Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilzeitbeschäftigung - Sonderkonditionen für Arbeitgeberdarlehen

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Ausschluß von Teilzeitbeschäftigten einer Sparkasse von der Gewährung von Sonderkonditionen für Darlehen zum Erwerb von Immobilien verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 2 Abs 1 BeschFG 1985, wenn sie die für Vollzeitbeschäftigte vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen.

 

Normenkette

BeschFG Art. 1 § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 19.03.1993; Aktenzeichen 10 Sa 1511/92)

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 20.08.1992; Aktenzeichen 6 Ca 290/92)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch der Klägerin auf Bewilligung von Sonderkonditionen für ein Wohnungsbaudarlehen.

Die Klägerin ist bei der beklagten Stadtsparkasse, die ihren Sitz in D hat, seit dem 1. August 1972 als Angestellte beschäftigt.

Bis zum 31. Dezember 1990 war sie vollzeitbeschäftigt. Seit dem 1. Januar 1991 arbeitet sie 18,25 Stunden pro Woche in ihrer bisherigen Tätigkeit als Teilzeitkraft. Sie erhält Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b BAT.

Die Beklagte gewährt ihren Beschäftigten Sonderkonditionen für Immobiliendarlehen nach Maßgabe eines durch Personalrundschreiben Nr. 27/88 vom 22. Dezember 1988 bekanntgegebenen Grundsatzbeschlusses des Vorstandes.

Dieser lautet, soweit hier von Interesse:

"A Allgemeine Grundsätze

...

6. Auf die Gewährung von Sonderkonditionen be-

steht kein Rechtsanspruch.

...

D Sonderkonditionen für langfristige Darlehen

1. Begünstigter Personenkreis

Vollbeschäftigte Angestellte können zur einma-

ligen Finanzierung von Familienheimen, Eigen-

tumswohnungen und anderen Wohnungen langfri-

stige Darlehen zu Sonderkonditionen erhalten,

wenn

1.1 der Wohnraum dem eigenen Wohnbedarf dient,

1.2 die Wohnflächen die Grenzen des öffentlich

geförderten Wohnungsbaues nicht über-

schreiten. Bei Überschreitung dieser Gren-

zen werden die Sonderkonditionen anteilig

gewährt,

1.3 die Voraussetzungen und der Verwendungs-

zweck erfüllt werden,

1.4 das zu fördernde Objekt innerhalb des

D Stadtgebietes oder in den an-

grenzenden Gemeinden liegt.

2. Voraussetzungen

Der Antragsteller soll

2.1 mindestens vier Jahre ununterbrochen bei

der Sparkasse beschäftigt sein und befrie-

digende dienstliche Leistungen erbringen,

2.2 aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhält-

nisse in der Lage sein, die finanzielle

Belastung zu tragen,

2.3 Grundstückseigentümer oder Erbbauberech-

tigter, mindestens aber Miteigentümer oder

Miterbbauberechtigter sein,

2.4 die gesicherte Gesamtfinanzierung des Vor-

habens nachweisen,

2.5 mindestens 15 v.H. der Gesamtkosten aus

Eigenleistungen aufbringen. ...

...

4. Verwendungszweck

Darlehen zu Sonderkonditionen werden gewährt

4.1 zur Errichtung eines Familienheimes oder

zur Schaffung von Wohnungseigentum,

4.2 zum Erwerb eines Familienheimes (ein-

schließlich Ausbaukosten) oder zum Erwerb

von Wohnungseigentum durch Kauf oder im

Wege der Erbfolge,

4.3 zum Ausbau oder zur Erweiterung eines Fa-

milienheimes, wenn bisher Sonderkonditio-

nen für die Errichtung oder den Erwerb von

eigenem Wohnraum noch nicht gewährt worden

sind,

4.4 zur Umschuldung von Darlehen zu Normalkon-

ditionen oder Umschuldung von Fremdmitteln

... .

