Entscheidungsstichwort (Thema)

Weiterbeschäftigung eines Redaktionsvolontärs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 78a BetrVG ist nicht nur auf die nach §§ 25 ff BBiG staatlich anerkannten Ausbildungsberufe anzuwenden, sondern auch auf Ausbildungsverhältnisse, die tariflichen Regelungen entsprechen und eine geordnete Ausbildung von mindestens zwei Jahren Dauer vorsehen.

2. Durch den Abschluß eines Ausbildungsvertrags entsprechend dem (Tarif-) Vertrag über Ausbildungsrichtlinien für Redaktionsvolontäre an Tageszeitungen vom 1. September 1969 wird ein Berufsausbildungsverhältnis iS von § 78a BetrVG begründet.

3. § 118 Abs 1 Nr 2 BetrVG steht der Begründung eines Arbeitsverhältnisses nach § 78a Abs 2 BetrVG mit einem Redaktionsvolontär nach Beendigung der Ausbildung nicht entgegen. Diese Rechtswirkung kann aus Gründen des Tendenzschutzes entfallen, wenn tendenzbedingte Gründe die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers als für den Arbeitgeber unzumutbar ausschließen.

 

Normenkette

TVG § 1; BBiG § 19; BetrVG §§ 6, 5; KSchG § 15; BetrVG §§ 103, 78a; KSchG 1969 § 15; BBiG § 1 Abs. 2; BetrVG § 118 Abs. 1, § 24 Abs. 1 Nr. 3; BBiG § 25

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 06.08.1980; Aktenzeichen 2 Sa 46/80)

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 27.11.1979; Aktenzeichen 4 Ca 338/79)

 

Tatbestand

Der am 21. April 1958 geborene Kläger schloß mit der Beklagten, einem Zeitungsverlag, einen bis 31. Juli 1979 befristeten schriftlichen Ausbildungsvertrag für Redaktionsvolontäre an Tageszeitungen, aufgrund dessen er seit dem 1. August 1977 tätig war. Dieser Vertrag lautet, soweit hier von Bedeutung:

"§ 1

Vertragszweck

(1) Das Redaktionsvolontariat ist ein befristetes Be-

schäftigungsverhältnis mit dem Zweck und Ziel der Aus-

bildung zum Redakteur. Ein Anspruch auf Übernahme in

ein Anstellungsverhältnis als Redakteur nach Beendigung

der Ausbildung besteht nicht.

(2) Der Verlag verpflichtet sich zu einer umfassenden

und gründlichen Ausbildung des Redaktionsvolontärs mög-

lichst in allen redaktionellen Ressorts der Zeitung,

mindestens aber im lokalen, im politischen und wahlweise

in einem dritten Ressort (Kultur, Wirtschaft, Sport).

Die Ausbilung in den Ressorts Politik und Wirtschaft

erfolgt bei den STUTTGARTER NACHRICHTEN.

Die Ausbildung umfaßt die Unterweisung in allen redak-

tionellen Arbeiten einschließlich der Satz- und Um-

bruchtechnik. Die Ausbildung des Bildvolontärs erstreckt

sich zusätzlich auf fotografisch-journalistische Auf-

gaben.

Der Redaktionsvolontär ist mit den Pressegesetzen, den

einschlägigen Bestimmungen des Urheber- und Verlags-

rechts sowie mit den Grundzügen des Verfassungsrechts

vertraut zu machen. Ihm ist die Teilnahme an journa-

listischen Ausbildungskursen zu ermöglichen.

(3) Der Redaktionsvolontär verpflichtet sich nach

den ihm erteilten Anweisungen zur vollen Arbeits-

leistung. Er hat darüber hinaus die ihm gebotenen

Möglichkeiten zur Ausbildung und Weiterbildung durch

eigenes Bemühen voll zu nutzen.

(4) Der Redaktionsvolontär ist verpflichtet, jeder-

zeit die Interessen des Verlages zu wahren und im

Innen- und Außendienst verantwortungsbewußt und

taktvoll aufzutreten.

§ 2

Beginn und Ende der Ausbildung/Zeugnis

(1) Die Ausbildung dauert zwei Jahre.

Die Ausbildung beginnt am 1. August 1977 und endet

am 31. Juli 1979, ohne daß es einer Kündigung bedarf.

(2) Frühestens drei Monate vor Beendigung der Ausbil-

dungszeit kann der Volontär ein Zwischenzeugnis verlan-

gen, welches gegen Aushändigung des endgültigen Zeugnis-

ses zurückzugeben ist.

§ 3

Regelmäßige tägliche Ausbildungszeit

Die regelmäßige tägliche Ausbildungszeit darf die Dauer

von acht Stunden nicht überschreiten.

§ 4

Probezeit/Kündigung

(1) Die ersten drei Monate der Ausbildung gelten als

Probezeit. ...

§ 5

Vergütung

(1) Der Redaktionsvolontär erhält eine monatliche

Vergütung (Ausbildungsbeihilfe) nach Maßgabe der

jeweils im Gehaltstarifvertrag für Redakteure an

Tageszeitungen getroffenen Vereinbarung abzüglich

Lohnsteuer und anteiliger Sozialversicherung.

