Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung des Arbeitsplatzes - Billigkeitskontrolle

 

Orientierungssatz

1. Ein Arbeitnehmer hat in einem ungekündigtem Arbeitsverhältnis einen Anspruch darauf, im Rahmen seines Arbeitsvertrages beschäftigt zu werden. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Schutz seiner Persönlichkeit (Art 1, 2 GG).

Allerdings kann der Arbeitnehmer nicht selbst bestimmen, wo er vom Arbeitgeber eingesetzt werden will.

2. Der Arbeitgeber hat jedoch bei der Ausübung dieser einseitigen Leistungsbestimmung, wie stets bei der Ausübung des Direktionsrechts, die Grundsätze billigen Ermessens zu wahren.

3. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn sie die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat.

 

Normenkette

GG Art. 1-2; BGB §§ 611, 315 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 08.09.1987; Aktenzeichen 11 (9) Sa 485/86)

ArbG Köln (Entscheidung vom 05.03.1986; Aktenzeichen 10 Ca 9786/85)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger verlangen kann, auf einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt zu werden.

Der am 18. Januar 1931 geborene Kläger ist Dipl.-Kaufmann und seit 1961 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 1. Januar 1968 war er als Geschäftsführer verschiedener Tochtergesellschaften der Beklagten (DLH) tätig.

Im Zusammenhang mit der Bestellung des Klägers zu einem der Geschäftsführer der Lufthansa Service GmbH (LSG) haben die Parteien am 1. April 1981 einen neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen (von ihnen als "Rückfallvertrag" bezeichnet). Dieser hat u. a. folgenden Wortlaut:

" ...

2. Die Rechte und Pflichten des Mitarbeiters er-

geben sich aus den Bestimmungen der Abschnitte

II, III, IV §§ 12, 12 a, V § 17 und VI - VIII -

ausgenommen §§ 30 und 31 - des jeweils gültigen

Manteltarifvertrages für das Bodenpersonal so-

wie aus den jeweils gültigen Betriebsverein-

barungen und Dienstvorschriften der DLH.

3. Die DLH behält sich vor, den Mitarbeiter ent-

sprechend seinen Leistungen und Fähigkeiten mit

einer anderen im Interesse des Unternehmens

liegenden Tätigkeit zu betrauen. Der Vorbehalt

erstreckt sich auch auf eine Beschäftigung an

einem anderen Ort als dem derzeitigen Einsatz-

ort oder bei einer Tochtergesellschaft der DLH.

4. Herr Dr. K ist mit Wirkung vom 01.04.1981

zu unserem Tochterunternehmen Lufthansa Service

GmbH (LSG) abgestellt worden. Aufgaben, Rechte,

Pflichten und Vergütung regelt der Dienstver-

trag zwischen der LSG und Herrn Dr. K .

5. Herr Dr. K erhält eine außertarifliche Ver-

gütung.

.....

Jahresgrundbezüge DM 100.500,--

Zulage (jährlich) DM 14.400,--

Gesamtvergütung (monatlich) DM 9.575,--.

.......

11. Die Bestimmungen dieses Vertrages ruhen mit Aus-

name der Ziffern 1, 2, 3, 4, 8, 9, 10 und 12 für

die Dauer des Dienstverhältnisses mit der LSG."

Andere vermögenswerte Vorteile wie Freiflüge oder ein Dienstwagen werden in diesem Vertrag nicht erwähnt.

Ebenfalls am 1. April 1981 hat der Kläger einen Dienstvertrag mit der Lufthansa Service GmbH (LSG) abgeschlossen und ist gleichzeitig für die Dauer von fünf Jahren zu einem der drei Geschäftsführer dieser Gesellschaft bestellt worden. Dafür hat er eine Vergütung von monatlich 12.900,-- DM bezogen. Darüber hinaus erhielt er einen Dienstwagen und für sich und seine Familie Freiflüge. Die LSG ist eine Tochtergesellschaft der Beklagten mit etwa 327.000.000,-- DM Umsatz und mehr als 3.000 Beschäftigten.

