Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen setzt nicht voraus, daß die Zulage neben dem Tariflohn ausdrücklich ausgewiesen ist. Entscheidend ist, ob auf das Arbeitsverhältnis ein Lohn- oder Gehaltstarifvertrag anwendbar und die Gesamtvergütung daher in einen tariflichen und einen übertariflichen Bestandteil aufteilbar ist.

2. Hat der Betriebsrat der Einführung eines Zulagensystems zugestimmt, löst eine Änderung der Verteilungsgrundsätze durch unterschiedliche Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf die Zulagen einzelner Arbeitnehmer dann kein erneutes Mitbestimmungsrecht aus, wenn diese Änderung ihre Ursache allein im Vollzug der mitbestimmten Regelung hat.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 25.05.1990; Aktenzeichen 9 Sa 79/90)

ArbG Bonn (Entscheidung vom 05.12.1989; Aktenzeichen 5 Ca 1347/89)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten zur Anrechnung einer tariflichen Lohnerhöhung auf übertarifliche Zulagen.

Die gewerkschaftlich organisierten Kläger sind seit mehreren Jahren bei der Beklagten als Kraftfahrzeugmechaniker beschäftigt. Auf ihre Arbeitsverhältnisse finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Tarifverträge für das Kraftfahrzeuggewerbe Nordrhein-Westfalen Anwendung. Alle Kläger gehören nach Maßgabe des betreffenden Lohntarifvertrages zur Lohngruppe 4 (qualifizierte Facharbeiter).

Bis zum 31. August 1987 wurden die Kläger nach einem tariflichen Leistungslohnsystem bezahlt. Danach errechnete sich der Lohn aus dem Tarifstundenlohn als Geldfaktor und einem nach Arbeitswerten (AW) bemessenen Zeitfaktor.

Im Einvernehmen mit dem 1986 bei der Beklagten gewählten fünfköpfigen Betriebsrat, dem die Kläger zu 3), 7), 9) und 14) angehörten, wurde die Bezahlung der Kraftfahrzeugmechaniker zum 1. September 1987 auf ein Festlohnsystem umgestellt. Dabei handelte der Betriebsrat in seiner Gesamtheit für die einzelnen Kläger auch die jeweiligen Löhne in unterschiedlicher Höhe aus. Maßgebliche Berechnungsfaktoren waren der tarifliche Monatslohn - auf der Basis einer Monatsarbeitszeit von 167 Arbeitsstunden - und der jeweils in den ersten acht Monaten des Jahres 1987 erreichte durchschnittliche Leistungslohn. Die unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorschläge von Betriebsrat und Geschäftsleitung individuell abgestimmten Löhne lagen zwischen 363,07 DM und 1.013,07 DM über dem monatlichen Tariflohn und - zum Teil bis zu 280,-- DM - über dem Durchschnittsverdienst, den die einzelnen Kläger in den ersten acht Monaten des Jahres 1987 als Leistungslohn erzielt hatten.

Nach Abschluß der Verhandlungen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat erhielten die Kläger das folgende gleichlautende Schreiben, das sich lediglich hinsichtlich des in einem Betrag ausgeworfenen neuen Monatslohnes unterschied:

"Nachtrag zum Anstellungsvertrag

...

Wir teilen Ihnen mit, daß sich § 02 Ihres Anstel-

lungsvertrages ab 01.09.87 wie folgt ändert:

Tarifgruppe: Lohngruppe 4 (qualifizierter Fachar-

beiter)

Neuer Monatslohn DM:

Damit entfällt für Sie die Entlohnung nach dem

AW-Leistungslohnsystem.

Anerkannt und einverstanden: " In der Folgezeit wurde nach Maßgabe der festgelegten Löhne abgerechnet. Im Oktober 1987 unterbreitete der Betriebsrat der Geschäftsleitung der Beklagten einen Vorschlag zum Abschluß einer Betriebsvereinbarung, wonach u.a. Anrechnungen im Verhältnis zu übertariflichen Leistungen erstmals im Zusammenhang mit der Tarifrunde 1989 vorgenommen werden dürften und nach einer bestimmten Staffelung erfolgen sollten. Diesen Vorschlag des Betriebsrats hat die Beklagte nicht akzeptiert.

Die Tariflohnerhöhung zum 1. Mai 1988 wurde - aufgerundet auf 84,-- DM - an die Kläger mit Ausnahme des Klägers zu 12) weitergegeben. Mit Schreiben vom 16. März 1988 hatte die Beklagte den Kläger zu 12) darauf hingewiesen, daß seine Leistungen hinter dem Niveau zur Zeit des Leistungslohnes zurückblieben, an dem sie sich bei der Höhe des vereinbarten Festlohnes orientiert habe. Dem Mitarbeiter W wurde nach Angaben der Kläger die Tariflohnerhöhung 1988 wegen unbefriedigendem Leistungsergebnis hälftig, nach denen der Beklagten gar nicht gewährt.

