Leitsatz (amtlich)

  • Bei der sog. vertraglichen Einheitsregelung, ferner bei der Bestimmung einer vertraglichen Leistung durch den Arbeitgeber sowie bei der Ausschüttung freiwilliger Leistungern unter Ausschluß des Rechtsanspruchs setzt nur eine der Vertragsparteien, nämlich der Arbeitgeber, Leistungen fest, die der Arbeitnehmer erhält. Der Arbeitgeber bestimmt damit einseitig den Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Die Vertragsparität kann in diesen Fällen einen Interessenausgleich nicht gewährleisten. Deshalb darf der Arbeitgeber nicht nur seine Interessen verfolgen; er muß auch den Interessen des Arbeitnehmers angemessen Rechnung tragen: Seine Leistungsbestimmung muß billig und gerecht sein; ob sie dies ist, müssen die Gerichte im Streitfall nachprüfen.
  • Bei der Ausschüttung von Sondervergütungen steht es dem Arbeitgeber frei, Bedingungen aufzustellen, sofern er dabei nach billigem Ermessen verfährt.
  • Wenn der Arbeitgeber, die Zahlung einer Sondervergütung an solche Voraussetzungen binden will, mit denen der Arbeitnehmer nicht ohne weiteres zu rechnen braucht, muß er rechtzeitig in geeigneter Weise bekanntgeben, welche Bedingungen im einzelnen gelten sollen.
 

Normenkette

BGB §§ 305, 242, 315, 611

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 23.09.1969; Aktenzeichen 3 Sa 30/69)

 

Tenor

  • Die Revision der Beklagter gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 23. September 1969 – 3 Sa 30/69 – wird zurückgewiesen.
  • Die Beklagte trägt die Kosten der Revision.

    Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger war vom 1. Januar 1967 bis zum 31. Dezember 1968 Leiter des Verkaufsbüros Mülheim/Ruhr, das die Beklagte im Rahmen ihrer “Arbeitsgruppe Betriebseinrichtungen” unterhielt. Die Beklagte hatte noch Verkaufsbüros in Berlin, Bremen, Frankfurt, Hannover, München, Saarbrücken und Stuttgart. Die Verkaufsbüros in Bremen und Saarbrücken wurden durch kommissarische Verkaufsleiterinnen geführt.

Die Arbeitsbedingungen des Klägers ergeben sich aus einem Schreiben der Beklagten vom 8. November 1966, das die bei der Vorstellung des Klägers getroffenen mündlichen Vereinbarungen bestätigt. Danach betrug das Gehalt des Klägers monatlich 2.200,– DM; mit Wirkung vom 1. Januar 1968 wurde es auf 2.250,– DM erhöht. Außerdem heißt es in dem Bestätigungsschreiben:

“Ferner war die Rede davon, Ihnen entsprechend den Gepflogenheiten unseres Hauses eine erfolgsabhängige Tantieme zu bezahlen, was erstmals nach Abschluß des Geschäftsjahres 1967 der Fall wäre.”

Die Beklagte zahlte dem Kläger weder für 1967 noch für 1968 eine Tantieme. Die Tantieme für 1967 mahnte er mit einem Schreiben vom 26. Juli 1968 an; die Beklagte lehnte durch einen Brief vom 27. Juli 1968 ab. Die Verkaufsleiter von Berlin, Frankfurt, München und Stuttgart erhielten Tantieme, der Kläger, der Verkaufsleiter von Hannover und die kommissarischen Verkaufsleiterinnen von Bremen und Saarbrücken erhielten sie nicht.

Am 31. Dezember 1968 schied der Kläger auf Grund eigener Kündigung aus den Diensten der Beklagten aus.

Noch im Dezember 1968 erhob er Klage auf Zahlung einer Tantieme für die Jahre 1967 und 1968 in Höhe eines Monatsgehalts von insgesamt 2.250,– DM. Er beruft sich dafür auf das Bestätigungsschreiben und auf den Grundsatz der Gleichbehandlung.

