Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung im öffentlichen Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Stellenplanreduzierung im öffentlichen Dienst aufgrund einer im Haushaltsgesetz festgelegten Zahl von konkret datierten „kw-Vermerken”, wonach diese Stellen „künftig wegfallen” sollen, bedarf eines auf den Stellenbedarf der jeweiligen Dienststelle zugeschnittenen Konzepts der zuständigen Verwaltung (im Anschluß an BAG 19. März 1998 – 8 AZR 626/96 – AP zu Einigungsvertrag Anlage 1 Kap. XIX Nr. 76).

 

Normenkette

KSchG §§ 2, 1 Abs. 2; ThürHG §§ 7, 103, 105, 110

 

Verfahrensgang

Thüringer LAG (Urteil vom 17.08.1998; Aktenzeichen 8 Sa 657/97)

ArbG Erfurt (Urteil vom 17.07.1997; Aktenzeichen 9 Ca 4665/96)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringischen Landesarbeitsgerichts vom 17. August 1998 – 8 Sa 657/97 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit dem 1. September 1974 bei dem Beklagten bzw. seinem Rechtsvorgänger als wissenschaftlicher Mitarbeiter/Lehrkraft für besondere Aufgaben (VergGr. II a BAT-O) in der philologischen Fakultät der Pädagogischen Hochschule Erfurt (PHE) im Institut für Slawistik beschäftigt, und zwar zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 6.104,00 DM. Der Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 24. September 1996 eine Änderungskündigung zum 31. März 1997, verbunden mit dem Angebot einer unbefristeten Weiterbeschäftigung im Beschäftigungsumfang von 50 % eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten, ausgesprochen, und zwar mit der Begründung, aufgrund des Haushaltsgesetzes für das Haushaltsjahr 1996 seien an der PHE insgesamt 98 Stellen abzubauen; zur Umsetzung dieser Vorgabe des Haushaltsgesetzgebers sei eine grundlegende Umstrukturierung der PHE durch Erlaß eines Personalbedarfsplans vorgenommen worden, wovon auch der Bereich betroffen sei, in dem der Kläger bisher beschäftigt worden ist. Der Kläger hat das Änderungsangebot am 3. Oktober 1996 unter Vorbehalt angenommen.

Grundlage der Kündigung des vom Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) am 15. Juli 1996 im Wege der Ersatzvornahme erlassenen Personalbedarfsplans der PHE für die Zeit ab 1. Januar 1997 war der Landeshaushaltsplan 1997, Einzelplan 15, der im Zuge der Neustrukturierung der PHE den Wegfall von 98 Stellen vorsah, darunter 71 Stellen für Angestellte. Der Erlaß dieses Personalbedarfsplans war nach Auffassung des Ministers nach § 112 Abs. 4 Ziff. 2 des Thüringischen Hochschulgesetzes (ThürHG) notwendig, nachdem es der Senat der PHE trotz ministerieller Androhung einer Ersatzvornahme mit Schreiben vom 24. Mai 1996 endgültig abgelehnt hatte, einen eigenen Personalstrukturplan entsprechend den Haushaltsansätzen für das Jahr 1997 zu erstellen. Nach der für Slawisten an der PHE bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Personalstruktur waren 16 Stellen vorgesehen, nach dem ab dem 1. Januar 1997 für den akademischen Mittelbau geltenden Personalbedarfsplan waren es noch fünf ganze und zwei halbe Stellen.

Der Kläger hat geltend gemacht, die im Landeshaushaltsplan 1997 vorgenommenen allgemeinen Einsparungen könnten keine betriebsbedingte Änderungskündigung rechtfertigen, vielmehr bedürfe es einer konkreten, organisatorischen Umsetzung des Haushaltsansatzes, die nicht vorliege. So sei nicht zu ersehen, warum für den Bereich Didaktik, in dem er tätig gewesen sei, lediglich ein Gesamtbedarf für eine halbe Stelle gegeben sei. Außerdem sei der Ansatz der Semesterwochenstunden für diesen Bereich fehlerhaft, weil dort zehn Semesterwochenstunden, also ein Anteil von 20 % der Gesamtsemesterwochenstunden anfielen, so daß für diesen Bereich eine ganze Stelle hätte angesetzt werden müssen.