Zum 1. März 1989 vereinbarten die Tarifvertragsparteien eine Erhöhung des tariflichen Stundenlohnes der qualifizierten Facharbeiter von 15,79 DM auf 16,37 DM (bei einer tariflichen Arbeitszeit von 167 Stunden monatlich 96,86 DM). Diese Lohnerhöhung gab die Beklagte an die Kläger nicht weiter, wohl aber an den durch Klagerücknahme aus dem Verfahren ausgeschiedenen Mitarbeiter W sowie den ebenfalls früheren Kläger F .

Die Vergütung des Arbeitnehmers W wurde von 2.900,-- DM auf 3.007,-- DM erhöht. Die Vergütung des Arbeitnehmers F wurde von 2.500,-- DM am 1. September 1987 - damals noch in Lohngruppe 3 (drittes Gesellenjahr) über 2.645,-- DM (1. Februar 1988), 2.724,-- DM (1. Mai 1988 - Weitergabe der Tariflohnerhöhung), 2.901,-- DM (1. Februar 1989) auf gleichfalls 3.007,-- DM ab 1.- März 1989 erhöht.

Die Beklagte erfaßt nach wie vor die von den Klägern jeweils erbrachten Leistungen nach Arbeitswerten. Sie hat im Einzelfall Mitarbeiter auf aus ihrer Sicht im Verhältnis zur gewährten Vergütung vorliegende Minderleistungen hingewiesen.

Mit ihren am 19. Juli 1989 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klagen begehren die Kläger von der Beklagten, die zum 1. März 1989 erfolgte Tariflohnerhöhung weiterzugeben. Sie haben die Auffassung vertreten, die Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf den übertariflichen Lohnbestandteil sei unzulässig. Die Kläger haben behauptet, es sei 1987 vereinbart worden, daß sich der Gesamtlohn aus zwei selbständigen Bestandteilen zusammensetze, nämlich dem tariflichen Grundlohn und einer anrechnungsfesten Leistungszulage. Dies ergebe sich schon aus dem Anlaß der Lohnumstellung wie auch dem Gang der damaligen Verhandlungen. Zur Änderung des Entlohnungssystems sei es gekommen wegen Differenzen bei der Berechnung des Leistungslohnes. So habe die Beklagte entgegen dem Tarifvertrag der Stunde nicht 12, sondern 13 Arbeitswerte zugrunde gelegt. Auch sei bei Tariflohnerhöhungen der Geldfaktor nicht erhöht worden. U.a. deshalb sei es zur Wahl des Betriebsrats gekommen, der eine leistungsgerechte Entlohnung für die Mitarbeiter habe erreichen sollen. Da auch die Beklagte an einer Änderung des Leistungslohnsystems interessiert gewesen sei, habe die Geschäftsleitung die Vereinbarung von Festlöhnen vorgeschlagen. Wie sich aus der Ermittlung der jeweiligen Löhne ergebe - Ermittlung des Grundstundenlohnes und anschließend des durchschnittlichen individuellen Leistungslohnes sowie nachfolgender Festlegung des Monatslohnes unter Berücksichtigung der Angebote von Betriebsrat und Geschäftsleitung -, habe ihnen - den Klägern - neben dem Grundlohn eine feste Leistungszulage gezahlt werden sollen. Hierfür spreche auch, daß der bis dahin gezahlte Leistungslohn in jedem Fall den tariflichen Gesamtstundenlohn überstiegen habe. Die Beibehaltung des Leistungslohnsystems hätte also bei einer Tarifänderung gleichfalls zu einer Lohnerhöhung geführt. Deshalb habe auf seiten der Kläger keine Veranlassung bestanden, eine Festlohnvereinbarung zu treffen, die im Ergebnis zu einer Aufsaugung tariflicher Lohnerhöhungen durch die übertarifliche Zulage führe. Folgerichtig habe die Beklagte die in 1988 eingetretene Tariflohnerhöhung auch vollständig weitergegeben. Zumindest durch dieses Verhalten sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, an den die Beklagte gebunden sei.

Die Anrechnung der Tariflohnerhöhung sei auch deshalb unwirksam, weil die Beklagte das dem Betriebsrat zustehende Mitbestimmungsrecht nicht beachtet habe. Dieses bestehe auch bei einer vollständigen und gleichmäßigen Anrechnung der Tariflohnerhöhung. Zu berücksichtigen sei dabei auch die ungleichmäßige Weitergabe in 1988.

Die Kläger haben weiterhin die fristgerechte Geltendmachung ihrer Ansprüche ab März 1989 behauptet; die Forderungsschreiben seien im Mai 1989 in den internen Postverkehr gegeben worden.

