Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag. Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 BeschFG 1996. Befristungsrecht

 

Orientierungssatz

  • Die Befristung eines Arbeitsvertrags bedurfte bis zum Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes lediglich dann der Rechtfertigung, wenn sie geeignet war, dem Arbeitnehmer den ihm zustehenden Kündigungsschutz zu nehmen.
  • Bedurfte die Befristung des Vertrags keiner Rechtfertigung, war er regelmäßig nicht als ein Vertrag nach § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 anzusehen.
 

Normenkette

BeschFG 1996 § 1 Abs. 1, 3, 3 S. 1, Abs. 4

 

Verfahrensgang

LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 12.07.2001; Aktenzeichen 7 Sa 182/01)

ArbG Halberstadt (Urteil vom 30.01.2001; Aktenzeichen 1 Ca 1921/00)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 12. Juli 2001 – 7 Sa 182/01 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis auf Grund Befristung am 31. Oktober 2000 geendet hat.

Die Parteien schlossen zunächst am 2. Juli 1998 einen Vertrag zur “Bestellung als Aushilfe”, der eine Befristung vom 3. August 1998 bis zum 31. Oktober 1998 vorsah. Unter dem Datum des 3. August 1998 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Vertrag mit einer Laufzeit vom 1. November 1998 bis zum 30. Oktober 2000. Am 1. November 1998 vereinbarten die Parteien eine vom 1. November 1998 bis zum 31. Dezember 1998 erhöhte, am 14. Dezember 1998 eine vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Oktober 2000 verringerte und am 1. Oktober 1999 wiederum eine vom 1. Oktober 1999 bis 31. Dezember 1999 erhöhte Arbeitszeit der Klägerin.

Die Klägerin absolvierte ab 3. August 1998 ein Verkaufs- und Kassentraining in H… und anschließend eine Kassenschulung von zwei Tagen in der L… Filiale der Beklagten. Danach räumte sie bis zur Neueröffnung des Ladengeschäfts der Beklagten in H… am 3. September 1998 dort Ware ein. In diesem Geschäft arbeitete sie anschließend als Verkäuferin. Am 8. Juni 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Arbeitsverhältnis werde über den 31. Oktober 2000 hinaus nicht fortgesetzt.

Mit der am 6. November 2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, ein sachlicher Grund für die Befristung vom 3. August 1998 bis zum 31. Oktober 1998 habe nicht vorgelegen. Durch die weitere Befristung bis zum 31. Oktober 2000 sei die Höchstgrenze nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz überschritten, da ihr Arbeitsverhältnis von vornherein auf die gesamte Dauer angelegt gewesen sei.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf Grund Befristung zum 31. Oktober 2000 beendet wurde.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat auf Grund Befristung am 31. Oktober 2000 geendet. Die in dem Arbeitsvertrag vom 3. August 1998 vereinbarte Befristung vom 1. November 1998 bis zum 31. Oktober 2000 war nach § 1 Abs. 1 BeschFG in der vom 1. Oktober 1996 bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (im folgenden: BeschFG 1996) wirksam. Sie verstieß nicht gegen das Anschlußverbot des § 1 Abs. 3 BeschFG 1996. Die weiteren vertraglichen Vereinbarungen der Parteien stehen der Wirksamkeit der Befristung nicht entgegen.

  • Die in dem Vertrag vom 3. August 1998 vereinbarte Befristung war nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BeschFG 1996 wirksam. Die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Satz 1 BeschFG 1996 setzt keine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien voraus, die Befristung auf das Beschäftigungsförderungsgesetz zu stützen. Ausreichend ist vielmehr, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 BeschFG 1996 objektiv bei Vertragsschluß vorlagen (BAG 5. Juni 2002 – 7 AZR 241/01 – AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 13 = EzA BGB § 620 Nr. 193, zu II 1 der Gründe). Das war vorliegend der Fall, da die im Arbeitsvertrag vom 3. August 1998 vereinbarte Laufzeit vom 1. November 1998 bis zum 31. Oktober 2000 die in § 1 Abs. 1 Satz 1 BeschFG 1996 vorgeschriebene Höchstbefristungsdauer von zwei Jahren nicht überschritt.
  • Die in dem Arbeitsvertrag vom 3. August 1998 vorgesehene Befristung verstieß auch nicht gegen das Anschlußverbot des § 1 Abs. 3 Satz 1 BeschFG 1996. Danach ist eine Befristung nach § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag oder zu einem vorhergehenden nach Abs. 1 befristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht.

    1. Der vorhergehende Arbeitsvertrag vom 2. Juli 1998 war kein unbefristeter Arbeitsvertrag. Er gilt nach § 1 Abs. 5 Satz 2 BeschFG 1996 iVm. § 7 KSchG als wirksam befristet. Denn die Klägerin hat die in diesem Arbeitsvertrag vereinbarte Befristung nicht innerhalb der Klagefrist des § 1 Abs. 5 Satz 1 BeschFG 1996 angegriffen.

