Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzsicherung eines Übergangsgeldes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Pensions-Sicherungs-Verein braucht Übergangsgelder, die der Arbeitgeber nach der Leistungsordnung des Essener Verbandes älteren Arbeitnehmern zu zahlen verpflichtet ist, wenn er nach zehnjähriger Beschäftigung das Arbeitsverhältnis kündigt, nicht gegen Insolvenz zu versichern.

2. Beantragt der Arbeitnehmer, der mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers vorgezogenes Altersruhegeld, kann der Pensions-Sicherungs- Verein bei der Bemessung der Versorgungsleistungen Erhöhungen des Gehalts nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses außer acht lassen und den in der Leistungsordnung vorgesehenen versicherungsmathematischen Abschlag wegen vorzeitigem Bezug des Altersruhegeldes vornehmen.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 781; BetrAVG §§ 1-2, 7

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 23.07.1986; Aktenzeichen 2 Sa 437/86)

ArbG Köln (Entscheidung vom 13.02.1986; Aktenzeichen 8 Ca 4908/85)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der Beklagte wegen vorzeitiger Kündigung durch den Arbeitgeber gewährte Leistungen nach der Leistungsordnung des Essener Verbandes gegen Insolvenz versichern muß.

Der am 9. November 1920 geborene Kläger trat am 1. Juli 1959 in die Dienste der H GmbH in H. Diese erteilte dem Kläger eine Versorgungszusage nach der Leistungsordnung des Essener Verbandes und meldete ihn zu 90 % des Gruppenendbetrages zur Gruppe J an. In der Leistungsordnung sind Ruhegelder vorgesehen, wenn der Arbeitnehmer aus den Diensten seines Arbeitgebers scheidet, weil er dienstunfähig ist oder das 65. Lebensjahr vollendet hat oder Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nimmt. Nimmt ein Angestellter vorgezogenes Altersruhegeld in Anspruch, werden die ermittelten Leistungen während der gesamten Laufzeit für jeden Monat des vorgezogenen Ausscheidens um 0,5 % gekürzt. In der Satzung des Essener Verbandes ist vorgesehen, daß er die Leistungsordnung, die Gruppenbildung und die Gruppenbeträge auch mit Wirkung für laufende Leistungen regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls den veränderten Verhältnissen anzupassen hat.

Die H GmbH kündigte dem Kläger fristgemäß aus betrieblichen Gründen zum 30. September 1980. In § 6 der Leistungsordnung des Essener Verbandes ist vorgesehen:

Übergangsregelung bei Kündigung durch Mitglied

(1) Kündigt das Mitglied einem Angestellten, der mit

Ablauf der Kündigungsfrist das 50. Lebensjahr

vollendet hat, vom Tage der Anmeldung an mindestens

10 Jahre ununterbrochen bei demselben Mitglied

tatsächlich verbracht hat, und dem für

den Verlust des Arbeitsplatzes Leistungen von

anderer Seite nicht gewährt werden, wird

a) beim Ausscheiden die Hälfte des Ruhegeldes gewährt,

das der Angestellte beziehen würde, wenn

er mit Ablauf der Kündigungsfrist in den Ruhestand

versetzt worden wäre, und zwar so lange,

als er jeweils keine zumutbare Tätigkeit ausübt

oder ausüben kann,

b) beim Tode oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres

die volle jeweils in Betracht kommende

Leistung auf der Grundlage der mit Ablauf der

Kündigungsfrist zu berücksichtigenden Dienstjahre

gewährt; sofern der Angestellte das Altersruhegeld

aus der gesetzlichen Rentenversicherung

vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch

nimmt, kann auf seinen Wunsch eine vorzeitige

Zahlung der Leistung unter Anwendung der Kürzungsbestimmung

des § 3 Absatz 7 in Betracht kommen.

Der Essener Verband teilte dem Kläger mit, daß er die Leistungen nach § 6 Abs. 1 a der Leistungsordnung auf 1.181,25 DM festgesetzt habe. Die Leistung werde nur solange gewährt, wie er keine anderweitige Beschäftigung ausübe. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres komme das volle Ruhegeld in Betracht, auf das die Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung teilweise anzurechnen seien.

Ab 1. Oktober 1981 bezog der Kläger vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.741,45 DM. Ob er hierüber die H GmbH unterrichtete, ist zwischen den Parteien streitig.