Die Kläger haben mit ihrem Hauptantrag beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,

ab dem 1. März 1989 die durch den Lohntarifver-

trag für Arbeiter für das Kraftfahrzeuggewerbe

Nordrhein-Westfalen vom 9. März 1989 erfolgte Ta-

riflohnerhöhung an die Kläger tatsächlich weiter-

zugeben.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat bestritten, eine anrechnungsfeste Leistungszulage vereinbart zu haben. Eine individuelle oder leistungsbezogene oder sonst selbständige Zulage sei nicht ausgewiesen oder auch nur kenntlich gemacht worden, von einer Leistungszulage sei nie die Rede gewesen. Man habe lediglich die Vergütungen über dem Tarifniveau unter Berücksichtigung des bisher gezeigten Leistungsniveaus festgelegt, wobei sie sich aufgrund ihrer damals guten wirtschaftlichen Situation zu einer weiteren Aufstockung in der Lage gesehen habe. Unabhängig vom Erreichen eines bestimmten Mindestarbeitserfolges oder einer bestimmten Mehrleistung sei die Gesamtvergütung versprochen und gewährt worden, ohne daß besondere individuelle Leistungen prämiert worden seien. Sie habe Arbeitsqualität, Fleiß und Zuverlässigkeit auch weiterhin erwartet. Für diese ordnungsgemäß und ohnehin geschuldete Pflichterfüllung sei aber keine Sonderleistung vereinbart worden.

Die Beklagte hat bestritten, daß es bei der ursprünglichen Leistungsentlohnung zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Es habe auf beiden Seiten eine Mehrzahl von Gründen für eine Umstellung auf ein Festlohnsystem gegeben. Sei es den Arbeitnehmern darum gegangen, dem mit der Leistungsvergütung untrennbar verbundenen Leistungsdruck zu entgehen, sei für sie die direkte Leistungsabhängigkeit der Vergütung zwar vorteilhaft gewesen, aber nicht immer die Qualität der Arbeitsausführung sichernd. Auch seien die Abrechnungen ausgesprochen aufwendig gewesen. Nach der grundsätzlichen Einigung über die Umstellung des Lohnsystems sei letztlich nur über die Höhe des Aufschlags auf die Durchschnittsvergütung der Vergangenheit verhandelt worden, ohne daß man sich Gedanken über eine Leistungszulage oder einen Bestandteil der Vergütung als Differenz zwischen Effektiv- und Tariflohn gemacht habe. Daß auch der Betriebsrat von einer Anrechnungsmöglichkeit bei künftigen Tariflohnerhöhungen ausgegangen sei, zeige deutlich der von ihm 1987 vorgelegte Entwurf einer Betriebsvereinbarung.

Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats habe bei der gleichmäßigen und vollständigen Anrechnung im Jahr 1989 nicht bestanden. Bei den Lohnerhöhungen der Arbeitnehmer F und W habe es sich um Einzelfallentscheidungen im Hinblick auf deren bisher geringere Vergütung gehandelt. Die 1988 nicht erfolgte Weitergabe der Tariflohnerhöhung an zwei Mitarbeiter sei mit dem Betriebsrat abgestimmt gewesen.

Ein Schreiben über die Geltendmachung des Differenzbetrages sei ihr erst für die Zeit ab Juni 1989 bekannt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision der Kläger ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der vom Landesarbeitsgericht vertretenen Auffassung, der Betriebsrat habe bei der Anrechnung der Tariflohnerhöhung kein Mitbestimmungsrecht gehabt, kann der Senat mit der gegebenen Begründung nicht folgen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, die Beklagte sei individualrechtlich zur Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf die übertariflichen Lohnbestandteile der Kläger berechtigt gewesen. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind nicht begründet.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber übertarifliche Zulagen im Falle einer Tariflohnerhöhung grundsätzlich auf den Tariflohn anrechnen, es sei denn, daß dem Arbeitnehmer aufgrund einer vertraglichen Abrede die Zulage als selbständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn zustehen soll. Eine derartige Vereinbarung kann sich auch bei Fehlen einer ausdrücklichen Zusage stillschweigend aus den besonderen Umständen bei den Vertragsverhandlungen ergeben, aus dem Zweck der Zulage - wenn z.B. mit ihr besondere Leistungen oder Erschwernisse abgegolten werden sollen - oder aus einer betrieblichen Übung.

In der tatsächlichen Zahlung einer übertariflichen Zulage allein ist allerdings noch nicht die vertragliche Abrede zu erblicken, die Zulage solle auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden.

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn die tarifliche Zulage über einen längeren Zeitraum vorbehaltlos gezahlt und nicht mit Tariflohnerhöhungen verrechnet wird. Ein solches tatsächliches Verhalten genügt nicht für die Annahme einer betrieblichen Übung, die übertarifliche Zulage anrechnungsfest zum jeweiligen Tariflohn zu gewähren (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BAG Urteil vom 8. Dezember 1982 - 4 AZR 481/80 - AP Nr. 15 zu § 4 TVG Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung; BAGE 55, 322, 325 = AP Nr. 58 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie - beide m.w.N.).