..."

Dieser Ausbildungsvertrag ist unter Verwendung des nach dem (Tarif-) "Vertrag über Ausbildungsrichtlinien für Redaktionsvolontäre an Tageszeitungen vom 1. September 1969" (TV) maßgeblichen Vertragsmusters abgeschlossen worden, der für die Parteien kraft beiderseitiger Tarifbindung anzuwenden ist.

Nachdem der Redaktionsleiter der Beklagten dem Kläger, der in den Betriebsrat gewählt worden war, am 30. April 1979 mündlich mitgeteilt hatte, er werde nach Vertragsablauf nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als Redakteur übernommen, forderte der Kläger mit Schreiben vom 14. Mai 1979 unter Hinweis auf § 78 a Abs. 2 BetrVG seine Weiterbeschäftigung, die die Beklagte am 6. und 12. Juni 1979 mit der Begründung schriftlich ablehnte, § 78 a BetrVG gelte nicht für Redaktionsvolontäre. Im übrigen seien alle Arbeitsplätze für Redakteure besetzt.

Der Kläger hat vorgetragen, die Anstellung eines weiteren Redakteurs sei der Beklagten sowohl möglich als auch zumutbar. Die Redaktion sei neben dem Redaktionsleiter mit vier Redakteuren besetzt. Bereits 1978 sei die Einstellung eines fünften Redakteurs geplant gewesen.

Der Kläger hat beantragt festzustellen, daß zwischen den Parteien seit dem 1. August 1979 ein Anstellungsverhältnis auf der Basis einer Beschäftigung des Klägers als Redakteur besteht. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und mit einem am 14. August 1979 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hilfsweise begehrt, das zwischen dem Kläger und der Beklagten gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen.

Nach Auffassung der Beklagten ist durch das Weiterbeschäftigungsverlangen des Klägers zwischen den Parteien kein Anstellungsverhältnis begründet worden, da § 78 a BetrVG für Volontäre nicht gelte. Außerdem sei ihr die Weiterbeschäftigung des Klägers ab 1. August 1979 wegen der vollständigen personellen Besetzung ihrer Redaktion und aus in der Person des Klägers liegenden Gründen nicht zumutbar.

Die Klage war vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagbegehren weiter. Die Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Revision ist zulässig.

1. Die Revision ist nach § 72 Abs. 1 ArbGG statthaft. Sie ist auch form- und fristgerecht begründet worden (§ 74 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG).

2. Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Ersten und ihm folgend des erkennenden Senats ist davon auszugehen, daß jedenfalls der Antrag des Auszubildenden auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses im Urteilsverfahren zu verfolgen ist, weil es sich bei dem auf § 78 a Abs. 2 BetrVG gestützten Anspruch des Klägers um eine individualrechtliche Streitigkeit handelt. Streitgegenstand ist die Auseinandersetzung, ob ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begründet ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 b, Abs. 5 i.V. mit § 46 Abs. 1 ArbGG; vgl. BAG Beschlüsse vom 9. Dezember 1975 - 1 ABR 7/75 - und vom 23. März 1976 - 1 ABR 7/76 -, AP Nr. 1 und 3 zu § 78 a BetrVG 1972 sowie die Urteile vom 21. August 1979 - 6 AZR 789/77 - und vom 15. Januar 1980 - 6 AZR 726/79 -, AP Nr. 6 und 8 zu § 78 a BetrVG 1972; ebenso Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 78 a Rz 40; Fitting/Auffarth/Kaiser, BetrVG, 13. Aufl., § 78 a Rz 11; Galperin/Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 78 a Rz 18; a.A. Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 78 a Rz 19). Daran ändert nichts, daß mit der Entscheidung über den Antrag des Klägers auch über dessen betriebsverfassungsrechtliches Amt mitentschieden wird, da dieses vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses abhängt (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG).

3. Das Rechtsschutzinteresse für die Klage ist zu bejahen. Der Senat hat zwar schon in seiner Entscheidung vom 21. August 1979 (aa0) ausgeführt, der Gesetzgeber sei offenbar davon ausgegangen, daß es einer Klage des Auszubildenden zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Weiterbeschäftigung in einem Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht bedürfe und dementsprechend dem Arbeitgeber auferlegt habe, die nach § 78 a BetrVG eintretende Rechtsfolge durch Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens nach § 78 a Abs. 4 BetrVG zu verhindern oder zu beseitigen. Gleichwohl ist für die Klage des Auszubildenden das Rechtsschutzinteresse dann zu bejahen, wenn - wie vorliegend von der Beklagten - die Anwendbarkeit von § 78 a BetrVG auf das Rechtsverhältnis des Auszubildenden zum Arbeitgeber von diesem ernstlich bestritten wird. Ebenso ist das Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO gegeben, weil der Kläger sein Begehren nicht allein mit einer Leistungsklage verfolgen kann. Er erstrebt eine umfassende Klärung seiner arbeitsrechtlichen Beziehungen zur Beklagten (vgl. BAG Urteil vom 21. August 1979, aa0).