Für den Fall der Auflösung des Dienstvertrages mit der LSG sollte sich die Vergütung des Klägers wieder nach dem Arbeitsvertrag vom 1. April 1981 (sogen. "Rückfallvertrag") richten.

Ende des Jahres 1982 kam es zwischen dem Kläger und den anderen Mitgeschäftsführern der LSG zu Meinungsverschiedenheiten. Am 24. März 1983 unterzeichnete der Kläger eine Vereinbarung, wonach der Dienstvertrag mit der LSG mit Wirkung zum 31. März 1983 einvernehmlich endete und die vertraglich vereinbarten Regelungen noch bis zum 30. Juni 1983 weitergewährt wurden. Ab dem 1. Juli 1983 trat der mit der Beklagten vereinbarte Arbeitsvertrag vom 1. April 1981 ("Rückfallvertrag") wieder in Kraft.

Der Kläger hat seine Zustimmung zu diesen Vereinbarungen später erfolglos angefochten. Das Landgericht Frankfurt hat mit Urteil vom 26. Februar 1987 (3/10 0 178/85) seine Klage auf Fortzahlung des Geschäftsführergehalts aus seinem Dienstvertrag mit der LSG abgewiesen. Nach dem Ausscheiden des Klägers als Geschäftsführer der LSG streiten die Parteien darüber, mit welchen Tätigkeiten die Beklagte den Kläger weiterbeschäftigen muß.

Der Kläger hat zunächst nur 18 Monate als Leiter der Abteilung kaufmännische Verwaltung und Allgemeine Dienste, Datenverarbeitung und Fernmeldedienste (FRAKE 5) bei der Beklagten gearbeitet. Er hat sich gegen diese nach seiner Meinung unterwertige Beschäftigung gewandt und mit Urteil des LAG Köln vom 5. September 1984 - 7 Sa 510/84 - die Feststellung erwirkt, daß er nicht verpflichtet ist, als Leiter der Abteilung FRAKE 5 zu arbeiten. Danach hat er bei der Beklagten nicht weitergearbeitet. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die weiteren von der Beklagten angebotenen Beschäftigungsmöglichkeiten angemessen waren.

Der Kläger verlangt in erster Linie von der Beklagten eine Position, die seiner Geschäftsführertätigkeit bei der LSG gleichwertig ist. Er hat seine Forderung vor diesem Rechtsstreit zunächst erfolglos mit einer einstweiligen Verfügung durchzusetzen versucht.

Der Kläger hält daran in diesem Rechtsstreit fest und ist der Auffassung, daß alle von der Beklagten angebotenen Tätigkeiten unterwertig seien. Die Beklagte entziehe sich damit ihrer Verpflichtung, ihn entsprechend seiner früheren Tätigkeit als Geschäftsführer der LSG angemessen zu beschäftigen. Dazu sei sie nach der Rechtsprechung und nach § 41 Abs. 3 des Manteltarifvertrages Nr. 12 für das Bodenpersonal vom 16. Juli 1984 verpflichtet, der folgenden Wortlaut hat:

"§ 41 Ordentliche Kündigung

......

(3) Nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren

ist eine ordentliche Kündigung einschließlich

der ordentlichen Änderungskündigung durch DLH/

LSG/CFG ausgeschlossen.

Das Recht von DLH/LSG/CFG, dem unkündbaren Mit-

arbeiter aus gerechtfertigtem Grunde andere Auf-

gaben zu übertragen, bleibt hiervon unberührt.

DLH/LSG/CFG sind zur Übertragung anderer ange-

messener Aufgaben verpflichtet, wenn der bis-

herige Arbeitsplatz des unkündbaren Mitarbeiters

wegfällt."

Dagegen habe die Beklagte verstoßen, denn alle ihm zugewiesenen Tätigkeiten hätten nicht der eines Geschäftsführers der LSG und nicht seiner Befähigung entsprochen.

