Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung von Versorgungsregelungen. planwidrige Überversorgung. Anpassungsrecht. Nettogesamtversorgungsobergrenze. versorgungsfähiges Entgelt. 14. Monatsgehalt. Verzicht. Verwirkung. Steuerfreibeträge. Grundrechte. Ausstrahlungswirkung. mittelbare Drittwirkung. Einführung versicherungsmathematischer Abschläge. Abflachung der Steigerungssätze. Gesetzesänderungen. ergänzende Vertragsauslegung. Störung der Geschäftsgrundlage. Betriebliche Altersversorgung. Gratifikation/Sondervergütung. Gleichbehandlung. Prozeßrecht

 

Orientierungssatz

  • Die “planwidrige Überversorgung” ist ein relativer, auf die konkrete Versorgungsordnung abstellender Begriff. Dabei sind nur die versorgungsfähigen Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen.
  • Für die Feststellung des in einer Gesamtzusage angestrebten Versorgungsgrades ist weder der Abschluß des Arbeitsvertrages noch der Beginn des Arbeitsverhältnisses, sondern die Errichtung der Versorgungsordnung entscheidend.
  • Ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf das Anpassungsrecht wegen planwidriger Überversorgung ergibt sich nicht schon daraus, daß der Arbeitgeber zunächst von einer Änderung der Versorgungsregelungen abgesehen hat. Dies ist vor allem bei öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern die Ausnahme.
  • Allein dadurch, daß der Arbeitgeber längere Zeit nicht gegen eine Überversorgung eingeschritten ist, verwirkt er noch nicht sein Anpassungsrecht. Insbesondere bei einer der Beamtenversorgung angeglichenen Zusatzversorgung fehlt in der Regel ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand.
  • Auch bei der Nettoobergrenze sind Typisierungen, Pauschalierungen und Generalisierungen zulässig. Individuelle Steuerfreibeträge müssen nicht in die Berechnung des Nettovergleichseinkommens einbezogen werden.
  • Die Einführung eines versicherungsmathematischen Abschlags war zwar keine geeignete Maßnahme zum Abbau der Überversorgung, aber angesichts des vorliegenden Versorgungsziels (Gewährung einer beamtenähnlichen Zusatzversorgung) eine angemessene Reaktion auf die zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen im Betriebsrenten- , Sozialversicherungs- und Beamtenversorgungsrecht.
  • Da die vorliegende Versorgungsordnung auf den Strukturprinzipien des Beamtenversorgungsrechts aufbaute, durften die künftigen Steigerungssätze dem Beamtenversorgungsrecht angeglichen werden. Der Senat hat offen gelassen, ob dies auf einer ergänzenden Vertragsauslegung oder einer Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage beruht.
 

Normenkette

BetrAVG §§ 1-2; BGB §§ 139, 242, 313; BeamtVG § 85; SGB VI §§ 41, 77; RRG 1992; Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand; GG Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; KSchG §§ 1-2; ZPO § 291

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.07.2001; Aktenzeichen 12 Sa 11/00)

ArbG Karlsruhe (Urteil vom 13.01.2000; Aktenzeichen 4 Ca 225/99)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 25. Juli 2001 – 12 Sa 11/00 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte ihre Versorgungsordnung zum 1. Januar 1998 wirksam geändert hat. Der Kläger wendet sich gegen die Einführung einer Nettoobergrenze seiner Gesamtversorgung, die Einführung versicherungsmathematischer Abschläge und die Absenkung der Steigerungssätze.

Der am 2. November 1943 geborene Kläger ist seit dem 1. Juni 1973 bei der Beklagten beschäftigt. Sein monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt 6.850,00 DM. Die Beklagte ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie hat den gesetzlichen Auftrag, das Bausparen zu pflegen und den Wohnungsbau zu fördern. Ihren Arbeitnehmern gewährt sie eine betriebliche Altersversorgung. Neben einer Direktversicherung besteht eine Direktzusage.

Bereits im Jahre 1939 schloß die Beklagte einen Gruppenversicherungsvertrag. Versicherer ist die Öffentliche Versicherungsanstalt der Badischen Sparkassen (ÖVA). Die monatlichen Versicherungsbeiträge belaufen sich auf 6,5 % des versicherungspflichtigen Arbeitsentgelts. Sie werden zu 2/3 von der Beklagten und zu 1/3 von den Arbeitnehmern getragen. Nach zehnjähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit übernimmt die Beklagte den gesamten Versicherungsbeitrag.

Außerdem verpflichtete sich die Beklagte in der Pensionsordnung vom 31. Mai 1961 (PO 61) zur Zahlung von Alters-, Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenrenten. Diese sog. erweiterte Altersversorgung (EAV oder LBS-Rente) war in § 3 PO 61 wie folgt geregelt:

“1. Die Rente ist so festzusetzen, daß sie zusammen

a) mit der anrechenbaren Rente aus der sozialen Rentenversicherung,

d) mit den Renten und Überschußanteilen aus der zusätzlichen Altersversorgung der Bausparkasse (6,5 %-Versorgung),

die Gesamtrente ergibt.

2. Die Gesamtrente beträgt nach Ablauf der Wartezeit 35 % (Grundbetrag) des pensionsfähigen Gehaltes. Sie erhöht sich für die nächsten 5 Jahre aktiver Betriebszugehörigkeit um je 2 % (Steigerungssatz) und für jedes weitere Jahr aktiver Betriebszugehörigkeit um 1,5 % (Steigerungssatz). Die Gesamtrente darf jedoch 75 % des pensionsfähigen Gehaltes nicht übersteigen. …

4. Als pensionsfähiges Gehalt ist anzusetzen: 1/12 des vor Eintritt des Versorgungsfalles zuletzt gezahlten Jahresbruttogehaltes einschließlich Zulagen, jedoch ohne die außertariflichen Sonderzahlungen, Aufwandsentschädigungen, Maschinen- und Schmutzzulagen. …”

Seit 1977 wird die jeweilige Fassung der Versorgungsregelungen in einem allen Mitarbeitern ausgehändigten “Mitarbeiterhandbuch” dokumentiert. Die am 1. Januar 1980 in Kraft getretene Versorgungsordnung vom 7. Dezember 1979 (VO 80) faßte die beiden Regelwerke der Direktversicherung und Direktzusage zusammen. Die VO 80 lautete auszugsweise:

“Abschnitt I:

Allgemeines

§ 1 Versorgungsregelung

1) …

2) Die betriebliche Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung umfaßt

  • die zusätzliche Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung – nachstehend ‘zusätzliche Altersversorgung’ genannt – und
  • die erweitere Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung – nachstehend ‘erweiterte Altersversorgung’ genannt –.

3) Die zusätzliche Altersversorgung ist eine Direktversicherung im Sinne von § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung. Ihr liegen der Gruppenversicherungsvertrag sowie die Allgemeinen Versicherungsbedingungen zum Gruppenversicherungsvertrag – nachstehend AVB genannt – zwischen der Öffentlichen Versicherungsanstalt der Badischen Sparkassen, Mannheim, und der Badischen Landesbausparkasse in der jeweils geltenden Fassung zugrunde.

