Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsvergütung nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Die aus dem Erziehungsurlaub zurückkehrende Angestellte hat nach § 47 Abs. 2 BAT keinen Anspruch auf Berechnung ihrer Urlaubsvergütung wie eine neueingestellte Mitarbeiterin. § 47 Abs. 2 BAT verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG.

 

Normenkette

BAT § 36 Abs. 1, § 37 Abs. 3, § 47 Abs. 2 i.d.F. des 66. Änderungstarifvertrags; § 2 Abs. 1 des Zuwendungstarifvertrags i.d.F. des Änderungstarifvertrags Nr. 5; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 24.11.1994; Aktenzeichen 1 Sa 251/94)

ArbG Elmshorn (Urteil vom 11.03.1994; Aktenzeichen 2c Ca 1530/93)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 24. November 1994 – 1 Sa 251/94 – aufgehoben.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 11. März 1994 – 2c Ca 1530/93 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über tarifliche Ansprüche auf Urlaubsvergütung, Krankenbezüge und Zuwendung.

Die Klägerin ist seit 1984 beim Beklagten in dessen Kreiskrankenhaus E… als Operationsschwester beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die ihn ändernden und ergänzenden Tarifverträge anzuwenden. Im BAT war in der für den Streitfall maßgebenden Fassung u.a. bestimmt:

“§ 36

Berechnung und Auszahlung der Bezüge, Vorschüsse

  • Die Bezüge sind für den Kalendermonat zu berechnen und am 15. eines jeden Monats (Zahltag) für den laufenden Monat auf ein von dem Angestellten eingerichtetes Girokonto im Inland zu zahlen. …

    Im Sinne der Unterabsätze 3 und 4 steht der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleich der Beginn

    • des Grundwehrdienstes oder des Zivildienstes,
    • des Ruhens des Arbeitsverhältnisses nach § 59 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 5,
    • des Erziehungsurlaubs nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz,
    • einer sonstigen Beurlaubung ohne Bezüge von länger als zwölf Monaten;

    nimmt der Angestellte die Arbeit wieder auf, wird er bei der Anwendung des Unterabsatzes 2 wie ein neueingestellter Angestellter behandelt.

    Der Teil der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen festgelegt ist, bemißt sich nach der Arbeitsleistung des Vorvormonats. Haben in dem Vorvormonat Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge zugestanden, gilt als Teil der Bezüge nach Satz 1 dieses Unterabsatzes auch der Aufschlag nach § 47 Abs. 2 für die Tage des Urlaubs und der Arbeitsunfähigkeit des Vorvormonats. Der Teil der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen festgelegt ist, bemißt sich auch dann nach Satz 1 und 2 dieses Unterabsatzes, wenn für den Monat nur Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge zustehen. Für Monate, für die weder Vergütung (§ 26) noch Urlaubsvergütung noch Krankenbezüge zustehen, stehen auch keine Bezüge nach Satz 1 und 2 dieses Unterabsatzes zu. Diese Monate bleiben bei der Feststellung, welcher Monat Vorvormonat im Sinne des Satzes 1 dieses Unterabsatzes ist, unberücksichtigt.

    Im Monat der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bemißt sich der Teil der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen festgelegt ist, auch nach der Arbeitsleistung des Vormonats und des laufenden Monats. Stehen im Monat der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder Vergütung (§ 26) noch Urlaubsvergütung noch Krankenbezüge zu und sind Arbeitsleistungen aus vorangegangenen Kalendermonaten noch nicht für die Bemessung des Teils der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen festgelegt ist, berücksichtigt worden, ist der nach diesen Arbeitsleistungen zu bemessende Teil der Bezüge nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlen.

    Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind die Bezüge unverzüglich zu überweisen.

§ 37

Krankenbezüge

  • Als Krankenbezüge wird die Urlaubsvergütung gezahlt, die dem Angestellten zustehen würde, wenn er Erholungsurlaub hätte.