Der Kläger fühlt sich dadurch, daß ihn die Beklagte nach seinem Ausscheiden bei der LSG nicht oder nicht angemessen beschäftigt habe, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Er werde durch die Nichtbeschäftigung psychisch beeinträchtigt und in seinem sozialen Ansehen herabgesetzt und fordere deswegen Schmerzensgeld.

Der Kläger hat beantragt,

I. 1. a. Es wird der Beklagten bei Vermeidung eines

für den Fall der Nicht-Vornahme nach dem

Ermessen des Gerichts festzusetzenden Ord-

nungsgeldes oder Ordnungshaft aufgegeben,

den Kläger nach Maßgabe der Urteile des

Arbeitsgerichts Köln vom 28. Februar 1984 und

des Landesarbeitsgerichts Köln vom

05. September 1984 zu beschäftigen, d.h.

eine Stelle wahlweise in ihrem Unternehmen

oder einer ihrer Tochtergesellschaften mit

dem Kläger zu besetzen, die seinen bei der

Tätigkeit als kaufmännischer Geschäftsführer

einer Tochtergesellschaft der Beklagten mit

ca. DM 327 Millionen Umsatz und mehr als

3.000 Mitarbeitern bis zum 31. März 1983

gezeigten Leistungen und Fähigkeiten in

Verantwortung und Aufgabe entspricht.

b. Dies kann die Beklagte beispielsweise durch

Zuweisung einer der folgenden Stellen:

- Vorstand der Delvag-Luftfahrt-Versicherungs-

Aktiengesellschaft, oder

- Geschäftsführer der Condor Flugdienst GmbH,

oder

- Gechäftsführer der Lufthansa-Service GmbH,

oder

- Fachdirektor Zentrale Planung und Steuerung

(CGN DK), oder

- Fachdirektor Material (HAM DM), oder

- Beteiligungen wirtschaftliche Zusammenarbeit

(CGN CB),

- Zentrale Organisation (CGN CO),

- Revision (CGN CR),

- Hauptabteilung Streckenplanung und

Steuerung (CGN KA),

- Hauptabteilung Planung und Steuerung, Auf-

wand, Beteiligung; Koordinationen, Konzern-

Planung (CGN KB),

- Hauptabteilung Rechnungswesen (CGN KR),

- Hauptabteilung kaufmännische Verwaltung,

Köln/Hamburg (HAM KC),

- Hauptabteilung Finanzierung und Kredit

(CGN KF),

- Hauptabteilung Schulungszentrum Seeheim

(QSH XS),

- Hauptabteilung Materialplanung und Material-

steuerung (HAM MP),

- Hauptabteilung Beschaffung (HAM ME),

- Hauptabteilung Betriebswirtschaft

Technik (HAM WP),

- Hauptabteilung Fertigungs- und Wirtschaft-

lichkeitskontrolle Flugzeugwartung (FRA WV).

2. Hilfsweise wird beantragt,

der Beklagten bei Vermeidung eines für den Fall

der Nicht-Vornahme nach dem Ermessen des

Gerichts festzusetzenden Ordnungsgeldes oder Ord-

nungshaft aufzugeben, eine Stelle als Leiter einer

der im Organigramm der Beklagten aufgeführten Or-

ganisationseinheiten, die ausweislich des Organi-

gramms direkt dem Vorstand unterstellt sind, oder

eine der im Antrag zu 1) unter b. genannten

Stellen, soweit sie nicht zu den vorbenannten

Stellen gehören, mit dem Kläger zu besetzen.

3. Weiter hilfsweise wird beantragt,

der Beklagten bei Vermeidung eines für den Fall

der Nicht-Vornahme nach Ermessen des Gerichts

festzusetzenden Ordnungsgeldes oder Ordnungshaft

aufzugeben, einer der im Antrag zu 1) unter b.

genannten Stellen mit dem Kläger zu besetzen.

