Entscheidungsstichwort (Thema)

Anderes Ausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes

 

Orientierungssatz

1. § 19 BBiG läßt ein "anderes Vertragsverhältnis", auf das die Vorschriften der §§ 3 bis 18 BBiG Anwendung finden, dann zu, wenn Personen eingestellt werden, um berufliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen zu sammeln. Ob ein anderes Vertragsverhältnis im Sinne der § 19 BBiG vorliegt, kann nur § 19 BBiG entnommen werden und ist nicht danach zu beurteilen, ob der vorliegende Vertragsinhalt einem vorgegebenen, herkömmlichen Vertragsverhältnis (zB Praktikant oder Volontär) zugeordnet werden kann.

2. Ein sachlicher Grund für eine Befristung kann auch anzunehmen sein, wenn die Ausbildung nicht in erster Linie theoretische Kenntnisse vermittelt, sondern hauptsächlich dazu dient, die bereits erworbenen theoretischen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen.

 

Normenkette

BBiG § 19; BGB § 620

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Entscheidung vom 18.04.1985; Aktenzeichen 7 Sa 11/85)

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 14.11.1984; Aktenzeichen 23 Ca 156/84)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 31. März 1984 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht. Außerdem nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung in Anspruch.

Der am 7. Dezember 1957 geborene Kläger ist ausgebildeter Kochgeselle. In den Jahren 1977 bis 1979 war er als Kraftfahrer tätig, vom 8. Oktober 1979 bis 14. Juli 1981 wurde er zum Bürokaufmann umgeschult. Vom 6. Oktober 1981 bis 31. Juli 1982 besuchte er die Sozialakademie D und bestand die Abschlußprüfung gemäß der Studien- und Prüfungsordnung des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Er verhandelte dann mit der Beklagten wegen einer Anstellung als Nachwuchssekretär, worauf ihm die Beklagte mit Schreiben vom 15. Juli 1982 mitteilte, der geschäftsführende Hauptvorstand habe beschlossen, ihn ab 1. Oktober 1982 als Nachwuchssekretär anzustellen. Als Anlage übersandte sie ihm einen Ausbildungsvertrag und verwies darauf, die Anstellung als Nachwuchssekretär erfolge mit dem Ziel, ihn später in einer Verwaltungsstelle einzusetzen, die Probezeit betrage gem. Ausbildungsvertrag sechs Monate, die endgültige Entscheidung über die Einstellung als Sekretär werde nicht mit Ablauf der Probezeit getroffen, sondern erst nach erfolgreichem Abschluß der Ausbildung.

Am 15./21. Juli 1982 schlossen die Parteien dann einen als Ausbildungsvertrag bezeichneten Vertrag folgenden Wortlauts:

"1. Die Gewerkschaft erklärt sich bereit,

Herrn P S

mit Wirkung ab 1. Oktober 1982 zur Ausbildung als

Nachwuchssekretär für die allgemeine gewerkschaftliche

Organisationsarbeit einzustellen.

Die Anstellung erfolgt zunächst s e c h s M o n a t e

zur Probe.

Vor Ablauf der Probezeit wird der GHV erklären, ob

das Ausbildungsverhältnis fortgesetzt werden kann.

Die Ausbildungszeit beträgt einschließlich der

Probezeit 18 Monate und endet somit - ohne daß es

einer Kündigung bedarf - am 31.03.84.

2. Herr S kann während der Ausbildungszeit

teilweise mit Aufgaben betraut werden, die üblicherweise

von Sekretären der Gewerkschaft

durchgeführt werden. Die Tätigkeit ist als Teil

der Ausbildung zu betrachten und begründet keinen

Anspruch auf Übernahme bzw. Bezahlung als Sekretär.

3. Während der Ausbildungszeit ist der GHV berechtigt,

Herrn S nach seinem Ermessen an verschiedenen

Orten zu beschäftigen und zur Teilnahme an Lehrgängen,

die Bestandteil der Ausbildung sind, zu verpflichten.

4. Herr S ist verpflichtet, während der Ausbildungszeit

einen Tätigkeitsnachweis in Form eines

Tagesprotokolls zu führen und am Ende eines jeden

Ausbildungsabschnittes einen Tätigkeitsbericht zu

erstellen.

5. Während der Ausbildungszeit erhält Herr S

eine Ausbildungsvergütung und zwar nach Gehaltsgruppe

06 Stufe 1 a der jeweils gültigen Gehaltstabelle

der Gewerkschaft.

....

6. Spätestens acht Wochen vor Ablauf dieses Vertrages

wird sich der GHV äußern, ob Herr S aufgrund

der vorliegenden Beurteilungen in ein festes Anstellungsverhältnis

übernommen wird.

7. Während der Probezeit kann der Nachwuchssekretär

ohne Einhaltung der Frist das Arbeitsverhältnis

lösen. Im übrigen gilt während der Ausbildungszeit

für beide Teile eine Kündigungsfrist von

einem Monat zum Monatsende.