II. Die Revision ist auch begründet.

Sie führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung. Den Erwägungen, mit denen das Landesarbeitsgericht die Anwendbarkeit von § 78 a BetrVG auf die Rechtsbeziehungen der Parteien und damit das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses verneint hat, kann nicht gefolgt werden. Sie werden von der Revision zu Recht angegriffen.

1. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, der Kläger könne sich nicht auf die Schutzvorschrift des § 78 a BetrVG berufen, da er als Redaktionsvolontär nicht Auszubildender im Sinne dieser Bestimmung sei. Mit den Bezeichnungen "Auszubildender" und "Berufsausbildungsverhältnis" in § 78 a BetrVG habe sich der Gesetzgeber an den entsprechenden Begriffsbestimmungen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) orientiert. Auszubildender im Sinne des BBiG sei der Kläger jedoch nicht. Ein Redaktionsvolontariat sei zwar üblich, nicht aber unabdingbare Voraussetzung für eine spätere Tätigkeit als Redakteur und auch nicht immer ausreichend, um die für eine Tätigkeit als Redakteur notwendigen Fachkenntnisse zu vermitteln. Zwar sei der Kläger bei der Beklagten in geordneter Form ausgebildet worden. Gleichwohl handele es sich nicht um einen Ausbildungsgang i.S. des BBiG, weil es an der staatlichen Anerkennung der Berufsausbildung fehle und im Ausbildungsvertrag sowie im Tarifvertrag die Notwendigkeit eines Leistungsnachweises und die für das Bestehen einer Prüfung notwendigen Leistungsanforderungen, also wesentliche Bestandteile einer Ausbildungsordnung, nicht vorgesehen seien. Auch eine entsprechende Anwendung von § 78 a BetrVG auf Volontäre scheide aus, da die Regelung Ausnahmecharakter habe. Demgemäß sei sie einschränkend auszulegen.

2. Dieser Auffassung des Landesarbeitsgerichts folgt der erkennende Senat nicht. Der Kläger ist Auszubildender im Sinne des § 78 a BetrVG. Der zwischen den Parteien geschlossene Ausbildungsvertrag hat ein Berufsausbildungsverhältnis im Sinne dieser gesetzlichen Regelung begründet.

a) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist § 78 a BetrVG nicht nur auf die nach §§ 25 ff. BBiG staatlich anerkannten Ausbildungsverhältnisse anzuwenden, sondern jedenfalls auch auf Ausbildungsverhältnisse, die tariflichen Regelungen entsprechen und eine geordnete Ausbildung von zwei Jahren Dauer (vgl. § 25 Abs. 2 Nr. 2 BBiG) vorsehen.

Zwar werden in § 78 a BetrVG die Begriffe "Auszubildender" und "Berufsausbildungsverhältnis" verwandt und nicht die in § 5 Abs. 1 BetrVG zur Bestimmung des betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs enthaltene Formulierung "der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten". Damit ist dem Landesarbeitsgericht insoweit zuzustimmen, daß § 78 a BetrVG an den entsprechenden Begriffsbestimmungen des BBiG orientiert ist (vgl. ebenso GK-Thiele, BetrVG, 3. Bearb. 1982, § 78 a Rz 12; Galperin/Löwisch, aa0, § 78 a Rz 3; Fitting/Auffarth/Kaiser, aa0, § 78 a Rz 4 a, § 6 Rz 7). Soweit das Landesarbeitsgericht aber hieraus schließen will, § 78 a BetrVG finde nur auf staatlich anerkannte Ausbildungsberufe Anwendung, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden.

aa) Das Landesarbeitsgericht stützt sich für seine Meinung auf § 1 Abs. 2 BBiG. Aus dem in dieser Bestimmung genannten Erfordernis der Vermittlung der notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang sei zu schließen, daß dieser auf einer Ausbildungsordnung im Sinne des § 25 BBiG beruhen müsse (ebenso Herkert, BBiG, § 1 Rz 6; Haase/Richard/Wagner, BBiG, 3. Aufl., § 1 Anm. zu 4). Daraus ergebe sich wegen der Notwendigkeit eines Leistungsnachweises und der für das Bestehen einer Prüfung notwendigen Leistungsanforderungen, daß diese in einer staatlichen Prüfungsordnung nach § 25 Abs. 2 Nr. 5 BBiG zwingend festzulegen seien. Die Revision verweist demgegenüber zu Recht darauf hin, das Berufsbildungsgesetz regele die betriebliche Ausbildung allgemein und unterscheide dabei zwischen allgemeiner Berufsausbildung und der Ausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen, für welche die besonderen Vorschriften des Zweiten und Dritten Abschnitts des Dritten Teils des BBiG Anwendung fänden. Schon aus § 25 BBiG ergibt sich, daß die Anerkennung eines Ausbildungsberufs nicht Voraussetzung für die Anwendung des BBiG und für die Annahme eines Berufsausbildungsverhältnisses ist, da die Vorschrift die staatliche Anerkennung von Ausbildungsberufen und den Erlaß von Ausbildungsordnungen in das Ermessen der dort genannten Bundesminister stellt. Die Anwendung des Ersten und Zweiten Teils des BBiG ist nicht von dem Erlaß einer Ausbildungsordnung abhängig (vgl. das Urteil des Fünften Senats vom 16. Oktober 1974 - 5 AZR 575/73 -, AP Nr. 1 zu § 1 BBiG).

