Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalkostenzuschuß. Gleichbehandlung nach Wegfall

 

Leitsatz (redaktionell)

Kein Gleichheitsverstoß bei Weiterzahlung eines im Umfang eines staatlichen Personalkostenzuschusses gewährten Vergütungszuschlags an gemeindlichen Angestellten, wenn nach Wegfall der staatlichen Personalkostenzuschüsse und Einstellung der Zahlung der Vergütungszuschläge an die übrigen Arbeitnehmer die Abwanderung dieses Angestellten im Hinblick auf dessen besondere Fähigkeiten und Erfahrungen durch die Weiterzahlung verhindert werden soll.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 133, 157

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 03.04.1996; Aktenzeichen 4 Sa 653/95)

ArbG Cottbus (Urteil vom 25.09.1995; Aktenzeichen 4 Ca 3344/95)

 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 3. April 1996 – 4 Sa 653/95 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der an die Klägerin ab dem 1. Januar 1995 zu zahlenden Vergütung.

Die Klägerin war als Verwaltungsangestellte bei einer kommunalen Gebietskörperschaft in Nordrhein-Westfalen mit einer Vergütung nach VergGr. V c BAT tätig. Sie ist seit dem 1. Oktober 1991 bei dem Beklagten und dessen Rechtsvorgänger als Sachgebietsleiterin im Amt für offene Vermögensfragen und Kommunalvermögen beschäftigt. Nach § 5 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 22. Juli 1991 ist die Klägerin in VergGr. V b BAT-O eingruppiert. In einem Schreiben des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 12. August 1991 an die Klägerin heißt es:

„…

  1. Die von Ihnen angeführten Punkte 1–4 wurden in den Arbeitsvertragsangeboten vom 22.07.91 dahingehend korrigiert (sh. Anlagen).
  2. Die Ihnen zustehenden Personalkostenzuschüsse und Aufwandsentschädigungen gegenüber dem Bundesverwaltungsamt werden in dem Moment beantragt, wenn Sie hier vor Ort Ihren Dienst angetreten haben, so die bisherige und wohl auch richtige Handhabung.

…”

Aufgrund einer Richtlinie des Bundesverwaltungsamts vom 26. März 1991 erhielt der Beklagte für die Klägerin Personalkostenzuschüsse in Höhe des Differenzbetrages zwischen der Bezahlung nach dem Vergütungstarifvertrag zum BAT (fortan: VT-BAT) und dem Vergütungstarifvertrag zum BAT-O (fortan: VT-BAT-O), jeweils in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) geltenden Fassung. Er zahlte der Klägerin eine Vergütung, die der Höhe nach einer Vergütung nach dem VT-BAT entsprach. Mit Wirkung vom 1. Januar 1995 fielen die Personalkostenzuschüsse weg. Von diesem Zeitpunkt an zahlt der Beklagte an die Klägerin nur noch eine Vergütung nach dem VT-BAT-O.

An drei im Rechtsamt des Beklagten tätige Juristen, die ihre beiden juristischen Staatsexamen in den alten Bundesländern abgelegt haben und für die ebenfalls bis zum 31. Dezember 1994 Personalkostenzuschüsse gezahlt worden waren, zahlt der Beklagte ab dem 1. Januar 1995 weiterhin Vergütung nach dem VT-BAT.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie könne ungeachtet des Wegfalls des Personalkostenzuschusses von dem Beklagten weiterhin Vergütung nach dem VT-BAT verlangen. Dies sei vertraglich vereinbart worden. Der Anspruch ergebe sich auch aus § 62 der Landkreisordnung für das Land Brandenburg (LKO), da dieses an Personen, die mit ihr vergleichbar seien, Gehälter in Höhe von 100 % des VT-BAT zahle. § 62 Abs. 1 Satz 2 LKO schreibe vor, daß die Eingruppierung und Vergütung der Angestellten der Landkreise derjenigen der vergleichbaren Angestellten des Landes entsprechen müsse. Auch liege eine unzulässige Ungleichbehandlung gegenüber den Mitarbeitern im Rechtsamt des Beklagten vor, denen weiterhin Vergütung in Höhe von 100 % nach dem BAT gezahlt werde.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.670,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 14. August 1995 zu zahlen,
  2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, sie künftig mit einem Gehalt, das 100 % des BAT-West entspricht, zu entlohnen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Klägerin habe aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung nur einen Anspruch auf Vergütung nach BAT-O. Ihr sei nur zugesichert worden, von der Möglichkeit, Personalkostenzuschüsse zu beantragen, Gebrauch zu machen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt. Eine Ungleichbehandlung mit vergleichbaren Angestellten des Landes Brandenburg liege nicht vor, da dieses Vergütungen nur auf der Grundlage des BAT-O zahle. An die drei im Rechtsamt des Beklagten tätigen Volljuristen werde die das bisherige Gehalt sichernde Zulage weiterhin gezahlt, weil Juristen mit einer vergleichbaren Ausbildung in den neuen Bundesländern noch nicht verfügbar und diese drei Angestellten für den Beklagten auch wegen ihrer Erfahrungen sehr wichtig seien.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageansprüche weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage als unbegründet abgewiesen.

I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Vergütung in Höhe des VT-BAT.

1. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Klägerin ein vertraglicher Anspruch nicht zusteht. Es hat dabei die Vereinbarung in § 5 des Arbeitsvertrags vom 22. Juli 1991 und den Wortlaut in Ziff. 2 des Schreibens des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 12. August 1991 revisionsrechtlich bedenkenfrei ausgelegt.