2. Das Landesarbeitsgericht hat diese Grundsätze seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt.

a) Es hat angenommen, die maßgeblichen Vereinbarungen der Parteien über die Lohnhöhe böten entgegen der Auffassung der Kläger auch unter Berücksichtigung der von ihnen für den Wechsel im Vergütungssystem vorgetragenen Gründe und den Ablauf der Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung keine gesicherte Grundlage für die Annahme, die Beklagte habe sich vertraglich zur Zahlung einer festen übertariflichen Lohnzulage verpflichtet, die von Tariflohnerhöhungen unberührt und den Klägern in jedem Fall auf Dauer zukünftig erhalten bleiben solle.

Die dieser Annahme zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angefochten worden, sie binden den Senat.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auslegung der danach feststehenden Umstände des Vertragsschlusses - einschließlich der Schreiben der Beklagten "Nachtrag zum Anstellungsverhältnis" - durch das Landesarbeitsgericht als Auslegung eines Einzelvertrages nur der beschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung darauf unterliegt, ob sie Verstöße gegen Denkgesetze, allgemeine Auslegungsregeln oder Erfahrungssätze enthält (vgl. etwa BAGE 55, 309 = AP Nr. 13 zu § 74 c HGB). Auch wenn man mit der Revision annimmt, es gehe angesichts der Mehrzahl gleicher Verträge - insbesondere auch des gleichlautenden Schreibens "Nachtrag" - um eine typische Willenserklärung, deren Auslegung der vollen revisionsgerichtlichen Überprüfung offensteht, ändert sich im Ergebnis nichts. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts ist auch bei uneingeschränkter Überprüfung nicht zu beanstanden.

b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht bereits in der Vereinbarung eines Monatslohnes in einer Summe ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme eines Anrechnungsverbotes gesehen. Wenn auch die Aufspaltung des Lohnes in Tariflohn einerseits und Zulage andererseits noch nicht zwingend für ein solches Verbot spricht, ist umgekehrt die Ausweisung des Lohnes in einer Summe - also nur des Effektivlohnes - regelmäßig ein deutliches Anzeichen dafür, daß kein anrechnungsfester übertariflicher Teil vereinbart werden sollte.

Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht auch der Entstehungsgeschichte des jetzigen Entlohnungssystems keinen zwingenden Hinweis auf einen anrechnungsfesten Lohnbestandteil - etwa eine ausdrückliche Leistungszulage - entnommen. Das bis dahin praktizierte Leistungslohnsystem sollte gerade zugunsten eines Festlohnes abgelöst werden. Zwar war der durchschnittliche Leistungslohn der vorangegangenen acht Monate eine Berechnungsgröße, die bei der Festlegung der individuellen Löhne herangezogen wurde. Er war aber nicht die einzige Größe. Unstreitig ist der individuelle Festlohn - bis zu 280,-- DM - dann über dem durchschnittlichen Leistungslohn festgelegt worden. Daraus läßt sich nur folgern, daß die bisherigen Leistungslöhne zwar eine Rolle für die Umstellung des Lohnsystems spielten und der neue Festlohn den Besitzstand wahren und übertreffen sollte, daß aber die Entlohnung künftig nicht mehr unmittelbar leistungsabhängig sein sollte.

Mit einer gegenüber künftigen Tariflohnerhöhungen bestandsfesten Leistungszulage wäre praktisch der Leistungsstand bei Umstellung - zuzüglich eines individuellen Zuschlags - perpetuiert worden, ohne daß entsprechende Leistungen zu erbringen gewesen wären. Daß dies die Absicht der an den Verhandlungen Beteiligten war, ist nicht ersichtlich.

Gegen die Annahme eines anrechnungsfesten Lohnbestandteils spricht auch, daß nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts der auf der Seite des Betriebsrats an den Verhandlungen beteiligte Zeuge D eine derartige Vereinbarung gerade nicht bestätigen konnte. Diese Feststellung ist mit Verfahrensrügen gleichfalls nicht angegriffen worden.

Der einmaligen Weitergabe der Tariflohnerhöhung an die Arbeitnehmer im Jahr 1988 läßt sich ein Hinweis darauf, daß die Beklagte bei den Verhandlungen im Jahr 1987 von einer bestandsfesten Zulage ausging, gleichfalls nicht entnehmen. Daß ein Arbeitgeber von einer ihm rechtlich möglichen Anrechnungsbefugnis einer Tariflohnerhöhung keinen Gebrauch macht, ist nicht ungewöhnlich. Selbst eine jahrelange Weitergabe der Tariflohnerhöhungen führt nicht zu einem Verlust des Anrechnungsrechts. Im übrigen hat die Beklagte im Jahr 1988 immerhin bei zwei Mitarbeitern eine Anrechnung vorgenommen.