§ 47

Erholungsurlaub

  • Als Urlaubsvergütung werden die Vergütung (§ 26) und die Zulagen, die in Monatsbeträgen festgelegt sind, weitergezahlt. Der Teil der Bezüge, der nicht in Monatsbeträgen festgelegt ist, wird nach Maßgabe des § 36 Abs. 1 Unterabs. 2 durch eine Zulage (Aufschlag) für jeden Urlaubstag nach Unterabsatz 2 als Teil der Urlaubsvergütung berücksichtigt.

    Der Aufschlag beträgt 108 v.H. des Tagesdurchschnitts der Zulagen, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, der Zeitzuschläge nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) bis f), der Überstundenvergütungen (ausgenommen die Überstundenpauschalvergütung nach Nr. 5 SR 2s) und des Zeitzuschlages nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a) für ausgeglichene Überstunden, der Bezüge nach § 34 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3 sowie der Vergütungen für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft des vorangegangenen Kalenderjahres.

    Hat das Arbeitsverhältnis erst nach dem 30. Juni des vorangegangenen Kalenderjahres oder erst in dem laufenden Kalenderjahr begonnen, treten als Berechnungszeitraum für den Aufschlag an die Stelle des vorangegangenen Kalenderjahres die vor dem Beginn des Urlaubs liegenden abgerechneten vollen Kalendermonate, in denen das Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hat das Arbeitsverhältnis bei Beginn des Urlaubs mindestens sechs volle Kalendermonate bestanden, bleibt der danach berechnete Aufschlag für den Rest des Urlaubsjahres maßgebend.

    Ändert sich die arbeitsvertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit (§ 34) oder die regelmäßige Arbeitszeit (§ 15 Abs. 1 bis 4 und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) – mit Ausnahme allgemeiner Veränderungen der Arbeitszeit –, sind Berechnungszeitraum für den Aufschlag die nach der Änderung der Arbeitszeit und vor dem Beginn des Urlaubs liegenden abgerechneten vollen Kalendermonate. Unterabsatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

Protokollnotizen zu Absatz 2:

  • Der Tagesdurchschnitt nach Unterabsatz 2 beträgt bei der Verteilung der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage 3/65, bei der Verteilung auf sechs Tage 1/26 des Monatsdurchschnitts aus der Summe der Zulagen, die nicht in Monatsbeträgen festgelegt sind, der Zeitzuschläge nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b) bis f), der Überstundenvergütungen (ausgenommen die Überstundenpauschvergütung nach Nr. 5 SR 2s), des Zeitzuschlags nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a) für ausgeglichene Überstunden, der Bezüge nach § 34 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 3, der Vergütungen für Bereitschaftsdienst und der Vergütungen für Rufbereitschaft, die für das vorangegangene Kalenderjahr zugestanden haben. Ist die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit weder auf fünf noch sechs Tage verteilt, ist der Tagesdurchschnitt entsprechend zu ermitteln. Maßgebend ist die Verteilung der Arbeitszeit zu Beginn des Kalenderjahres. Bei der Berechnung des Monatsdurchschnitts bleiben die Kalendermonate unberücksichtigt, für die dem Angestellten weder Vergütung noch Urlaubsvergütung noch Krankenbezüge zugestanden haben. Außerdem bleibt bei der Berechnung des Monatsdurchschnitts die Zeit vor dem Beginn des dritten vollen Kalendermonats des Bestehens des Angestelltenverhältnisses unberücksichtigt.

Im Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in der maßgebenden Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 5 vom 24. April 1997 ist u.a. bestimmt:

“§ 2

Höhe der Zuwendung

  • Die Zuwendung beträgt – unbeschadet des Absatzes 2 – 100 v.H. der Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT, die dem Angestellten zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Monats September Erholungsurlaub gehabt hätte. …

Die Klägerin war bis zum Beginn ihres Erziehungsurlaubs vom 22. Juli 1991 bis 21. Januar 1992 mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden tätig. Am 22. Januar 1992 nahm sie ihre Tätigkeit mit einer vertraglich festgelegten Arbeitszeit von 19,2 Stunden wieder auf.