Die erweitere Altersversorgung ist eine Pensionszusage im Sinne von § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung.

Abschnitt III:

Erweitere Altersversorgung

§ 10 Personenkreis

1) Die erweitere Altersversorgung erfaßt die Mitarbeiter, die nach § 2 Abs. 1 und 2 in der zusätzlichen Altersversorgung versicherungsfähig und versicherungspflichtig sind (Versorgungsberechtigte).

§ 14 Pensionsfähige Bezüge

1) Pensionsfähig sind die in Absatz 2 genannten Bezüge, die der Versorgungsberechtigte im letzten Monat vor Eintritt des Versorgungsfalles erhalten hat oder erhalten hätte, wenn die Zahlung der Bezüge nicht wegen einer Arbeitsunfähigkeit unterbrochen worden wäre.

2) Pensionsfähige Bezüge sind

  • das regelmäßige Grundgehalt
  • die widerruflichen und unwiderruflichen prozentualen Zulagen zum Grundgehalt,
  • die tarifliche Haushaltszulage,
  • ein Zwölftel der tariflichen Sonderzahlung sowie
  • sonstige von der LBS ausdrücklich als pensionsfähig bezeichneten Bezüge.

3) Nicht pensionsfähig sind

  • Funktions-, Schicht- und Schmutzzulagen,
  • Aufwandsentschädigungen und Telefonpauschalen,
  • Überstunden- und Rufbereitschaftspauschalen,
  • freiwillige Sonderzahlungen,
  • sonstige Bezüge.

§ 15 Höhe der Rente

1) Die Rente wird so berechnet, daß sie zusammen mit

1. der anrechenbaren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung,

4. der anrechenbaren Rente aus der zusätzlichen Altersversorgung,

die Gesamtrente ergibt.

2) Die Gesamtrente beträgt nach Vollendung einer zehnjährigen, pensionsfähigen Dienstzeit 35 % der pensionsfähigen Bezüge. Sie steigt in den nächsten 5 Jahren der pensionsfähigen Dienstzeit mit jedem weiter zurückgelegten pensionsfähigen Dienstjahr um 2 % und von da ab um 1,5 % der pensionsfähigen Bezüge bis zum Höchstsatz von 75 %. …

§ 16 Altersrente

1) Aus der erweiterten Altersversorgung wird eine Altersrente gewährt, wenn der Versorgungsberechtigte nach Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheidet.

Wird das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen, wird vom gleichen Zeitpunkt an auch die Altersrente aus der erweiterten Altersversorgung gewährt.

…”

Die VO 80 wurde dem Kläger durch Übergabe einer Ausfertigung bekannt gemacht. In Nr. I der den Mitarbeitern übersandten Kurzdarstellung der VO 80 wurde darauf hingewiesen, daß bereits “mit der Einführung der erweiterten Altersversorgung zum 1. Juli 1961 eine Angleichung an die beamtenrechtlichen Versorgungsregelungen hinsichtlich des erreichbaren Ruhegehaltssatzes herbeigeführt” worden war.

Mit Rundschreiben vom 26. Februar 1986 teilte die Beklagte ihren Mitarbeitern mit:

“Der Verwaltungsrat hat in seiner Sitzung am 18. Dezember 1985 folgende Änderung der Versorgungsordnung beschlossen:

1) Die bestehende Versorgungsordnung wird zum 31. März 1986 geschlossen. Für alle Mitarbeiter, die sich vor dem 1. April 1986 in einem Arbeitsverhältnis zur LBS befinden, gilt die bisherige Versorgungsordnung weiter.

…”

Für die Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. März 1986 begann, schuf die Beklagte die am 1. April 1986 in Kraft getretene Betriebsrentenordnung (BO 86). § 15 Abs. 5 BO 86 begrenzte die Gesamtversorgung auf 100 % des letzten fiktiven Nettoarbeitsentgelts bei Eintritt des Versorgungsfalles. Eine derartige Vorschrift wurde in die VO 80 zunächst nicht eingefügt.

Die VO 80 wurde ua. mit Wirkung zum 1. Januar 1996 geändert (VO 96). § 15 Abs. 4 Buchst. a VO 96 sah vor, daß bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente “ein von der Zahl 1,000 abweichender Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 2 oder 3 SGB VI bei der Ermittlung der anrechenbaren Rente außer Ansatz bleibt”. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Personalrat dieser Vorschrift zugestimmt hatte. Am 15. Dezember 1997 einigte sich der Vorstand der Beklagten mit dem Personalrat bei der erweiterten Altersversorgung nach der VO 80 auf eine Nettobegrenzung der Gesamtversorgung, Abschläge beim vorzeitigen Bezug der Altersrente und eine Modifizierung der künftigen Steigerungen. Die Änderungen der einzelnen Vorschriften und ihre jeweilige neue Fassung waren aufgelistet und ausformuliert. Entsprechend der mit dem Personalrat erzielten Einigung lautet § 15 Nr. 2, 4 und 5 der am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Fassung der Versorgungsordnung (VO 98) wie folgt:

“2. Die Gesamtrente beträgt nach Vollendung einer 10jährigen pensionsfähigen Dienstzeit 35 % der pensionsfähigen Bezüge. Sie steigt in den folgenden Jahren der pensionsfähigen Dienstzeit wie folgt:

a) Bei Mitarbeitern, die vor dem 1. Januar 1998

  • das 55. Lebensjahr vollendet haben oder
  • mindestens 35 volle Jahre ununterbrochene Betriebszugehörigkeit zur LBS zurückgelegt haben

(rentennahe Jahrgänge), steigt die Gesamtrente in den auf die Vollendung einer 10jährigen pensionsfähigen Dienstzeit folgenden nächsten 5 Jahren der pensionsfähigen Dienstzeit mit jedem weiter zurückgelegten pensionsfähigen Dienstjahr um 2 % und von da ab um 1,5 % der pensionsfähigen Bezüge bis zum Höchstsatz von 75 %.

b) Bei Mitarbeitern, die am 31. Dezember 1997 nicht die Voraussetzungen für rentennahe Jahrgänge nach vorstehendem Buchstaben a) erfüllen, steigt die Gesamtrente in den auf die Vollendung einer 10jährigen pensionsfähigen Dienstzeit folgenden pensionsfähigen Dienstjahren

  • für jedes weitere, bereits am 31. Dezember 1997 zurückgelegte pensionsfähige Dienstjahr gemäß vorstehendem Buchstaben a),
  • für jedes weitere, nach dem 31. Dezember 1997 zurückgelegte pensionsfähige Dienstjahr um 1 % der pensionsfähigen Bezüge

bis zum Höchstsatz von 75 %.

4. Die Gesamtrente ist höchstbegrenzt auf 100 % (Nettoversorgungssatz) des Betrags, den der Mitarbeiter als fiktives Netto-Arbeitsentgelt bei Eintritt des Versorgungsfalls zuletzt bezogen hätte (Nettoobergrenze). Übersteigt die zunächst nach Abs. 1 bis 3 errechnete Gesamtrente diese Nettoobergrenze, wird die Rente aus der erweiterten Altersversorgung entsprechend gekürzt.