Bei der Sozialauswahl habe der Beklagte zu Unrecht eine Mitarbeiterin im Institut für Slawistik, Frau K., als unkündbar angesehen; er bestreite, daß Frau K. als Ersatzmitglied des Hauptpersonalrats tätig geworden sei und damit Sonderkündigungsschutz genieße.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 24. September 1996 unwirksam ist,
  2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) den Beklagten zu verurteilen, ihn, den Kläger, zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag vorgetragen, die Betriebsbedingtheit der Änderungskündigung ergebe sich aus den Festlegungen des Haushaltsgesetzes 1996, des Landeshaushaltsplans 1997 sowie der Konkretisierung durch den Personalbedarfsplan der PHE. Die Verteilung der haushaltsrechtlich vorgegebenen Einsparungsmöglichkeiten in der neuen Personalstruktur seien nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgt; so sei insbesondere in einigen Fächern wie Technik, Slawistik und Germanistik ein erheblicher Nachfragerückgang entstanden, der im Bereich Slawistik dazu geführt habe, daß über alle Fachsemester hinweg nur noch insgesamt fünf Studenten immatrikuliert seien. Dies bedeute nichts anderes, als daß das gesamte Pflichtangebot im Bereich Slawistik mit einem Lehrdeputat von 27,5 Semesterwochenstunden (SWS) abgedeckt werden könne. Demgegenüber bestehe selbst nach dem reduzierten Personalbestand laut Personalbedarfsplan 1997 und ohne Berücksichtigung der Stelle im Sprachenzentrum noch eine Kapazität von 76 SWS und damit eine Überkapazität von nahezu 300 %; für fünf Studenten stünden (ebenfalls ohne Berücksichtigung der Stelle im Sprachenzentrum) noch immer vier Professoren und fünf Mitarbeiterstellen des akademischen Mittelbaus zur Verfügung. Dies habe eine durchgreifende Änderung der Personalstruktur und den Wegfall der Stellen erforderlich gemacht, die unter Berücksichtigung der einschlägigen Studienordnungen und der darin vorgesehenen Veranstaltungen erfolgt sei.

Auch sei die Sozialauswahl korrekt erfolgt, insbesondere habe Frau K. nicht einbezogen werden können, weil sie mehrfach als Ersatzmitglied an HPR-Sitzungen teilgenommen habe, so u.a. an der Sitzung vom 23. Mai 1996.

Das Arbeitsgericht hat nach den obigen Anträgen erkannt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß die dem Kläger gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung nicht sozial ungerechtfertigt ist, § 2, §1 Abs. 2 KSchG.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung – kurz zusammengefaßt – wie folgt begründet: Die Änderungskündigung sei angemessen und billigenswert, weil aufgrund des verbindlichen Personalstrukturplans von ursprünglich 16 Stellen im Institut für Slawistik 10 Stellen entfallen seien, womit der Beschäftigungsbedarf für zehn Kräfte, darunter den Kläger, entfallen sei. Der vom Minister erlassene Personalstrukturplan habe den gesetzlich vorgesehenen Haushaltsansätzen Rechnung getragen, wobei das Gericht solange von der Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme als gültigem Hoheitsakt auszugehen habe, wie er nicht von einer zuständigen Stelle bzw. vom Verwaltungsgericht aufgehoben worden sei. Wer demnach von dem fehlenden Beschäftigungsbedarf durch betriebsbedingte Kündigung betroffen sei, entscheide die Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten. Die diesbezügliche Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden, weil Frau K. als Ersatzmitglied des Hauptpersonalrats im Zeitpunkt der Kündigung unkündbar gewesen sei; da sie am 23. Mai 1996 als Ersatzmitglied an der Sitzung des HPR teilgenommen habe, stehe ihr ein nachwirkender Kündigungsschutz zu.

II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und auch in Teilen der Begründung. Die formellen und materiellen Rügen der Revision greifen nicht durch.

