Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbstätigkeit während des Urlaubs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Handelt ein Arbeitnehmer der Pflicht nach § 8 BUrlG zuwider, während des gesetzlichen Mindesturlaubs keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit zu leisten, begründet dies weder ein Recht des Arbeitgebers, die Urlaubsvergütung zu kürzen, noch entfällt damit der Anspruch auf Urlaubsvergütung (Aufgabe von BAG 19.7.1973, 5 AZR 73/73 = BAGE 25, 260ff = AP Nr 1 zu § 8 BUrlG).

2. Durch tarifvertragliche Regelung kann ein Anspruch des Arbeitgebers auf Rückgewähr von Urlaubsentgelt nur im Umfang des über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus zu gewährenden Urlaubs begründet werden.

3. Die zeitliche Lage des Urlaubs hat grundsätzlich für das Bestehen eines solchen Rückzahlungsanspruchs keine Bedeutung.

 

Verfahrensgang

LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 22.08.1985; Aktenzeichen 9 (7) Sa 1028/84)

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 28.08.1984; Aktenzeichen 5 Ca 221/84 L)

 

Tatbestand

Der Beklagte war seit 1. Mai 1969 bei dem Kläger als Hausmeister beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war kraft Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

§ 47 Abs. 8 BAT i.d.F. des 51. Änderungstarifvertrages vom 20. Juni 1983 lautet:

„Angestellte, die ohne Erlaubnis während des Urlaubs gegen Entgelt arbeiten, verlieren hierdurch den Anspruch auf die Urlaubsvergütung für die Tage der Erwerbstätigkeit.”

Die Parteien haben das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1983 einvernehmlich beendet. Der Kläger hat dem Beklagten Resturlaub von 15 Arbeitstagen aus dem Jahre 1983 vom 9. Juni bis 30. Juni 1983 gewährt – einen Urlaubstag hatte der Kläger bereits vorher erhalten – und ihm für diese Zeit eine Vergütung von 1.212,59 DM netto gezahlt.

Ohne Kenntnis des Klägers arbeitete der Beklagte während der gesamten Urlaubszeit bei einem neuen Arbeitgeber zu einem Bruttogehalt von 1.760,– DM.

Nachdem der Kläger am 3. November 1983 den Beklagten ohne Erfolg zur Rückzahlung der Urlaubsvergütung aufgefordert hatte, hat er mit der am 6. April 1984 zugestellten Klage Zahlung dieses Betrags sowie weiterer irrtümlich gezahlter 153,06 DM begehrt.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 1.365,65 DM nebst 8,5 % Zinsen seit Klagezustellung zu verurteilen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Klage hatte vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 718,94 DM nebst Zinsen (565,88 DM Rückzahlung von Urlaubsvergütung sowie weiterer vom Beklagten anerkannter 153,06 DM) verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen.

Mit seiner insoweit zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Rückzahlung der Urlaubsvergütung weiter, soweit ihm nicht stattgegeben worden ist. Der Beklagte erstrebt mit seiner Revision die Abweisung des Anspruchs auf Rückzahlung der Urlaubsvergütung.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Revision des Klägers ist nur in Höhe von 80,83 DM begründet. Dem Kläger steht ein Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten wegen der Urlaubsvergütung für insgesamt acht Urlaubstage zu, nicht, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, für sieben Urlaubstage. Im übrigen ist die Klage unbegründet.

1. Nach § 47 Abs. 8 BAT verlieren Angestellte, die ohne Erlaubnis während des Urlaubs gegen Entgelt arbeiten, hierdurch den Anspruch auf die Urlaubsvergütung für die Tage der Erwerbstätigkeit.

Diese Bestimmung enthält einen Ausschlußtatbestand für den Urlaubsentgeltanspruch von Angestellten, die ohne Zustimmung des Arbeitgebers während ihres Urlaubs gegen Entgelt arbeiten. Zugleich ist durch diese Vorschrift ein vertraglicher Rückzahlungsanspruch geregelt.

Soweit das Landesarbeitsgericht der Auffassung ist, daß auf diesen auch von ihm angenommenen Rückzahlungsanspruch die Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung nach §§ 812 ff. BGB anzuwenden seien, kann ihm nicht gefolgt werden. Aus § 47 Abs. 8 BAT ist nicht zu entnehmen, daß der Anspruch nur unter den besonderen Voraussetzungen der §§ 812 ff. BGB entstehen oder gar etwa den Einschränkungen z.B. nach § 818 Abs. 3 BGB unterliegen soll. Vielmehr muß nach der Tarifregelung davon ausgegangen werden, daß bei Erfüllung der in § 47 Abs. 8 BAT genannten Voraussetzungen sich der Anspruch unmittelbar aus dieser Bestimmung ergibt.