5. Art und Höhe der Sonderkonditionen

5.1 Zinsbegünstigtes Wohnungsbaudarlehen

5.1.1 Ein langfristiges Wohnungsbaudarle-

hen zum Sonderzinssatz kann bis zu

60 % der gesamten Bau- und Bodenko-

sten oder Anschaffungskosten des dem

eigenen Bedarf dienenden Wohnraumes

gewährt werden. Die Höchstgrenze für

das langfristige Wohnungsbaudarlehen

zum Sonderzinssatz beträgt z.Z.

150.000,00 DM.

5.1.2 Sonderzinssatz für langfristige Woh-

nungsbaudarlehen ist der jeweils

gültige Zinssatz der Stadtsparkasse

Dortmund für Spareinlagen mit ge-

setzlicher Kündigungsfrist plus 1,5

v.H.

... .

5.2 Zinsloses Arbeitgeberdarlehen

5.2.1 Das Arbeitgeberdarlehen beträgt 20 %

des für das langfristige Wohnungs-

baudarlehen nach Ziff. 5.1.1 zuläs-

sigen Betrages. Bei Gewährung öf-

fentlicher Mittel beträgt das Ar-

beitgeberdarlehen maximal

15.000,00 DM.

5.2.2 Das Arbeitgeberdarlehen wird zinslos

gewährt.

... .

6. ... (Ausscheiden)

6.1 Verzinsung

Mit dem Aussscheiden aus dem Beschäfti-

gungsverhältnis zur ... (Beklagten) wird

dem Darlehensnehmer - mit Ausnahme des

unter Abschnitt A Ziff. 2.3, 2.9 und 2.10

aufgeführten Personenkreises - das Rest-

darlehen zu den normalen Konditionen gemäß

Konditionentabelle bewilligt. Dabei ist

die Konditionenstruktur zum Zeitpunkt der

Ursprungsbewilligung anzuwenden.

...".

Am 27. Februar 1991 bewilligte die Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann ein Darlehen in Höhe von 160.000,-- DM zu den üblichen Konditionen für den Kauf einer Eigentumswohnung in D .

Die Gewährung der im Grundsatzbeschluß vorgesehenen Sonderkonditionen lehnte sie mit Schreiben vom 4. März 1991 ab, weil solche für Teilzeitbeschäftigte nicht vorgesehen seien.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten von der Gewährung der Sonderkonditionen verstoße gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985, den Grundsatz der Lohngleichheit und das Verbot mittelbarer Frauendiskriminierung in § 611 a Abs. 1 BGB, Art. 3 Abs. 2 GG und Art. 119 EWG-Vertrag. Bei der Beklagten seien überwiegend Frauen teilzeitbeschäftigt.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,

der Klägerin für das Beleihungsobjekt K

, mit Wirkung zum

1. April 1991 ein zinsbegünstigtes Wohnungsbau-

darlehn und ein zinsloses Arbeitgeberdarlehn nach

Abschnitt D Ziff. 5.1 und 5.2 des Grundsatzbe-

schlusses über die Gewährung von Sonderkonditio-

nen an die Mitarbeiter/innen der Stadtsparkasse

D , entsprechend dem Personalrundschreiben

Nr. 27/88 vom 22. Dezember 1988 zu gewähren,

hilfsweise

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,

der Klägerin für das Beleihungsobjekt K

, mit Wirkung zum

1. April 1991 ein zinsbegünstigtes Wohnungsbau-

darlehn und ein zinsloses Arbeitgeberdarlehn nach

Abschnitt D Ziff. 5.1 und 5.2 des Grundsatzbe-

schlusses über die Gewährung von Sonderkondi-

tionen an die Mitarbeiter/innen der Stadtsparkas-

se D , entsprechend dem Personalrundschrei-

ben Nr. 27/88 vom 22. Dezember 1988 anteilig ge-

mäß dem Anteil ihrer wöchentlichen Arbeitszeit

von 18,25 Stunden zur wöchentlichen Arbeitszeit

einer vollzeitbeschäftigten Angestellten mit

38,5 Stunden zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, der Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten von der Gewährung der Sonderkonditionen sei sachlich gerechtfertigt und enthalte keine mittelbare Diskriminierung von Frauen.