Die weiterhin durchgeführte Auswertung der von den Klägern erzielten Arbeitswerte belegt gleichfalls nicht die Annahme einer anrechnungsfesten Zulage. Auch bei einer nicht mehr unmittelbar leistungsabhängigen Vergütung hat der Arbeitgeber ein legitimes Interesse daran, die allgemeine Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter zu überprüfen. Hieraus allein läßt sich nicht schließen, daß ein übertariflicher Lohnbestandteil als feste Leistungszulage gedacht ist.

Gegen die Annahme einer anrechnungsfesten Zulage spricht schließlich auch, daß selbst der Betriebsrat, der Verhandlungsführer für die Kläger war, offensichtlich davon ausging, eine Anrechnung künftiger Tariflohnerhöhungen sei nicht ausgeschlossen. Anders ist der von ihm vorgelegte Entwurf einer Betriebsvereinbarung kaum zu verstehen, mit der er im Oktober 1987 - also in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Umstellung des Entlohnungssystems - eine Anrechnung von Tariflohnerhöhungen erst ab 1989 - zunächst gestaffelt, ab der sechsten Tarifrunde nach Ermessen der Geschäftsleitung - vorschlug. Für eine solche Regelung hätte aus Sicht des Betriebsrats kein Anlaß bestanden, wenn man bei den Verhandlungen einig gewesen wäre, daß es sich bei den übertariflichen Lohnbestandteilen um eine auch gegenüber künftigen Tariflohnerhöhungen anrechnungsfeste Zulage handelte.

Wenn das Landesarbeitsgericht - wie schon das Arbeitsgericht - aus alledem gefolgert hat, die vertragliche Vereinbarung enthalte weder ausdrücklich noch konkludent ein Verbot der Anrechnung künftiger Tariflohnerhöhungen auf die übertariflichen Lohnbestandteile, ist das demnach zutreffend. Die Beklagte war individualrechtlich berechtigt, die Tariflohnerhöhung 1989 auf den übertariflichen Lohnbestandteil der Kläger anzurechnen.

II. Nicht zu folgen ist jedoch dem Landesarbeitsgericht, soweit es die Anrechnung der Tariflohnerhöhung für nicht mitbestimmungspflichtig befunden hat.

1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es fehle angesichts der vereinbarten Festlöhne, bei denen sich lediglich rechnerisch ein übertariflicher Lohnbestandteil ermitteln lasse, bereits an einer zur Verfügung stehenden ausgewiesenen Verteilungsmasse. Entscheidend komme hinzu, daß die Beklagte aufgrund der jeweils getroffenen Festlohnvereinbarung rechtlich keine Möglichkeit gehabt habe, das "Zulagenvolumen" anders zu verteilen. Jede Erhöhung bei nur einem der Kläger führe zwangsläufig zur Minderung des vereinbarten Festlohnes bei einem der anderen. Durchsetzbar wären diese Folgen den belasteten Mitarbeitern gegenüber nur im Wege der Änderungskündigung, nicht aber unmittelbar durch Betriebsvereinbarung. Fehle es an einem Widerrufsvorbehalt/Anrechnungsvorbehalt, sei somit kein Raum für kollektive Rechte des Betriebsrats.

Etwas anderes gelte auch nicht deshalb, weil die Beklagte die Tariflohnerhöhung 1989 den Mitarbeitern W und F tatsächlich weitergegeben habe. Denn nach der von den Klägern nicht bestrittenen Behauptung der Beklagten handele es sich dabei um Einzelfallentscheidungen im Hinblick auf bisher geringere Vergütung. Auch die Kläger reklamierten von daher kein Mitbestimmungsrecht für den Betriebsrat.

Dieser Begründung kann der Senat nicht beipflichten. 2. Die Frage, nach welchen Kriterien sich die Höhe übertariflicher oder außertariflicher Zulagen und deren Verhältnis zueinander bestimmen soll, unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrats. Dieses Mitbestimmungsrecht soll den Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Unternehmers orientierten oder willkürlichen Lohngestaltung schützen. Es soll die Angemessenheit und Durchsichtigkeit des innerbetrieblichen Lohngefüges sichern (vgl. etwa BAGE 54, 79 und BAGE 57, 309 = AP Nr. 26 und Nr. 33 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAGE 46, 182 = AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang - jeweils m.w.N.).

Nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Dezember 1991 - GS 2/90 - (zur Veröffentlichung vorgesehen) besteht dieses Mitbestimmungsrecht auch bei der Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf über-/außertarifliche Zulagen aus Anlaß und bis zur Höhe der Tariflohnerhöhung, wenn sich dadurch die Verteilungsgrundsätze ändern und darüber hinaus für eine anderweitige Anrechnung bzw. Kürzung ein Regelungsspielraum verbleibt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anrechnung durch gestaltende Erklärung erfolgt oder sich automatisch vollzieht (Beschluß vom 3. Dezember 1991, aaO).