Der Beklagte hat während seines Urlaubs ohne Wissen des Klägers eine neue Tätigkeit aufgrund eines mit einem anderen Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsvertrags aufgenommen. Er war während seines gesamten Urlaubs vom 9. bis 30. Juni 1983 bei dem neuen Arbeitgeber zu einem Monatsgehalt von 1.760,– DM (brutto) beschäftigt. Damit hat er ohne Erlaubnis gegen Entgelt gearbeitet. Die Voraussetzungen für den Anspruch nach § 47 Abs. 8 BAT sind demnach erfüllt.

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht aber angenommen, daß dem Kläger der Anspruch auf Rückzahlung des dem Beklagten gewährten Urlaubsentgelts nur insoweit zusteht, als der Beklagte Urlaub über den gesetzlichen Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz hinaus erhalten hat.

a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, § 47 Abs. 8 BAT widerspreche insoweit § 13 BUrlG, als er dem Arbeitnehmer beim Ausscheiden in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres den diesem im gesetzlichen Umfang nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG zustehenden Urlaubsanspruch nehmen würde.

b) Dem ist jedenfalls im Ergebnis beizutreten. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts wird durch die Tarifregelung nicht unmittelbar in den Anspruch auf Urlaubsgewährung eingegriffen, der in der Befreiung von den nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Arbeitspflichten besteht (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. seit BAGE 37, 382 = AP Nr. 11 zu § 3 BUrlG Rechtsmißbrauch zuletzt das Urteil des erkennenden Senats vom 22. Oktober 1987 - 8 AZR 171/86 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Vielmehr wird der Wegfall des während des Urlaubs weiterzuzahlenden Entgelts sowie die entsprechende Rückzahlung angeordnet, wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubs unerlaubt gegen Entgelt arbeitet.

c) Dennoch ist dem Landesarbeitsgericht darin zu folgen, daß die Tarifregelung durch § 13 BUrlG im Umfang des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nicht gedeckt und daher insoweit unwirksam ist.

Durch § 1 BUrlG ist nicht nur bestimmt, daß der Arbeitnehmer von seinen Arbeitspflichten für die Dauer des Urlaubs aufgrund des Urlaubsanspruchs freigestellt wird, sondern auch sichergestellt, daß der dem Arbeitnehmer zustehende Arbeitslohn trotz Nichtleistung der Arbeit während der Urlaubszeit weiterzuzahlen ist, der nach § 611 BGB bestehende Vergütungsanspruch für die Dauer der Urlaubszeit also nicht entfällt (BAGE 45, 184, 188 = AP Nr. 14 zu § 3 BUrlG Rechtsmißbrauch). Aus § 11 Abs. 1 BUrlG ist zu entnehmen, wie für die Urlaubszeit insbesondere bei ungleichmäßigen Bezügen die Vergütung zu berechnen ist. Diese Berechnungsregel enthält die gesetzliche Grenze für die Auslegung des Begriffs „bezahlt” i.S. von § 1 BUrlG. Daraus ist zu folgern, daß die Tarifvertragsparteien nicht befugt sind, für den gesetzlichen Mindesturlaub von der nach § 1 BUrlG fortbestehenden Lohnzahlungspflicht abzuweichen. Daran ändert nichts, daß § 11 in § 13 BUrlG nicht genannt ist.

Mit Rücksicht auf die in § 1 BUrlG festgeschriebene Lohnfortzahlungspflicht sind damit tarifliche Regelungen, die von § 11 Abs. 1 BUrlG abweichen, nur zulässig, wenn damit gewährleistet ist, daß für den gesetzlichen Mindesturlaub der Lohnanspruch des Arbeitnehmers in dem durch § 11 Abs. 1 BUrlG gegebenen Rahmen erhalten bleibt. Ob daneben außerdem das Lebensstandardprinzip als Grenze tariflicher Regelungsmacht zu berücksichtigen ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Die Tarifvertragsparteien sind jedenfalls nach § 13 BUrlG nicht befugt, durch tarifliche Regelungen den für den Urlaubszeitraum nach dem Bundesurlaubsgesetz fortzuzahlenden Lohn einem Arbeitnehmer völlig zu versagen.

3. Eine solche Befugnis ist auch nicht etwa aus § 8 BUrlG herzuleiten. Nach dieser Bestimmung darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten. Hierdurch ist dem Arbeitnehmer eine gesetzlich bedingte Pflicht aus seinem Arbeitsverhältnis auferlegt, während des Urlaubs jedenfalls urlaubszweckwidrige Tätigkeiten gegen Entgelt zu unterlassen, gleichgültig, ob sie in einem Arbeits- oder einem anderen Vertragsverhältnis ausgeübt werden (BAG Urteil vom 20. Oktober 1983 - 6 AZR 590/80 - AP Nr. 5 zu § 47 BAT).