4. Noch weiter hilfweise wird beantragt,

a) daß das Gericht eine Stelle nach den Maßstäben

die in den Urteilen des Arbeitsgerichts Köln

vom 28. Februar 1984, des Landesarbeitsgerichts

Köln vom 5. September 1984 und des angefochtenen

Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 5. März 1986

festgelegt sind , bestimmt

b) und der Beklagten aufgibt, diese Stelle bei

Vermeidung eines für den Fall der Nicht-Vor-

nahme nach dem Ermessen des Gerichts festzu-

setzenden Ordnungsgeldes oder Ordnungshaft

mit dem Kläger zu besetzen.

5. Äußerst hilfsweise wird beantragt,

der Beklagten bei Vermeidung eines für den Fall

der Nicht-Vornahme nach dem Ermessen des Ge-

richts festzusetzenden Ordnungsgeldes oder Ord-

nungshaft aufzugeben,

a) sämtliche Stellen in ihrem Unternehmen und

in ihren Tochtergesellschaften zu benennen,

die den im Antrag zu 1) unter a. genannten

Anforderungen entsprechen,

b) und nach Erteilung der Auskunft eine dieser

Stellen mit dem Kläger zu besetzen.

II. Weiter wird beantragt,

die Beklagte zur Zahlung eines nach dem Ermessen

des Gerichtes festzusetzenden Schadenersatzes,

mindestens aber von 10.000,-- DM, an den Kläger

zu verurteilen.

III. Es wird festgestellt, daß die dem Kläger von der Be-

klagten mit Schreiben vom 28. November 1985 sowie

Schreiben vom 20. Januar 1986 angebotene Stelle (Ko-

ordination "Ausbau Flughafen Frankfurt" FRA D0/KFF)

nicht den Anforderungen der Ziff. 3 des Arbeitsver-

trages zwischen den Parteien vom 1. April 1981 ent-

spricht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und dazu ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Tätigkeit, die mit der eines Geschäftsführers der LSG vergleichbar sei. Ein solcher Anspruch ergebe sich auch nicht aus Ziff. 3 des Arbeitsvertrages vom 1. April 1981 ("Rückfallvertrag"). Die vom Kläger im einzelnen begehrten Positionen seien alle besetzt. Im übrigen seien die Vorstandsmitglieder der Tochtergesellschaften nicht von der Beklagten, sondern von den Aufsichtsräten zu wählen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage nur stattgegeben, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, daß die ihm angebotene Aufgabe der Koordination "Ausbau Flughafen Frankfurt" nicht den Anforderungen der Ziff. 3 des Arbeitsvertrages vom 1. April 1981 entspricht. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts dahingehend abgeändert, daß die Klage insgesamt abgewiesen wird.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel und die Zurückweisung der Anschlußberufung weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Kläger hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung seines Hilfsantrages I 4 (Bestimmung einer Tätigkeit durch das Gericht) wendet. Insoweit ist der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im übrigen ist die Revision nicht begründet.

I. 1. Die Vorinstanz hat die Klage zu Recht als unbegründet angesehen, soweit der Kläger mit seinen Anträgen I Nr. 1 und Nr. 3 erreichen will, daß die Beklagte ihn entsprechend seiner früheren Tätigkeit als kaufmännischer Geschäftsführer einer der LSG vergleichbaren Tochtergesellschaft beschäftigen muß. Diese Tätigkeiten hat er mit seinem Antrag I 1 b wahlweise bezeichnet. Daran schließt sich der dritte Hilfsantrag (I 3) an, mit dem er nichts anderes begehrt als mit seinem Antrag I 1 b, nämlich die Beschäftigung in einer im Antrag I 1 b genannten Position. Insoweit handelt es sich nicht um einen Hilfsantrag, sondern um die Umschreibung des zuvor schon gestellten Hauptantrages I 1 b. Der Antrag I 3 hat keine rechtlich selbständige Bedeutung.

2. Der Kläger will mit den vorgenannten Anträgen eine Beschäftigung entsprechend seiner Geschäftsführertätigkeit - auf bestimmten Arbeitsplätzen - erreichen. Das Landesarbeitsgericht hat die darauf gerichtete Klage nach § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO als unzulässig angesehen, weil der Antrag zu unbestimmt und nicht vollstreckungsfähig sei.