Diese Urkunden enthalten sog. nichttypische Willenserklärungen. Die Auslegung derartiger Erklärungen ist Sache der Tatsachengerichte und revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob das Gericht der Tatsacheninstanz bei seiner Wertung Rechtsbegriffe verkannt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat, ob die Auslegung gegen Auslegungsnormen, Denkgesetze oder die Lebenserfahrung verstößt, oder ob sie widerspruchsvoll ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG Urteil vom 26. Mai 1992 – 9 AZR 27/91 – AP Nr. 63 zu § 74 HGB, zu 1 der Gründe). Solche Rechtsfehler sind von der Revision nicht aufgezeigt worden und auch sonst nicht ersichtlich.

Soweit die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, daß im Schreiben vom 12. August 1991 wörtlich „Die Ihnen zustehenden Personalkostenzuschüsse” bezeichnet seien, und aus dieser Stelle des Vertragstextes schließt, ein Anspruch der Klägerin habe begründet werden sollen, berücksichtigt sie nicht den vollständigen Wortlaut des Schreibens und den in ihm zum Ausdruck kommenden Sinn. Das Schreiben weist an gleicher Stelle darauf hin, daß die Personalkostenzuschüsse beim Bundesverwaltungsamt beantragt werden. Daraus wird deutlich, daß ein Zuschlag in Höhe dieser Zuschüsse nicht zu Lasten des Rechtsvorgängers des Beklagten selbst geleistet werden sollte, sondern nur im Falle und im Umfang einer Bewilligung durch das Bundesverwaltungsamt. In rechtsfehlerfreier Weise hat damit das Landesarbeitsgericht eine Verpflichtung des Beklagten, die Zulage auch nach Wegfall des Personalkostenzuschusses zu zahlen, verneint.

Auch der Hinweis der Revision, zum Zeitpunkt des Wechsels der Klägerin aus ungekündigter Stellung im öffentlichen Dienst in die Dienste des Rechtsvorgängers des Beklagten sei es üblich gewesen, die Bereitschaft zur Übernahme von Aufgaben in den neuen Bundesländern durch eine Vergütung in bisheriger Höhe zu belohnen, zeigt keinen revisionsrechtlich beachtlichen Auslegungsfehler auf. Auch wenn erkennbar gewesen sein sollte, daß die Klägerin nur in Erwartung der Beibehaltung ihrer bisherigen Vergütung zu einem Wechsel bereit war, kommt weder im Arbeitsvertrag der Parteien noch im Schreiben des Rechtsvorgängers des Beklagten vom 12. August 1991 zum Ausdruck, daß dieser Erwartung zeitlich unbefristet entsprochen werden sollte. Gerade die im Arbeitsvertrag getroffene Vereinbarung über die Vergütung zeigt, daß eine Vergütung nach dem BAT-O gewollt war. Auch diese Annahme des Berufungsgerichts läßt keine Verletzung der §§ 133, 157 BGB erkennen.

2. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch erkannt, daß sich aus § 62 Abs. 1 Satz 2 LKO der von der Klägerin begehrte Anspruch nicht ergibt.

Diese Bestimmung will erkennbar die Vergütungsverhältnisse im öffentlichen Dienst vereinheitlichen. Durch sie soll verhindert werden, daß kommunale Gebietskörperschaften in Konkurrenz zueinander treten und nur finanzstarke Körperschaften qualifizierte Arbeitnehmer beschäftigen und an sich binden können (so zu § 80 Niedersächsische Gemeindeordnung BVerwG Urteil vom 8. März 1974 – VII C 47.72 – AP Nr. 10 zu § 4 TVG Angleichungsrecht, zu 1 a der Gründe; vgl. auch BVerwG Urteil vom 13. März 1964 – VII C 87.60 – AP Nr. 4 zu § 4 TVG Angleichungsrecht, zu 2 a der Gründe). Mit diesem Regelungsgehalt gehört die Norm zum Bereich des Organisationsrechts und begründet keine individuelle Rechtsposition des einzelnen Arbeitnehmers. Verstöße gegen sie können nur im Wege der Kommunalaufsicht gegenüber der betroffenen Körperschaft beanstandet werden.

3. Der Beklagte hat auch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 242 BGB i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) nicht verletzt.

Dieser verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist. Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz zwar nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Ein derartiger Vorrang besteht aber nur für individuell getroffene Vereinbarungen. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG Urteil vom 26. Oktober 1995 – 6 AZR 125/95 – AP Nr. 7 zu § 1 BAT-O, zu I 2 a der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; BAG Urteil vom 23. August 1995 – 5 AZR 293/94 – AP Nr. 134 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92BAGE 71, 29, 37 = AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu B I 2 b (3)).

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß für die Gewährung der zusätzlichen Leistungen an die drei im Rechtsamt des Beklagten tätigen Juristen in der Zeit nach dem 1. Januar 1995 ein sachlicher Grund besteht. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zahlt der Beklagte die entsprechenden Zuschüsse zu der Vergütung, weil es ihm wichtig ist, diese Juristen wegen ihrer in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils im einzelnen bezeichneten besonderen Fähigkeiten und Erfahrungen im Rechtsamt zu halten, und weil er die ansonsten zu befürchtende Abwanderung verhindern möchte. Darin, daß das Berufungsgericht diesen Gesichtspunkt als einen ausreichenden, die vorgenommene Differenzierung sachlich rechtfertigtenden Grund angesehen hat, liegt keine Rechtsverletzung.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Ehrenamtlicher Richter Soltau ist aus dem Richteramt ausgeschieden und dadurch an der Unterschrift gehindert. Dr. Peifer, Steinhäuser

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1126915

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