Die Klägerin hatte im Mai, im Juni und im Juli 1992 15 Tage Urlaub. Im Mai und im September 1992 war sie an einigen Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Der Beklagte hat bei der Ermittlung des für die Höhe von Urlaubs- und Krankenvergütung sowie Sonderzuwendung maßgeblichen Tagesdurchschnitts i.S. des § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT die Monate Februar und März 1992 in die Berechnung einbezogen. Die Klägerin hat gemeint, sie müsse nach ihrer Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub wie eine neueingestellte Mitarbeiterin behandelt werden, bei der die ersten Monate nicht bei der Berechnung des Tagesdurchschnitts berücksichtigt werden. Das verhindere eine Reduzierung des Tagesdurchschnitts, die bei ihr unstreitig 730,28 DM ausmachen.

Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 730,28 DM zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte weiter sein Ziel der Klageabweisung. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und damit zur Klageabweisung. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf höhere Krankenbezüge, Urlaubsvergütung und Zuwendung.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Beklagte müsse die Klägerin aufgrund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes so stellen, als sei sie zum 21. Januar 1992 eingestellt worden. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Eine Gruppenbildung müsse sachlichen Kriterien entsprechen. Eine Differenzierung sei sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gebe. Nach der Protokollnotiz Nr. 2 Satz 5 zu § 47 Abs. 2 BAT blieben bei der Berechnung des Monatsdurchschnitts die Zeiten vor dem Beginn des dritten vollen Kalendermonats des Bestehens des Arbeitsverhältnisses unberücksichtigt. Es sei kein billigenswerter Grund ersichtlich, daß diese für Neueingestellte günstige Regelung nicht auch für diejenigen gelte, die aus dem Erziehungsurlaub zurückkehrten.

II. Dem kann nicht gefolgt werden. Das Landesarbeitsgericht hat eine unstatthafte Inhaltskontrolle der Tarifnormen vorgenommen. Das Urteil kann deshalb keinen Bestand haben.

III. Die Klägerin hat keinen tariflichen Anspruch. Der Beklagte hat ihre Ansprüche auf Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT, auf Krankenbezüge nach § 37 Abs. 3 BAT und auf Sonderzuwendung nach § 2 Zuwendungstarifvertrag erfüllt. Die Klägerin kann keine höhere Vergütung nach § 47 Abs. 2 BAT verlangen, weil entgegen ihrer Auffassung kein anderer Divisor als von der Beklagten zugrunde gelegt bei der Berechnung des Tagesdurchschnitts nach § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT heranzuziehen ist.

1. Die Klägerin hat für die Urlaubs- und Krankheitstage in den Monaten Mai bis September 1992 sowie bei der Sonderzuwendung gemäß § 47 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 BAT Anspruch auf einen Aufschlag als Teil der nach § 47 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 BAT zu berechnenden Urlaubsvergütung. Der Aufschlag beträgt nach § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT 108 % des Tagesdurchschnitts u.a. der Vergütungen für Bereitschaftsdienste. Als Berechnungszeitraum, dient im Streitfall abweichend vom Regelfall das vorangegangene Kalenderjahr. Es sind wegen des Wechsels der Klägerin von der Vollzeitbeschäftigung zur Teilzeitbeschäftigung die vollen Kalendermonate nach Änderung der Arbeitszeit bis zum Beginn des Urlaubs heranzuziehen, § 47 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT.