8. Im übrigen gelten die "ALLGEMEINEN ANSTELLUNGSBEDINGUNGEN"

(AAB) für die Beschäftigten der Gewerkschaft."

Die Beklagte meldete den Kläger bei der Unterstützungskasse des Deutschen Gewerkschaftsbundes an und zahlte für ihn Beiträge ein wie für alle in einem festen Arbeitsverhältnis stehenden Mitarbeiter. Sein Bruttogehalt betrug zuletzt 3.458,-- DM.

Die Beklagte legt der Ausbildung ihrer Nachwuchssekretäre einen Ausbildungsplan zugrunde, der folgende Stationen vorsieht:

1. Innendienst, ca. 13 bis 17 Wochen

(Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen auf

dem Gebiet der Verwaltungsarbeit und der Kassenführung).

2. Außendienst, ca. 26 Wochen

(Erkennen und Erlernen von Außendienstaufgaben:

Mitgliederbetreuung, Beratung und Werbung).

3. Ausbildungsbereich Landesbezirk, ca. 4 bis 6 Wochen

(Beschaffung eines Überblicks über die wichtigsten

Aufgaben der Landesbezirksverwaltung, Ausbildungsrahmen

besonders Tariffragen).

4. DGB-Rechtsstelle, 8 Wochen

(Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten auf dem

Gebiet des Arbeits- und Sozialrechts).

5. Bildungszentrum O, ca. 8 bis 10 Wochen

(Vertiefung und Erweiterung der Kenntnisse, Bekanntmachen

mit der Systematik gewerkschaftlicher

Bildungsarbeit).

Der zeitliche Ablauf der Ausbildung des Klägers gestaltete sich wie folgt:

Oktober 1982 bis Januar 1983 Innendienst in der

Verwaltungsstelle L;

Februar 1983 bis Juli 1983 Außendienst in der

Verwaltungsstelle R;

August 1983 bis September 1983 Bildungszentrum O;

Oktober 1983 Landesbezirk B;

November 1983 bis Februar 1984 DGB-Rechtsstelle

in der Verwaltungsstelle R.

Vom 14. bis 26. November 1982 hatte der Kläger an einem Kursus für Nachwuchssekretäre teilgenommen sowie vom 29. Mai bis 10. Juni 1983 einen Lehrgang "Sprechwirksamkeit und Versammlungswesen" besucht.

Im Rahmen der Ausbildung erfolgte nach Abschluß der einzelnen Ausbildungsabschnitte eine Beurteilung durch den jeweiligen Ausbilder. Der Kläger fertigte Wochenberichte, teilweise lückenhaft, über die erfolgte Ausbildung an. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob und in welchem Umfang der Kläger die ihm übertragenen Aufgaben selbständig oder unter Aufsicht durchgeführt hat. Teilweise unterschrieb er Einladungen und ausgehende Post neben dem Geschäftsführer der Verwaltungsstelle R als "A-Sekretär". Bei einer Jahreshauptversammlung der F trat er als Redner auf, außerdem nahm er Prozeßtermine vor dem Arbeitsgericht R in Untervollmacht wahr.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 1983 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe aufgrund der ihr vorgelegten Beurteilungen keine Möglichkeit, ihn nach Ablauf des Ausbildungsvertrages am 31. März 1984 in ein festes Anstellungsverhältnis zu übernehmen.

Der Kläger hat vorgetragen: Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis habe es sich nicht um einen Ausbildungsvertrag, sondern um einen auf 18 Monate befristeten Arbeitsvertrag gehandelt. Die Beklagte habe im sogenannten Ausbildungsvertrag selbst abweichend von zwingenden Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes die Probezeit auf sechs Monate verlängert, sie habe ihm die Ausbildungsmittel nicht kostenlos zur Verfügung gestellt und ihm kein Abschlußzeugnis erteilt. In Nr. 7 des Vertrages seien vom Berufsbildungsgesetz abweichende Kündigungsregelungen enthalten.

Nach seiner Vorbildung und insbesondere nach dem Besuch der Sozialakademie hätten ihm nur noch solches Wissen und solche Erfahrungen vermittelt werden können, die in einem gewöhnlichen Arbeitsverhältnis im Rahmen der Probezeit erworben würden. Die Beklagte fordere unter Zugrundelegung des Ausbildungsvertrages sechs Monate Probe für 1 1/2 Jahre Ausbildung und später nochmals sechs Monate Probe nach der Festanstellung als erprobter Nachwuchssekretär. Auch die Höhe seines Gehaltes habe der der festangestellten Nachwuchssekretäre entsprochen. Außerdem habe er seine Tätigkeiten eigenverantwortlich wahrgenommen und sei wie ein Gewerkschaftssekretär eingesetzt worden. Daß er sich in diesem Rahmen weitere Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet habe, sei bei jedem Berufsanfänger üblich. Er sei auch von Vorgesetzten nicht qualitativ anders weisungsabhängig gewesen als andere Sekretäre. In der Verwaltungsstelle R sei ein eigenes Büro im Untergeschoß für ihn eingerichtet worden. Sogar eine Telefonanlage sei geschaffen worden. Er habe selbständig an einer konstituierenden Sitzung eines Betriebsrates und an einer Betriebsversammlung teilgenommen, er habe Beratungsgespräche geführt. Im Ausbildungszentrum O habe er als Assistent des Referenten des jeweiligen Lehrgangs fungiert. Die Beklagte habe sich weitgehend nicht an bestehende Ausbildungspläne gehalten. Daß er die wöchentlichen Tätigkeitsnachweise nur lückenhaft geschrieben habe, sei nie gerügt worden.