Das fiktive Netto-Arbeitsentgelt wird dadurch ermittelt, daß von dem pensionsfähigen Monatsbezug, der der Rentenregelung zugrunde gelegt wird (vgl. § 14), die Lohnsteuer unter Anwendung der für 1997 geltenden allgemeinen Lohnsteuertabelle bei verheirateten Versorgungsberechtigten nach Steuerklasse III/0, im übrigen nach der Steuerklasse I/0, und die jeweiligen Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Arbeitsförderungsgesetz nach Maßgabe der jeweiligen Beitragssätze abgezogen werden. Auf der Lohnsteuerkarte eingetragene Steuerfreibeträge sowie Abzüge für Kirchensteuer und zusätzliche Altersversorgung bleiben unberücksichtigt.

5. Wird die Rente aus der erweiterten Altersversorgung als Altersrente (vgl. § 16) vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen, vermindert sich der nach Abs. 1 bis 4 errechnete Prozentsatz der Gesamtrente bei den Mitarbeitern, die am 31. Dezember 1997 nicht die Voraussetzungen für rentennahe Jahrgänge nach Abs. 2 Buchstabe a) erfüllen, für jeden Monat der vorzeitigen Renteninanspruchnahme um 0,3 %.”

Mit Rundschreiben vom 16. Februar 1998 teilte die Beklagte dem Kläger diese Änderungen mit.

Das Arbeitsgericht Karlsruhe hat in einem Rechtsstreit zwischen der Beklagten und einem früheren Arbeitskollegen des Klägers mit Urteil vom 14. Januar 1999 – 4 Ca 267/98 – festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet sei, “vorläufig, d.h. bis zur Änderung der Versorgungsordnung in der Fassung vom 01.01.1998” die Betriebsrente nach den bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Versorgungsregelungen zu zahlen, weil bei der Bestimmung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts nicht statisch an die Lohnsteuertabelle 1997 angeknüpft werden dürfe und dieser Rechtsfehler nach § 139 BGB zur Nichtigkeit der gesamten Neuregelung geführt habe. Daraufhin änderte die Beklagte mit Zustimmung des Personalrats den § 15 Nr. 4 Abs. 2 Satz 1 VO 98 mit Wirkung zum 1. Januar 1999 dahingehend, daß die “bei Eintritt des Versorgungsfalls geltende allgemeine Lohnsteuertabelle” zugrunde zu legen ist.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Änderungen der VO 98 seien unwirksam. Einen tragfähigen Grund für die Einführung der Nettoobergrenze (§ 15 Nr. 4 VO 98) habe es nicht gegeben. Er sei nicht überversorgt. Im übrigen sei eine etwaige Überversorgung nicht planwidrig. Es könne nicht auf die Abgaben- und Steuerbelastung bei Erlaß der PO 61 abgestellt werden. Erst durch die VO 80 habe die Beklagte ein geschlossenes Gesamtversorgungssystem geschaffen. Sie habe dieses Versorgungswerk zum 31. März 1986 geschlossen und für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis danach begonnen habe, die BO 86 erlassen. Nur die BO 86 habe eine Nettoobergrenze enthalten. Dagegen sei ihm eine Besitzstandswahrung zugesagt worden. Darauf habe er sich verlassen dürfen, zumal die Beklagte nach dieser Zusage mehr als zehn Jahre untätig geblieben sei. Die durch § 15 Nr. 4 VO 98 eingeführte Nettoobergrenze verstoße gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit, umgehe den allgemeinen Kündigungsschutz nach §§ 1, 2 KSchG und verletze die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsrechte. Der Gleichbehandlungsgrundsatz werde dadurch verletzt, daß die Nettoobergrenze nur auf die seit dem 1. Januar 1998 ausscheidenden Arbeitnehmer anzuwenden sei. Auch die weiteren Einschränkungen der betrieblichen Altersversorgung seien unwirksam. Die Absenkung der Steigerungssätze ab 1. Januar 1998 könne nicht auf einen Abbau der Überversorgung gestützt werden. Andere Rechtfertigungsgründe für diesen Eingriff gebe es nicht. Ebensowenig sei die Einführung versicherungsmathematischer Abschläge gerechtfertigt gewesen. In der VO 80 habe die Beklagte die Mehrbelastungen durch die vorgezogene Inanspruchnahme von Altersrente bewußt in Kauf genommen. Zumindest gehöre er zu den rentennahen Jahrgängen. Wie das Arbeitsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 14. Januar 1999 – 4 Ca 267/98 – rechtskräftig festgestellt habe, sei die gesamte VO 98 nach § 139 BGB nichtig gewesen. Der Rechtsfehler sei erst mit Wirkung zum 1. Januar 1999 behoben worden. Zu diesem Zeitpunkt habe er das 55. Lebensjahr vollendet gehabt. Keinesfalls habe die Beklagte in die versorgungsrechtliche Gegenleistung für die bis zum 31. Dezember 1998 erbrachte Betriebstreue rückwirkend eingreifen dürfen. Selbst wenn er nicht zu den rentennahen Jahrgängen zu zählen sei, müsse sich die Altersversorgung für die bis zum 31. Dezember 1998 zurückgelegten Dienstzeiten nach der VO 80 richten.

Der Kläger hat beantragt:

  • Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm bei Eintritt des Versorgungsfalles eine betriebliche Altersversorgung auf der Grundlage der Versorgungsordnung vom 1. Januar 1980 zu zahlen.
  • Vorsorglich und hilfsweise:

    Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm bei Eintritt des Versorgungsfalles eine betriebliche Altersversorgung auf der Grundlage der Versorgungsordnung vom 1. Januar 1999 zu zahlen mit der Maßgabe, daß er nach § 15 Abs. 2 VO 80 zu den rentennahen Jahrgängen gehört.

  • Äußerst vorsorglich und hilfsweise:

    Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm bei Eintritt des Versorgungsfalles eine betriebliche Altersversorgung auf der Grundlage der Versorgungsordnung vom 1. Januar 1980 zu zahlen bei einer pensionsfähigen Dienstzeit vom 1. Juni 1973 bis 31. Dezember 1998 sowie auf der Grundlage der Versorgungsordnung vom 5. Februar 1999 beginnend mit einer pensionsfähigen Dienstzeit ab dem 1. Januar 1999.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Änderungen der Versorgungsregelungen durch die VO 98 für wirksam gehalten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein bisheriges Klagebegehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen sowohl den Hauptantrag als auch die Hilfsanträge des Klägers abgewiesen. Die VO 98 hat die Versorgungsrechte des Klägers wirksam beschränkt.

  • Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß die Beklagte seine Altersversorgung nach der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung der VO 80 berechnet.