bb) Zwar fallen nach überwiegender Auffassung Volontäre unter die "anderen Vertragsverhältnisse" i.S. von § 19 BBiG, so daß wegen der vorgeschriebenen Nichtanwendung u.a. des § 1 Abs. 2 BBiG das Volontariat sich vom Berufsausbildungsverhältnis dadurch unterscheidet, daß es nicht zwingend i.S. des Berufsbildungsgesetzes (§ 1 Abs. 2 BBiG) eine breit angelegte, länger dauernde Ausbildung zu einem anerkannten Ausbildungsberuf voraussetzt (BSG Urteil vom 13. März 1979 - 1 RA 47/78 -, SozR 2200, § 1259 RVO Nr. 33; Schmidt, BB 1971, 622 ff.; Knopp/Kraegeloh, BBiG, 2. Aufl., § 19 Rz 2; Schieckel/Oestreicher, BBiG, § 19 Anm. 2; Herkert, aa0, § 19 Rz 1, 4, 7; Weber, BBiG, § 19 Anm. 1; Natzel, Berufsbildungsrecht, 3. Aufl., Kap. 8, I, IV 1 a, S. 313, 322, 323; Knigge, AR-Blattei (D), Berufsausbildung II A, III A 2; Fitting/Auffarth/Kaiser, aa0, § 6 Rz 7). Die Anwendung von § 78 a BetrVG ist aber nicht auf die Ausbildungsverhältnisse für einen anerkannten Ausbildungsberuf beschränkt. Sie ist mit § 1 Abs. 2 BBiG nicht deckungsgleich. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen, Fertigkeiten und Erfahrungen i.S. von § 19 BBiG kann in sehr unterschiedlicher Form, Intensität und Zeitdauer erfolgen.

Zunächst gilt die begriffliche Festlegung in § 1 Abs. 2 BBiG unmittelbar und zwingend nur für das BBiG und die danach ergehenden Rechtsvorschriften und Regelungen. Damit ist für andere Gesetze keine abschließende Regelung getroffen. Vielmehr muß jeweils besonders geprüft werden, welcher Bedeutungsgehalt einem Begriff zukommt (vgl. dazu die Senatsentscheidung BAG 34, 230 = AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 mit zustimmender Anmerkung von Fabricius; Herkert, aa0, § 1 Rz 3, 6; Fangmann, AuR 1982, 135). Im Beschluß vom 10. Februar 1981 (BAG 35, 59) hat der erkennende Senat bereits darauf hingewiesen, daß der Begriff "Berufsausbildung" im Sinne von § 5 Abs. 1 BetrVG seinem Inhalt nach weiter gefaßt ist als der des BBiG (vgl. auch Dietz/Richardi, aa0, § 5 Rz 34, 35; Galperin/Löwisch, aa0, § 78 a Rz 3; Fitting/Auffarth/Kaiser, aa0, § 78 a Rz 4 a, § 6 Rz 7; Kammann/Hess/Schlochauer, BetrVG, § 5 Rz 9; ebenso Knigge, Anm. zu BAG aa0, AR-Blattei (D), Berufsausbildung, Entscheidung 30). Nichts anderes trifft auch für § 78 a BetrVG zu. § 78 a BetrVG kann auch andere als staatlich anerkannte Ausbildungsverhältnisse umfassen (vgl. Galperin/Löwisch, aa0, § 78 a Rz 3). Aus den Gesetzesmaterialien lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, mit § 78 a BetrVG sollten nur Auszubildende in staatlich anerkannten Ausbildungsberufen geschützt werden. Vielmehr ergibt sich aus dem Ausschußbericht (BT-Drucksache 7/1334 A), daß insoweit an eine § 17 BBiG entsprechende Regelung gedacht war, als - abgesehen vom Antragserfordernis - nach dieser Vorschrift bei stillschweigender Weiterbeschäftigung im Anschluß an ein Ausbildungsverhältnis ebenfalls ein Arbeitsverhältnis begründet wird. § 17 BBiG gilt aber gemäß § 19 BBiG auch für andere Vertragsverhältnisse im Sinne dieser Vorschrift wie - von unwesentlichen Ausnahmen abgesehen - die gesamten Vorschriften des Zweiten Teils über den Inhalt des Berufsausbildungsverhältnisses. Im übrigen entspricht diese Abgrenzung dem in §§ 5, 6 BetrVG bestimmten Arbeitnehmerbegriff. Ist die Arbeitnehmereigenschaft nach diesen Vorschriften zu bejahen, also damit ggf. auch das betriebsverfassungsrechtliche aktive und passive Wahlrecht, wäre es wenig folgerichtig, dem einmal Gewählten den Schutz insbesondere von § 78 a BetrVG zu versagen. Schließlich werden mit dem Betriebsverfassungsgesetz und dem Berufsbildungsgesetz generell unterschiedliche Zielsetzungen verfolgt. Während das Berufsbildungsgesetz vor allem Schutzvorschriften für das Berufsausbildungsverhältnis aufstellt, in dem sich Ausbildender und Auszubildender gegenüberstehen, regelt das Betriebsverfassungsgesetz die Zuständigkeit der Betriebsvertretung für die im Betrieb Beschäftigten und schützt, soweit erforderlich, die Mitglieder der Betriebsverfassungsorgane (vgl. hierzu insbesondere Knigge, aa0).