Die Gewährung der Sonderkonditionen an qualifizierte, langjährig vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter für den Erwerb von Immobilien im Raum D und Umgebung solle eine Bindung dieser Mitarbeiter an das Unternehmen bewirken. Es sei relativ schwierig, am Arbeitsmarkt qualifizierte vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter zu finden. Erfahrungsgemäß sei die Gefahr einer Abwanderung

wertvoller Mitarbeiter geringer, wenn diese am Sitz des Unternehmens Immobilieneigentum erworben hätten. Eine vergleichbare Interessenlage sei bei Teilzeitbeschäftigten nicht gegeben. Diese verrichteten in der Regel keine ähnlich qualifizierten Tätigkeiten wie Vollzeitbeschäftigte und seien überwiegend beliebig austauschbar. Auch bestehe am Arbeitsmarkt kein Mangel an Teilzeitkräften.

Erhielten Teilzeitbeschäftigte die gleichen Sonderkonditionen wie Vollzeitbeschäftigte, würden ihnen im übrigen ungerechtfertigte Vorteile erwachsen. Deshalb könne allenfalls die Gewährung von Sonderkonditionen entsprechend dem Umfang der Teilzeitarbeit im Verhältnis zur Vollzeitbeschäftigung in Betracht kommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat den Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte Klageabweisung in vollem Umfange. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht erkannt, daß die Beklagte verpflichtet ist, auch Teilzeitkräften Sonderkonditionen gemäß dem Vorstandsbeschluß der Beklagten jedenfalls in dem Umfange zu gewähren, der dem Verhältnis ihrer Arbeitszeit zur Arbeitszeit bei Vollbeschäftigung entspricht.

I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihr die Sonderkonditionen gemäß dem Vorstandsbeschluß zu gewähren (§ 256 ZPO). Im Hinblick darauf, daß die Beklagte vor dem Arbeitsgericht zu Protokoll erklärt hat, sie werde einem entsprechenden Feststellungsurteil nachkommen und die Klägerin so stellen, als sei ihr ein Darlehen zu Sonderkonditionen genehmigt worden, war die Erhebung einer Leistungsklage durch die Klägerin nicht geboten.

Der Klageantrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch hinreichend bestimmt i. S. von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die von der Klägerin begehrte Feststellung soll nach Maßgabe des Vorstandsbeschlusses durchgeführt werden. Damit wird dieser mit allen seinen Modalitäten zum Inhalt des Klageantrags. Da dessen Vollziehung zwischen den branchenkundigen Parteien nicht im Streit ist, ist nur zu entscheiden, ob der Vorstandsbeschluß auch auf Teilzeitbeschäftigte anzuwenden ist. Ob die Sonderkonditionen nur im Verhältnis zur Arbeitszeit bei Vollbeschäftigung zu gewähren sind, war vom Senat nicht mehr zu entscheiden.

II. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin die Sonderkonditionen gemäß dem Vorstandsbeschluß für ein Darlehen zur Finanzierung ihrer Eigentumswohnung in D entsprechend dem Verhältnis ihrer Arbeitszeit zur Arbeitszeit bei Vollbeschäftigung zu gewähren. Der Ausschluß von Teilzeitbeschäftigten verstoße gegen das Benachteiligungsverbot des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und den Lohngleichheitsgrundsatz des Art. 119 EWG-Vertrag.

III. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im Hilfsantrag mit Recht stattgegeben. Durch den Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten von der Gewährung von Sonderkonditionen gemäß dem Vorstandsbeschluß werden diese gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandelt, ohne daß sachliche Gründe die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Dieser Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 kann nur dadurch geheilt werden, daß der Klägerin als Teilzeitbeschäftigten die Sonderkonditionen zumindest in dem Umfange gewährt werden, der dem Verhältnis ihrer Arbeitszeit zur Arbeitszeit bei Vollzeitbeschäftigung entspricht.

1. Im Ausschluß der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer von der Gewährung der Sonderkonditionen, liegt eine unterschiedliche Behandlung "wegen der Teilzeitarbeit" i. S. von § 2 Abs. 1 BeschFG 1985. Während vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern Sonderkonditionen eingeräumt werden, bleiben teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer davon gänzlich ausgeschlossen. Maßgebliches Kriterium für die Ablehnung der Sonderkonditionen ist allein die Dauer der Arbeitszeit, wie es auch die Beklagte in ihrem Schreiben vom 4. März 1991 zum Ausdruck gebracht hat.