Der Eigenwert seiner Ausbildung sei sehr gering und die gesamte Ausbildung speziell am Bedarf der Beklagten ausgerichtet gewesen. Soweit er an zusätzlichen Lehrgängen und Schulungen teilgenommen habe, seien dies Fortbildungs- und keine Ausbildungsveranstaltungen gewesen. Die Ausbildung werde auch nicht so vorgenommen, daß der jeweils bei einer Gewerkschaft ausgebildete Nachwuchssekretär ohne größere Umstellungsschwierigkeiten bei einer anderen Einzelgewerkschaft Verwendung finden könne.

Weder für eine Befristung noch für die Dauer der Befristung seines Arbeitsverhältnisses liege ein sachlicher Grund vor. Da eine Kündigung nicht erfolgt sei, bestehe das Arbeitsverhältnis unbefristet fort.

Die Beklagte schulde demgemäß Zahlung des Gehalts für die Monate April bis Oktober 1984 in Höhe von insgesamt 24.906,-- DM brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes von 8.802,30 DM netto. Außerdem stehe ihm für 1984 restliches Urlaubsgeld in Höhe von 1.315,-- DM zu (nach § 20 der Allgemeinen Anstellungsbedingungen der Beklagten ist das Urlaubsgeld in Höhe eines halben Monatsgehalts am 1. Juni eines jeden Jahres fällig).

Der Kläger hat beantragt

1. festzustellen, daß das Anstellungsverhältnis

der Parteien weder durch die Erklärung der

Beklagten vom 16. Dezember 1983 noch durch

Fristablauf mit dem 31. März 1984 geendet

habe, sondern fortbestehe;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Gehalt

für die Monate April bis Oktober 1984

24.906,-- DM brutto abzüglich 8.802,30 DM

netto zuzüglich 4 % Zinsen auf den sich ergebenden

Nettobetrag seit dem 6. November

1984 zu zahlen;

3. die Beklagte weiter zu verurteilen, an ihn

1.315,-- DM brutto als restliches Urlaubsgeld

1984 zuzüglich 4 % Zinsen auf den sich

ergebenden Nettobetrag seit dem 2. Juni 1984

zu zahlen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Sie hat vorgetragen: Die Befristung des Vertrages sei durch den Ausbildungszweck sachlich gerechtfertigt gewesen. Es sei Zweck des besonderen Vertrages gewesen, dem Kläger berufliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen aus dem Aufgabenbereich eines Gewerkschaftssekretärs zu vermitteln. Der Beruf eines gewerkschaftlichen Nachwuchssekretärs könne nicht als anerkannter Ausbildungsberuf im Sinne des Berufsbildungsgesetzes erfaßt werden. Die Ausbildung beim Deutschen Gewerkschaftsbund und bei den Einzelgewerkschaften sei ähnlich, wobei der Ausbildungszweck eindeutig im Vordergrund stehe, wie sich aus den einzelnen Bildungsabschnitten ergebe. Sie bilde nicht unmittelbar für den eigenen Bedarf aus, sondern für den Gesamtbereich des DGB. Sie habe auch dem Kläger eine gründliche Ausbildung zukommen lassen. Ihr Bemühen, ihn auch für den Einsatz in ihrer eigenen Organisation zu befähigen, könne nicht dahin ausgelegt werden, daß dies ein Verbot der Befristung nach sich ziehe. Jeder, der einen Volontär oder Praktikanten ausbilde, habe auch den eigenen Nachwuchs im Auge. Das besondere Ausbildungsverhältnis brauche nicht notwendig von einem außerbetrieblichen Zweck geprägt zu sein. Soweit der Kläger Verstöße des Ausbildungsvertrages gegen Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes rüge, ändere dies nichts am Gesamtkonzept, sondern führe allenfalls zur ersatzweisen Geltung der gesetzlichen Bestimmungen. Auch aus der Höhe der Ausbildungsvergütung sei nichts herzuleiten. Es kämen hierin die hohen Anforderungen und Beurteilungskriterien, welche sie an Nachwuchssekretäre stellen müsse, zum Ausdruck. Außerdem werde hier berücksichtigt, daß es sich bei den Auszubildenden regelmäßig um Personen handele, die bereits eine komplette Berufsausbildung in einem Standardberuf vorweisen könnten.