    1. Die Nettoobergrenze des § 15 Nr. 4 VO 98 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers lag eine planwidrige Überversorgung vor. Diese Störung der Geschäftsgrundlage löste ein Anpassungsrecht der Beklagten aus (vgl. BAG 28. Juli 1998 – 3 AZR 100/98 – BAGE 89, 262, 271). Sie hat ihr Gestaltungsrecht wirksam ausgeübt. Die Neuregelung hält der gerichtlichen Inhaltskontrolle nach § 315 BGB stand.

    a) Das angestrebte Versorgungsniveau ist der PO 61 zu entnehmen und lag jedenfalls nicht über 100 % der pensionsfähigen Nettobezüge.

    aa) Dem Kläger wurde keine individuelle, auf sein Arbeitsverhältnis zugeschnittene und mit ihm gesondert ausgehandelte Versorgungszusage erteilt. Seine Versorgungsrechte beruhen nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien auf einer Gesamtzusage. Für die Feststellung des angestrebten Versorgungsgrades spielt es keine Rolle, daß die Gesamtzusage ein einzelvertragliches Regelungsmittel ist. Entscheidend ist der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt der Willenserklärung des Arbeitgebers. In der Gesamtzusage verpflichtete sich die Beklagte zur Anwendung der generellen, abstrakten Regelungen ihrer Versorgungsordnung. Sie hat für alle angesprochenen Arbeitnehmer den gleichen Inhalt und die gleiche Bedeutung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Auslegung der Versorgungsordnung ist dementsprechend weder der Abschluß des Arbeitsvertrages noch der Beginn des Arbeitsverhältnisses, sondern die Errichtung der einzelvertraglich übernommenen Versorgungsordnung (BAG 28. Juli 1998 – 3 AZR 100/98 – BAGE 89, 262, 268).

    bb) Entgegen der Ansicht des Klägers sah bereits die PO 61 ein “geschlossenes Gesamtversorgungssystem” vor. Die “erweiterte Altersversorgung” nach der PO 61 war nicht unabhängig von der gesetzlichen Rente und der versicherungsförmigen ÖVA-Rente zu gewähren, sondern mit diesen Versorgungsleistungen ausdrücklich verzahnt. Die Beklagte hatte sich dazu verpflichtet, den Versorgungsberechtigten eine bestimmte Gesamtrente zu verschaffen. Sie umfaßte insbesondere die Rente aus der Sozialversicherung und aus der seit 1939 bestehenden ÖVA-Versorgung. Die durch die PO 61 eingeführte “erweiterte Altersversorgung” hatte eine Ergänzungsfunktion. Sie füllte die gemessen an der Gesamtrente bestehende Versorgungslücke. Die Gesamtrente gewährleistete ein bestimmtes, von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängiges Versorgungsniveau.

    cc) Für die Versorgungsberechtigten war unschwer zu erkennen, daß sie eine beamtenähnliche Altersversorgung erhalten sollten. Die versorgungspflichtige Beklagte ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Das in der PO 61 versprochene Versorgungsniveau einschließlich der Dienstzeitstaffel entsprach der gesetzlich geregelten Beamtenversorgung.

    Das Gesamtversorgungssystem der PO 61 sollte die Betriebsrentner nicht besser stellen als die aktiven Arbeitnehmer, sondern allenfalls den bisherigen, auf dem versorgungsfähigen Arbeitsentgelt beruhenden Lebensstandard gewährleisten. Im Jahre 1961 war bei einer Gesamtversorgungsobergrenze von 75 % des pensionsfähigen Bruttoarbeitsentgelts in der Regel sichergestellt, daß die Gesamtversorgung nicht höher ausfiel als der den aktiven Arbeitnehmern zustehende Nettobetrag aus dem versorgungsfähigen Arbeitsentgelt. Dies ergibt sich aus allgemein zugänglichen statistischen Erkenntnissen, die zu den offenkundigen Tatsachen iSd. § 291 ZPO gehören (BAG 28. Juli 1998 – 3 AZR 100/98 – BAGE 89, 262, 269). Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht auf die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 28. Juli 1998 (– 3 AZR 100/98 – BAGE 89, 262, 268 ff.) und des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 16. März 1988 (– IVa ZR 142/87 – AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 25, zu I 1 der Gründe) zur Entwicklung der Arbeitnehmerbelastung durch Steuern und Sozialversicherungsabgaben Bezug genommen. Vor allem die Auswirkungen der Steuerprogression und die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge führten dazu, daß die Nettoverdienstquote drastisch abnahm. Dadurch entstand die mit dem ursprünglichen Versorgungsziel nicht zu vereinbarende Überversorgung.

    dd) Die Beklagte änderte das Versorgungsziel nicht. Sie hob das angestrebte Versorgungsniveau nicht in späteren Versorgungsordnungen an.

    In der VO 80 wurden die Regelungen zur “zusätzlichen Altersversorgung” (ÖVA-Direktversicherung) und zur “erweiterten Altersversorgung” (Direktzusage einer LBS-Rente) zusammengefaßt. Das bisherige Gesamtversorgungssystem wurde fortgeführt. Die bereits in der PO 61 enthaltenen Berechnungsgrundsätze für die Gesamtversorgungsobergrenzen wurden übernommen. Die Höhe der Gesamtversorgung hing weiterhin ebenso wie bei den Beamten von den pensionsfähigen Bezügen und den pensionsfähigen Dienstjahren ab. Auch die Prozentsätze der nach wie vor bruttoentgeltbezogenen Obergrenzen blieben unverändert. Damit hat die Beklagte am bisherigen Versorgungsziel festgehalten. Jedenfalls ist der VO 80 nicht zu entnehmen, daß der Versorgungsgrad gegenüber der PO 61 erhöht werden sollte.

    b) Die Beklagte verpflichtete sich weder im Jahre 1986 noch anschließend dazu, dem Kläger eine etwa bestehende Überversorgung zu belassen.

    aa) Ein rechtsgeschäftlicher Verzicht auf das Anpassungsrecht wegen planwidriger Überversorgung ergibt sich nicht daraus, daß die Beklagte nach Schließung des Versorgungswerks für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. März 1986 begann, die BO 86 mit einer Nettoobergrenze schuf, während sie bei den bereits vorher eingestellten Arbeitnehmern von einer entsprechenden Änderung der VO 80 zunächst absah.

    Mit Rundschreiben vom 26. Februar 1986 teilte die Beklagte den Versorgungsberechtigten mit, der Verwaltungsrat habe in seiner Sitzung am 18. Dezember 1985 beschlossen, daß die bestehende Versorgungsordnung zum 31. März 1986 geschlossen werde und für alle Mitarbeiter, die sich schon vorher in einem Arbeitsverhältnis zu ihr befunden hätten, die bisherige Versorgungsordnung weitergelte. Nr. I.3. der Hinweise zur betrieblichen Altersversorgung Stand: 1. Januar 1986 machte darauf aufmerksam, daß die VO 80 zum 31. März 1986 “unter Wahrung des Besitzstandes” geschlossen wurde. Diese Äußerungen enthalten Informationen über die Rechtsfolgen der Schließung des bisherigen Versorgungswerkes. Ein rechtsgeschäftlicher Bindungswille für die Zukunft läßt sich daraus nicht entnehmen.