Der Antrag kann jedoch dahin ausgelegt und verstanden werden, daß der Kläger eine Position beansprucht, die seiner früheren Geschäftsführertätigkeit gleichwertig ist. Die darauf gerichtete Klage ist nicht begründet, weil sich ein solcher Anspruch aus dem allein noch maßgebenden Arbeitsvertrag vom 1. April 1981 (sogenannter "Rückfallvertrag") nicht ergibt. Das Berufungsgericht hat ihn in revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise dahin ausgelegt, daß der Kläger nur eine Tätigkeit in der Gehaltsklasse von 9.575,-- DM brutto beanspruchen könne und nicht mit seinen Bezügen als Geschäftsführer von 12.900,-- DM brutto monatlich.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist zur näheren Bestimmung des dem Kläger anzubietenden Tätigkeitsbereichs nicht von dessen Stellung bei der LSG, sondern allein von den Vereinbarungen im "Rückfallvertrag" vom 1. April 1981 auszugehen. Zwar sei die Tätigkeit in diesem Vertrag nicht genau beschrieben, jedoch bestimme sie sich nach dem Maßstab des Monatsgehalts von 9.575,-- DM brutto, das um 1/4 unter dem vorher bezogenen Geschäftsführergehalt von 12.900,-- DM liege, abgesehen vom Wegfall eines Dienstwagens und der Freiflüge für seine Familie. Sinn und Zweck des Rückfallvertrages vom 1. April 1981 sei nicht die Sicherung einer Position des Klägers, die er vorher bei der LSG ausgeübt habe, sondern - entsprechend dem typischen Zweck eines sogenannten Auffangvertrages - die Sicherstellung des Klägers für den Fall der Beendigung der Rechtsbeziehungen zur LSG. Es habe lediglich eine Mindestsicherung geschaffen werden sollen, nicht aber eine Fortschreibung des bei der LSG erworbenen Besitzstandes. Das sei zwar lediglich für die finanzielle Ausstattung ausdrücklich geregelt, müsse aber auch für seine Dienststellung und die ihm zu übertragenen Aufgaben gelten.

Diese Auslegung des "Rückfallvertrages" vom 1. April 1981 kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin nachgeprüft werden, ob das Berufungsgericht gegen die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB, gegen die Gesetze der Logik oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. u.a. BAG Urteil vom 17. Februar 1966 - 2 AZR 162/65 - AP Nr. 30 zu § 133 BGB). Dabei sind alle Begleitumstände zu würdigen, die dafür, welchen Willen die Beteiligten bei ihren Erklärungen gehabt haben, von Bedeutung sind (BAGE 22, 424, 426 = AP Nr. 33 zu § 133 BGB).

Einen danach rechtserheblichen Auslegungsfehler hat die Vorinstanz nicht begangen. Der Rückfallvertrag vom 1. April 1981 trat nach Beendigung der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer in Kraft und sieht in Ziff. 5 das von der Vorinstanz als Bewertungsmaßstab herangezogene Gehalt von 9.575,-- DM monatlich ausdrücklich vor. Der Kläger kann auf den Geschäftsführervertrag nicht zurückgreifen, weil er am 24. März 1983 eine Vereinbarung über die Beendigung dieser Tätigkeit mit Wirkung vom 31. März 1983 rechtsverbindlich unterzeichnet hat, wonach der als "Rückfallvertrag" bezeichnete Arbeitsvertrag ab 1. Juli 1983 wieder in Kraft treten soll. Der Kläger hat seine Zustimmungserklärung zu dieser Regelung erfolglos angefochten. Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 26. Februar 1987 - 3/10 0 178/85 - seine Klage auf Fortzahlung des Geschäftsführergehalts abgewiesen.