Am 31. Januar 1984 wurde über das Vermögen der H GmbH das Konkursverfahren eröffnet. Im Verlaufe des Konkursverfahrens wandte sich der Kläger an den Beklagten. Dieser setzte mit einem Schreiben vom 15. November 1984 die Leistungen der Insolvenzsicherung fest. Er berief sich darauf, daß das Übergangsgeld nicht insolvenzgesichert sei, weil es nicht zu den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gehöre. Die Meldung der Rentenberechtigung und die Vorlage des Rentenbescheides betrachte er jedoch als Antrag auf vorzeitige betriebliche Altersversorgung. Diese berechnete er für die Zeit ab 1. April 1984 mit 2.063,50 DM (90 % der Gruppe J zum 1. Oktober 1980 von 2.625,-- DM). Von diesem Betrag setzte er 659,70 DM gesetzliche Sozialversicherungsrente ab, so daß sich ein Betrag von 1.702,80 DM ergab. Diesen kürzte er für 22 Monate um einen versicherungsmathematischen Abschlag von 11 % auf 1.515,50 DM.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die Zahlungen, die er nach § 6 Abs. 1 a) der Leistungsordnung erhalten habe, betriebliches Ruhegeld gewesen seien. Zumindest seien sie es nach Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes, spätestens mit Erreichen des 63. Lebensjahres geworden. Das sei noch vor Eintritt des Sicherungsfalles gewesen; bei Konkurseröffnung habe er mithin Ruhegeldleistungen bezogen. Diese müsse der Beklagte so übernehmen, wie sie zu Lasten der H GmbH bezahlt worden seien. Das führe dazu, daß der Kläger auch Anspruch auf die Erhöhungen der Gruppenbeträge habe, die der Essener Verband den Ruhegeldempfängern vom 30. September 1980 bis 1. Oktober 1981 gewährt habe. Ferner folge daraus, daß der Beklagte keinen versicherungsmathematischen Abschlag vornehmen dürfe.

Der Kläger hat zuletzt (nach Klarstellung in der Revisionsinstanz) beantragt

festzustellen, daß der Beklagte dem Kläger

vom 09.11.1985 an Altersversorgung nach Maßgabe

des § 6 Absatz 1 b) der Leistungsordnung

des Essener Verbandes unter Zugrundelegung

des Gruppenendbezuges der Gruppe J in der seit

dem 01.07.1984 geltenden Höhe, sowie einer Betriebszugehörigkeit

bis zum 30.09.1980 schuldet,

und zwar ohne eine versicherungsmathematische

Kürzung um 11 %, aber unter Berücksichtigung

der Erhöhungen des Altersruhegeldes

durch den Essener Verband aus der Zeit vom 1.

Oktober 1980 bis 30. September 1981.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, der Kläger habe von seinem Ausscheiden bis zur Konkurseröffnung über das Vermögen der H GmbH keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, sondern ein Übergangsgeld wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezogen. Zu seinen Gunsten sei lediglich eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft aufrechterhalten worden, bei der etwaige Erhöhungen nach § 2 Abs. 5 BetrAVG nicht berücksichtigt würden. Vergleichsweise habe er lediglich die Erhöhungen der Gruppenbeträge berücksichtigt, die nach Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorgenommen worden seien. Mit seinem Antrag im Konkursverfahren habe der Kläger vorgezogenes Ruhegeld beansprucht. Sowohl nach der Leistungsordnung als auch nach ihrer versicherungsaufsichtsrechtlich genehmigten Satzung dürfe sie in diesen Fällen einen versicherungsmathematischen Abschlag vornehmen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er seinen Antrag weiterverfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Mit seinen Anträgen will der Kläger festgestellt wissen, daß der Beklagte die Versorgungsleistungen nach Erreichen des 65. Lebensjahres nicht um einen versicherungsmathematischen Abschlag kürzen darf und zum anderen gehalten ist, bei der Berechnung der Versorgungsleistungen die Leistungserhöhungen des Essener Verbandes in der Zeit seit Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bis zur Konkurseröffnung zu berücksichtigen.

Mit diesen Anträgen ist die Klage zulässig (§ 256 Abs. 1 ZP0), aber nicht begründet, weil der Kläger vor Konkurseröffnung keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bezogen hat, sondern nur eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft besaß, die an Leistungserhöhungen nicht teilnimmt. Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung hat der Kläger erst ab 1. April 1984 erhalten, als er Leistungen wegen seines vorgezogenen Ruhegeldes beantragte.