    bb) Auch die langjährige Untätigkeit der Beklagten hat keinen rechtsgeschäftlichen Erklärungswert. Der Nichtausübung des Gestaltungsrechts ist nur unter besonderen Umständen ein Bindungswille für alle Zukunft zu entnehmen. Ein stillschweigender endgültiger Verzicht auf das Recht, eine planwidrige Überversorgung abzubauen, ist vor allem bei öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern die Ausnahme, so daß an eine derartige Erklärung entsprechend hohe Anforderungen zu stellen sind.

    c) Die Beklagte hat ihr Anpassungsrecht nicht verwirkt. Die Verwirkung ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausschließen. Da sie auf dem Grundsatz des Vertrauensschutzes beruht, genügt allein der Zeitablauf nicht. Zum Zeitmoment muß das sog. Umstandsmoment hinzukommen. Der Betroffene muß sich auf Grund besonderer Umstände darauf einrichten dürfen und eingerichtet haben, das Recht werde auch in Zukunft nicht mehr geltend gemacht (vgl. ua. BAG 28. Juli 1998 – 3 AZR 100/98 – BAGE 89, 262, 277; 25. April 2001 – 5 AZR 497/99 – BAGE 97, 326, 329; 7. November 2001 – 4 AZR 724/00 – BAGE 99, 295, zu I 3a der Gründe). Der erforderliche Vertrauenstatbestand fehlt.

    aa) Obwohl die Beklagte gegen die Überversorgung längere Zeit nicht einschritt, konnten die Versorgungsberechtigten nicht erwarten, die Überversorgung werde auch in Zukunft und zwar unabhängig von der weiteren Entwicklung des Sozialversicherungsrechts, des Beamtenversorgungsrechts und der im öffentlichen Dienst üblichen betrieblichen Altersversorgung aufrechterhalten. Grundsätzlich können die Arbeitnehmer nicht damit rechnen, dauerhaft eine Gesamtversorgung von mehr als 100 % der letzten versorgungsfähigen Nettobezüge zu erhalten. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn eine solche Überversorgung ausdrücklich oder konkludent zugesagt worden ist. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.

    bb) Einem schutzwürdigen Vertrauen stand zudem entgegen, daß die Beklagte eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist und wie im öffentlichen Dienst üblich eine der Beamtenversorgung angeglichene Gesamtversorgung zugesagt hatte. Die unter die VO 80 fallenden Arbeitnehmer konnten nicht annehmen, daß sich die Beklagte von den bisherigen Versorgungszielen und Zusammenhängen lösen wolle und eine die ursprüngliche Ergänzungsfunktion verfehlende Überversorgung auch künftig beibehalten werde.

    cc) Der Abbau der Überversorgung entsprach dem Geschäftszweck der Beklagten. Nach § 45 Satz 1 des Sparkassengesetzes für Baden-Württemberg (SpG) ist es ihre Aufgabe, das Bausparen zu pflegen und den Wohnungsbau zu fördern. Sie hat nach § 49 iVm. § 6 Abs. 5 SpG ihre Geschäfte nicht nur nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen, sondern dabei auch ihren öffentlichen Auftrag zu beachten. Damit wäre die dauerhafte Beibehaltung der Überversorgung nicht zu vereinbaren. Dies war auch für die Versorgungsberechtigten erkennbar. Ihnen mußte klar sein, daß die Einlagen der Bausparer nicht der Finanzierung einer Überversorgung früherer Bediensteter der öffentlich-rechtlichen Bausparkasse dienen.

    d) Die Beklagte hat auf die planwidrige Überversorgung angemessen reagiert. Sie hat beim Abbau der Überversorgung die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes beachtet. Grundrechte des Klägers sind nicht verletzt.

    aa) Gesamtversorgungsobergrenzen dienen typischerweise dazu, Überversorgungen zu verhindern oder wenigstens einzudämmen. Nettoobergrenzen sind ein geeignetes, interessengerechtes Mittel, einer planwidrigen Überversorgung wirksam zu begegnen. Der Abbau einer planwidrigen Überversorgung rechtfertigt auch Eingriffe in die zeitanteilig erdienten Besitzstände (vgl. ua. BAG 23. Oktober 1990 – 3 AZR 260/89 – BAGE 66, 145, 152 f.; 23. September 1997 – 3 ABR 85/96 – BAGE 86, 312, 323).

    bb) Die Beklagte hat mit der neben der Bruttoobergrenze eingeführten Nettoobergrenze des § 15 Nr. 4 VO 98 ihr Anpassungsrecht nicht einmal ausgeschöpft. Das Versorgungsniveau ist durch diese Beschränkung der Gesamtversorgung nicht vollständig auf das ursprünglich angestrebte Niveau zurückgeführt worden, weil bei der Berechnung des maßgeblichen Nettovergleichseinkommens weder die Solidaritätszuschläge noch die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge berücksichtigt werden.

    cc) Entgegen der Ansicht des Klägers ist die in § 15 Nr. 4 Abs. 2 VO 98 vorgeschriebene Berechnung des maßgeblichen fiktiven Nettoarbeitsentgelts nicht zu beanstanden.

    (1) Das 14. Monatsgehalt muß nicht berücksichtigt werden. Die “planwidrige Überversorgung” ist ein relativer, auf die konkrete Versorgungsordnung abstellender Begriff. Welches Versorgungsniveau angestrebt und damit plangemäß war, ergibt sich aus der jeweiligen Versorgungsordnung. Der Arbeitgeber sichert den bisherigen Lebensstandard der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer nur insoweit, wie er die Arbeitsvergütung als versorgungsfähig anerkennt. Im vorliegenden Fall gehörte das 14. Monatsgehalt weder nach der PO 61 noch nach der VO 80 und ihren späteren Fassungen zu den pensionsfähigen Bezügen. Nach § 3 Nr. 4 PO 61 waren außertarifliche Sonderzahlungen nicht als pensionsfähiges Gehalt anzusetzen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 4 VO 80 zählt zwar die tarifliche Sonderzahlung zu den pensionsfähigen Bezügen. Freiwillige Sonderzahlungen sind aber nach § 14 Abs. 3 Nr. 4 VO 80 nicht pensionsfähig.

    Die Zahlung des 14. Monatsgehalts erfolgte unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt. Es wurde zusätzlich zur tariflichen Sonderzahlung (13. Monatsgehalt) gewährt. Ein Rechtsanspruch auf das 14. Monatsgehalt bestand nur für das jeweilige Kalenderjahr und nicht für die Zukunft. Die Beklagte konnte diese Leistung in den folgenden Jahren jederzeit einstellen. Folgerichtig wurde sie nicht zu den für die betriebliche Altersversorgung maßgeblichen Bezügen gerechnet, die auch den künftigen Lebensstandard prägen.