cc) Diese Auslegung von § 78 a BetrVG entspricht auch dem gesetzgeberischen Ziel dieser Vorschrift. § 78 a BetrVG soll Mitgliedern von Betriebsverfassungsorganen, die in einem Berufsausbildungsverhältnis stehen, durch die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis eine vergleichbare Unabhängigkeit in ihrer Amtsführung wie den übrigen Mitgliedern sichern, deren Arbeitsverhältnis in seinem Bestand durch den besonderen Kündigungsschutz im Rahmen der Betriebsverfassung (§ 103 BetrVG, § 15 KSchG) gewährleistet ist (vgl. Dietz/Richardi, aa0, § 78 a Rz 2; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, aa0, § 78 a Rz 1; Galperin/Löwisch, aa0, § 78 a Rz 1; Fitting/Auffarth/Kaiser, aa0, § 78 a Rz 1). Die Vorschrift war erforderlich, da das Berufsausbildungsverhältnis mit dem Ablauf der Ausbildungszeit endet, ohne daß es einer Kündigung bedarf (§ 14 BBiG), so daß der besondere Kündigungsschutz nach § 15 KSchG und § 103 BetrVG insoweit nicht eingreifen kann (vgl. Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, aa0, § 78 a Rz 1; GK-Thiele, aa0, § 78 a Rz 4-7). Um diese Lücke im Rechtsschutz zu schließen, sollen die Ausbildungsverhältnisse nach ihrer Beendigung auf Antrag grundsätzlich in unbefristete Arbeitsverhältnisse übergeführt werden (vgl. GK- Thiele, aa0, § 78 a Rz 7). Hierbei trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, daß es in der Praxis des Arbeitslebens vielfach üblich ist, Auszubildende nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses als Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen, soweit das nach den betrieblichen Verhältnissen möglich ist (vgl. GK-Thiele, aa0, § 78 a Rz 5). Unter Berücksichtigung dieser mit § 78 a BetrVG verfolgten Zielsetzung ist kein Grund ersichtlich, den Anwendungsbereich dieser Bestimmung von vornherein auf staatlich anerkannte Ausbildungsberufe zu beschränken (vgl. ebenso insoweit Galperin/Löwisch, aa0, § 78 a Rz 3).

dd) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist § 78 a BetrVG auch keine Ausnahmevorschrift, die einengend auszulegen sei. Vielmehr soll durch sie gerade eine Lücke im Schutz der Mitglieder von Betriebsverfassungsorganen geschlossen werden. Sie ist insoweit als Ergänzung zu § 15 KSchG und § 103 BetrVG sowie als Konkretisierung des in § 78 Satz 2 BetrVG normierten Benachteiligungsverbots zu sehen, so daß eine enge Auslegung auch aus diesem Gesichtspunkt nicht gerechtfertigt ist (vgl. ebenso Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, aa0, § 78 a Rz 2; KR-Weigand, BetrVG, § 78 a Rz 9; a.A. Dietz/Richardi, aa0, § 78 a Rz 4; Fitting/Auffarth/Kaiser, aa0, § 78 a Rz 4 a; GK-Thiele, aa0, § 78 a Rz 11 f.).

ee) Nach der konkreten Ausgestaltung des zwischen den Parteien geschlossenen Ausbildungsvertrags und den Regelungen des TV war die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine umfassende und gründliche Ausbildung, möglichst in allen redaktionellen Ressorts der Zeitung zuteil werden zu lassen (§ 1 Ausbildungsvertrag, § 1 TV). § 7 TV und § 1 Abs. 2 Ausbildungsvertrag sehen einen geordneten Ausbildungsgang vor, nämlich eine Ausbildung in möglichst allen redaktionellen Ressorts der Zeitung. Darüber hinaus ist eine Unterweisung in allen redaktionellen Arbeiten einschließlich der Satz- und Umbruchtechnik vorgesehen (§ 7 Abs. 3 TV, § 1 Abs. 2 Ausbildungsvertrag). Auch der Dauer der Ausbildung, die sich nach § 5 Abs. 1 TV und § 2 Ausbildungsvertrag auf 2 Jahre erstreckt, sowie § 4 TV, der die betrieblichen Voraussetzungen für die Ausbildung festlegt, lassen darauf schließen, daß die Parteien als Vertragszweck die Vermittlung der für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang angesehen haben. Dementsprechend ist in § 1 Abs. 1 des Ausbildungsvertrags als Ziel des Beschäftigungsverhältnisses die Ausbildung des Klägers zum Redakteur bestimmt. Hiernach kommt es für die Anwendung des § 78 a BetrVG auf das vorliegende Ausbildungsverhältnis ebenso wie für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes insgesamt nach §§ 5, 6 BetrVG nicht darauf an, ob das Ausbildungsverhältnis der Parteien als Berufsausbildungsverhältnis im Sinne von § 1 Abs. 2 BBiG oder als anderes Vertragsverhältnis im Sinne des § 19 BBiG zu qualifizieren ist. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob dies auch für anders ausgestaltete, dem § 19 BBiG unterfallende Vertragsverhältnisse gilt, da dies nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Insbesondere ist damit nicht etwa davon auszugehen, daß jedes Volontariat oder jede Praktikantentätigkeit notwendig den Schutz nach § 78 a BetrVG genießt.