2. Die Ermittlung des Tagesdurchschnitts erfolgt nach der Protokollnotiz Nr. 2 zu § 47 Abs. 2 BAT i.V.m. § 47 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT. Es sind die Zulagen vom ersten vollen Tätigkeitsmonat nach der Wiederaufnahme der Arbeit bis zum Beginn des Urlaubs zusammenzurechnen. Die Summe ist durch die Zahl der Monate mit Vergütungsanspruch zu teilen. 3/65 dieses Betrages gibt den Tagesdurchschnitt. Die Zahl der Monate umfaßt alle vollen Kalendermonate, in denen die Klägerin seit ihrer Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub gearbeitet hat. Die Zeit vor dem Beginn des dritten vollen Kalendermonats wird eingeschlossen. Sie bleibt nach Satz 5 der Protokollnotiz Nr. 2 zu § 47 Abs. 2 BAT nur bei Beginn eines Arbeitsverhältnisses unberücksichtigt, nicht aber, wenn ein langjähriges Arbeitsverhältnis geruht hat, und die Angestellte die Arbeit wieder aufnimmt.

3. § 36 Abs. 1 Unterabs. 5 zweiter Satzteil BAT hindert nicht die Anwendung des § 47 Abs. 2 Unterabs. 4 BAT, wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat. Die Regelung in § 36 Abs. 1 Unterabs. 2 zweiter Satzteil BAT enthält eine Klarstellung zum ersten Satzteil der Bestimmung. Danach hat u.a. der einen Erziehungsurlaub antretende Angestellte abweichend vom Vorvormonatsprinzip des § 36 Abs. 1 Unterabs. 3 BAT Anspruch auf Auszahlung der im laufenden Monat und im Vormonat verdienten Bereitschaftsdienstvergütung. Setzt er nach dem Erziehungsurlaub das Arbeitsverhältnis fort, kann er nicht noch einmal die Einbeziehung der Bereitschaftsdienstvergütung aus den letzten beiden Beschäftigungsmonaten vor dem Erziehungsurlaub in die Berechnung seiner Vergütung für die ersten beiden Monate nach Wiederaufnahme der Arbeit verlangen. Das wird erreicht durch die Berechnung der Vergütung wie bei einem Neueingestellten. Wortlaut und Zweck der Vorschrift grenzen damit den Anwendungsbereich ein. Für andere Fallgestaltungen wie die Berechnung der Urlaubsvergütung hat die Vorschrift keine Bedeutung.

IV. Die Regelungen des § 47 Abs. 2 BAT sind mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie verstoßen weder gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 119 EG-Vertrag und des Art. 3 Abs. 3 GG noch gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG.

1. Die Tarifvorschriften über die Berechnung der Urlaubsvergütung bei Mitarbeitern, die aus dem Erziehungsurlaub zurückkehren, sind mit Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag vereinbar. Es liegt keine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor. Davon ist dann auszugehen, wenn eine Regel zwar unterschiedslos auf Männer und Frauen anzuwenden ist, die Benachteiligung aber erheblich mehr Angehörige des einen als des anderen Geschlechts betrifft und nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Auch ohne entsprechende Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, daß im Geltungsbereich des BAT Erziehungsurlaub von wesentlich mehr Frauen als Männern in Anspruch genommen wird. Die für Rückkehrer nicht anwendbare Bestimmung der Protokollnotiz Nr. 2 Satz 5 betrifft aber nicht nur Erziehungsurlauber, sondern auch Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen geruht hat und die ihre Arbeit wieder aufgenommen haben, darunter Wehr- und Zivildienstleistende. Die tarifliche Regelung ist daher auch in ihren mittelbaren Auswirkungen geschlechtsneutral.

2. Aus diesem Grund scheidet auch eine Verletzung des Diskriminierungsverbots in Art. 3 Abs. 3 GG aus.

3. Die Tarifbestimmung ist auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Dieser verbietet es, wesentlich gleiche Sachverhalte ohne sachlichen Grund unterschiedlich zu behandeln. Tarifvertragsparteien sind gehalten, ihre Norm so zu fassen, daß gleiche Sachverhalte gleich und ungleiche Sachverhalte ihrer Eigenart nach verschieden behandelt werden. Gleiches ist gleich und ungleiches seiner Eigenart nach verschieden zu behandeln, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit in dem jeweils in Betracht kommenden Zusammenhang so bedeutsam ist, daß ihre Beachtung bei einer normativen Regelung nach einer am Gerechtigkeitssinn orientierten Betrachtungsweise geboten erscheint. Eine Tarifnorm ist dann unwirksam, wenn sie für gleiche Sachverhalte unterschiedliche Regelungen enthält und ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender sonstiger einleutender Grund sich nicht finden läßt (Senatsurteil vom 8. März 1994 – 9 AZR 49/93 – AP Nr. 5 zu § 47 SchwbG 1986, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