I. Der Kläger bezog bei Eröffnung des Konkursverfahrens keine von dem Beklagten zu sichernden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die an den Leistungserhöhungen des Essener Verbandes vom 1. Januar 1981 teilnahmen oder einen versicherungsmathematischen Abschlag wegen des vorgezogenen Bezugs der Betriebsrente ausschlossen. Das vom 1. Oktober 1980 bis 31. März 1984 gezahlte Übergangsgeld war keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG).

1. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG haben Versorgungsempfänger, deren Ansprüche aus einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers nicht erfüllt werden, weil über das Vermögen des Arbeitgebers das Konkursverfahren eröffnet worden ist, und ihre Hinterbliebenen gegen den Träger der Insolvenzsicherung einen Anspruch in Höhe der Leistung, die der Arbeitgeber aufgrund der Versorgungszusage zu erbringen hätte, wenn das Konkursverfahren nicht eröffnet worden wäre.

a) Welche Leistungen des Arbeitgebers solche der betrieblichen Altersversorgung sind, ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Hiernach sind Leistungen der betrieblichen Altersversorgung Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, die wegen eines Arbeitsverhältnisses zugesagt werden. Zum Begriff der betrieblichen Altersversorgung gehören mithin das Versprechen einer Leistung zur Versorgung, ein die Versorgungsleistung auslösendes biologisches Ereignis, wie Alter, Invalidität oder Tod, sowie die Zusage an einen Arbeitnehmer durch einen Arbeitgeber aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses. Das ist ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAGE 34, 242, 245 = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG, zu I 1 der Gründe; Urteil vom 28. Januar 1986 - 3 AZR 312/84 - BAGE 51, 56 = AP Nr. 18 zu § 59 K0, zu II 2 a der Gründe; Urteil vom 30. September 1986 - 3 AZR 22/85 - AP Nr. 16 zu § 1 BetrAVG, zu I 1 der Gründe, zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Urteil vom 2. August 1983 - 3 AZR 370/81 - AP Nr. 19 zu § 7 BetrAVG, zu 2 a der Gründe; BGH Urteile vom 16. März 1981 - II ZR 222/79 - AP Nr. 10 zu § 7 BetrAVG, zu II der Gründe; vom 28. September 1981 - II ZR 181/80 - AP Nr. 12 zu § 7 BetrAVG, zu V der Gründe). Das Schrifttum ist dieser Begriffsbestimmung, die bereits dem Gesetzgebungsverfahren zugrunde lag (BT-Drucks. 7/1281, S. 19) gefolgt (Ahrend/Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung mit arbeitsrechtlicher Grundlegung, Teil 1 Rz 5 ff.; Blomeyer/Otto, BetrAVG, § 1 Rz 13 ff.; Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. 1, 2. Aufl., Arb.Gr. Rz 19, 24).

b) Diese Voraussetzungen erfüllt das Übergangsgeld nicht. Nach § 6 Abs. 1 lit. a Leistungsordnung wird das Übergangsgeld für den Verlust eines Arbeitsplatzes nach Vollendung des 50. Lebensjahres gezahlt. Die Zahlung wird nicht durch ein biologisches Ereignis wie das Erreichen der Altersgrenze oder die Invalidität ausgelöst, sondern durch den Verlust des Arbeitsplatzes. Die Leistung wird auch nur solange gewährt, als der Arbeitnehmer keine andere zumutbare Tätigkeit ausüben kann (§ 6 Abs. 1 a) der Leistungsordnung); die Leistung wird nur "übergangsweise" - bis zur Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses - gezahlt. Dagegen ist unerheblich, daß mit den Leistungen auch Versorgungszwecke erreicht werden sollen. Ein Versorgungsbedarf kann auch in anderen Wechselfällen des Lebens als bei Erreichen der Altersgrenze oder der Invalidität bestehen. Ebenso unerheblich ist, daß die Höhe der Leistung bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in Anlehnung an die Berechnung der Betriebsrente ermittelt wird. Es war sinnvoll, das Übergangsgeld nach ähnlichen Grundsätzen wie die betriebliche Altersversorgung zu bemessen.