II. Ebensowenig kann der Kläger mit seinem Hilfsantrag I Nr. 2 verlangen, ihn in einer unmittelbar dem Vorstand unterstellten Tätigkeit zu beschäftigen. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht dafür keine Anspruchsgrundlage in dem allein noch maßgebenden "Rückfallvertrag" vom 1. April 1981 gesehen. Eine andere Rechtsgrundlage besteht nicht, wie vorstehend schon unter I 2 der Entscheidungsgründe ausgeführt worden ist.

III. Allerdings ist die Revision begründet, soweit der Kläger sich gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanz hinsichtlich seines Hilfsantrages I Nr. 4 wendet.

1. Zwar ist der Antrag mißverständlich formuliert, denn nach dem Eingangssatz strebt der Kläger die Beschäftigung in einer Tätigkeit nach den Maßstäben an, die das Arbeitsgericht Köln im Urteil vom 28. Februar 1984 und das Landesarbeitsgericht Köln im Urteil vom 5. September 1984 als verbindlich angesehen haben. Das Gericht solle der Beklagten aufgeben, unter Androhung eines Ordnungsgeldes diese Stelle mit dem Kläger zu besetzen.

In den vorgenannten Urteilen haben die Gerichte jedoch nur eine negative Abgrenzung dahin vorgenommen, daß eine Beschäftigung des Klägers als Leiter der Abteilung FRAKE 5 nicht seinen Leistungen und Fähigkeiten entspreche, wie sie nach Ziffer 3 des Arbeitsvertrages vom 1. April 1981 vorausgesetzt werden. Der Kläger will nicht klären lassen, wo er nicht beschäftigt werden darf, sondern erstrebt in diesem Rechtsstreit eine positive Entscheidung: Nämlich - hilfsweise - eine Beschäftigung nach Maßgabe des Vertrages vom 1. April 1981, die einem Gehaltsniveau von derzeit 9.575,-- DM entspricht. Das ergibt sich auch aus der Revisionsbegründung, mit der er eine Entscheidung des Gerichts gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB begehrt.

2. Der Kläger hat in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis Anspruch darauf, im Rahmen seines Arbeitsvertrages beschäftigt zu werden. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Schutz seiner Persönlichkeit (Art. 1, 2 GG). Eine Freistellung von der Arbeit ist gegen seinen Willen nur in Ausnahmefällen zulässig (vgl. grundlegend BAGE 2, 221, 224 = AP Nr. 2 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; BAGE 28, 168, 172 = AP Nr. 4 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu I 3 a der Gründe).

Allerdings kann der Kläger nicht selbst bestimmen, wo er von der Beklagten eingesetzt werden will, abgesehen davon, daß die Beklagte sich diese Bestimmung in Ziffer 3 des Rückfallvertrages vom 1. April 1981 ausdrücklich vorbehalten hat.

Die Beklagte hat jedoch bei der Ausübung dieser einseitigen Leistungsbestimmung wie stets bei der Ausübung des Direktionsrechts die Grundsätze billigen Ermessens (§ 315 Abs. 1 BGB) zu wahren (vgl. u.a. BAGE 33, 71, 75 = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht, zu III 1 der Gründe m.w.N.). Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn sie die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (BAGE 47, 238, 249 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht zu A II 2 der Gründe).

Eine solche Bestimmung strebt der Kläger mit seinem Hilfsantrag I Nr. 4 an. Das Recht hierauf hat der Kläger nicht dadurch verloren, daß er die bisher von der Beklagten angebotenen Beschäftigungen abgelehnt hat, wie das Landesarbeitsgericht offenbar meint. Die Ablehnungen durch den Kläger beruhten offensichtlich auf seiner unzutreffenden Rechtsansicht, er könne eine Tätigkeit beanspruchen, die seiner früheren Geschäftsführertätigkeit etwa gleichwertig sei. Wenn das Berufungsgericht aber meint, der Kläger habe an die ihm zugewiesenen Arbeitsaufgaben zu hohe Anforderungen gestellt, so muß das Gericht gemäß § 315 Abs. 3 BGB darüber entscheiden, ob die von der Beklagten zugewiesene Tätigkeit vertragsgemäß ist und billigem Ermessen entspricht. Ist das nicht der Fall, so muß die Bestimmung durch Urteil getroffen werden (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Das hat die Vorinstanz zu prüfen und notfalls über die von der Beklagten angebotenen Tätigkeiten durch Urteil zu entscheiden, wo der Kläger nach Maßgabe seines Arbeitsvertrages zu beschäftigen ist ( § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Insoweit bedarf die Sache weiterer Aufklärung in der Vorinstanz.