    2. Der vorhergehende Arbeitsvertrag vom 2. Juli 1998 war auch kein nach § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 befristeter Arbeitsvertrag.

    a) Ein Arbeitsvertrag ist dann nach § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 befristet, wenn die Parteien die Befristung hierauf stützen wollen. Das muß nicht ausdrücklich geschehen. Nachdem § 1 BeschFG 1996 kein Zitiergebot enthält, kann sich der Parteiwille, eine Befristung nach dieser Vorschrift zu vereinbaren, auch aus den Umständen ergeben. Hieran ist vor allem dann zu denken, wenn die Befristung einer Rechtfertigung bedurfte, bei Vertragsschluß über andere gesetzliche Befristungstatbestände oder Sachgründe nicht gesprochen wurde und zur Rechtfertigung der Befristungsabrede lediglich das Beschäftigungsförderungsgesetz in Betracht kommt. Wurden dagegen der Befristungsabrede andere gesetzliche Befristungstatbestände oder Sachgründe zugrunde gelegt, oder lagen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 ersichtlich nicht vor, so kann der Vertrag regelmäßig nicht als ein nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz befristeter Vertrag angesehen werden (BAG 28. Juni 2000 – 7 AZR 920/98 – BAGE 95, 186 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 2, zu B IV 2b der Gründe; 25. Oktober 2000 – 7 AZR 537/99 – BAGE 96, 155 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 7, zu B IV 2a der Gründe; 25. April 2001 – 7 AZR 376/00 – BAGE 97, 317 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 10, zu II 2a aa der Gründe; 5. Juni 2002 – 7 AZR 241/01 – aaO, zu II 1a der Gründe).

    b) Hiernach war der vorhergehende Arbeitsvertrag vom 2. Juli 1998 kein nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz befristeter Vertrag. Die Parteien wollten die in diesem Vertrag vereinbarte Befristung nicht auf § 1 Abs. 1 BeschFG 1996 stützen. Die Parteien haben in der Befristungsabrede auch keine anderen gesetzlichen Befristungstatbestände oder Sachgründe erwähnt. Denn die Befristung dieses Arbeitsvertrags bedurfte keiner Rechtfertigung. Die Dauer der Befristung betrug lediglich knapp drei Monate. Innerhalb dieses Zeitraums konnte die Klägerin die Wartezeit nach § 1 KSchG nicht erfüllen. Auf Grund ihrer kurzen Dauer konnte die Befristung nicht zu einer Umgehung des allgemeinen Kündigungsschutzes der Klägerin nach dem Kündigungsschutzgesetz führen. Andere Kündigungsschutztatbestände liegen ersichtlich nicht vor.

    3. Die Revision kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine Umgehung des Beschäftigungsförderungsgesetzes berufen, weil die Klägerin lediglich formal auf der Grundlage zweier befristeter Arbeitsverträge, tatsächlich aber durchgehend über einen Zeitraum von knapp 27 Monaten mit denselben Aufgaben beschäftigt worden sei. Denn § 1 Abs. 4 BeschFG 1996 läßt die Befristung eines vorangehenden oder nachfolgenden Arbeitsvertrags aus anderen Gründen als nach § 1 Abs. 1 – 3 BeschFG 1996 zu. Um eine Befristung aus anderen Gründen iSd. § 1 Abs. 4 BeschFG 1996 handelt es sich auch, wenn deren Laufzeit sechs Monate nicht überschreitet. Bis zu dieser Dauer bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags unabhängig von seinem übrigen Inhalt und der Art der vereinbarten Tätigkeit keiner Rechtfertigung.

  • Der Wirksamkeit der in dem Arbeitsvertrag vom 3. August 1998 vereinbarten Befristung stehen die übrigen von den Parteien während der Vertragslaufzeit getroffenen Vereinbarungen nicht entgegen. Diese Vereinbarungen betrafen ausschließlich befristete Veränderungen der Arbeitszeit der Klägerin und ihrer Vergütung. Durch sie wurde die Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrags vom 3. August 1998 nicht verändert. Das betrifft auch die Vereinbarung der Parteien vom 14. Dezember 1998, die ihrem Wortlaut nach eine Verlängerung der Vertragslaufzeit um einen Tag bis zum 31. Oktober 2000 enthielt. Dabei handelt es sich nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten lediglich um die Korrektur eines Schreibfehlers in dem Arbeitsvertrag vom 3. August 1998, in dem als Ende der Vertragslaufzeit der 30. Oktober 2000 aufgeführt war. Tatsächlich sollte der befristete Arbeitsvertrag von Anfang an bis zum 31. Oktober 2000 dauern.
  • Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
 

Unterschriften

Dörner, Gräfl, Pods, Hoffmann, Hökenschnieder

 

Fundstellen

FA 2003, 313

NZA 2003, 1360

PersR 2004, 136

NJOZ 2003, 3361

SPA 2003, 3

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