Der Kläger habe in den einzelnen Stationen durchgehend unter Aufsicht gearbeitet und habe keinen eigenen Aufgabenbereich gehabt. Er sei eine Mehrbelastung für seine Ausbilder gewesen. In der Innenstation habe er ohne eigenständigen Aufgabenbereich unter Aufsicht Verwaltungsarbeiten ausgeführt. Er sei hierzu angeleitet und eingewiesen worden. Bei den Ausbildungsstationen in R habe er Einladungen, Briefe und Zeitungsreferate bearbeitet. Er sei in die Tätigkeitsbereiche Beratung der Mitgliedschaft, Fachgruppen und Personengruppen, Betriebsräte und Vertrauensleute eingearbeitet worden und habe Personenkontakte gehabt, überwiegend unter Aufsicht des Geschäftsführers. Auch im Landesbezirk habe er nicht wie ein Gewerkschaftssekretär gearbeitet. Er habe hier praktisch eine Vorstellung von dieser Arbeit gewinnen sollen. Tariffragen würden von einem erfahrenen Mitarbeiter der Gewerkschaft bearbeitet. Auch in O sei er einem Ausbilder zugeordnet gewesen.

Er habe durchgehend Ausbildungsberichte einreichen und Wochenprotokolle erstellen müssen. Schriftliche Arbeiten seien korrigiert und geändert worden. Auch nicht nur ansatzweise sei er als selbständiger Gewerkschaftssekretär eingesetzt worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil zwischen den Parteien mit Ablauf des 31. März 1984 keine Vertragsbeziehungen mehr bestehen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, bei dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis habe es sich um einen besonderen Ausbildungsvertrag im Sinne von § 19 BBiG gehandelt, denn der Kläger sei eingestellt worden, um berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen zu erwerben. Eine Berufsausbildung nach § 1 BBiG liege nicht vor, da es sich im vorliegenden Fall nicht um einen anerkannten Ausbildungsberuf handele.

Die gesamte Vertragsgestaltung habe den Charakter eines Ausbildungsvertrages. Ein Ausbildungsverhältnis nach § 19 BBiG liege dann vor, wenn kein Ausbildungsvertrag nach § 1 BBiG abgeschlossen werde, aber in einem systematischen Ausbildungsgang berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt würden. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Die Ausbildung sei systematisch bis ins einzelne geplant gewesen, wie insbesondere aus der Untergliederung des Ausbildungsbereichs Landesbezirk hervorgehe. Selbst wenn die Ausbildung, wie vom Kläger behauptet, nur unvollständig durchgeführt worden wäre, so stünde dies der Annahme eines besonderen Ausbildungsverhältnisses nach § 19 BBiG nicht entgegen. Es komme in erster Linie auf die Vertragsgestaltung an, eine mangelhafte oder lückenhafte Ausbildung ändere ein Ausbildungsverhältnis nicht in einen Arbeitsvertrag um. Daß der Kläger teilweise selbständig gearbeitet habe, sei nach Ziffer 2 des Vertrages gerade Teil der Ausbildung gewesen.

Der Kläger sei nach dem Ausbildungsvertrag verpflichtet gewesen, Tagesprotokolle und Tätigkeitsberichte zu erstellen, wobei er dem auch teilweise nachgekommen sei. Eine solche Verpflichtung gehöre zu einer systematischen Ausbildung. Die unvollständige Erfüllung der Pflicht ändere hieran nichts.

Es könne im übrigen nicht davon ausgegangen werden, daß die Rechtsbeziehungen der Parteien maßgeblich vom Betriebszweck der Beklagten geprägt gewesen seien und nur mittelbar von einem Ausbildungsziel allein oder vorrangig im Interesse des Klägers. Aufgrund seiner vor- und bisherigen Ausbildung sei der Kläger mit Sicherheit nicht in der Lage gewesen, ohne Zusatzausbildung und ohne Vermittlung der entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten die umfangreichen, vielfältigen und diffizilen Aufgaben eines Gewerkschaftssekretärs wahrzunehmen. Wenn auch die Beklagte mit der Ausbildung das Ziel verfolgt habe, den Kläger später als Nachwuchssekretär zu beschäftigen, so könne dieses Eigeninteresse nicht als alleiniger oder absolut vorrangiger Zweck der Ausbildung angesehen werden. Die Ausbildung habe für den Kläger einen Eigenwert dargestellt, die ihm vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen seien für ihn auch außerhalb der Organisation der Beklagten beruflich verwertbar, und zwar nicht nur bei anderen Einzelgewerkschaften, sondern bei Konkurrenzgewerkschaften oder sogar bei Arbeitgeberverbänden.

Weder für noch gegen die Annahme eines besonderen Ausbildungsverhältnisses spreche die Höhe des Gehalts und die Tatsache der Zugehörigkeit zur Unterstützungskasse. Als Nachwuchssekretäre würden nur selten Schulabgänger ausgebildet, sondern häufig Personen, die schon im Beruf gestanden und unter Umständen schon eine Familie hätten. Habe das Ausbildungsverhältnis somit am 31. März 1984 geendet, stünden dem Kläger keine Ansprüche gegen die Beklagte mehr zu.

II. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten zumindest im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Parteien wirksam ein anderes Vertragsverhältnis nach § 19 BBiG oder ein Arbeitsverhältnis zum Zwecke einer speziellen Ausbildung vereinbart haben. Angesichts der Besonderheiten des konkreten Einzelfalles war der zwischen ihnen zustande gekommene Vertrag jedenfalls wirksam bis 31. März 1984 befristet.

1. Das Landesarbeitsgericht ist vom Vorliegen eines gültigen anderen Vertragsverhältnisses nach § 19 BBiG und nicht vom Vorliegen eines Arbeitsvertrages ausgegangen. Ob die hierzu getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine solche Annahme rechtfertigen, kann letztlich auf sich beruhen.

Soweit nicht ein Arbeitsverhältnis vereinbart ist, gelten nach § 19 BBiG für Personen, die eingestellt werden, ohne daß es sich um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes handelt, die §§ 3 bis 18 BBiG mit den in § 19 BBiG geregelten Abweichungen.

a) Unter dem Begriff "Arbeitsverhältnis" in § 19 BBiG ist ein reines Arbeitsverhältnis zu verstehen, das von der Arbeitspflicht und der zu erbringenden Arbeitsleistung beherrscht wird, nicht jedoch von der Ausbildung (vgl. Schmidt, AR-Blattei (D), Volontär und Praktikant I, A I).

Berufsbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes sind die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung, soweit sie nicht gemäß § 2 BBiG schulisch oder in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis durchgeführt wird.

Nach § 1 Abs. 2 BBiG hat die Berufsausbildung eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln, ferner hat sie den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrung zu ermöglichen. Wie sich insbesondere auch aus §§ 25, 31 und 108 BBiG ergibt, soll die Ausbildung nicht nur systematisch, sondern auch in einem anerkannten Ausbildungsberuf erfolgen. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit zutreffend angenommen, daß es den Beruf des Gewerkschaftssekretärs als anerkannten Ausbildungsberuf nicht gibt, so daß es sich vorliegend nicht um einen Berufsausbildungsvertrag nach §§ 1 ff. BBiG handelt.

b) Der Gesetzgeber hat jedoch in § 19 BBiG ein "anderes Vertragsverhältnis", auf das die Vorschriften der §§ 3 bis 18 BBiG Anwendung finden, dann zugelassen, wenn Personen eingestellt werden, um berufliche Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrungen zu sammeln. Ob ein anderes Vertragsverhältnis im Sinne von § 19 BBiG vorliegt, kann nur § 19 BBiG entnommen werden und ist nicht danach zu beurteilen, ob der vorliegende Vertragsinhalt einem vorgegebenen, herkömmlichen Vertragsverhältnis (z.B. Praktikant oder Volontär) zugeordnet werden kann (vgl. Schmidt, aaO). § 19 BBiG gilt nur für solche Personen, mit denen kein Ausbildungsvertrag nach § 1 BBiG abgeschlossen wird, die aber in einem systematischen Ausbildungsgang berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten erhalten sollen, wobei es im übrigen eine Frage der Sprachregelung ist, wie dieser Personenkreis sprachlich zu erfassen ist (vgl. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 5. Aufl. § 16 III, S. 59; Schieckel/Oestreicher, BBiG, § 19 Anm. 1; im Ergebnis wohl ebenso Knopp/Kraegeloh, BBiG, 2. Aufl., § 19 Rz 2; Gedon/Spiertz, Berufsbildungsrecht, § 19 BBiG Anm. 1; Knigge, AR- Blattei (D), Berufsausbildung II, A III 1 b; Herkert, BBiG, § 19 Rz 4; Weber, BBiG, § 19 Anm. 4; a.A. Natzel, Berufsbildungsrecht, 3. Aufl., S. 313; ders. Das Berufsausbildungsverhältnis, 2. Aufl., S. 121, der die Auslegung an den herkömmlichen Begriffen Praktikant und Volontär ausrichtet; vgl. zu den Abgrenzungsschwierigkeiten auch zutreffend Fangmann, Die Rechtsstellung des Praktikanten, AuR 1977, 201, 202).

Die Rechtsprechung hat bei Prüfung der Voraussetzungen nach § 19 BBiG die Begriffe Volontär und Praktikant nur verwandt, wenn die jeweiligen Vertragspartner solche Begriffe gebraucht haben oder wenn sie in zu beurteilenden Regelungen enthalten waren, ersichtlich jedoch nicht in der Zielrichtung zu prüfen, ob dieser Berufsbegriff unter § 19 BBiG fällt (vgl. BAGE 26, 198 = AP Nr. 3 zu § 3 BAT; BAGE 35, 173 = AP Nr. 1 zu § 19 BBiG; vgl. auch BAGE 43, 115 = AP Nr. 10 zu § 78 a BetrVG 1972).