2. Die unterschiedliche Behandlung ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

a) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, sie wolle qualifizierte, langjährig beschäftigte Mitarbeiter durch die Gewährung von Sonderkonditionen an den Betrieb binden, rechtfertigt dies eine Benachteiligung der Teilzeitkräfte nicht.

Dem Anliegen der Beklagten, nur langjährig Beschäftigten die Sonderkonditionen einzuräumen, wird schon dadurch Rechnung getragen, daß im Vorstandsbeschluß mindestens eine vierjährige Beschäftigungsdauer gefordert wird. Diese kann in gleicher Weise von Teilzeit- wie von Vollzeitbeschäftigten erfüllt werden.

Ebenso sind keine erheblichen Unterschiede zwischen der Qualifizierung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten gemessen an ihrer Eingruppierung erkennbar. Zwar sind die Teilzeitbeschäftigten ausschließlich in den Vergütungsgruppen bis Vergütungsgruppe IV b BAT und überwiegend in der Vergütungsgruppe VI b BAT eingruppiert. Der Anteil der Vollzeitbeschäftigten, die in die Vergütungsgruppen bis IV b BAT eingruppiert sind, beträgt aber immerhin noch 3/4 ihrer Gesamtzahl und der Anteil derjenigen in den Vergütungsgruppen bis VI b BAT 40 v.H. Damit werden die Sonderkonditionen einem erheblichen Anteil der Vollzeitbeschäftigten eingeräumt, die ebenso wie die Teilzeitkräfte eingruppiert sind. Teilzeitkräfte erledigen damit keine weniger qualifizierte Arbeit als andere Arbeitnehmer der Beklagten, denen Sonderkonditionen eingeräumt werden. Die Art ihrer Tätigkeit vermag daher ihren Ausschluß aus dem Kreis der Begünstigten nicht zu rechtfertigen.

Der von der Beklagten im übrigen geforderten persönlichen Qualifizierung der Mitarbeiter wird dadurch Rechnung getragen, daß die Sonderkonditionen gemäß dem Vorstandsbeschluß nur Mitarbeitern gewährt werden, die befriedigende dienstliche Leistungen erbringen. Dies ist Teil- und Vollzeitbeschäftigten gleichermaßen möglich.

b) Soweit die Beklagte für eine Differenzierung zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten Arbeitsmarktgesichtspunkte geltend macht, indem sie vorträgt, Teilzeitbeschäftigte seien beliebig austauschbar und am Arbeitsmarkt leicht zu gewinnen, während es relativ schwierig sei, qualifizierte Vollzeitbeschäftigte zu gewinnen, ist ihr Vortrag nicht hinreichend substantiiert.

Es fehlt an der Darlegung von Tatsachen, in welchem Umfang bankspezifisch ausgebildete Teilzeitbeschäftigte am Arbeitsmarkt beliebig zur Verfügung stehen und ob die Beklagte überhaupt solche Teilzeitbeschäftigte am Arbeitsmarkt gewinnt oder ob es sich bei den Teilzeitbeschäftigten nicht überwiegend, wie bei der Klägerin, um ehemalige Vollzeitbeschäftigte handelt, die im Laufe ihres Berufslebens aus familiären Gründen ihre Arbeitszeit reduziert haben.

Die Darlegung der Beklagten, es sei relativ schwierig, Vollzeitbeschäftigte am Arbeitsmarkt zu gewinnen, entbehrt insbesondere deshalb einer näheren Substantiierung, weil die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ihren Bedarf an Vollzeitbeschäftigten in der Vergangenheit immer durch selbst ausgebildete Bankkaufleute gedeckt hat.

c) Auch die Zielsetzung der Beklagten, durch die Gewährung von Sonderkonditionen für Immobilien im Raum D vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter an den Betrieb zu binden und ihren Wechsel zu Arbeitgebern außerhalb des Raumes D zu verhindern, rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung der Teilzeitbeschäftigten nicht.