1. Die Einwände der Revision, das Berufungsgericht gehe im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen unter Verletzung von §§ 138, 286 ZPO davon aus, das Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur (MWFK) habe am 15. Juli 1996 im Wege der Ersatzvornahme einen Personalbedarfsplan erlassen, und zwar nach vorheriger ministerieller Androhung mit Schreiben vom 24. Mai 1996, wobei weder ein Schreiben vom 24. Mai 1996 seinem Inhalt nach von den Parteien vorgetragen noch zu den Gerichtsakten gereicht worden sei, was auch für den angeblichen Erlaß vom 15. Juli 1996 gelte, genügen schon nicht den an eine formelle Rüge zu stellenden Anforderungen.

Der Beklagte hat jedenfalls spätestens mit der Berufungsbegründung vorgetragen, der Erlaß des Personalbedarfsplans für 1997 sei im Wege der Ersatzvornahme erfolgt. Dies ist in der Folgezeit vom Kläger nie bestritten worden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Im Gegenteil: Der Kläger hat sich in seiner Berufungserwiderung eben mit diesem Personalbedarfsplan im einzelnen auseinandergesetzt, ohne in irgendeiner Form zu bestreiten, daß die grundlegende Neustrukturierung der PHE durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur im Wege der Ersatzvornahme nach § 112 Abs. 4 Ziff. 2 ThürHG vorgenommen worden sei. Die Existenz dieses bestandskräftigen Verwaltungsaktes ist daher unstreitig; der Erlaß ist im übrigen als solcher vom 17. Juli 1996 im Amtsblatt des Thüringer Kultusministeriums und des MWFK Nr. 12/1996, S. 2 f. bekannt gemacht. Der Beklagte hatte außerdem ausführlich die Beteiligung des Hauptpersonalrats (HPR) hinsichtlich der beabsichtigten Ersatzvornahme vorgetragen, und zwar nicht zuletzt unter Vorlage der endgültigen Entscheidung des Ministers laut Schreiben vom 15. Juli 1996 an den HPR.

Ob die Ersatzvornahme gegenüber der PHE ebenfalls am 15. Juli 1996 erfolgt ist, erscheint – vom Datum her gesehen – unerheblich. Laut Amtsblatt datiert der Erlaß vom 17. Juli 1996. Es spricht insofern einiges dafür, daß das Berufungsgericht die jetzt mit der Revision angegriffenen Feststellungen entweder dem Sachvortrag aus Parallelprozessen entnommen oder als gerichtsbekannt angesehen hat. Ist nicht ohne weiteres einsichtig, daß die Tatsacheninstanz unter Verstoß gegen § 286 ZPO einen Sachverhalt als unstreitig angesehen hat, dann muß die Revisionsbegründung im einzelnen darlegen, worin der Verstoß des Landesarbeitsgerichts zu sehen ist und daß der betreffende Verfahrensverstoß für die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts tragend ist (BAG Urteil vom 9. März 1972 – 1 AZR 261/71 – AP Nr. 2 zu § 561 ZPO). Daran fehlt es hier: Die Revision hat in keiner Weise verdeutlicht, inwiefern das Datum des Erlasses der Ersatzvornahme von Relevanz ist; dasselbe gilt hinsichtlich der vom Berufungsgericht angenommenen ministeriellen Androhung der Ersatzvornahme laut Schreiben vom 24. Mai 1996. Insoweit hat die Revision jedenfalls nicht ersichtlich gemacht, inwiefern die angeblich fehlerhafte Sachverhaltsermittlung von tragender Bedeutung sei. Sie meint nur, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß bei einer zutreffenden Tatsachenermittlung durch das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten nicht erfolgreich gewesen wäre. Diese allgemeinen Darlegungen reichen nicht aus.

2. Auch die materielle Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe zu Unrecht die Betriebsbedingtheit der Änderungskündigung angenommen, greift nicht durch.