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist auch nicht danach zu differenzieren, ob es sich um eine neben dem Tariflohn ausdrücklich ausgewiesene Zulage handelt oder um einen "Festlohn", bei dem sich der übertarifliche Lohnbestandteil "lediglich" rechnerisch ermitteln läßt. Entscheidend ist allein, ob auf das Arbeitsverhältnis ein Lohn- oder Gehaltstarifvertrag anwendbar ist, sei es aufgrund Tarifbindung, Allgemeinverbindlichkeit oder einzelvertraglicher Vereinbarung. Ist dies der Fall, ist die Vergütung in einen tariflichen und einen übertariflichen Bestandteil aufteilbar. Damit stellt sich im Falle der Tariflohnerhöhung die Anrechnungsproblematik im Sinne einer Veränderung von tariflichem zu übertariflichem Anteil der Gesamtvergütung in gleicher Weise wie bei ausdrücklicher Ausweisung von Tariflohn und Zulage. Es fehlt nicht an einer ausgewiesenen Verteilungsmasse, wie das Landesarbeitsgericht meint. Ausreichend ist, daß diese sich ohne weiteres errechnen läßt.

Die Parteien sind tarifgebunden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben, mit dem sie den Klägern die Umstellung der Entlohnung mitteilte, ausdrücklich auf die einschlägige Tarifgruppe Bezug genommen. Damit sind die Voraussetzungen für ein Eingreifen des Mitbestimmungsrechts grundsätzlich gegeben.

Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich allerdings nur auf generelle Regelungen und nicht auf die Regelung von Einzelfällen. Die individuelle Lohngestaltung, Regelungen mit Rücksicht auf besondere Umstände des einzelnen Arbeitnehmers, bei denen ein innerer Zusammenhang zu ähnlichen Regelungen für andere Arbeitnehmer nicht besteht, unterliegen nicht der Mitbestimmung.

Ob ein derartiger kollektiver Tatbestand vorliegt, ist nicht allein quantitativ zu bestimmen. Es sind generelle Regelungsfragen vorstellbar, die vorübergehend nur einen Arbeitnehmer betreffen, andererseits können individuelle Sonderregelungen auf Wunsch der betroffenen Arbeitnehmer gehäuft auftreten.

Beim Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG richtet sich die Abgrenzung von Einzelfallgestaltungen zu kollektiven Tatbeständen danach, ob es um Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsform geht oder nicht. Hierbei kann die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer ein Indiz dafür sein, ob ein kollektiver Tatbestand vorliegt oder nicht. Das ist deshalb von Bedeutung, weil es dem Zweck des Mitbestimmungsrechts widerspräche, wenn der Arbeitgeber es dadurch ausschließen könnte, daß er mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern jeweils "individuelle" Vereinbarungen über eine bestimmte Vergütung trifft und sich hierbei nicht selbst binden und keine allgemeine Regelung aufstellen will. Mit einer solchen Vorgabe, nur individuell entscheiden zu wollen, könnte sonst jedes Mitbestimmungsrecht ausgeschlossen werden. Bei der Änderung der Verteilungsgrundsätze für über-/außertarifliche Zulagen geht es stets um die Strukturformen des Entgelts. Deshalb liegt hier stets ein kollektiver Tatbestand vor (Beschluß des Großen Senats vom 3. Dezember 1991, aaO, zu C III 3 b dd der Gründe, m.w.N.).

3. Hiervon ausgehend ist für den Streitfall ein kollektiver Tatbestand zu bejahen.

a) Die Beklagte gewährt einer Mehrzahl ihrer Arbeiter - offensichtlich allen Kfz-Mechanikern - übertarifliche Zulagen. Bereits dies ist ein Indiz für einen kollektiven Tatbestand. Auch wenn die übertariflichen Lohnbestandteile eine unterschiedliche Höhe aufweisen, ergibt sich ein kollektiver Bezug doch schon aus der Entstehungsgeschichte, nämlich der nach einheitlichen Kriterien vorgenommenen Umstellung der Leistungsentlohnung auf ein individuell abgestimmtes Festentlohnungssystem. Die übertariflichen Bestandteile lassen nach außen eine kollektive Regelung auch insoweit erkennen, als die Beklagte in allen Fällen die Möglichkeit einer Anrechnung für sich in Anspruch nimmt.

b) Im Streitfall geht es allerdings nicht um die Einführung des Entlohnungssystems als mitbestimmungspflichtiger Tatbestand. Dieser hat der Betriebsrat im übrigen durch formlose Regelungsabrede zugestimmt.