2. Aus den einzelnen Vertragsbestimmungen und der Art ihrer Ausgestaltung ist zu entnehmen, daß der Kläger eingestellt worden ist, um berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen zu erwerben.

Allein aus der Begriffswahl der Vertragsparteien kann allerdings nicht maßgebend auf die Rechtsnatur des Vertrages geschlossen werden. Genausowenig, wie die Bezeichnung "Ausbildungsvertrag" den Vertragscharakter prägt, kann nicht umgekehrt allein aus dem Umstand, daß die Beklagte dem Kläger mitteilte, sie wolle ihn "als Nachwuchssekretär anstellen", "Deine Anstellung als Nachwuchssekretär erfolgt mit dem Ziel, Dich später in einer Verwaltungsstelle einzusetzen", hergeleitet werden, der Zweck der Tätigkeit habe Berufsausübung und nicht Berufsausbildung sein sollen. Abgesehen davon, daß diese Begriffswahl im Hinblick auf § 3 Abs. 2 BBiG nicht unverständlich erscheint, wonach auch der Auszubildende als Arbeitnehmer anzusehen ist, hat das Landesarbeitsgericht zutreffend maßgebend auf die Gesamtausgestaltung des Vertragsverhältnisses abgestellt.

Die Beklagte hat insoweit unwidersprochen dargestellt, sie bilde ihre Nachwuchssekretäre systematisch in verschiedenen Ausbildungsabschnitten aus, wobei diesen Ausbildungsstationen sinnvolle Lernziele vorgegeben sind. Soweit die Revision offenbar schon im Hinblick auf die Lernziele meint, die Rechtsbeziehungen der Parteien seien maßgeblich vom Betriebszweck der Beklagten her geprägt gewesen, sie hätten allenfalls mittelbar im Interesse des Klägers gelegen, kann dem nicht gefolgt werden. Insbesondere kann nicht schon aus Nr. 2 des Vertrages, wonach der Kläger während der Ausbildungszeit teilweise mit Aufgaben betraut werden konnte, die üblicherweise von Sekretären der Gewerkschaft durchgeführt werden, die Annahme eines besonderen Vertragsverhältnisses nach § 19 BBiG verneint werden. Wie die vom Landesarbeitsgericht dargestellte Gesamtkonzeption der Beklagten zeigt, sollte der Kläger nicht seine bisherigen Kenntnisse und Erfahrungen in der Praxis einarbeitend umsetzen, sondern ihm sollten für einen in den Grundzügen noch nicht bekannten Berufszweig erst Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen vermittelt werden. Das Berufsbildungsgesetz erfaßt die Ausbildung im betrieblichen Bereich und ist nicht so konzipiert, daß eine Berufsausbildung i.S. des Gesetzes nicht mehr erfolgen kann, wenn bereits theoretische oder sonstige Vorkenntnisse beim Auszubildenden vorhanden sein sollten. Eine Ausbildung i.S. des Gesetzes ist vielmehr auch möglich, wenn sich aus dem später beruflich zu bewältigenden Aufgabenbereich Anforderungen an Wissen und Können ergeben, die bisher (in der rein theoretischen Vorbildung) nicht vermittelt worden sind. Dazu reicht es auch aus, wenn ein möglicherweise in den Grundzügen bereits vorhandenes Allgemeinwissen durch eine gezielte Ausbildung in Spezialwissen erstmals gründlich umgewandelt wird. Im übrigen hat der Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen, welche auch nur theoretischen Kenntnisse er hinsichtlich der in den Ausbildungsstationen anfallenden Aufgaben aufgrund seiner Vorbildung bereits erworben hatte.

Wie sich aus dem Ausbildungsprogramm der Beklagten ergibt, liegen Schwerpunkte des Einsatzes der "Nachwuchssekretäre" im Außenbereich, beim Landesbezirk und bei der DGB - Rechtsstelle. Der Nachwuchssekretär hat in all diesen Bereichen Kontaktaufgaben, er muß Mitglieder betreuen und erlernen, neue zu werben, er muß sich in Tariffragen einarbeiten und im Bereich der praktischen Verhandlungen Erfahrungen sammeln. So zeigt gerade der Ausbildungsbericht des Klägers betreffend die Landesbezirksstelle, daß er vorwiegend an Verhandlungen "teilgenommen" hat, daß er Übersichten und Statistiken erstellt, nicht aber, daß er Verhandlungen geführt oder auch maßgebende Zielpapiere vorgegeben hätte. Auch bei der DGB-Rechtsstelle müssen neben der Vertiefung evtl. schon vorhandener Rechtskenntnisse insbesondere Verfahrenskenntnisse gesammelt und gelernt werden, mit Rechtssuchenden umzugehen. Daß daneben auch die Eigenverwaltung erfahren sowie die Bildungsarbeit vermittelt werden soll, ist eine sinnvolle Ergänzung. Die Beklagte lehnt sich hier offenbar an Ausbildungsprogramme solcher Berufsgruppen an, die nach einer theoretischen Ausbildung mit praktischem Einschlag ( z.B. Lehrer, Rechtspfleger, Juristen), nochmals in einem Vorbereitungsdienst mit den spezifischen Schwierigkeiten der Umsetzung von theoretischen Kenntnissen im praktischen Bereich und hierbei insbesondere im Umgang mit der menschlichen Psyche geschult werden.