Eine betriebsbedingte Änderungskündigung ist nur dann wirksam, wenn sich der Arbeitgeber bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß (st. Rechtsprechung, BAG Urteile vom 15. März 1991 – 2 AZR 582/90 – AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969, m.w.N.; vom 24. April 1997 – 2 AZR 352/96 – BAGE 85, 358 = AP Nr. 42, aaO). Im Rahmen der §§ 1, 2 KSchG ist dabei nicht zu prüfen, ob ein bestimmter Arbeitsplatz weggefallen ist, sondern ob und in welchem Umfang das Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer entfallen ist (st. Rechtsprechung, BAG Urteile vom 30. Mai 1985 – 2 AZR 321/84 – AP Nr. 24 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu B II 1 der Gründe; vom 19. Mai 1993 – 2 AZR 584/92 – BAGE 73, 151 = AP Nr. 31 zu § 2 KSchG und vom 12. November 1998 – 2 AZR 91/98 – AP Nr. 51, aaO).

a) Ein Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger ist aufgrund der Vorgaben im Haushaltsgesetz 1996 in Verbindung mit dem Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1997 (Thüringer Haushaltsgesetz 1997) vom 16. Dezember 1996 (Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Thüringen vom 23. Dezember 1996, S. 305 – im Folgenden: Landeshaushaltsplan 1997), Einzelplan 15 (Stellenübersicht 42201 und 42501) sowie dem Personalbedarfsplan der PHE entfallen, wobei der Wegfall von 27 Beamten- und 71 Angestelltenstellen, für die kw-Vermerke (bis 1996) ausgebracht waren (siehe Spalte 3 im Landeshaushaltsplan 1997), sich als Vollzug des Haushaltsgesetzes 1996 in Verbindung mit dem Landeshaushaltsplan 1997 und des zugrunde liegenden Kabinettsbeschlusses vom 19. September 1995 darstellt. Mit der Anordnung des Stellenwegfalls zum Ende des Haushaltsjahres 1996 durch den Landeshaushaltsplan 1997 war der Personalbedarfsplan für 1997, wie er durch das Thüringische Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur für die PHE im Wege der Ersatzvornahme für die Zeit ab 1. Januar 1997 nach den für den Senat nach § 561 ZPO verbindlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erlassen worden war, bereits gebunden. Das Berufungsgericht hat daraus den – mit der Revision im übrigen nicht angegriffenen – Schluß gezogen, der vom Minister erlassene Personalbedarfsplan habe die gesetzlich vorgesehene, aber von der PHE nicht durchgeführte Personaleinsatzplanung und Verteilung der personellen Haushaltsansätze auf die einzelnen Institute ersetzt.

Soweit die Revision im wesentlichen nur geltend macht, die Arbeitsgerichte seien an diesen staatlichen Hoheitsakt deshalb nicht gebunden, weil es sich nicht um eine der Fachaufsicht des Landes (§ 110 Abs. 2 ThürHG) unterliegende Maßnahme der Mittelbewirtschaftung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 105 Abs. 3 ThürHG, sondern um eine Maßnahme der Entwicklungsplanung im Sinne des § 103 Abs. 1 ThürHG, also eine Selbstverwaltungsangelegenheit, handele, ist dem nicht zu folgen. Jedenfalls insoweit, als der Personalbedarfsplan die Vorgaben des Landeshaushaltsplans 1997 hinsichtlich der wegfallenden Stellen übernimmt, stellt er sich als Maßnahme der Mittelbewirtschaftung dar. Daran ändert sich auch nichts dadurch, daß in den Vermerken des MWFK aus Anlaß der HPR-Mitbestimmung die Erstellung einer „neuen Personalstruktur” gefordert wird. Insofern verkennt die Revision selbst nicht (Revisionsbegründung S. 7), daß haushaltsrechtlich dafür Sorge zu tragen war, daß das vorhandene Personal den im Haushaltsplan ausgewiesenen Planstellen zugeordnet wird und nicht mehr Personen beschäftigt werden, als Haushaltsstellen vorhanden sind (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 105 Abs. 3 ThürHG). Dem hatte das MWFK durch die Ersatzvornahme Rechnung zu tragen, indem der Personalstand dem Haushaltsansatz für 1997 anzupassen war. Nach § 103 Abs. 2 ThürHG oblag der Hochschule nicht nur die Aufstellung des Hochschulentwicklungsplans, sondern auch dessen Fortschreibung, wobei u.a. die Landesplanung zu beachten ist. Im Rahmen des Hochschulentwicklungsplans hat die Hochschule Ausstattungspläne aufzustellen, die die Grundlage für die Verteilung der der Hochschule zugewiesenen Personalmittel sind, § 103 Abs. 3 ThürHG. Zumindest insoweit ist die Hochschule – entgegen der auch anläßlich der Anhörung vor dem Senat geäußerten Auffassung der Revision – ihrer Pflicht zur Fortschreibung der Verteilung der Personalmittel nicht nachgekommen, so daß Veranlassung zur Ersatzvornahme bestand.