    (2) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die individuellen Steuerfreibeträge in die Berechnung des Nettovergleichseinkommens einzubeziehen. Die Versorgungsordnung darf auch bei der Nettoobergrenze typisieren. Die Anwendung der allgemeinen Lohnsteuertabellen entspricht einer zulässigen pauschalierenden und generalisierenden Betrachtung. Der Arbeitgeber darf die Altersversorgung so ausgestalten, daß ihre Höhe von den individuellen Verhältnissen und persönlichen Entscheidungen des Versorgungsberechtigten unabhängig ist. Die von der Beklagten zu gewährende Zusatzversorgung ist nicht darauf ausgerichtet, erhöhten persönlichen Bedürfnissen des einzelnen Versorgungsberechtigten Rechnung zu tragen. Noch weniger müssen die auf bestimmte Einkunftsarten zugeschnittenen Steuerfreibeträge berücksichtigt werden. Die Zusatzversorgung dient nicht dazu, die Erzielung anderweitiger Einkünfte zu fördern.

    dd) Wie die Geltung der Grundrechte in Privatrechtsverhältnissen und bei der Ausübung arbeitsvertraglicher Gestaltungsrechte im einzelnen zu begründen ist, kann offenbleiben. Zumindest sind die Grundrechte als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen und Elemente einer objektiven Ordnung bei der Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Generalklauseln zu beachten (sog. Ausstrahlungswirkung oder mittelbare Drittwirkung der Grundrechte; vgl. ua. BVerfG 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 – BVerfGE 7, 198, 205 f.; 23. April 1986 – 2 BvR 487/80 – BVerfGE 73, 261, 268 f.). Das durch die Störung der Geschäftsgrundlage ausgelöste Anpassungsrecht ermächtigt den Arbeitgeber zu einer einseitigen Leistungsbestimmung iSd. § 315 BGB. Sie ist “nach billigem Ermessen zu treffen”. Eine die Grundrechte verletzende oder den gesetzlichen Kündigungsschutz umgehende Entscheidung entspricht nicht billigem Ermessen. Die Einführung der Nettoobergrenze des § 15 Nr. 4 VO 98 hält jedoch der gerichtlichen Überprüfung stand.

    (1) Die Betriebsrentenansprüche zählen zwar zu den durch Art. 14 GG geschützten Rechtspositionen. Wie weit der Eigentumsschutz reicht, hängt aber vom Inhalt der Versorgungszusage ab. Eine über die eingeräumten Ansprüche hinausgehende Rechtsposition gewährleistet Art. 14 GG nicht (vgl. ua. BAG 22. Februar 2000 – 3 AZR 108/99 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 14 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 4, zu I 5b der Gründe). Der Abbau einer planwidrigen Überversorgung stellt die vertragsgemäße Ordnung wieder her und ist deshalb auch keine “Veränderung der Versorgungsregelungen” iSd. § 2 Abs. 5 BetrAVG (BAG 28. Juli 1998 – 3 AZR 100/98 – BAGE 89, 262, 272). Ein vertraglicher, verfassungsrechtlich geschützter Anspruch auf Beibehaltung einer Störung der Geschäftsgrundlage besteht nicht.

    (2) Eine dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) widersprechende Rückwirkung liegt nicht vor. Da die VO 98 die nach ihrem Inkrafttreten entstehenden Versorgungsansprüche einschränkt und demgemäß auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirkt, enthält sie nur eine unechte Rückwirkung, die in der Regel zulässig ist (vgl. BVerfG 9. Februar 1983 – 1 BvL 8/80, 16/81; 1 BvR 257/80, 890/80, 1357/81 – BVerfGE 63, 152, 175; 18. Februar 1998 – 1 BvR 1318, 1484/86 – BVerfGE 97, 271, 289). Schutzwürdiges Vertrauen der Betroffenen wurde nicht verletzt. Die Versorgungsberechtigten durften nicht erwarten, daß der Arbeitgeber ihnen die Überversorgung dauerhaft belassen und auf die Fehlentwicklung der Altersversorgung auch in Zukunft nicht angemessen reagieren werde (vgl. dazu bereits BAG 9. April 1991 – 3 AZR 598/89 – BAGE 67, 385, 398).

    (3) Der allgemeine Kündigungsschutz nach §§ 1, 2 KSchG wird nicht dadurch umgangen, daß der Arbeitsvertrag auf Grund einer Störung der Geschäftsgrundlage angepaßt wird. Der Vertragsinhalt wird nicht iSd. § 2 KSchG geändert, sondern durch die Beseitigung der Vertragsstörung wird die ursprüngliche Ordnung wiederhergestellt.

    (4) Entgegen der Ansicht des Klägers ist es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren, daß die Nettoobergrenze nur auf die seit dem 1. Januar 1998 ausscheidenden Arbeitnehmer anzuwenden ist. Eine sachfremde Ungleichbehandlung ergibt sich nicht daraus, daß die Beklagte beim Abbau der Überversorgung auch in die Versorgung der Betriebsrentner eingreifen durfte. “Dürfen” bedeutet nicht “müssen”. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, seine rechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen. Er darf die Betriebsrentner verschonen. Der Eintritt des Versorgungsfalles ist ein sachgerechter Anknüpfungspunkt für eine Stichtagsregelung. Diese Unterscheidung entspricht den Vorstellungen und Wertungen des Betriebsrentengesetzes (vgl. ua. BAG 9. November 1999 – 3 AZR 432/98 – BAGE 92, 358, 366).

    2. Die Beklagte durfte den versicherungsmathematischen Abschlag des § 15 Nr. 5 VO 98 einführen, allerdings nicht zum Abbau einer Überversorgung, sondern als Reaktion auf die zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen im Betriebsrenten-, Sozialversicherungs- und Beamtenversorgungsrecht.

    a) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es, daß sich der Arbeitgeber beim Abbau der Überversorgung darauf beschränkt, die Altersversorgung auf den ursprünglich angestrebten Versorgungsgrad zurückzuführen. Davon ist die Schaffung eines Ausgleichs für neue Belastungen des Arbeitgebers und die darauf gestützte Absenkung des Versorgungsniveaus zu unterscheiden. Ein versicherungsmathematischer Abschlag berücksichtigt, daß die Versorgungsberechtigten die Altersrente bei vorgezogener Inanspruchnahme mit höherer Wahrscheinlichkeit sowie früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen erhalten (BAG 24. Juli 2001 – 3 AZR 567/00 – BAGE 98, 212, 218 f.). Der Arbeitgeber begegnet der auch von der Lebenserwartung der Betriebsrentner beeinflußten Verschiebung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung durch eine Herabsetzung der laufenden Rentenzahlungen und damit durch eine Verringerung des Versorgungsgrades.

    b) Nach § 4 Nr. 1 PO 61 war die als erweiterte Altersversorgung bezeichnete Gesamtversorgung dann zu gewähren, “wenn der Betriebsangehörige nach Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheidet”. Durch das Rentenreformgesetz vom 16. Oktober 1972 (BGBl. I S 1965) idF des 4. Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 30. März 1973 (BGBl. I S 257) erhielten ältere Arbeitnehmer die sozialversicherungsrechtliche Möglichkeit, vorzeitig in den Ruhestand zu treten, und zwar zunächst ohne versicherungsmathematische Abschläge. § 6 des am 22. Dezember 1974 in Kraft getretenen BetrAVG beseitigte lediglich ein betriebsrentenrechtliches Hindernis für die vorzeitige Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente, ohne den Arbeitgeber zu einer Ausweitung des Dotierungsrahmens zu verpflichten. Die Besonderheiten der Gesamtversorgung standen der Einführung versicherungsmathematischer Abschläge nicht entgegen. Die zusätzlichen Belastungen des Arbeitgebers durch erhöhtes (Erlebens)Risiko, längere Laufzeit und frühere Zahlung (Zinsnachteile) entstehen unabhängig davon, welches Versorgungssystem gewählt wird.