2. Die Unterstützungsleistungen wegen Verlustes des Arbeitsplatzes wurden nicht dadurch zu Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, daß der Kläger sie seit dem 1. Oktober 1981 neben dem vorgezogenen Altersruhegeld bezog und im November 1983 das 63. Lebensjahr vollendet hatte.

a) Auch wenn der Kläger seit Oktober 1981 das vorgezogene Altersruhegeld als Arbeitsloser bezog (§ 1248 Abs. 2 RV0, § 25 Abs. 2 AVG), blieb der Grund der Leistungsgewährung durch die H GmbH unverändert. Anlaß und Grund der Leistung waren nach wie vor die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach Vollendung des 50. Lebensjahres und die darauf beruhende Arbeitslosigkeit. Wenn der Kläger die Unterstützungsleistungen zur Abdeckung seines Versorgungsbedarfs einsetzte, der durch den Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes aus der Rentenversicherung anstelle der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erwachsen war, ändert dies nichts an dem die Leistung bedingenden und auslösenden Ereignis.

b) Entgegen der Auffassung der Revision sind diese Unterstützungsleistungen auch nicht zu Leistungen der betrieblichen Altersversorgung geworden, als der Kläger das 63. Lebensjahr erreichte. In der Rechtsprechung wird allerdings angenommen, daß in den Fällen, in denen ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer schon in einem jungen Lebensalter Ruhegelder zusagt, von einer insolvenzgesicherten betrieblichen Altersversorgung erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres auszugehen sei (BGH Urteil vom 16. März 1981 - II ZR 222/79 - AP Nr. 10 zu § 7 BetrAVG, zu II der Gründe; BGH Urteil vom 28. September 1981 - II ZR 181/80 - AP Nr. 12 zu § 7 BetrAVG, zu V der Gründe; BGH Urteil vom 2. Juli 1981 - II ZR 259/83 - BB 1984, 1942). Daraus kann der Kläger nichts für sich herleiten. Er übersieht, daß in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen der Dienstgeber von vornherein ein Ruhegeld zugesagt hatte, dem aber erst nach Erreichen einer sozialtypischen Altersgrenze Versorgungscharakter im Sinne einer betrieblichen Altersversorgung zukam. Dagegen war bei dem Kläger Anlaß der Unterstützungsleistung die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. An dieser Zwecksetzung hat sich in der Folgezeit nichts geändert. Die mögliche vorgezogene Betriebsrente (§ 6 Abs. 1 lit. b) der Leistungsordnung) hat der Kläger bis zum Eintritt des Insolvenzfalles gerade nicht beantragt.

II. Der Kläger besaß bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der H GmbH nur eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft, die an Leistungserhöhungen nicht teilnahm und die der Beklagte bei vorzeitiger Geltendmachung von Rentenansprüchen kürzen konnte.

1. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG hat der Beklagte Personen, die bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers eine gesetzlich unverfallbare Versorgungsanwartschaft haben, bei Eintritt des Versorgungsfalles Leistungen so zu gewähren, wie wenn über das Vermögen des Arbeitgebers kein Konkurs eröffnet worden wäre.

a) Der Kläger besaß bei Eintritt des Konkurses über das Vermögen der H GmbH eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft. Ein Arbeitnehmer behält seine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, wenn sein Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet, sofern er in diesem Zeitpunkt mindestens das 35. Lebensjahr vollendet und die Versorgungszusage für ihn zehn Jahre bestanden hat (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Der Kläger war bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses 59 Jahre alt; die Versorgungszusage war ihm durch die H GmbH mehr als zehn Jahre vorher erteilt worden.

b) Seit April 1984 bezieht der Kläger Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch den Beklagten.

Der Kläger hat dem Beklagten als den Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung im Verlaufe des Konkursverfahrens mitgeteilt, daß er von ihm Leistungen beanspruche und nachgewiesen, daß er aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorgezogenes Altersruhegeld beziehe. Damit hätte er nach § 6 Abs. 1 lit. b) Halbsatz 2 der Leistungsordnung auch von der H GmbH die vorgezogene Betriebsrente verlangen können. Der Beklagte hat ihm eindeutig erklärt, daß er sein Leistungsbegehren als Antrag auf vorgezogene Betriebsrente auffasse, das Übergangsgeld nicht abgesichert werden könne und im Vergleich zum Übergangsgeld sogar höhere Zahlungen aufgenommen. Sofern der Kläger dies nicht gegen sich gelten lassen wollte, mußte er dazu Stellung nehmen.