Enthält § 8 BUrlG damit nur eine Regelung über eine vertragliche Pflicht des Arbeitnehmers, bestimmte Erwerbstätigkeiten während des Urlaubs zu unterlassen, erledigen sich damit zugleich Erwägungen darüber, ob das für die Urlaubsdauer pflichtwidrig vereinbarte Rechtsverhältnis nach § 134 BGB nichtig ist; § 8 BUrlG kann ein gesetzliches Verbot i.S. dieser Vorschrift nicht entnommen werden.

Auch wenn vorliegend davon ausgegangen werden muß, daß der Beklagte seiner Vertragspflicht, urlaubszweckwidrige Erwerbstätigkeiten im Urlaub zu unterlassen, zuwidergehandelt hat, kann daraus nicht entnommen werden, daß nach § 8 BUrlG ein Anspruch des Arbeitgebers besteht, das Urlaubsentgelt im Umfang des gesetzlichen Urlaubsanspruchs aus diesem Anlaß zu kürzen, oder daß der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts in einem solchen Fall von selbst entfällt.

Für eine solche Auffassung enthalten weder der Wortlaut der Regelung noch ihr Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes einen Anhaltspunkt. Auch der mit der Vorschrift verfolgte gesetzgeberische Zweck kann nur darin gesehen werden, den Arbeitnehmer dazu anzuhalten, die durch die Befreiung von der Arbeitspflicht erlangte Freizeit nicht zu anderweitiger Erwerbstätigkeit zu nutzen. Ein solches Ziel kann nicht mit einer Rückzahlungsverpflichtung oder dem Wegfall des Anspruchs auf das Urlaubsentgelt erreicht werden. In Betracht kommen vielmehr Ansprüche des Arbeitgebers auf Schadenersatz, auf Unterlassung der Erwerbstätigkeit sowie die Möglichkeit, gegebenenfalls wegen der Erwerbstätigkeit das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu beenden. Ob solche Folgerungen hier möglich waren, braucht der Senat nicht zu entscheiden.

Die Pflichten des Arbeitgebers nach §§ 1, 3 BUrlG zur Urlaubsgewährung und dementsprechend zur Fortzahlung der Vergütung während des Urlaubs stehen nicht unter der Einschränkung, daß der Arbeitnehmer während des Urlaubs nicht erwerbstätig ist. Auch wenn der Arbeitnehmer entgegen seiner Pflicht nach § 8 BUrlG während seines Urlaubs erwerbstätig wird, entfällt dadurch weder sein Urlaubsanspruch noch die Grundlage für seinen Entgeltanspruch.

4. Damit kann der Entscheidung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 25, 260, 262 ff. = AP Nr. 1 zu § 8 BUrlG) nicht gefolgt werden. Der Fünfte Senat hatte angenommen, daß die Verletzung des § 8 BUrlG den Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewährung von Urlaubsentgelt aufhebe bzw. einen Anspruch auf Rückzahlung gewährten Urlaubsentgelts auslöse. Die Ausübung unzulässiger Erwerbsarbeit mache eine urlaubsgerechte Gestaltung der Freizeit unmöglich. Die Freizeit sei daher im Rechtssinne kein Urlaub mehr. Dies führe angesichts der Einheit von Freizeit und Urlaubsentgelt dazu, daß für den Anspruch auf Gewährung von Urlaubsentgelt die Rechtsgrundlage entfallen sei. Gezahltes Urlaubsentgelt sei daher gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB zurückzugewähren; der Anspruch auf nicht gezahltes Urlaubsentgelt entfalle.

a) Mit dieser Auffassung wird nicht berücksichtigt, daß der Inhalt des Urlaubsanspruchs nicht eine „urlaubsgerechte Gestaltung der Freizeit” umfaßt. Inhalt des Urlaubsanspruchs ist die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer für die Urlaubsdauer von den an sich geschuldeten Arbeitspflichten zu befreien. Die nach § 8 BUrlG dem Arbeitnehmer auferlegten Pflichten entstehen erst nach Erfüllung des Urlaubsanspruchs durch den Arbeitgeber, so daß hieraus nichts für die Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs oder den weiterzugewährenden Entgeltanspruch gefolgert werden kann.