ff) Aus § 19 BBiG mag sich ergeben, daß die Bindung des Volontärs an den Betrieb als nicht so eng angesehen wird wie die eines Auszubildenden (GK-Thiele, aa0, § 78 a Rz 12). Daraus kann aber für das hier zu beurteilende Ausbildungsverhältnis eines Redaktionsvolontärs nichts gefolgert werden. Zwar ist ein geordneter Ausbildungsgang im Sinne der §§ 25 ff. BBiG für andere Vertragsverhältnisse im Sinne des § 19 BBiG nicht vorgeschrieben, die Dauer der Ausbildung nicht festgelegt, sondern der Vereinbarung überlassen (vgl. § 19, § 4 Abs. 1 Nr. 2 BBiG im Gegensatz zu § 25 Abs. 2 Nr. 2 BBiG) und die vorzeitige Lösung des Vertragsverhältnisses ohne schadenersatzrechtliche Folgen möglich. Hier bestand aber ein geordneter Ausbildungsgang, der - wie auch das Landesarbeitsgericht einräumt - auf dem Ausbildungsvertrag und den einschlägigen tariflichen Vorschriften beruhte. Die zweijährige Dauer der Ausbildung entsprach der gesetzlichen Mindestanforderung gemäß § 25 Abs. 2 Nr. 2 BBiG, ebenso die Probezeit (§ 13 BBiG). Auch § 17 BBiG, auf den bei Verabschiedung des § 78 a BetrVG maßgeblich abgestellt worden ist, gilt für das Ausbildungsverhältnis der Parteien, da es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis im Sinne eines Austauschverhältnisses handelt (vgl. § 1 Ausbildungsvertrag). Der mit § 78 a BetrVG erstrebte Schutz, nämlich die Vermeidung von Nachteilen wegen der Betätigung in einem Betriebsverfassungsorgan ist für Auszubildende in einem Ausbildungsverhältnis als Redaktionsvolontär ebenso erforderlich wie für Auszubildende in einem Berufsausbildungsverhältnis nach § 25 BBiG.

gg) Entgegen den Erwägungen des Landesarbeitsgerichts kommt es nicht darauf an, daß die Ausbildung als Redaktionsvolontär u.U. nicht in jedem Falle ausreichend ist, um die für eine Tätigkeit als Redakteur notwendigen Fachkenntnisse zu vermitteln, da dies hier entsprechend dem Ausbildungsvertrag gerade das Ziel des Ausbildungsverhältnisses war. Daß das Redaktionsvolontariat nicht unabdingbare Voraussetzung für eine spätere Tätigkeit als Redakteur ist, ist unerheblich, weil dies ebenfalls für die Ausbildung in staatlich anerkannten Ausbildungsberufen zutrifft (vgl. Bayer. VGH, Bayer. Verwaltungsblätter 1978, 441). Schließlich ist auch das Fehlen einer Abschlußprüfung nach dem Tarifvertrag ohne Bedeutung, da § 78 a BetrVG nur auf die Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses und nicht wie § 9 BPersVG auf das erfolgreiche Bestehen der Abschlußprüfung abstellt. Die fehlende Eignung des Auszubildenden kann im übrigen im Rahmen der Zumutbarkeit i.S. von § 78 a Abs. 4 BetrVG geltend gemacht werden (vgl. GK-Thiele, aa0, § 78 a Rz 31; Fitting/Auffarth/Kaiser, aa0, § 78 a Rz 7; Dietz/Richardi, aa0, § 78 a Rz 31; Galperin/Löwisch, aa0, § 78 a Rz 7; ebenso Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 13. Oktober 1977 - 7 Sa 134/77 -, AP Nr. 4 zu § 78 a BetrVG 1972).

3. Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Anwendung von § 78 a BetrVG auch nicht § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG entgegen.