2. Der Beklagte braucht bei der Bemessung seiner Leistungen die Leistungserhöhungen des Essener Verbandes vom 1. Januar 1981 nicht zu berücksichtigen.

a) Hat der Beklagte eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft abzusichern und treten die Leistungsvoraussetzungen ein, ergibt sich die Höhe der zu erbringenden Leistungen aus § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 BetrAVG. Satz 3 dieser Bestimmung verweist u.a. auf § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Danach ist der Anspruch auf betriebliches Ruhegeld im Verhältnis der erreichten zur erreichbaren Betriebszugehörigkeit zu quoteln. § 7 Abs. 2 Satz 3 letzter Halbsatz BetrAVG verweist auf § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG; nach dieser Bestimmung bleiben Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen für die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers eintreten, außer Betracht. Hieraus folgt, daß der Beklagte Erhöhungen des der Leistungsbemessung zugrunde liegenden Gehaltes nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu berücksichtigen braucht.

b) Eine weitergehende Verpflichtung des Beklagten ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus Erklärungen des Beklagten im Schriftsatz vom 29. August 1985.

Das Landesarbeitsgericht hat in diesen Erklärungen keine Schuldanerkenntnis gesehen. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ein Schuldanerkenntnis liegt nur dann vor, wenn das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (§ 781 Satz 1 BGB). Schon der Wortlaut des Schriftsatzes vom 29. August 1985 ist nicht eindeutig. Im ersten Absatz teilt der Beklagte mit, daß er den Kläger so stellen wolle, wie dieser gestanden hätte, wenn er 1981 den Bezug der Altersversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung mitgeteilt hätte. Hiernach sollte die Erhöhung vom 1. Januar 1981 nicht berücksichtigt werden. Im zweiten streitbefangenen Absatz wird allerdings gesagt, daß der Beklagte alle Anpassungen nachholen werde. Dies ist ein Widerspruch, wenn man auf den Zeitpunkt des Ausscheidens abstellt. Es ist kein Widerspruch, wenn man - wie zuvor in Abs. 1 - nur die Erhöhungen ab 1981 berücksichtigt. Dies mag jedoch auf sich beruhen. Entscheidend ist, daß die Erklärungen des Beklagten vom 29. August 1985 in einem für das Gericht bestimmten Schriftsatz enthalten sind. Sie sollten das Verteidigungsvorbringen des Beklagten darstellen, nicht aber ein Schuldverhältnis klarstellen. Von diesen Erklärungen konnte der Beklagte deshalb bis zu einem prozessualen Anerkenntnis wieder abrücken. In dem vor Gericht abgeschlossenen Teilvergleich hat der Beklagte aber gerade nicht die Verpflichtung zur Berücksichtigung der Gehaltsanpassung übernommen, die zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes lag (Anpassung zum 1. Januar 1981).

3. Der Beklagte brauchte bei Eintritt des Versorgungsfalles keine höheren Versorgungsleistungen zu erbringen als sie die H GmbH hätte erbringen müssen, wenn sie nicht insolvent geworden wäre (§ 7 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG). Die H GmbH war berechtigt, die Versorgungsleistungen um einen versicherungsmathematischen Abschlag zu kürzen, wenn der Kläger vor Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren in den Ruhestand trat. In § 6 Abs. 1 lit. b) der Leistungsordnung wird ausdrücklich auf § 3 Abs. 7 der Leistungsordnung verwiesen. Hiernach werden Versorgungsleistungen während ihrer ganzen Laufzeit für jeden Monat des vorzeitigen Ausscheidens um 0,5 % gekürzt, wenn der Angestellte das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres beansprucht. Nichts anderes hat der Beklagte getan. Seine Kürzung war berechtigt.

Dr. Heither Schaub Griebeling

Weinmann Paul-Reichart

 

Fundstellen

Haufe-Index 438566

BB 1988, 1671-1673 (LT1-2)

DB 1988, 2007-2008 (LT1-2)

BetrAV 1988, 220-222 (LT1-2)

EWiR 1988, 955-955 (L1-2)

KTS 1988, 778-782 (LT1-2)

NZA 1988, 385

RdA 1988, 381

SAE 1989, 11-14 (LT1-2)

AP § 7 BetrAVG (LT1-2), Nr 45

AR-Blattei, Betriebliche Altersversorgung VI Entsch 55 (LT1-2)

AR-Blattei, ES 460.6 Nr 55 (LT1-2)

EzA § 7 BetrAVG, Nr 25 (LT1-2)

VersR 1988, 1196 (L)

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