IV. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß dem Kläger aufgrund der Nichtbeschäftigung bzw. seiner Beschäftigung in den ersten 18 Monaten nach Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit in der Position FRAKE 5 kein Schmerzensgeld gemäß § 823 Abs. 1, § 847 BGB zusteht. Dafür sei es erforderlich, daß eine schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliege, wofür die Schwere des Eingriffs, der Grad des Verschuldens, Art und Schwere der Beeinträchtigung sowie Anlaß und Beweggrund des Handelns zu berücksichtigen seien. Das Berufungsgericht hat sich dabei an anerkannte Rechtsgrundsätze gehalten (vgl. BAG Urteil vom 21. Februar 1979 - 5 AZR 568/77 - AP Nr. 13 zu § 847 BGB, zu B II 2 a der Gründe). Der Kläger wiederholt demgegenüber nur seine Rechtsausführungen aus der Vorinstanz ohne neue Gesichtspunkte. Aus seinem Sachvortrag ergibt sich kein schweres Verschulden der Beklagten. Die Parteien streiten von unterschiedlichen Rechtsstandpunkten her über angemessene Beschäftigungsbedingungen. Dem Genugtuungsinteresse des Klägers wird durch eine vertragsgemäße Weiterbeschäftigung in ausreichendem Maße Rechnung getragen.

V. Der Kläger wendet sich zu Unrecht gegen die Anschlußberufung der Beklagten, denn er kann nicht die Feststellung begehren, daß er die ihm angebotene Tätigkeit zur Koordination der Arbeiten beim Ausbau des Flughafens Frankfurt als nicht vertragsgemäß ablehnen durfte.

Wenn der Kläger der Meinung ist, die angebotene Tätigkeit sei nicht vertragsgemäß oder die Beklagte habe ihre Leistungsbestimmung nicht im Rahmen billigen Ermessens getroffen, so muß er innerhalb angemessener Frist zur Klarstellung der vertraglich geschuldeten Leistung eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen (BAGE 18, 54, 59 = AP Nr. 9 zu § 611 BGB Fleischbeschauer - Dienstverhältnis, zu 4 der Gründe). Er kann dieses Ziel aber nicht mit einer negativen Feststellungsklage erreichen, weil dann nur entschieden wird, welche Tätigkeiten ihm n i c h t übertragen werden dürfen. Dann bleibt aber offen, wo er eingesetzt werden kann. Er will aber gerade eine vertragsgemäße Beschäftigung erreichen und begehrt darüber eine Entscheidung. Dazu muß die Beklagte eine einseitige Leistungsbestimmung im Rahmen billigen Ermessens treffen (§ 315 Abs. 1 BGB). Wird sie nicht getroffen oder verzögert, kann er eine gerichtliche Entscheidung verlangen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Das gilt ebenfalls, wenn der Kläger die Entscheidung nicht für vertragsgemäß oder für unbillig hält. Mit einer Feststellungsklage, die sich auf die Unwirksamkeit dieser Entscheidung beschränkt, versperrt er sich den Weg zu einem Gestaltungsurteil, das er aber erreichen will. Dahin kommt er nur mit einer Gestaltungsklage mit dem Ziel der Aufhebung der unverbindlichen Entscheidung und der Neubestimmung durch Urteil gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB im vertraglichen Rahmen (Soergel/Wolf, BGB, 11. Aufl., § 315 Rz 51; RGRK-BGB (Ballhaus), 12. Aufl., § 315 Rz 18, 19).

Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog

Dr. Kalb Nitsche

 

Fundstellen

Dokument-Index HI440388

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