Dabei geht der Senat davon aus, daß die Beklagte ein "Tendenzunternehmen" i.S. von § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG ist, ebenso, daß der Kläger eine Beschäftigung als "Tendenzträger" begehrt, da er die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses als Redakteur beantragt hat (vgl. Mayer-Maly/Löwisch, BB 1983, 913, 916 m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Revision kommt es für die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit nicht darauf an, ob auch Redaktionsvolontäre "Tendenzträger" sind (so BAG Beschluß vom 19. Mai 1981 - 1 ABR 39/79 -, AP Nr. 21 zu § 118 BetrVG 1972; a.A. Blanke, AiB 1983, 30 ff. m.w.N.).

a) § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG steht der Anwendung von § 78 a BetrVG nicht von vornherein entgegen. Dabei bedarf es hier keiner Entscheidung, ob § 118 BetrVG seinem Inhalt nach etwa nur eine Einschränkung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats enthält, soweit diese dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Tendenzschutz zuwider laufen (vgl. BAG Urteil vom 7. November 1975 - 1 AZR 282/74 -, AP Nr. 4 zu § 118 BetrVG 1972; Ihlefeld, RdA 1977, 223 ff.; Plander, AuR 1976, 289 f.). § 78 a BetrVG enthält keine Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, sondern bestimmt nur dessen Beteiligung bei dem Verfahren nach § 78 a Abs. 4 Nr. 1 und 2 BetrVG (vgl. auch BVerfGE 52, 283, 297). Nach § 78 a Abs. 2 BetrVG wird vorbehaltlich des Verfahrens nach § 78 a Abs. 4 BetrVG kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis begründet (vgl. auch zu dem gesetzlichen Übergang eines Arbeitsverhältnisses nach § 613 a Abs. 1 BGB bei sog. Tendenzträgern: BAG Beschluß vom 7. November 1975 - 1 ABR 78/74 - AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG 1972, zu III 1 der Gründe). Die Beklagte stützt ihre gegenteilige Auffassung zu Unrecht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (aa0), die nur das Verhältnis von Tendenzschutz und betrieblichen Mitbestimmungsrechten betrifft. Aber selbst wenn § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG die Wirkungen von § 78 a Abs. 2 BetrVG auszuschließen geeignet wäre, kann der Schutz für Mitglieder von Betriebsverfassungsorganen, die im Tendenzunternehmen ausgebildet werden, nur unter der Beachtung der Grundsätze eingeschränkt sein, die sich aus der in § 118 BetrVG enthaltenen gesetzlichen Konkretisierung des Grundrechtsschutzes ergeben (vgl. BAG Urteil vom 3. November 1982 - 7 AZR 5/81 -, DB 1983, 830 ff., zur Veröffentlichung vorgesehen). Danach kann die Frage, ob das in § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG enthaltene Verbot der ordentlichen Kündigung von betriebsverfassungsrechtlichen Mandatsträgern dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Tendenzschutz entgegensteht, sich nur dann stellen, wenn alle Voraussetzungen vorliegen, unter denen eine Einschränkung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei einer Kündigung in Betracht kommt. Dies setzt voraus, daß es sich um ein Tendenzunternehmen handelt, einem "Tendenzträger" gekündigt wird und tendenzbedingte Kündigungsgründe vorliegen (BAG Urteil vom 3. November 1982, aa0). Wird berücksichtigt, daß § 78 a Abs. 2 BetrVG für den in Ausbildung befindlichen Mandatsträger eine Rechtsposition schaffen will, die der des Betriebsratsmitglieds nach § 15 KschG, § 103 BetrVG angenähert ist (vgl. BAG Urteil vom 16. Januar 1979, aa0), kann die Rechtsfolge nach § 78 a Abs. 2 BetrVG aus Gründen des Tendenzschutzes nur dann entfallen, wenn diese Voraussetzungen vorliegen, hier also tendenzbedingte Gründe die Weiterbeschäftigung des Klägers als für die Beklagte unzumutbar ausschließen.

b) § 78 a BetrVG beeinträchtig auch nicht das Recht des Verlegers auf freie Auswahl der von ihm als "Tendenzträger" zu beschäftigenden Redakteure. Dagegen spricht zunächst, daß die freie Auswahl der einzustellenden Redaktionsvolontäre nicht betroffen ist, selbst wenn diese entsprechend der Auffassung des Ersten Senats im Urteil vom 19. Mai 1981 (aa0) als Tendenzträger anzusehen sind. Daß ein Arbeitgeber aber ursprünglich ohne weiteres das Recht gehabt hat, einen Redakteur bzw. einen Redaktionsvolontär nicht einzustellen, ist insofern unbeachtlich, als es eine "allbekannte Erscheinung des Arbeitsrechts, insbesondere des Kündigungsschutzrechts" ist, daß der Arbeitgeber Arbeitnehmer, deren Einstellung er unbedenklich hätte verweigern können, später nicht mehr entlassen darf (vgl. Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 5 Rz 175). Das trifft jedenfalls dann zu, wenn die Kündigung wegen der journalistischen Tätigkeit des Arbeitnehmers erfolgt und diese sich innerhalb der vom Arbeitgeber vorgegebenen Tendenz hält (Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, aa0).