    c) Die Beklagte führte nach Inkrafttreten des BetrAVG jedoch keinen versicherungsmathematischen Abschlag ein, sondern bezeichnete in § 4 Abs. 1 Buchst. b) VO 80 den Bezug von “Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres” ausdrücklich als Versorgungsfall. Eine zeitanteilige Kürzung gemäß § 2 BetrAVG schrieb § 21 VO 80 lediglich “beim Ausscheiden eines Versorgungsberechtigten vor Eintritt des Versorgungsfalles” vor. Dies führt aber nicht dazu, daß auch unter veränderten Rahmenbedingungen die Einführung eines versicherungsmathematischen Abschlages unterbleiben muß.

    aa) Die bisherige Regelung erklärt sich daraus, daß es der Beklagten auf eine beamtenähnliche Zusatzversorgung ankam. In Nr. I der den Mitarbeitern übersandten Kurzdarstellung der VO 80 wurde darauf hingewiesen, daß bereits “mit der Einführung der erweiterten Altersversorgung zum 1. Juli 1961 eine Angleichung an die beamtenrechtlichen Versorgungsregelungen hinsichtlich des erreichbaren Ruhegehaltssatzes herbeigeführt” worden war. Die Beamtenähnlichkeit zeigt sich deutlich in der inhaltlichen Ausgestaltung der Versorgungsregelungen und lag bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts nahe. Die VO 80 hielt an dieser Ausrichtung fest. Folgerichtig sah die VO 80 bei einem vorgezogenen Eintritt in den Ruhestand weder versicherungsmathematische Abschläge noch eine ratierliche Kürzung des Ruhegeldes vor. Dies entsprach dem damaligen Beamtenversorgungsrecht. Versorgungsberechtigte, die noch nicht die Höchstpension bzw. Höchstrente erreicht hatten, verloren lediglich die fehlenden Steigerungsbeträge. Auch im Sozialversicherungsrecht gab es damals noch keine versicherungsmathematischen Abschläge.

    bb) Erst § 77 Abs. 2 Nr. 1 idF des RRG 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S 2261) bestimmte, daß “der Zugangsfaktor bei Entgeltpunkten, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente wegen Alters waren, für jeden Kalendermonat, für den der Versicherte eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch nimmt, um 0,003 niedriger” ist. Diese Vorschrift konnte sich nach der damaligen Rechtslage frühestens ab 2001 auswirken; denn nach § 41 SGB VI idF des RRG 1992 sollte bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit, für Frauen und für langjährig Versicherte die Altersgrenze jeweils vom Jahre 2001 an schrittweise auf das vollendete 65. Lebensjahr angehoben werden mit der Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme ab Alter 60 bzw. 62. Durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S 1078) wurde jedoch die Altersgrenze von 60 Jahren bei der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit für die nach 1936 geborenen Versicherten bereits ab 1. Januar 1997 angehoben mit der Möglichkeit einer vorzeitigen Inanspruchnahme ab Alter 60 (vgl. dazu Verband Deutscher Rentenversicherungsträger Kommentar zum Recht der Gesetzlichen Rentenversicherung § 77 SGB VI Erl. 1.1 und 1.62).

    Diese Rechtsentwicklung macht verständlich, warum die Beklagte erst in der VO 96 bestimmte, daß “ein von der Zahl 1,000 abweichender Zugangsfaktor nach § 77 Abs. 2 oder 3 SGB VI bei der Ermittlung der anrechenbaren Rente außer Ansatz” zu bleiben habe. Wenn die Beklagte den früheren Bezug und die längere Laufzeit der Betriebsrente hinnahm, bedeutete dies nicht, daß sie bereit war, auch noch die durch die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente entstehenden sozialversicherungsrechtlichen Einbußen des Arbeitnehmers auszugleichen.

    cc) Ob die Regelung des fiktiven Zugangsfaktors in § 15 Abs. 4 Buchst. a Satz 2 VO 96 wirksam oder unwirksam war, kann offenbleiben. Der Arbeitgeber mußte es nicht bei diesem Eingriff belassen, sondern durfte statt dessen den Prozentsatz der Gesamtrente um 0,3 % für jeden Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersversorgung vermindern. Diese Kürzung ist zwar ungünstiger als die in § 15 Abs. 4 Buchst. a Satz 2 VO 96 vorgeschriebene fiktive Erhöhung des Zugangsfaktors der anzurechnenden Sozialversicherungsrente. § 15 Nr. 5 VO 98 entspricht aber dem veränderten Beamtenversorgungsrecht, an das sich die Zusatzversorgung der Beklagten jedenfalls bei den Ruhegehaltssätzen angelehnt hat. Nach § 14 Abs. 3 BeamtVG beträgt der Abschlag 3,6 vH (= 12 × 0,3 vH) für jedes Jahr der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand.

    dd) Die Beklagte hatte weder auf das Recht, die von Anfang an angestrebte Übereinstimmung mit dem Beamtenversorgungsrecht wiederherzustellen, verzichtet noch dieses Recht verwirkt.

    Jedenfalls solange kein aktueller Handlungsbedarf bestand, hatte die unterbliebene Anpassung an das Beamtenversorgungsrecht keine Aussagekraft und begründete keinen Vertrauenstatbestand. Die Beklagte handelte rechtzeitig. Da die Anwendbarkeit der VO 98 voraussetzt, daß der Versorgungsberechtigte schon vor dem 1. April 1986 bei der Beklagten beschäftigt war, ist § 85 Abs. 5 BeamtVG zu beachten. Nach dieser Vorschrift erfolgt, wenn der Beamte bereits vor dem 1. Januar 1998 das für den Eintritt in den vorgezogenen Ruhestand maßgebliche Alter erreicht hat, kein versicherungsmathematischer Abschlag. Nach dem 31. Dezember 1997 beträgt er jährlich 0,6 %, nach dem 31. Dezember 1998 jährlich 1,2 %, nach dem 31. Dezember 1999 jährlich 1,8 %, nach dem 31. Dezember 2000 jährlich 2,4 %, nach dem 31. Dezember 2001 jährlich 3,0 % und nach dem 31. Dezember 2002 jährlich 3,6 %. Auch der versicherungsmathematische Abschlag der Beklagten kommt frühestens ab 1. Januar 2003 zum Tragen, denn § 15 Nr. 5 VO 98 klammert die Mitarbeiter aus, die am 31. Dezember 1997 die Voraussetzungen für rentennahe Jahrgänge nach § 15 Nr. 2 Buchst. a erfüllen. Dazu zählen die Mitarbeiter, die vor dem 1. Januar 1998 das 55. Lebensjahr vollendet haben.