Eine Betriebsbindung wird in erster Linie dadurch erreicht, daß im Vorstandsbeschluß ein Wegfall der Sonderkonditionen beim Ausscheiden des Mitarbeiters vorgesehen ist.

Im übrigen beruft sich die Beklagte auf die Lebenserfahrung, ein Arbeitnehmer werde nur schwerlich zu einem anderen Arbeitgeber wechseln, wenn er am Sitz des Unternehmens oder in seiner näheren Umgebung Eigentum an Immobilien erworben habe. Dieser Gesichtspunkt mag im allgemeinen zutreffen. Er erweist sich aber vorliegend als untauglich, um die von der Beklagten erstrebte Betriebsbindung zu erreichen.

Zwar kann die Beklagte davon ausgehen, daß der Erwerb einer Immobilie die Bereitschaft des Arbeitnehmers, zu einem auswärtigen Arbeitgeber zu wechseln, erheblich mindern wird. Bekanntermaßen besteht aber im Raum D eine Vielzahl von Möglichkeiten unter Beibehaltung des Wohnsitzes zu einem anderen Unternehmen der Branche zu wechseln. Die von der Beklagten über den Wegfall der Sonderkonditionen beim Ausscheiden hinaus erstrebte Betriebsbindung Vollzeitbeschäftigter durch die ausschließliche Förderung von Objekten im Raum D und Umgebung läßt sich damit nicht verwirklichen.

d) Die Beklagte verweist zur Rechtfertigung der Differenzierung zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten ferner auf ein grundsätzliches Bedürfnis an der Förderung der Vollzeitbeschäftigung und auf die zusätzlichen betriebsorganisatorischen und kostenmäßigen Belastungen einer Teilzeitbeschäftigung.

Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung nach der gesetzgeberischen Wertung in § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 gerade nicht. Der Umstand, daß die Erledigung von Arbeitsaufgaben durch teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer andere betriebsorganisatorische Maßnahmen erfordert und u.U. höhere Kosten verursacht als bei einer Beschäftigung vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, ist kein sachlicher Grund, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte. Diese Umstände sind mit jeder Teilzeitarbeit notwendig verbunden. Ihre Berücksichtigung liefe letztlich auf eine unterschiedliche Behandlung gerade wegen des Umfangs der Arbeitsleistung hinaus, die nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 aber unzulässig ist (vgl. BAG Urteil vom 26. März 1993 - 10 AZR 127/92 - AP Nr. 1 zu § 34 BAT m.w.N.).

3. Ist damit der Ausschluß von Teilzeitbeschäftigten von der Gewährung der Sonderkonditionen wegen Fehlens einer sachlichen Rechtfertigung nach § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nichtig (§ 134 BGB), ist die Klägerin nach der für Vollzeitbeschäftigte geltenden Regelung zu behandeln (vgl. BAG Urteil vom 7. November 1991 - 6 AZR 392/88 - AP Nr. 14 zu § 62 BAT m.w.N.) und sind ihr deshalb die Sonderkonditionen nach der nicht angefochtenen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in dem Umfang zu gewähren, der ihrer Arbeitszeit im Verhältnis zur Arbeitszeit bei Vollbeschäftigung entspricht.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Matthes Dr. Freitag Richter am Bundesarbeits-

gericht Böck ist durch

Urlaub an der Unterschrift

verhindert.

Matthes

Lindemann Wingefeld

 

Fundstellen

Haufe-Index 436639

BB 1994, 1568

BB 1994, 2148

BB 1994, 2279

BB 1994, 2279-2280 (LT1)

DB 1994, 2348-2349 (LT1)

DStR 1994, 1433 (K)

NJW 1995, 1048

NJW 1995, 1048 (L)

ARST 1994, 197 (T)

NZA 1994, 1130

SAE 1995, 339-342 (LT1)

ZAP, EN-Nr 700/94 (K)

AP § 2 BeschFG 1985 (LT1), Nr 37

AR-Blattei, ES 570 Nr 5 (LT1)

AuA 1996, 36 (LT1)

EzA § 2 BeschFG 1985, Nr 36 (LT1)

EzBAT § 8, Nr 15 (LT1)

PersV 1994, 557 (L)

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