b) Der vom Fünften Senat (aaO) der Entscheidung zugrunde gelegten Auffassung, der Urlaubsanspruch sei ein Einheitsanspruch, der aus Freizeitgewährung und Fortzahlung der Vergütung für die Urlaubszeit bestehe, ist der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts seit dem Urteil vom 13. Mai 1982 (BAGE 39, 53 = AP Nr. 4 zu § 7 BUrlG Übertragung) in ständiger Rechtsprechung nicht mehr gefolgt. Der erkennende Senat hat sich dieser Änderung der Rechtsprechung angeschlossen (Urteil vom 14. Mai 1986 - 8 AZR 604/84 - AP Nr. 26 zu § 7 BUrlG Abgeltung). Damit ist ausgeschlossen, daß die Verletzung der Pflicht des Arbeitnehmers nach § 8 BUrlG zugleich eine Wirkung auf den Entgeltanspruch haben könnte. Abgesehen davon ist der Anspruch auf Urlaubsentgelt nach § 11 Abs. 2 BUrlG vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen. Hat dies der Arbeitgeber getan, ist die Verbindlichkeit erloschen. Ein Wegfall der Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Urlaubsentgelt kommt nicht in Betracht; ein Anspruch des Arbeitgebers nach § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Alternative BGB scheidet daher schon aus diesem Grunde aus.

c) Ein Anspruch nach § 812 BGB muß aber auch deshalb verneint werden, weil auch im übrigen die Voraussetzungen für einen Anspruch aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung nicht gegeben sind. Der Fünfte Senat (aaO) hatte angenommen, mit dem Urlaubsanspruch werde eine besondere Erfolgserwartung – nämlich die Erholung des Arbeitnehmers – verbunden. Es erscheine daher geboten, an den Wegfall dieser Erwartung die Rechtsfolgen aus § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB zu knüpfen.

Soweit der Fünfte Senat mit dieser Erwägung auf § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alternative BGB abgestellt hat, fehlt es auch für diese Verknüpfung an einer zureichenden Grundlage. Der nach dieser Vorschrift „nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg” ist nur gegeben, wenn wenigstens eine tatsächliche Willensübereinstimmung der Beteiligten über den verfolgten Zweck vorliegt (vgl. zuletzt z.B. BGH Urteil vom 23. September 1983 - V ZR 67/82 - NJW 1984, 233 m.w.N.). Dies trifft auf die nach Auffassung des Fünften Senats „mit dem Urlaubsanspruch verbundene besondere Erfolgserwartung” ersichtlich nicht zu, weil hierüber zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer keine Einigkeit in irgendeiner Form besteht. Der „Urlaubszweck” nach dem Bundesurlaubsgesetz ist durch die Gesetzgebung zum Bundesurlaubsgesetz bestimmt, jedenfalls aber nicht von den Parteien des Arbeitsverhältnisses übereinstimmend vorausgesetzt. Der Fünfte Senat hat damit zwei miteinander nicht vergleichbare „Zwecke” gleichgesetzt. Dem kann nicht gefolgt werden. Ob es im übrigen mit Rücksicht auf § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB überhaupt Anwendungsfälle für § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alternative BGB geben kann, bedarf keiner Erwägung des Senats.

Scheidet ein Rückzahlungsanspruch für den gesetzlichen Urlaubsanspruch nach § 8 BUrlG daher aus, kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß der gesetzliche Urlaubsanspruch und ebenso der während des Urlaubs weiterbestehende Lohnanspruch nach §§ 1, 3 BUrlG etwa unter einem sich nach § 8 BUrlG ergebenden Vorbehalt stünden. Aus diesem Grund sind auch Tarifvertragsparteien nicht befugt, Regelungen zu treffen, mit denen in den während des gesetzlichen Urlaubsanspruchs weiterbestehenden Entgeltanspruch eingegriffen wird. § 47 Abs. 8 BAT ist daher insoweit unwirksam, als der nach der Tarifvorschrift entstehende Rückzahlungsanspruch den gesetzlichen Urlaub betrifft.

Daran ändert nichts, daß vorliegend der Tarifvertrag nicht kraft Tarifbindung, sondern aufgrund der Vereinbarung der Parteien auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden war, § 13 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 BUrlG.

5. Im übrigen bestehen gegen die Tarifbestimmung keine rechtlichen Bedenken, soweit sie Urlaubsansprüche betrifft, die über den gesetzlichen Urlaub hinaus tariflich geregelt sind.