Ebenso hat die Beklagte den Ausbildungszweck nicht dadurch gefährdet, daß der Kläger auch praktisch arbeiten sollte ( Nr. 2 des Vertrages). Wie die Revision auch insoweit verkennt, ist die betriebliche Berufsausbildung in den laufenden Produktions- und Dienstleistungsprozeß eingegliedert. Nur dort, wo Berufsausbildung mit der Betriebsarbeit verknüpft ist, geht es um eine spezifische Ausbildung i.S. des Gesetzes (so bereits zutreffend BAG Urteil vom 16. Oktober 1974 - 5 AZR 575/73 - AP Nr. 1 zu § 1 BBiG).

3. Dennoch reichen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts letztlich nicht aus, die Annahme einer wirksamen Vereinbarung eines sonstigen Vertragsverhältnisses nach § 19 BBiG zu rechtfertigen.

Bedenken gegen die Annahme eines Ausbildungsvertrages außerhalb eines Arbeitsverhältnisses bestehen im konkreten Fall deswegen, weil nicht hinreichend geklärt ist, ob beim Kläger im Hinblick auf seine Vorbildung nicht auf Gebieten ausgebildet werden sollte, auf denen er schon theoretisches Grundwissen besaß. Gegen das Ausbildungsverhältnis nach § 19 BBiG sprechen zudem die vertragliche Probezeitregelung und die Ausgestaltung der Kündigungsmöglichkeiten.

Das Landesarbeitsgericht hat Feststellungen dazu, welche Kenntnisse und Fähigkeiten dem Kläger an der Sozialakademie in Dortmund vermittelt worden sind, nicht getroffen. Der Senat kann daher nicht beurteilen, ob angesichts des weiteren Umstandes, daß der Kläger eine auf den Tätigkeitsbereich der Beklagten bezogene teilweise praktische Vorbildung (Koch und kaufmännische Lehre) aufwies, eine Ausbildung i. S. des § 19 BBiG noch sinnvoll erfolgen konnte. Außerdem widersprechen die Regelungen in Nr. 1 des Vertrages (Probezeit 6 Monate) und Nr. 7 Satz 2 (beiderseitige Kündigungsfrist nach Probezeit von einem Monat) den zwingenden Bestimmungen der §§ 13 und 15 BBiG. Ausbildungsverhältnisse, bei denen der Auszubildende nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist, sind schon nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz dann, wenn eine geregelte Ausbildung für eine bestimmte Zeit und für einen bestimmten Beruf vorgesehen ist, nicht ohne weiteres ordentlich, sondern nur aus gewichtigen Gründen kündbar (Urteil des Senats vom 22. Juni 1972, BAGE 24, 318 = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Ausbildungsverhältnis). Da die vereinbarte ordentliche Kündigung dem Ausbildungszweck zuwiderliefe (vgl. Söllner, Anm. zum Urteil vom 22. Juni 1972, aa0), ist eine solche Regelung ein Indiz gegen das Vorliegen eines besonderen Vertragsverhältnisses nach § 19 BBiG.

Soweit der Kläger allerdings bemängelt hat, die Durchführung der Ausbildung sei, was die Führung der Ausbildungsberichte angehe, mangels einer hinreichenden Kontrolle nicht immer korrekt gewesen, so ist dies nicht erheblich. Bloße Mängel der Ausbildung können die Gesamtkonzeption nicht in Frage stellen, da hieraus noch nicht zu schließen ist, der Ausbildungszweck sei nur vorgeschoben gewesen. Zudem verkennt der Kläger, daß die Ausbildung zu einer verantwortlichen selbständigen Tätigkeit auch die Anleitung zur selbständigen Erledigung der Ausbildungsaufgaben einschließt.

4. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen rechtfertigen es jedoch auch, beim Fehlen eines Ausbildungsverhältnisses nach § 19 BBiG eine wirksame Befristung des dann gegebenen Arbeitsverhältnisses anzunehmen.

a) Ein befristeter Arbeitsvertrag bedarf nur dann eines sachlichen Grundes, wenn die Befristung dem Arbeitnehmer einen zwingenden Bestandsschutz entzieht (Beschluß des Großen Senats vom 12. Oktober 1960 - GS 1/59 - BAGE 10,65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Urteil des Senats vom 17. Februar 1983, BAGE 41,381 = AP Nr. 74 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG Urteil vom 26. April 1985 - 7 AZR 316/84 - AP Nr. 91 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Befristete Arbeitsverträge sind nur dann objektiv funktionswidrig, wenn sie dem Arbeitnehmer einen zwingenden Bestandsschutz nehmen und darüber hinaus eines sachlichen Grundes entbehren.

