der vertraglichen Vereinbarung eine höhere als die ursprünglich vereinbarte Vergütungsgruppe IV b BAT beanspruchen, wenn seine Tätigkeit als Leiter der Innenverwaltung die Merkmale einer höheren Vergütungsgruppe erfüllt.

III. Somit muß die vom Berufungsgericht unterlassene Prüfung nachgeholt werden, ob die Änderungsvereinbarungen nach der satzungsrechtlichen Regelung für die Beklagte von dem Hauptgeschäftsführer und dem Präsidenten abgeschlossen und die Vertragsurkunden von beiden unterzeichnet werden mußten. Dies kann nach dem bisherigen Sach- und Streitstand noch nicht abschließend beurteilt werden.

1. Die Vereinbarungen sind als sonstige Schriftstücke von besonderer Bedeutung anzusehen, die nach § 18 Abs. 3 Satz 2 der Satzung von dem Präsidenten und dem Hauptgeschäftsführer unterzeichnet sein müssen.

Sie gehören nicht zu den laufenden Geschäften der Verwaltung, deren Erledigung nach § 18 Abs. 4 der Satzung dem Hauptgeschäftsführer obliegt. Soweit es Arbeitsverhältnisse betrifft, werden darunter gewöhnlich im gemeinderechtlichen Bereich solche Geschäfte verstanden, die weder nach der grundsätzlichen Seite noch für den Haushalt von erheblicher Bedeutung sind und zu den normalerweise anfallenden Geschäften gehören. Danach kommt es wesentlich auf die sachliche Bedeutung des Geschäfts für die Körperschaft und seine Häufigkeit an. Selten vorkommende einmalige und außergewöhnliche Geschäfte fallen nicht darunter (vgl. für die Gemeindeordnung von Baden-Württemberg: Kunze/Bronner/Katz, Komm. z. GemO BW, Stand März 1988, § 44 Rz 14 bis 16; BGHZ 8, 396). Für § 63 Abs. 4 der Gemeindeordnung von Niedersachsen hat der Senat (Urteil vom 6. August 1970 – 2 AZR 427/69 – AP Nr. 7 zu § 125 BGB), soweit es Arbeitsverhältnisse betrifft Entscheidungen verstanden, die unter Fortbestand des laufenden Arbeitsverhältnisses verwaltungstechnisch zu treffen sind, wie etwa die Entscheidungen über Gesuche auf Urlaub und Dienstbefreiung, über Zubilligung von Prämien u.ä. (ebenso BAGE 59, 93, 98 f. = AP, a.a.O.,; zu III 1 der Gründe). Legt man diese Maß Stäbe auch an die vorliegend anzuwendende satzungsrechtliche Bestimmung an, so können die Änderungsvereinbarungen nach Bedeutung und Häufigkeit nicht mehr als laufende Geschäfte der Verwaltung angesehen werden. Dem Kläger, der die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen des mittleren Dienstes erfüllt, sollte im Alter von 27 Jahren eine einem Beamten des höheren Dienstes nahekommende Stellung eingeräumt werden.

Die Vereinbarungen sind darüber hinaus im Hinblick auf Alter und Vorbildung des Klägers im Verhältnis zur eingeräumten Stellung als außergewöhnlich zu bezeichnen. Es handelt sich deshalb um Schriftstücke von besonderer Bedeutung im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 2 der Satzung.

2. Es kann jedoch noch nicht abschließend beurteilt werden, ob der Anwendung dieser Satzungsvorschrift nicht § 33 Abs. 7 der Satzung entgegensteht. Danach kann der Vorstand der Beklagten die Einstellung der nicht im Beamtenverhältnis stehenden Bediensteten ganz oder teilweise auf den Hauptgeschäftsführer übertragen. Insoweit handelt es sich um eine Sondervorschrift, die nicht nur die innerdienstlichen Befugnisse der genannten Organe für die Begründung von Arbeitsverhältnissen, sondern auch die Vertretung der Beklagten in diesen Angelegenheiten nach außen regelt. Die Beklagte hat vorgetragen, daß der Hauptgeschäftsführer nur Arbeitsverträge bis einschließlich VergGr. IV BAT allein abschließen könne, ihm somit nur in diesem Umfang die grundsätzlich dem Vorstand vorbehaltenen Personalbefugnisse übertragen sind. Diesem Vorbringen muß das Berufungsgericht nachgehen.