Die Beklagte bittet um Abweisung der Klage. Sie macht geltend, die Arbeitsgruppe Betriebseinrichtungen habe im Jahre 1967 keinen Gewinn erzielt. Da sie nur eine “erfolgsabhängige Tantieme” in Aussicht gestellt habe, bestehe kein vertraglicher Anspruch auf Tantiemezahlung. Sie habe allerdings einigen ihrer Verkaufsleiter ohne rechtliche Verpflichtung Tantieme gezahlt. Dabei habe sie aber zu Recht den Kläger, den Verkaufsleiter von H… und die kommissarischen Verkaufsleiterinnen in B… und S… ausgenommen, weil die Erträge in diesen vier Verkaufsbüros schlecht gewesen seien.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht ihm durch Urteil vom 23. September 1969 für das Jahr 1967 einen Tantiemeanspruch in Höhe von 1.100,– DM nebst Zinsen aus Gründen der Gleichbehandlung zugesprochen. Wegen des Tantiemeanspruchs für 1968 hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen, weil zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ein endgültiger Abschluß für das Jahr 1968 noch nicht vorgelegen habe, die Tantieme für 1968 mithin noch nicht fällig gewesen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Tantieme für 1967, die allein Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, steht dem Kläger zu.

I. 1. Nach dem Bestätigungsschreiben hat die Beklagte dem Kläger “entsprechend den Gepflogenheiten unseres Hauses eine erfolgsabhängige Tentieme” zugesagt. Es kann mit der Beklagten angenommen werden, daß diese Tantiemeanspruch einen Gewinn voraussetzt. Die Tantieme wird vielfach als eine Art von Gewinnbeteiligung verstanden (vgl. z.B. Baumbach – A. Hueck, Aktiengesetz, 13. Aufl., § 86 Bem. 3; Gaul in Wilke – Berg – Gottschling – Gaul, Handbuch der GmbH., 3. Aufl., Teil IV, Randnr. 448; Grüll, Handbuch für leitende Angestellte, Bd. I Teil 2, A VI 11). Der Tatbestand gibt keinen Anlaß, hier etwas anderes anzunehmen. Im Gegenteil: die Abhängigkeit vom Gewinn wird durch den Zusatz “erfolgsabhängig” noch betont.

2. Die vertragliche Anspruchsvoraussetzung erfüllt der Kläger nicht. Er hat selbst noch in der ersten Instanz eine Aufstellung überreicht, aus der sich ergibt, daß von den acht Verkaufsbüros im Jahre 1967 nur zwei, nämlich München und Stuttgart, den kostendeckenden Umsatz erreicht haben. Die anderen liegen – zum Teil erheblich – darunter. Für das vom Kläger geleitete Büro Mülheim weist die Tabelle einen Anteil des Istumsatzes am kostendeckenden Umsatz von 57,7 % aus; das Verkaufsbüro Frankfurt hat 54,9 %, das Verkaufsbüro Berlin 68,9 % erreicht. Alle Verkaufsbüros zusammengenommen kamen auf 74,4 %.

Nach dem Geschäftsergebnis des Jahres 1967 war die Beklagte deshalb berechtigt, für dieses Jahr entweder überhaupt keine Tantieme zu zahlen, falls es auf das Ergebnis der ganzen Gruppe ankam, oder jedenfalls nur die Verkaufsstellenleiter von München und Stuttgart zu berücksichtigen.

II. Diesen Schritt hat die Beklagte jedoch nicht getan, sondern sie hat ohne Rücksicht auf den Rechtsanspruch außer den Leitern der Verkaufsbüros München und Stuttgart auch die von Berlin und Frankfurt in den Kreis der Tantieme-Empfänger einbezogen. Dann durfte sie den Kläger nicht ausnehmen.