Im übrigen hat das Berufungsgericht zutreffend entschieden, daß die Arbeitsgerichte an die vorgenommene Ersatzvornahme als Hoheitsakt solange gebunden sind, als dieser nicht von der zuständigen Stelle oder vom Verwaltungsgericht auf eine Anfechtung hin – vom Falle der Nichtigkeit abgesehen, der ersichtlich nicht vorliegt – aufgehoben worden ist (vgl. BAG Urteile vom 23. Juni 1993 – 5 AZR 248/92 – AP Nr. 10 zu § 128 ZPO, zu II 3 der Gründe und vom 24. Oktober 1996 – 2 AZR 895/95 – BAGE 84, 267 = AP Nr. 8 zu § 17 KSchG).

b) Dieses Ergebnis entspricht auch der BAG-Rechtsprechung, wonach Stellenstreichungen in einem Haushaltsplan (BAG GS Beschluß vom 28. November 1956 – GS 3/56 – BAGE 3, 245, 250 f. = AP Nr. 20 zu § 1 KSchG, zu III 1 der Gründe; BAG Urteile vom 3. Mai 1978 – 4 AZR 698/76 – BAGE 30, 272, 276 = AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II der Gründe; vom 21. Januar 1993 – 2 AZR 330/92 – AP Nr. 1 zu § 52 MitbestG Schleswig-Holstein) ebenso wie das Anbringen eines kw-Vermerks an einer Personalstelle (BAG Urteil vom 6. September 1978 – 4 AZR 84/77 – AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969) eine von den Gerichten nicht nachprüfbare Entscheidung darstellen, so daß die bezeichnete Stelle für die einzelne Dienststelle entbehrlich ist. Dies setzt allerdings stets eine nach sachlichen Merkmalen genau bestimmte Stelle voraus, weil andernfalls nicht festgestellt werden kann, ob im konkreten Fall der ausgesprochenen Kündigung ein dringendes betriebliches Erfordernis bzw. mangelnder Bedarf zugrunde liegt (BAG GS Beschluß vom 28. November 1956, AP aaO, zu III 2 der Gründe).

Richtig ist insoweit, daß weder das Haushaltsgesetz 1996 für sich genommen, noch der Landeshaushaltsplan 1997 isoliert betrachtet den Ausspruch der im Streit stehenden Änderungskündigung hätten gemäß § 2, §1 Abs. 2 KSchG rechtfertigen können, wie das BAG zu einer auf mangelnden Bedarf im Sinne des Abs. 4 Ziff. 2 Einigungsvertrag (Anlage I Kap. XIX) gestützten Kündigung entschieden hat (BAG Urteil vom 19. März 1998 – 8 AZR 626/96 – AP Nr. 76 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX). Zu den ähnlichen gesetzlichen Voraussetzungen des Abs. 4 Ziff. 2 Einigungsvertrag hat das Bundesarbeitsgericht (AP aaO) entschieden, der im Haushaltsplan vorgesehene kw-Vermerk allein konkretisiere das Wegfallbedürfnis nicht auf bestimmte Stellen; vielmehr müsse ein auf den konkreten Stellenbedarf zugeschnittenes Konzept hinzukommen.