IV. Die satzungsrechtliche Wirksamkeit der Änderungsvereinbarungen kann nicht deshalb dahingestellt bleiben, weil sie wegen personalvertretungsrechtlicher Mängel unwirksam sind.

1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Ausschluß der ordentlichen Kündigung nicht dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats unterliegt.

§ 76 LPVG BW, der die Mitbestimmung für die Arbeiter und Angestellten regelt, enthält insoweit keine ausdrückliche Vorschrift. Die von der Beklagten in den Vorinstanzen vertretene Ansicht, es handele sich hierbei um eine übertarifliche Eingruppierung nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 LPVG BW, hat das Berufungsgericht mit Recht nicht geteilt. Unter Eingruppierung wird allgemein die Festlegung der für die Entlohnung des Arbeitnehmers maßgebenden Lohn- bzw. Gehaltsgruppe (bei Bestehen eines Tarifvertrages nach der dort vorgeschriebenen Gruppenteilung, bei Betriebsvereinbarungen oder Richtlinien nach der dort vorgesehenen Lohnordnung) verstanden, (vgl. Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 99 Rz 14, m.w.N.). Damit hat der Ausschluß der ordentlichen Kündigung, der den Bestand und die Dauer des Arbeitsverhältnisses betrifft, nichts zu tun.

2. Gleiches gilt für die Vereinbarung der Übernahme der gesamten Beiträge zur Sozialversicherung durch die Beklagte. Es handelt sich um eine vergütungsrechtliche Sondervereinbarung, die entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht unter die Eingruppierung nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 LPVG BW fällt.

3. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die fehlende Zustimmung des Personalrats führe auch nicht zur Unwirksamkeit der Übertragung der Leitung der Innenverwaltung auf den Kläger sowie seiner Höhergruppierung, ist im Ergebnis richtig.

a) Nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 LPVG BW hat der Personalrat, soweit hier von Interesse, mitzubestimmen bei nicht nur vorübergehender Übertragung einer Tätigkeit, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als der bisherigen Vergütungs- oder Lohngruppe entspricht sowie bei übertariflicher Eingruppierung.

Die Besonderheit dieser landesrechtlichen Regelung besteht darin, daß nur die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit, d.h. also die Veränderung des Tätigkeitsbereichs und die übertarifliche Höhergruppierung i.S. der Zuordnung zu einer der ausgeübten Tätigkeit nicht entsprechenden höheren Vergütungsgruppe der Mitbestimmung unterworfen ist. Dagegen ist die Mitbestimmung nicht gegeben, wenn die Höhergruppierung lediglich die Erfüllung eines tarifvertraglich begründeten Rechtsanspruchs des Beschäftigten, somit – als sog. Tarifautomatik – eine reine normvollziehende Maßnahme ist (Arndt/Aufhammer/Brunhöfer/Warza, LPVG BW, § 76 Rz 23).

Somit bestand im Fall des Klägers ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Übertragung der Leitung der Innenverwaltung am 1. Oktober 1984. Denn diese Tätigkeit ist jedenfalls höher zu bewerten ist als seine bisherige Tätigkeit in der Innenverwaltung nach VergGr. IV b BAT; ob sie auch den Merkmalen der VergGr. II a BAT entspricht, ist insoweit unerheblich. Die Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe war dagegen nur mitbestimmungspflichtig, wenn die neue Tätigkeit die Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt und damit eine übertarifliche Höhergruppierung vorliegt. Kein Mitbestimmungsrecht bei der Eingruppierung bestand dagegen, wenn die neue Tätigkeit den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entspricht. Denn dann handelt es sich bei der Zuordnung zu dieser Vergütungsgruppe um reinen Normvollzug, bei dem der Personalrat nach der Besonderheit der personalvertretungsrechtlichen Regelung des § 76 Abs. 1 Nr. 2 LPVG BW nicht mitzubestimmen hat.

b) Die fehlende Beteiligung des Personalrats bei der Übertragung der Leitung der Innenverwaltung an den Kläger und seiner Eingruppierung in die VergGr. II a BAT, sofern seine neue Tätigkeit nicht die Merkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen sollte, führt jedoch auch nicht zur Unwirksamkeit dieses Teils der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen. Auch insoweit ist das angefochtene Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig.