Der Arbeitgeber, der im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Leistungen gewährt, auf die kein Rechtsanspruch besteht, darf bei der Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe er diese Zahlungen leistet, nicht unter Berufung auf die Vertragsfreiheit und den vertraglich ausgeschlossenen Rechtsanspruch nach Gutdünken verfahren, sondern er muß sich den Anforderungen der Billigkeit und Gerechtigkeit unterwerfen. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Das geltende Schuldrecht beruht auf dem Gedanken, die Vertragsgerechtigkeit sei in aller Regel dadurch gewährleistet, daß gleichstarke Vertragspartner jeweils in Wahrnehmung der eigenen Interessen im Wege des Aushandelns einen billigen Ausgleich schaffen. Daher rechtfertigt sich die Vertragsfreiheit. Sieht man von den gesetzlichen Mindestbedingungen zugunsten schwächerer Vertragspartner ab, wird die Entscheidung über den Vertragsinhalt den Beteiligten überlassen; die Vertragsgestaltung bedarf im allgemeinen nicht der gerichtlichen Überprüfung.

Anders ist es dann, wenn kein Gleichgewicht der Vertragspartner einen angemessenen Vertragsinhalt gewährleistet, weil entweder die Vertragsparität gestört ist oder eine Vertragspartei aus anderen Gründen allein den Inhalt des Vertragsverhältnisses gestalten kann. Dies ist der Fall bei der sog. vertraglichen Einheitsregelung oder Gesamtzusage, die praktisch nicht zwischen dem Arbeitgeber und den einzelnen Arbeitnehmern vereinbart, sondern vom Arbeitgeber allein erlassen wird, ferner bei der Bestimmung der vertraglichen Leistung durch den Arbeitgeber (§ 315 BGB) und bei solchen Tatbeständen, in denen der Arbeitgeber freiwillige Leistungen unter Ausschluß des Rechtsanspruchs verteilt. In allen drei Fällen werden Leistungen, die der Arbeitnehmer erhält, und damit der Inhalt des Arbeitsverhältnisses, nicht in Vertragsfreiheit unter den Beteiligten abgesprochen, sondern sie werden nur von einer der Vertragsparteien, dem Arbeitgeber, festgesetzt. Da deshalb die Vertragsparität einen Interessenausgleich nicht gewährleisten kann, darf der Arbeitgeber nicht nur seine Interessen verfolgen; vielmehr muß er seinerseits auch den Interessen des Arbeitnehmers angemessen Rechnung tragen: Seine Leistungsbestimmung muß billig und gerecht sein; ob sie dies ist, müssen die Gerichte im Streitfall nachprüfen.

Für den Fall der Bestimmung einer vertraglichen Leistung durch eine Vertragspartei wird dies im Gesetz ausdrücklich gesagt (§ 315 BGB). Für den Fall der vertraglichen Einheitsregelung sind die Bindung des Arbeitgebers und die gerichtliche Billigkeitskontrolle – ebenso wie für allgemeine Geschäftsbedingungen – kraft Richterrechts allgemein anerkannt (vgl. das auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehene Urteil des Senats AP Nr. 1 zu § 242 BGB Ruhegehalt – Unterstützungskassen [zu 2b der Gründe mit weiteren Nachweisen]; Urteil des Senats vom 19. Juni 1970 – 3 AZR 402/69 – [demnächst] AP Nr. 144 zu § 242 BGB Ruhegehalt [zu II 2b der Gründe] mit Anm. von Söllner; aus dem neuesten Schrifttum zu den Geschäftsbedingungen noch Schmidt-Salzer, NJW 1971, 173; Wilh. Weber, DB 1971, 129 ff. [132 ff.]; zum ganzen auch Manfred Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, 1970, S. 47 ff., 292 ff., der darauf abstellt, ob die Entscheidungsfreiheit, die “Selbstbestimmung” eines Vertragspartners beeinträchtigt war). Für den Fall der Verteilung freiwilliger Leistungen unter Ausschluß des Rechtsanspruchs muß der Arbeitgeber nach ganz unbestrittener Meinung den Grundsatz der Gleichbehandlung befolgen. Das ist in Wahrheit wiederum nichts anderes als das Gebot, nach Billigkeit zu verfahren. (Ebenso Urteil des Senats vom 22. Dezember 1970 – 3 AZR 52/70 – zur Veröffentlichung im Nachschlagewerk des Gerichts vorgesehen.)

