Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung des Urlaubsabgeltungsanspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

Der Urlaubsabgeltungsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz unterliegt ebenso der Befristung wie der Urlaubsanspruch, an dessen Stelle er mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses getreten ist (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts).

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Entscheidung vom 13.11.1991; Aktenzeichen 2 Sa 27/91)

LAG Bremen (Entscheidung vom 13.11.1991; Aktenzeichen 2 Sa 30/91)

ArbG Bremerhaven (Entscheidung vom 19.09.1990; Aktenzeichen 2 Ca 207/90)

 

Tatbestand

Der Kläger war seit 1987 bei der Beklagten als Produktmanager mit einem Monatsverdienst von zuletzt 3.000,– DM und einem jährlichen Urlaubsanspruch von 21 Arbeitstagen beschäftigt. Am 29. April 1988 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger. In dem vom Kläger eingeleiteten Kündigungsschutzprozeß schlossen die Parteien am 24. Juni 1988 einen Vergleich, nach dem das Arbeitsverhältnis mit dem 31. Mai 1988 geendet hat.

Mit seiner Klage vom 24. April 1990 hat der Kläger unter anderem als Urlaubsabgeltung für 8,75 Urlaubstage aus dem Jahr 1988 1.384,08 DM begehrt.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.384,08 DM netto nebst 4 % Zinsen seit dem 27. April 1990 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger 1.248,53 DM nebst Zinsen zugesprochen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung für die Zeit von Januar bis Mai 1988. Mit dem Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis am 31. Mai 1988 aufgrund des mit der Beklagten geschlossenen Vergleichs ist zwar für den Kläger ein Urlaubsabgeltungsanspruch entstanden. Dieser ist jedoch spätestens mit dem 31. März 1989 erloschen, da ihn der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt unstreitig nicht geltend gemacht hat. Bei Klagerhebung am 24. April 1990 bestand der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr.

1. Der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, der Urlaubsabgeltungsanspruch habe dem Kläger auch noch zu dieser Zeit zugestanden, folgt der Senat nicht. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zum Urlaubsabgeltungsanspruch sind insgesamt mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht vereinbar, auch nicht soweit das Landesarbeitsgericht sich ihr vermeintlich anschließt.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. BAGE 56, 340 und 61, 362 = AP Nr. 41 und 48 zu § 7 BUrlG Abgeltung; Urteil vom 28. Juli 1992 - 9 AZR 340/91 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, zu 1 b der Gründe) ist der Urlaubsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG ein Surrogat (Ersatz) für den wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllbaren Urlaubsanspruch. Er entsteht, ohne daß es dafür weiterer Handlungen des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers bedarf, mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zu diesem Zeitpunkt wandelt sich der noch nicht erfüllte Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers in einen Abgeltungsanspruch um. Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses können zwar Arbeitspflichten durch Gewährung von Urlaub nicht mehr beseitigt werden. Dennoch soll nach § 7 Abs. 4 BUrlG der Arbeitnehmer so gestellt werden, als würde weiterhin bis zum Ende des Urlaubsjahres oder ggf. des Übertragungszeitraums die Arbeitspflicht durch Gewährung des Urlaubs suspendiert werden können und daher weiterhin ein Urlaubsentgeltanspruch, also ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts ohne Arbeitsleistung, möglich sein. Der Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist daher kein Abfindungsanspruch, für den es auf eine Bindung an die Voraussetzungen des Urlaubsanspruchs und seiner Erfüllung nicht ankommt, sondern er ist als Erfüllungssurrogat für den wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zu verwirklichenden Urlaub an die gleichen Voraussetzungen gebunden wie zuvor der Urlaubsanspruch. Kann daher aufgrund des Abgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BUrlG der Arbeitnehmer verlangen, jedenfalls für das ihm zu zahlende Urlaubsentgelt so gestellt zu werden, als ob das Arbeitsverhältnis fortbestünde, unterliegt der Urlaubsabgeltungsanspruch ebenso der Befristung wie der Urlaubsanspruch selbst. Daher geht der Hinweis des Landesarbeitsgerichts, das Bundesurlaubsgesetz enthalte keine Vorschriften über den Verfall des Abgeltungsanspruchs, ins Leere. Einer solchen Vorschrift bedarf es nicht, weil auch für den Abgeltungsanspruch die Befristung des Urlaubsanspruchs maßgeblich ist. Ist auch der Urlaubsabgeltungsanspruch ein befristeter Anspruch, erlischt er mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist – bzw. bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 7 Abs. 3 BUrlG mit dem Ablauf des Übertragungszeitraums am 31. März des folgenden Jahres.

3. Der Urlaubsanspruch des Klägers war am 1. Januar 1988 entstanden; damit war der Abgeltungsanspruch, in den sich der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht erfüllte Urlaubsanspruch am 31. Mai 1988 umgewandelt hat, auf den 31. Dezember 1988 befristet. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, daß die Voraussetzungen für eine Übertragung des Anspruchs in den Übertragungszeitraum vorgelegen hätten. Auch wenn dennoch davon ausgegangen werden müßte, wäre der Anspruch bereits mit Ablauf des 31. März 1989 erloschen gewesen.

Das Landesarbeitsgericht hat auch keine Feststellungen dazu getroffen, daß der Kläger etwa ohne Erfolg von der Beklagten die Erfüllung seines Urlaubsabgeltungsanspruchs vor Ablauf des 31. Dezember 1988 gefordert hätte oder daß andere Erfüllungshindernisse bestanden hätten. Dafür fehlt es auch im Vortrag des Klägers an jedem Anhaltspunkt. Soweit er darauf abgestellt hat, die Beklagte habe ihm zuvor ausdrücklich mitgeteilt, daß der Resturlaub von zwei Tagen aus dem Jahre 1987 auch nicht mit dem Ablauf des ersten Quartals 1988 verfalle, ist dies nicht geeignet, eine andere Beurteilung zu rechtfertigen, weil sich daraus nichts für den hier streitigen Anspruch ergibt.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Leinemann, Dörner, Dr. Reinecke

 

Fundstellen

Haufe-Index 60165

BB 1993, 1516

BB 1993, 1516-1517 (LT1)

DB 1993, 1724 (LT1)

NJW 1993, 2555

NJW 1993, 2555-2556 (LT1)

EBE/BAG 1993, 120 (LT1)

ARST 1993, 151-152 (LT1)

NZA 1993, 798

ZAP, EN-Nr 914/93 (S)

AP, Abgeltung (LT1)

AR-Blattei, ES 1640 Nr 356 (LT1)

ArztR 1994, 122 (KT)

EzA, (LT1)

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