Allein in Betracht kommender mitbestimmungspflichtiger Tatbestand ist vielmehr die Anrechnung der Tariflohnerhöhung 1989. Auch diese hat allerdings einen kollektiven Bezug schon deshalb, weil sie gegenüber der Mehrzahl der Zulagenempfänger ohne erkennbare Berücksichtigung individueller Besonderheiten erfolgte.

c) Ist also grundsätzlich von einem kollektiven Tatbestand auszugehen, haben sich durch die Anrechnung auch die Verteilungsgrundsätze geändert. Das gilt schon dann, wenn man unter Außerachtlassung der Arbeitnehmer W und F nur auf die Kläger abstellt, denen gegenüber die Tariflohnerhöhung voll angerechnet wurde. Da die jeweiligen übertariflichen Lohnbestandteile nicht in einem einheitlichen Verhältnis zum Tariflohn standen, änderte sich durch die Anrechnung des einheitlichen Erhöhungsbetrages auf alle Zulagen notwendigerweise das Verhältnis der Höhe der Zulagen zueinander (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 3. Dezember 1991, aaO, zu C III 5 b aa der Gründe und die dort aufgeführten Rechenbeispiele).

d) Erst recht kommt es zu einer Änderung der Verteilungsgrundsätze, wenn die Tariflohnerhöhung nicht auf alle Zulagen in gleicher Weise angerechnet wird (Beschluß vom 3. Dezember 1991, aaO, zu C III 5 a der Gründe). Dies ist hier geschehen. Gegenüber den Arbeitnehmern W und F ist die Tariflohnerhöhung nicht angerechnet worden. Ihr Effektivlohn ist anläßlich der Tariflohnerhöhung sogar noch über den Nominalbetrag der Tariflohnerhöhung (96,86 DM) hinaus erhöht worden (W : 107,-- DM; F : 106,-- DM).

Damit haben sich nicht nur das Verhältnis der Zulagen der Kläger untereinander, sondern auch das Verhältnis der Zulagen der Arbeitnehmer W und F zu denen der Kläger geändert.

e) Das Landesarbeitsgericht hat allerdings angenommen, bei W und F habe es sich um Einzelfallregelungen gehandelt mit Rücksicht auf deren bisher geringere Vergütung.

Dem ist nicht zu folgen. Der Umstand, daß es sich nur um zwei - von 16 - Arbeitnehmer handelt, ist unerheblich. Die Frage des kollektiven Bezugs richtet sich nicht nach der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer.

Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dennoch bei einer im Entstehungstatbestand kollektiv geprägten Zulage die Anrechnung einer späteren Tariflohnerhöhung ihren kollektiven Bezug verlieren kann, braucht hier nicht abschließend geklärt zu werden. Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung, die Anrechnung sei wegen der bisher geringeren Vergütung erfolgt, weist gerade einen solchen kollektiven Bezug auf. Sie berührt nämlich das Verhältnis der übertariflichen Lohnbestandteile zueinander. Ob die nach den bisherigen Verteilungsgrundsätzen gezahlte Vergütung zu gering war im Verhältnis zu den Vergütungen der anderen Mitarbeiter, ist gerade eine Frage der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit des praktizierten Entlohnungssystems, die zu wahren Aufgabe des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats ist. Die Fälle W und F können also entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht von der Betrachtung ausgenommen werden.

4. Wenn aber nicht allein auf die Fälle der 14 Kläger abgestellt werden kann, entfällt das Mitbestimmungsrecht auch nicht deshalb, weil bei voller und gleichmäßiger Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf die übertariflichen Lohnbestandteile - diese Voraussetzung wäre bei den 14 Klägern gegeben - trotz Änderung der Verteilungsgrundsätze für eine anderweitige Anrechnung bzw. Kürzung ein Regelungsspielraum nicht verbliebe, weil die Beklagte eine solche nur durch Eingriff in die bestehenden Verträge per Änderungskündigung hätte erreichen können (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 3. Dezember 1991, aaO, zu C III 6 b der Gründe).

Nicht zu folgen ist dem Landesarbeitsgericht schließlich auch, soweit es annimmt, die Kläger "reklamierten von daher" kein Mitbestimmungsrecht für den Betriebsrat.

Die Kläger haben sich auch darauf gestützt, die Anrechnung habe der Mitbestimmung bedurft. Die Frage, ob ein Mitbestimmungsrecht besteht, ist als Rechtsfrage von Amts wegen aufgrund der festgestellten Tatsachen zu untersuchen. Die Revision greift die Frage gleichfalls ausdrücklich auf und verweist im übrigen auch auf den - unstreitigen - Sachverhalt, daß zwei Arbeitnehmern die Tariflohnerhöhung nicht angerechnet wurde.

III. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kann also nicht mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung verneint werden. Danach ist das Urteil aufzuheben. Eine abschließende eigene Entscheidung ist dem Senat verwehrt. Die Sache ist nach dem festgestellten Sachverhalt noch nicht zur Entscheidung reif und daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

1. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - keine näheren Feststellungen getroffen zu der Frage, warum den Arbeitnehmern W und F im Unterschied zu den 14 Klägern die Tariflohnerhöhung nicht nur nicht angerechnet wurde, sondern der Effektivlohn sogar über diese hinaus aufgestockt wurde. Hierzu hatte die Beklagte die Gehaltsentwicklung für W und F im einzelnen dargelegt, aus der sich die bisher "geringere" Vergütung ergibt.

Die Beklagte hat in der Revisionserwiderung zu diesem Punkt verdeutlichend vorgetragen, die Erhöhung der Effektivlöhne W und F erkläre sich deshalb, weil bei Einführung des Lohnsystems mit dem Betriebsrat vereinbart worden sei, daß der Festlohn mindestens 10 % über dem Tariflohn liegen müsse. Dieser Vortrag gibt Anlaß zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur bisher unterbliebenen näheren Aufklärung der Frage der Ursache der unterschiedlichen Anrechnung.

2. Trifft es zu, daß der Betriebsrat einem Zulagensystem zugestimmt hat mit einem Sockelbetrag von mindestens 10 % über dem Tariflohn und hat die Beklagte diese Grundsätze bei Neufestsetzung der Vergütungen W und F berücksichtigt, wofür ihre Berechnungen sprechen, war ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der streitbefangenen Anrechnung nicht gegeben. Zwar bleibt es bei der Veränderung der Verteilungsgrundsätze. Diese entspricht aber der vorhandenen mitbestimmten Regelung und löst deshalb kein erneutes Mitbestimmungsrecht aus.

Ist Inhalt der mitbestimmten Regelung, daß die übertarifliche Zulage mindestens 10 % über dem Tariflohn liegen muß, kann die Anrechnung nicht allein deshalb mitbestimmungspflichtig werden, weil die Beklagte wegen dieser Regelung eine andere Verteilung wählen mußte, als sie sonst mitbestimmungsfrei hätte durchführen können. Um es zu verdeutlichen: Kein Mitbestimmungsrecht hätte wegen des dann gegebenen rechtlichen Hindernisses einer anderweitigen Verteilung bestanden, wenn der Arbeitgeber die Tariflohnerhöhung in vollem Umfang auf die Zulagen der Kläger und der Arbeitnehmer W und F angerechnet hätte. An einer solchen Verteilung des Kürzungsvolumens war die Beklagte aber gehindert wegen der - unterstellten - mitbestimmten Regelung. Die anderweitige Verteilung - nämlich die Weitergabe der Tariflohnerhöhung an die Arbeitnehmer W und F - hatte ihren Anlaß gerade in der Zulagenordnung. Sähe man hierin einen erneut mitbestimmungspflichtigen Tatbestand, hätte dieser seinen Entstehungsgrund allein im folgerichtigen Vollzug der mitbestimmten Regelung. Das kann nicht richtig sein.

Vielmehr ist davon auszugehen, daß für die Dauer der mitbestimmten Regelung die einmal erteilte Zustimmung des Betriebsrats auch die vorweggenommene Zustimmung zur Berücksichtigung dieses Verteilungsgrundsatzes bei einer Änderung der Verteilungsgrundsätze beinhaltet, ohne daß allein deshalb ein erneuter mitbestimmungspflichtiger Tatbestand entsteht. Ergäbe sich die Mitbestimmungspflicht allein aus der Einhaltung der mitbestimmten Regelung selbst, wonach die Zulage mindestens 10 % über dem Tariflohn liegen muß, erwächst hieraus kein erneutes Mitbestimmungsrecht. Dieser Änderung der Verteilungsgrundsätze hat der Betriebsrat bereits zugestimmt durch Genehmigung des Entlohnungssystems. Das Ergebnis ist für den Betriebsrat auch hinnehmbar, da er jederzeit über die Geltendmachung seines Initiativrechts eine Änderung der mitbestimmten Regelung anstreben kann.

Dr. Weller Dr. Rost

zugleich für den wegen Krankheit

verhinderten Richter Schliemann

Koerner Dr. Giese

 

Fundstellen

Haufe-Index 437285

BAGE 71, 180-194 (LT1-2)

BB 1993, 135

BB 1993, 135-136 (LT1-2)

DB 1993, 380-382 (LT1-2)

EBE/BAG 1993, 18-21 (LT1-2)

AiB 1993, 403-404 (LT1-2)

BetrVG EnnR BetrVG § 87 Abs 1, Nr 10 (14) (LT1-2)

NZA 1993, 668

NZA 1993, 668-672 (LT1-2)

ZAP, EN-Nr 222/93 (S)

AP § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung (LT1-2), Nr 55

AR-Blattei, ES 1540 Nr 29 (LT1-2)

EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Lohngestaltung, Nr 35 (LT1-2)

VersR 1993, 775 (L)

ZfPR 1993, 92-93 (L)

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