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Januar 1982 (1 BvR 848/77 u.a., DB 1982, 1062 f. = AP Nr. 1 zu Art. 5 Abs. 1 GG Rundfunkfreiheit) hier nicht entgegen. Dieser Entscheidung lagen Klagen von Mitarbeitern von Rundfunkanstalten auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zugrunde. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, daß sich die Kläger gegenüber der freien Personalentscheidung in der Rundfunkanstalt nicht auf das Sozialstaatsprinzip berufen konnten, da dieses nicht geeignet ist, Grundrechte ohne nähere Konkretisierung durch den Gesetzgeber zu beschränken (BVerfG, aa0). Demgegenüber verwirklichen die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes in ihrem Bereich den in Art. 20 Abs. 1 GG niedergelegten Grundsatz der Sozialstaatlichkeit, so daß bei der Auslegung betriebsverfassungsrechtlicher Normen das Sozialstaatsprinzip als Auslegungsrichtlinie mit zu beachten ist (vgl. BAG Urteil vom 7. November 1975, aa0). § 78 a BetrVG enthält eine gesetzliche Regelung, wie sie vom Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 13. Januar 1982, aa0, vermißt worden ist.

c) Wird § 78 a BetrVG in diesem Sinne ausgelegt, ergibt sich, daß der Gesetzgeber durch die dem Arbeitgeber nach § 78 a Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 BetrVG gegebene Möglichkeit, die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Auszubildenden geltend zu machen, in ausreichender Weise gewährleistet, daß Tendenzunternehmen ihre verfassungsrechtlich geschützte Zielsetzung in einer auch dem Sozialstaatsprinzip genügenden Art und Weise durchsetzen können, wie er dies durch die in § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG i.V. mit § 103 BetrVG vorgesehene Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung getan hat (vgl. BAG Urteil vom 3. November 1982, aa0). Ebenso wie bei der Beurteilung der Frage, ob schwerwiegende Leistungsmängel bei einem dem Betriebsrat angehörenden Tendenzträger einen wichtigen Grund zur Kündigung i.S. von § 626 Abs. 1 BGB darstellen, ist auch bei der Prüfung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nach § 78 a Abs. 4 BetrVG die verfassungsrechtlich geschützte Tendenz mit zu berücksichtigen. Die verfassungsrechtlichen Wertungen in Art. 5 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG sind im Rahmen von § 78 a Abs. 4 BetrVG in angemessener Weise abzuwägen (vgl. BVerfG Beschluß vom 13. Januar 1982, aa0). Dem Schutzzweck des § 78 a BetrVG widerspricht es, die Vorschrift aus den Gründen des Tendenzschutzes auch dann einzuengen, wenn dessen Voraussetzungen dies nicht erfordern. Hierin würde auch eine ungerechtfertigte Bevorzugung von Tendenzunternehmen gegenüber anderen Arbeitgebern bestehen, soweit es sich bei deren Auszubildenden nicht um Tendenzträger oder bei den für die Ablehnung der Weiterbeschäftigung geltend gemachten Gründen nicht um tendenzbedingte Gründe handelt.

4. Der Senat ist gehindert, vorliegend in der Sache abschließend zu entscheiden, da noch eine Reihe von Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Das Landesarbeitsgericht hatte von seinem, ein Ausbildungsverhältnis i.S. von § 78 a BetrVG verneinenden Standpunkt aus, keine Veranlassung zu prüfen, ob Tatsachen vorlagen, aufgrund deren der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung des Klägers nicht zugemutet werden kann. Da zwischen den Parteien streitig ist, ob zum Zeitpunkt der etwaigen Begründung eines Arbeitsverhältnisses ein freier Arbeitsplatz bei der Beklagten vorhanden war, wird das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Senats (vgl. die Urteile vom 16. Januar 1979, aa0 und vom 15. Januar 1980 - 6 AZR 361/79 -, AP Nr. 9 zu § 78 a BetrVG 1972) die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Hierbei wird es auch zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses (vgl. BAG 32, 285; Strieder, BB 1983, 579) tendenzbedingte Gründe einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegengestanden haben.

Dr. Auffarth Richterin am BAG Michels-Holl Dr. Leinemann

ist wegen Erkrankung verhindert

zu unterschreiben

Dr. Auffarth

Fürbeth Spiegelhalter

 

Fundstellen

BAGE 43, 115-129 (LT1-3)

BAGE, 115

DB 1984, 1786-1788 (LT1-3)

NJW 1984, 1779-1781 (LT1-3)

EzB BBiG § 1 Abs 2, Nr 15 (L1-3)

EzB BBiG § 17, Nr 14 (L1-3)

EzB BetrVG § 5, Nr 10 (L1-3)

EzB BetrVG § 78a, Nr 33 (LT1-3)

EzB KSchG § 15, Nr 8 (L1-3)

EzB TVG § 1, Nr 6 (L1-3)

BlStSozArbR 1984, 101-101 (T)

AP § 78a BetrVG 1972 (LT1-3), Nr 10

AR-Blattei, Berufsausbildung Entsch 39 (LT1-3)

AR-Blattei, ES 400 Nr 39 (LT1-3)

ArbuR 1983, 247-248 (T)

EzA § 78a BetrVG 1972, Nr 11 (LT1-3)

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