III. Für den zu entscheidenden Rechtsstreit ergibt sich hieraus:

1. Die Beklagte rechtfertigt ihre Weigerung, dem Kläger Tantieme zu zahlen, mit der Behauptung, er sei in seiner Tätigkeit für sie nicht so erfolgreich gewesen, daß er eine Tantieme beanspruchen könnte.

Dadurch, daß sie nicht nur den erfolgreichen Leitern ihres Verkaufsbüros in München und Stuttgart sondern auch denen von Berlin und Frankfurt Tantieme gezahlt hat, obgleich diese aus den roten Zahlen nicht herausgekommen waren, hat die Beklagte jedoch zum Ausdruck gebracht, daß sie die Zahlung leistete, obgleich kein Gewinn erzielt war. Unter diesen Umständen war es ein Gebot der Billigkeit, daß sie die Leiter ihrer Verkaufsbüros gleichmäßig behandelte. Sie mußte deshalb allen ihren Verkaufsleitern, folglich auch dem Kläger, die entsprechende Tantieme zubilligen, sofern sie nicht außer dem fehlenden Gewinn einen sachlichen Grund hatte, ihn auszuschließen. Diesen Grund darzulegen und im Streitfall zu beweisen, war ihre Sache; das hat sie nicht getan.

2. Die Beklagte macht allerdings geltend, sie habe den Kläger nicht willkürlich vom Bezug der Tantieme ausgeschlossen. Zur Begründung hat sie eine Reihe von Einzelumständen angeführt.

Sie hat insbesondere vorgetragen: Im Verkaufsbezirk des Klägers sei der Umsatzrückgang trotz besserer Absatzchancen besonders auffällig gewesen. Dabei sei das Verkaufsbüro Mülheim personell stärker als andere Büros besetzt gewesen. Auch hätten die kostendeckenden Umsätze, die die Beklagte den Verkaufsleitern vorgegeben habe, nicht das Kalenderjahr 1967 betroffen, sondern diese Zahlen seien ermittelt worden auf Grund der Kosten, die ab 1. Juli 1968 gegolten hätten. Der Umsatz in Frankfurt sei aber im zweiten Halbjahr 1968 erheblich gestiegen, so daß Frankfurt im Jahre 1968 das Umsatzsoll zu 92 % erfüllt habe, während die entsprechende Zahl beim Kläger 68 % betragen habe. Hätte man bei ihrer Aufstellung vom 1. Juli 1968 die Verhältnisse, die im Jahre 1967 tatsächlich bestanden hätten, zugrunde gelegt, dann würde Frankfurt das Umsatzziel zu 70 %, Mülheim dagegen zu knapp 58 % erfüllt haben.

Hierzu führt die Revision aus, der Arbeitgeber könne innerhalb seiner Belegschaft Gruppen bilden und unterschiedliche Leistungen gewähren, sofern für diese Unterschiede sachliche Gründe maßgebend seien und im Ausschluß einzelner Gruppen keine offensichtliche Willkür zu erblicken sei. Es sei ohne rechtliche Bedeutung, ob sich vielleicht auch Gründe für eine andere als die vom Arbeitgeber getroffene Regelung anführen liessen; es genüge, daß der Arbeitgeber eine Regelung treffe, für die überhaupt sachliche Gründe vorlägen. Den Gerichten stehe eine Nachprüfung nur auf offensichtliche Willkür zu. Willkür könne man aber der Beklagten in Anbetracht der vorgebrachten Gründe nicht vorwerfen.

Dieser Vortrag kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen; er ist nur teilweise richtig.