aa) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts war die Ausübung des Mitbestimmungsrechts nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG auch Wirksamkeitsvoraussetzung für die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit (vgl. zuletzt Urteil vom 30. Mai 1990 – 4 AZR 74/90 – EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 89, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen, m.w.N.). Der Arbeitgeber war danach lediglich verpflichtet, die tatsächlich ausgeübte höherwertige Tätigkeit in Anlehnung an § 612 Abs. 2 BGB entsprechend zu vergüten, konnte aber vor Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens Arbeitnehmern diese Tätigkeit und damit auch die entsprechende höhere Vergütung jederzeit entziehen (BAGE 38, 130, 139 = AP Nr. 7 zu § 75 BPersVG, m.w.N.).

bb) Diese Rechtsprechung hat der Vierte Senat jedoch in dem auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmten Urteil vom 16. Januar 1991 – 4 AZR 301/90 – aufgegeben. Er hat im wesentlichen ausgeführt, in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht genügend zwischen dem arbeitsvertraglichen Anspruch und der mitbestimmungspflichtigen Zuweisung der vertraglich vereinbarten Tätigkeit unterschieden zu haben. Durch Arbeitsvertrag oder dessen Änderung könne sich der Arbeitgeber verpflichten, dem Arbeitnehmer eine höherwertige Tätigkeit zuzuweisen und ihn entsprechend zu vergüten. Eine solche vertragliche Gestaltung werde durch das Personalvertretungsgesetz nicht verboten. Nur bei der Kündigung ergebe sich aus § 79 Abs. 4 BPersVG, daß diese bei fehlender Beteiligung des Personalrats unwirksam sei. Eine entsprechende Vorschrift, die die Vereinbarung einer höherwertigen Tätigkeit ohne Zustimmung des Personalrats verbiete oder sie für unwirksam erkläre, gebe es nicht. Bei einer solchen Verpflichtung handele es sich insbesondere auch nicht um eine auf eine unmögliche Leistung gerichtete und damit nach § 306 BGB nichtige Vereinbarung.

Der Vollzug einer solchen Vereinbarung bedürfe zwar der Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG und könne ohne sie nicht durchgeführt werden. Der Personalrat könne jederzeit die Rückgängigmachung einer ohne seine Zustimmung durchgeführten Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit verlangen. Insoweit könne aber die vom Arbeitgeber versprochene Leistung nur nachträglich bei einer endgültigen Zustimmungsverweigerung des Personalrats unmöglich werden. Dies löse nur die Rechtsfolgen der §§ 323 ff. BGB aus, ändere aber nichts an der Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung der. Parteien.

Nach dieser Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, sind die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen auch hinsichtlich der Übertragung der Leitung der Innenverwaltung auf den Kläger sowie der Höhergruppierung wirksam. Die vom Vierten Senat entwickelten neuen Grundsätze sind auch auf das hier einschlägige Landespersonalvertretungsgesetz anzuwenden, das selbst für den Fall der fehlenden Beteiligung des Personalrats bei Kündigungen keine dem § 79 Abs. 4 BPersVG entsprechende Sanktion vorsieht, so daß die Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Kündigung nur aus der unmittelbar für die Länder geltenden Vorschrift des § 108 Abs. 2 BPersVG hergeleitet werden kann. Auf die Würdigung des Berufungsgerichts, das auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu demselben Ergebnis gelangt ist, braucht deshalb nicht eingegangen zu werden.

V. Die Änderungsvereinbarungen sind auch nicht bereits wegen der von der Beklagten erklärten Anfechtung unwirksam. Das Berufungsgericht hat die Anfechtung für unbegründet angesehen. Seine Ausführungen hierzu lassen keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen und werden auch von der Revision nicht angegriffen.

VI. Der Rechtsstreit ist auch zur erneuten Entscheidung über die ordentliche Kündigung und den Auflösungsantrag der Beklagten zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht konnte von seinem zur Wirksamkeit der Unkündbarkeitsklausel vertretenen Standpunkt die Kündigung und den Auflösungsantrag für unzulässig ansehen. Erweist sich die Vereinbarung über den Ausschluß der ordentlichen Kündigung jedoch als unwirksam, muß es die ordentliche Kündigung auf ihre soziale Rechtfertigung und ggf. auch die sachliche Rechtfertigung des Auflösungsantrages überprüfen.

 

Unterschriften

Hillebrecht, Triebfürst, Dr. Ascheid, Wisskirchen, Baerbaum

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1074019

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