    3. Die Beklagte war auch berechtigt, den Steigerungssatz für die nach dem 31. Dezember 1997 zurückgelegten Dienstjahre auf 1 % der pensionsfähigen Bezüge abzusenken.

    a) Das Beamtenversorgungsrecht liefert Strukturprinzipien, auf denen die Zusatzversorgung der Beklagten aufbaut. Ändert sich wie im vorliegenden Fall das Beamtenversorgungsrecht erheblich, so liegt darin zumindest eine Störung der Geschäftsgrundlage, die ein Anpassungsrecht des Arbeitgebers auslöst. Ob der erkennbaren Anlehnung an die Beamtenversorgung ein auf die Entwicklung des Beamtenversorgungsrechts abstellender Änderungsvorbehalt zu entnehmen ist, kann dahinstehen. Die Grenze zwischen ergänzender Vertragsauslegung und Störung der Geschäftsgrundlage ist fließend. Da beide Lösungen zum selben Ergebnis führen, kann im vorliegenden Fall die Abgrenzung offenbleiben.

    b) Die Neuregelung entspricht dem Anpassungsziel. Sie ist verhältnismäßig und verletzt kein schutzwürdiges Vertrauen der Versorgungsberechtigten.

    aa) Bei Beamten greift die Übergangsregelung des § 85 Abs. 1 BeamtVG ein, wenn das Beamtenverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestand. Nach dieser Vorschrift bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Er steigt mit jedem ruhegehaltsfähigen Jahr, das ab 1. Januar 1992 zurückgelegt wird, um 1 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge. Nach § 15 Nr. 2 Buchst. b VO 98 wird der auf 1 % abgesenkte Steigerungssatz erst nach dem 31. Dezember 1997 angewandt.

    bb) Die Absenkung des Steigerungssatzes in der VO 98 beschränkt sich darauf, in die künftigen Zuwächse und damit in die am schwächsten geschützte betriebsrentenrechtliche Rechtsposition einzugreifen. Jedenfalls mit einer derartigen Angleichung an die Beamtenversorgung mußten die Arbeitnehmer rechnen.

    4. Personalvertretungsrechtlich sind die Regelungen der VO 98 nicht zu beanstanden. Der Personalrat hat den Vorschriften unstreitig in einer Regelungsabrede zugestimmt. Dies genügte. Die Mitbestimmung muß nicht in einer Dienstvereinbarung erfolgen. Das Personalvertretungsgesetz für das Land Baden-Württemberg (LPVG) schreibt dies ebensowenig vor wie das Betriebsverfassungsgesetz eine Betriebsvereinbarung.

  • Der mit dem ersten Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch, als rentennaher Jahrgang behandelt zu werden, steht dem Kläger nicht zu. Für rentennahe Jahrgänge gelten weder versicherungsmathematische Abschläge noch der abgeflachte Steigerungssatz (§ 15 Nr. 2 Buchst. a und Nr. 5 VO 98).

    1. Der Begriff des rentennahen Jahrgangs ist in § 15 Nr. 2 Buchst. a VO 98 eindeutig definiert. Darunter fallen Mitarbeiter, die vor dem 1. Januar 1998 entweder das 55. Lebensjahr vollendet haben oder “mindestens 35 volle Jahre ununterbrochene Betriebszugehörigkeit zur LBS” zurückgelegt haben. Keine der beiden Voraussetzungen erfüllt der Kläger.

    2. Er kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht auf das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 14. Januar 1999 – 4 Ca 267/98 – stützen. Nach dieser Entscheidung war die Vorschrift, das fiktive Nettoarbeitsentgelt stets unter Anwendung der allgemeinen Lohnsteuertabelle für 1997 zu berechnen, unwirksam. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts Karlsruhe führte dieser Rechtsfehler nicht nach § 139 BGB zur Nichtigkeit aller Neuregelungen. Die Regelungslücke war durch eine ergänzende Auslegung zu füllen. Dem in der VO 98 zum Ausdruck gebrachten Regelungswillen und den Interessen der Beteiligten entsprach es, die unzulässige statische Betrachtung der Steuerbelastung durch die gebotene Dynamik zu ersetzen und im übrigen die nicht zu beanstandenden Regelungsziele wie vorgesehen zu verwirklichen.

    3. Selbst bei einer vollständigen Nichtigkeit der Änderung der Versorgungsordnung durch die VO 98 wäre es zulässig gewesen, das korrigierte Regelungswerk rückwirkend in Kraft zu setzen. Sogar eine echte Rückwirkung ist nicht verboten, wenn der Betroffene zu dem Zeitpunkt, zu dem die Regelung in Kraft tritt, mit ihr rechnen mußte (vgl. ua. BVerfG 25. Juni 1974 – 2 BvF 2,3/73 – BVerfGE 37, 363, 397 f.; 25. Mai 1993 – 1 BvR 1509, 1648/91 – BVerfGE 88, 384, 404). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn sich eine Regelung im nachhinein als ungültig erweist und durch eine rechtlich einwandfreie Regelung ersetzt wird (vgl. ua. BVerfG 19. Dezember 1961 – 2 BvL 6/59 – BVerfGE 13, 261, 272).

  • Auch der zweite Hilfsantrag ist unbegründet. Der Kläger kann nicht verlangen, daß seine Altersversorgung für die vom 1. Juni 1973 bis 31. Dezember 1998 zurückgelegten Dienstzeiten nach der VO 80 und für die ab 1. Januar 1999 zurückgelegten Dienstzeiten nach der VO 98 idF vom 5. Februar 1999 zu berechnen ist. Die maßgeblichen Änderungsgründe erfordern keine derartige Aufspaltung, sondern stehen ihr entgegen.

    1. Der Abbau der Überversorgung erlaubt sogar einen Eingriff in die zeitanteilig erdienten Besitzstände. Im Urteil vom 17. November 1992 (– 3 AZR 432/89 – ZTR 1993, 167 f.) hat der Senat darauf hingewiesen, daß bei der gesplitteten Berechnung unklar bliebe, welche Obergrenze im Versorgungsfall gelten soll. Selbst wenn die Versorgung nach zwei unterschiedlichen Zeitabschnitten zu berechnen wäre, müßte eine Obergrenzenregelung eingreifen.

    2. Die versicherungsmathematischen Abschläge nach § 15 Nr. 5 VO 98 führen zu einer zulässigen Angleichung an das Beamtenversorgungsrecht. Ebensowenig wie dort müssen die Abschläge auf einen bestimmten Dienstzeiten zugeordneten Teil der Altersversorgung beschränkt werden. Die gesamte Betriebsrente bzw. Beamtenpension wird vorgezogen gezahlt. Die versicherungsmathematischen Abschläge sollen die dadurch entstehenden erhöhten Belastungen des Dienstherrn ausgleichen.

    3. Die Abflachung der Steigerungsbeträge betrifft ohnehin nur die bei Inkrafttreten der VO 98 noch nicht erdienten Zuwächse. Eine weitere Einschränkung des Eingriffs ist nicht erforderlich.

 

Unterschriften

Reinecke, Kremhelmer, Breinlinger, Schmidt

Die ehrenamtliche Richterin Frau Frehse ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert.

Reinecke

 

Fundstellen

AP, 0

EzA-SD 2003, 11

EzA

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