3 a) Die Beklagte hatte mit ihrer Bestimmung, der Kläger erhalte eine “erfolgsabhängige Tantieme entsprechend den Gepflogenheiten unseres Hauses”, die Voraussetzungen des Tantiemeanspruchs nur sehr grob umrissen. Es stand ihr frei, weitere Bedingungen aufzustellen, sofern sie dabei nach billigem Ermessen verfuhr. Dabei konnte sie alle für die Leistung der einzelnen Verkaufsleiter maßgeblichen Faktoren – Absatzchancen, Personelle Besetzung der verschiedenen Verkaufsbüros, Umsatz des Vorjahres – sofern sie greifbar waren, angemessen berücksichtigen. Hätte die Beklagte eine solche Regelung getroffen, so wäre es – wie die Revision ausführt – in der Tat ohne rechtliche Bedeutung, ob sich vielleicht auch Gründe für eine andere als die von ihr getroffene Regelung finden ließen.

b) Die Beklagte mußte aber, wenn sie ihren Verkaufsleitern keine einheitliche Tantieme zahlen, sondern solche Voraussetzungen aufstellen wollte, mit denen der Arbeitnehmer bei einer Tantieme nicht ohne weiteres zu rechnen braucht; – rechtzeitig in geeigneter Weise bekannt geben, welche Bedingungen im einzelnen gelten sollten.

Es ist für den Kläger kränkend und widerspricht deshalb dem Gebot der Billigkeit sowie der Gleichberechtigung der Vertragspartner, wenn ihm die Tantieme mit der Begründung verweigert wird, er erfülle nicht die Voraussetzungen, ohne offenzulegen, welches diese Voraussetzungen sind. Es geht auch nicht an, daß die Beklagte durch die Gewährung oder Versagung der Tantieme nach geheim gehaltenen Merkmalen nach ihrem Ermessen eine Art Zensur über Leistungen und Wohlverhalten ihrer Angestellten erteilt. Die Billigkeit verlangt vielmehr, daß Voraussetzungen und Höhe dieser Vergütung nach objektiven und sachgerechten Merkmalen bestimmt und abgestuft und daß diese Merkmale bekannt gegeben werden, sofern sie nicht für die Betroffenen von vornherein einsichtig sind. (Zu dem vergleichbaren Problem bei der Gewährung von Versorgungsleistungen vgl. auch das schon zitierte Urteil des Senats AP Nr. 1 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unterstützungskassen [zu 2b der Gründe].)

Das Gebot, in solchen Fällen die Leistungsvoraussetzungen offenzulegen, ergibt sich aus der gerichtlichen Nachprüfbarkeit. Werden die Bedingungen dem Arbeitnehmer nicht mitgeteilt, kann er sich kein Urteil bilden, ob sie gerecht sind oder ob er einen Gerichtsentscheid darüber herbeiführen soll. Er wird in einen Rechtsstreit geradezu hineingedrängt, weil er sich nur dadurch Klarheit verschaffen kann. Zudem gerät er in eine ungünstige Prozeßsituation, weil er nicht zu übersehen vermag, welchen Sachvortrag und welche Beweismittel er zur Rechtfertigung seines Anspruchs braucht.

c) Die Beklagte hat nicht bekanntgegeben, unter welchen näheren Voraussetzungen sie Tantieme zahlte; sie hat dies nicht einmal im Laufe des Rechtsstreits getan. Die Gründe, mit denen sie während des Rechtsstreits den Ausschluß des Klägers zu rechtfertigen versucht hat, wiegen in Anbetracht ihrer Behandlung der übrigen Verkaufsleiter nicht so schwer, daß der Kläger sie als Ausschlußgründe hätte in Betracht ziehen müssen. Die Beklagte durfte ihm deshalb die Tantieme nicht verweigern.

IV. Der Kläger hat den Anspruch auch nicht verwirkt. Selbst wenn er auf den ablehnenden Brief der Beklagten vom 27. Juli 1968 geschwiegen und erst am 13. Dezember 1968 Klage erhoben hat, so ist dieser Zeitraum von viereinhalb Monaten doch nicht so lang, daß die Beklagte darauf vertrauen durfte, der Kläger habe sich abgefunden und werde keinen Tantiemeanspruch mehr geltend machen.

V. Zur Höhe der vom Landesarbeitsgericht für das Jahr 1967 zugesprochenen Tantieme hat die Beklagte nichts gerügt. Ihre Revision war folglich zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Stumpf, Hilger, Dr. Gröninger, Dr. Schlick, Willmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1443208

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