Vorliegend ist eine Befristungskontrolle erforderlich, weil eine Kündigung der Beklagten zum Fristende nach § 1 KSchG zu beurteilen wäre.

b) Bei der Prüfung, ob ein sachlicher Grund für die Befristung vorliegt, ist nicht ausschließlich oder auch nur entscheidend auf die Interessenlage des Arbeitgebers abzustellen. Es müssen vielmehr auch die Interessen des Arbeitnehmers an einer unbefristeten Einstellung und der damit verbundene Erwerb des Kündigungsschutzes angemessen berücksichtigt werden. Die Eigeninteressen des Arbeitnehmers überwiegen dann, wenn er derart zur Fortbildung beschäftigt wird, daß ihm durch die Tätigkeit zusätzliche Erfahrungen oder Kenntnisse vermittelt werden, die durch die übliche Berufstätigkeit nicht erworben werden können. Das kann auch anzunehmen sein, wenn die Ausbildung nicht in erster Linie theoretische Kenntnisse vermittelt, sondern hauptsächlich dazu dient, die bereits erworbenen theoretischen Kenntnisse in die Praxis umzusetzen ( BAG Urteil vom 31. Oktober 1974 - 2 AZR 483/73 - AP Nr. 39 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 1 Rz 297; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 620 BGB Rz 143, 177 ).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Wie bereits dargelegt erfüllt die von der Beklagten vermittelte systematische Ausbildung möglicherweise allerdings deswegen nicht die Voraussetzungen nach § 19 BBiG, weil der Kläger schon theoretische Kenntnisse besessen haben kann. Es verbleibt aber als sachlicher Grund das wesentliche Ausbildungsziel, dem Kläger die für einen Gewerkschaftssekretär unerläßliche Befähigung zu verschaffen, theoretische Kenntnisse im praktischen Bereich und insbesondere im Umgang mit Mandanten und Verhandlungspartnern umzusetzen. Selbst wenn also der Kläger infolge seiner kaufmännischen Kenntnisse und seiner Ausbildung an der Sozialakademie Dortmund über solche theoretischen Kenntnisse verfügt haben sollte, die bei ihm eine Ausbildung in theoretischer Hinsicht nur noch zur Vertiefung und zur Spezialisierung erforderlich machte, so sind ihm doch in allen Ausbildungsstationen der Beklagten unter Beachtung ihrer Ausbildungspläne weitere Kenntnisse, Erfahrungen oder Fähigkeiten vermittelt worden, die ihm sowohl in seinem eigenen als auch im Interesse der Beklagten von beruflichem Nutzen gewesen sind. Wie unter II 2 ausgeführt, waren weder Ausbildung noch Lernziele allein vom Betriebszweck der Beklagten her geprägt. Die Ausbildung war keine reine Betriebsausbildung ohne Eigenwert. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffen darauf hingewiesen, daß die dem Kläger vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen darüber hinaus auch außerhalb der Organisation der Beklagten beruflich verwertbar sind, und zwar nicht nur bei anderen Einzelgewerkschaften und beim DGB, sondern auch bei konkurrierenden Verbänden und anderen gesellschaftlichen Organisationen mit arbeitsrechtlichen Bezügen.

5. Auch die Dauer der Befristung des Vertrages begegnet keinen Bedenken, und zwar unabhängig davon, ob die Parteien von einem besonderen Vertragsverhältnis nach § 19 BBiG ausgegangen sind oder ob wegen der Besonderheiten des Einzelfalles vom Vorliegen eines befristeten Arbeitsverhältnisses auszugehen ist.

Die Rechtswirksamkeit der vereinbarten Dauer ist an dem sachlichen Grund der Befristung zu orientieren (BAGE 37, 283 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Da das Berufsbildungsgesetz (vgl. § 25 Abs. 2 Nr. 2 BBiG) von einer regelmäßigen Ausbildungsdauer in einem anerkannten Ausbildungsberuf von zwei bis drei Jahren ausgeht, sind andere Vertragsverhältnisse im Sinne von § 19 BBiG ebenso wie Ausbildung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in der Regel nicht mit einer längeren Ausbildungszeit als der der Ausbildungsverhältnisse nach § 1 BBiG denkbar. Ergibt sich bei einer sinnvollen Vertragsgestaltung, die hier vorliegt, eine Dauer, die noch mit einem halben Jahr unter der Mindestdauer eines Ausbildungsverhältnisses nach § 1 BBiG liegt, so ist dies auch im Hinblick auf die zeitliche Befristung eines Arbeitsverhältnisses nicht funktionswidrig, da der von der Beklagten festgelegte zeitliche Rahmen den von ihr als notwendig erachteten Anforderungen entsprach. Der Kläger hat zudem nicht substantiiert dargelegt, daß der Ausbildungszweck in weniger als 18 Monaten oder erst nach einer längeren Dauer der Beschäftigung zu erreichen gewesen wäre.

Hillebrecht Dr. Weller Ascheid

Dr. Roeckl Brenne

 

Fundstellen

Dokument-Index HI438197

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