Der erkennende Senat hat bereits mehrfach dargelegt (vgl. zuletzt Urteil vom 12. Oktober 1987 - 8 AZR 171/86 -, zur Veröffentlichung bestimmt), daß die Tarifvertragsparteien nicht gebunden sind, in diesem Rahmen Urlaubsansprüche an Bedingungen oder Vorbehalte zu knüpfen oder sie auch inhaltlich abweichend vom gesetzlichen Urlaubsanspruch auszugestalten. Die Tarifvertragsparteien sind damit nicht gehindert, für einen tariflichen Urlaubsanspruch den Wegfall des Entgeltanspruchs vorzusehen, wenn wie hier der Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Arbeitgebers während des Urlaubs erwerbstätig wird.

6. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Beklagte von dem ihm im Jahre 1983 zustehenden Urlaubsanspruch von 16 Tagen bereits einen Urlaubstag erhalten. Der Anteil des gesetzlichen Urlaubs beträgt insgesamt für den Beklagten nach §§ 1, 3, § 5 Abs. 1 Buchst. c und § 5 Abs. 2 BUrlG acht Arbeitstage.

Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Berechnung, mit der es einen gesetzlichen Urlaubsanteil von neun Tagen angenommen hat, nicht berücksichtigt, daß der Kläger nur an fünf Tagen der Woche regelmäßig gearbeitet hat, der Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz aber nach Werktagen bemessen ist. Damit muß der Anspruch in Arbeitstage umgerechnet werden (vgl. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom 27. Januar 1987 - 8 AZR 579/84 - AP Nr. 30 zu § 13 BUrlG). Diese Umrechnung ergibt einen Jahresanspruch von 15 Urlaubstagen und damit nur acht Urlaubstage bei Ausscheiden des Arbeitnehmers am 30. Juni.

Da der Beklagte während der gesamten 15 verbleibenden Urlaubstage gearbeitet hat, kann der Kläger mit Rücksicht darauf, daß dem Beklagten schon vorher ein Urlaubstag gewährt worden war, vom Beklagten für insgesamt acht Urlaubstage Rückzahlung des Urlaubsentgelts verlangen, also das Entgelt für einen Urlaubstag mehr, als das Landesarbeitsgericht angenommen hat. Dem Kläger steht daher eine Forderung von insgesamt 646,71 DM zu (1.212,59: 15 × 8 = 646,71), also ein weiterer Betrag von 80,83 DM.

II.

Die Revision des Beklagten ist unbegründet.

An den Erwägungen zu I. ändert sich entgegen der Auffassung des Beklagten nichts dadurch, daß der Urlaub des Beklagten am Ende des Arbeitsverhältnisses vom Kläger gewährt worden ist.

Bis zum rechtlichen Ende am 30. Juni 1983 unterlag das Arbeitsverhältnis den durch den Arbeitsvertrag und § 47 Abs. 8 BAT gestalteten Bindungen. Eine Ausnahme für Urlaub, der zugleich mit dem Arbeitsverhältnis endet, besteht nicht.

Ob der Beklagte im übrigen von dem Kläger die Erteilung der Erlaubnis zu der von ihm ausgeübten Erwerbstätigkeit hätte fordern können oder der Kläger auf einen Antrag des Beklagten, diese Erwerbstätigkeit auszuüben, seine Zustimmung hierzu nicht hätte verweigern dürfen, bedarf keiner Erwägung des Senats, weil der Beklagte hierfür weder Tatsachen vorgetragen, noch entsprechende Rügen erhoben hat.

 

Unterschriften

Michels-Holl, Dr. Leinemann, Richter Schliemann ist wegen Erkrankung an der Unterschriftsleistung verhindert. Michels-Holl, Harnack, Hannig

 

Fundstellen

Haufe-Index 60132

BAGE 57, 366-374 (LT1-3)

BAGE, 366

BB 1988, 2246-2248 (LT1-3)

DB 1988, 1554-1555 (LT1-3)

NJW 1988, 2757

NJW 1988, 2757-2758 (LT1-3)

SteuerBriefe 1988, 348-348 (S)

AiB 1989, 130-131 (ST1-2)

BetrR 1989, 121-121 (ST1-2)

ARST 1988, 138-139 (LT1-3)

JR 1989, 44

NZA 1988, 607-609 (LT1-3)

RdA 1988, 255

ZIP 1988, 1074

ZIP 1988, 1074-1077 (LT)

ZTR 1988, 386-388 (LT1-3)

AP, (LT1-3)

AR-Blattei, ES 1640 Nr 307 (LT1-3)

AR-Blattei, Urlaub Entsch 307 (LT1-3)

DÖD 1988, 264-267 (LT1-3)

EzA, (LT1-3)

EzBAT, Urlaubsvergütung Nr 6 (LT1-3)

MDR 1988, 889-890 (LT1-3)

VR 1989, 69 (K)

Belling / Luckey 2000, 88

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