a) Im vorliegenden Fall liegen keine Sachverhalte vor, die eine gleiche Behandlung erfordern. Der neueingestellte Arbeitnehmer hat nach dem Vorvormonatsprinzip des BAT nur die Möglichkeit, in den ersten beiden Monaten seiner Beschäftigung die tatsächlichen Voraussetzungen für den später fälligen Zulagenanspruch zu schaffen. Die erarbeiteten Beträge stehen ihm erst im übernächsten Monat zu. Würde bei der Berechnung von Urlaubsvergütung und Krankenbezügen die Zeit vor dem Beginn des dritten vollen Kalendermonats des Bestehens des Angestelltenverhältnisses bei der Berechnung des Tagesdurchschnitts berücksichtigt, bliebe die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in den ersten Monaten seiner Tätigkeit bei der Bemessung der Urlaubsvergütung unberücksichtigt. Das haben die Tarifvertragsparteien mit der Regelung der Protokollnotiz in Satz 5 vermieden.

b) Für den aus dem Erziehungsurlaub zurückkehrenden Mitarbeiter stellt sich die Situation anders dar. Ihm ständen in den ersten Monaten nach Wiederaufnahme der Arbeit die Bereitschaftdienstvergütungen aus den beiden letzten Monaten vor Beginn der Ruhezeit zu, wenn nicht der BAT zu seinen Gunsten bestimmte, daß die eigentlich erst bei Wiederaufnahme der Arbeit fälligen Beträge bereits in dem Monat zur Auszahlung kommen, in dem der Erziehungsurlaub oder ein anderer Ruhenstatbestand beginnt. Der Arbeitnehmer erhält also im Vorgriff eine Vergütung, auf die andere Arbeitnehmer noch keinen Anspruch haben. Dieser Unterschied im Sachverhalt rechtfertigt es, die Tatbestände der Tarifnormen zur Berechnung der Urlaubsvergütung abweichend zu regeln. Wenn die Tarifvertragsparteien sich dafür entschieden haben, bei der Berechnung des Tagesdurchschnitts nach § 47 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT für den Angestellten, der aus dem Erziehungsurlaub zurückkehrt, alle vollen Monate einzubeziehen, so ist das rechtlich nicht zu beanstanden, zumal § 47 Abs. 2 BAT keine willkürliche Regelung enthält (BVerfG Kammerbeschluß vom 6. März 1993 – 1 BvR 1010/87 – ZTR 1992, 247 LS [zum Urteil des BAG vom 7. April 1987 – 8 AZR 19/85 – AP Nr. 7 zu § 47 BAT]). Den Gerichten für Arbeitssachen ist es verwehrt, die Zweckmäßigkeit der Differenzierung anhand des § 242 BGB oder anderer Billigkeitsvorschriften zu überprüfen. Neben der Rechtskontrolle findet eine Inhaltskontrolle von Tarifnormen nicht statt.

V. Haben Tarifvertragsparteien für verschiedene Sachverhalte eine differenzierte Regelung geschaffen, die den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG genügt, so kommt als weitere Anspruchsgrundlage der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz nicht in Betracht. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich bestimmt durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Er geht nicht weiter als eine wirksame, abschließende Tarifregelung (siehe dazu Pfarr, Anm. zum Urteil des BAG vom 18. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 – in AR-Blattei ES 1560 Nr. 32).

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Leinemann, Düwell, Dörner, Enck, Otto

 

Fundstellen

Haufe-Index 872500

BAGE, 230

BB 1996, 1620

NZA 1996, 1218

PflR 1998, 73

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