Genauso liegen die Dinge im Streitfall: Die im Haushaltsgesetz 1996 und im Landeshaushaltsplan 1997 enthaltenen Vorgaben wurden durch den im Wege der Ersatzvornahme auf die einzelnen Fakultäten der PHE zugeschnittenen Personalbedarfsplan 1997 realisiert, indem der Personalstand für den Bereich Slawistik der philologischen Fakultät bezüglich der wissenschaftlichen Mitarbeiter u.a. in der Literaturwissenschaft auf eine halbe Stelle und in der Fachdidaktik, wodurch der Kläger betroffen ist, ebenfalls auf eine halbe Stelle festgelegt worden ist. Damit hat der Beklagte ein zum Zeitpunkt der Änderungskündigung bestehendes Konzept dargestellt, wie das zukünftig zu erwartende Studentenaufkommen konkret stellenplanmäßig bedient werden soll, wobei gleichzeitig der kw-Vermerk aufgrund des Landeshaushaltsplans 1997 zeitlich im Sinne der Rechtsprechung (BAG Urteil vom 6. September 1978 – 4 AZR 84/77 – AP aaO), nämlich ab 1. Januar 1997, also noch vor Auslaufen der Kündigungsfrist fixiert wurde.

c) Der Beklagte hat das vorliegend außerdem noch dadurch verdeutlicht, daß er unwidersprochen vorgetragen hat, selbst nach dem reduzierten Personalbestand bestehe noch eine Überkapazität an Semesterwochenstunden und für fünf zu betreuende Studenten der Slawistik stünden immer noch vier Professorenstellen und fünf Stellen des akademischen Mittelbaus zur Verfügung. Angesichts dieser unstreitigen Zahlen liegt es nach Auffassung des Senats auf der Hand, daß ein dringendes betriebliches Erfordernis für die Stellenreduzierung ausreichend dargetan ist. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, es sei nicht ersichtlich, warum für den Bereich Didaktik nur eine halbe und nicht eine ganze Stelle ausgewiesen worden sei. Die Verteilung des Bedarfs innerhalb der einzelnen Sparten der Slawistik (Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft, Fachdidaktik, Sprachpraxis/Landeskunde sowie Sekretariat) ist jedoch Teil der unternehmerischen Entscheidung, die nur auf offenbare Unsachlichkeit oder Willkür zu überprüfen ist (vgl. dazu Senatsurteile vom 25. April 1996 – 2 AZR 609/95 – BAGE 83, 82 = AP Nr. 78 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 2 der Gründe und vom 17. Juni 1999 – 2 AZR 522/98 – auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu II 1 a der Gründe, m.w.N.), ohne daß der Kläger in dieser Hinsicht – wie das Berufungsgericht, wenn auch teilweise in anderem Zusammenhang, ausgeführt hat, – etwas zu der neuen Personalstruktur aufgrund des gesetzlichen Auftrages vorgetragen hat.

d) Ist demnach der Beschäftigungsbedarf für zehn wissenschaftliche Mitarbeiter ab 1. Januar 1997 entfallen, so waren unter den vergleichbaren Mitarbeitern, wie das Berufungsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, diejenigen betroffen, die es unter Berücksichtigung einer Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten (§ 1 Abs. 3 KSchG) traf. Der Haushaltsgesetzgeber muß sich nicht etwa in dem Sinne mit der konkreten Stelle befassen, daß er auch über die soziale Auswahl, also jede einzelne Planstelle, entscheidet; insoweit ist nicht die Unternehmerentscheidung betroffen; vielmehr bleibt die sich aus dem Gesetz ergebende soziale Auswahl innerhalb der Grenzen eines ausreichenden Beurteilungsermessens der dafür zuständigen Verwaltung überlassen (vgl. dazu BAG Urteile vom 15. Juni 1989 – 2 AZR 580/88 – BAGE 62, 116 = AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu II 2 e der Gründe und vom 19. März 1998 – 8 AZR 626/96 – AP Nr. 76 Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, zu II 2 b bb der Gründe).

3. Entgegen der Rüge der Revision ist die vom Beklagten getroffene Sozialauswahl nicht zu beanstanden. Die Revision beschränkt ihren diesbezüglichen Vortrag auf die Rüge, Frau K. sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts in die Sozialauswahl einzubeziehen, weil der Kläger bestritten habe, daß diese an mehreren Sitzungen des HPR teilgenommen habe und demnach als Ersatzmitglied nachwirkenden Kündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 2 KSchG genoß.

Auch diese Rüge ist unbegründet. Aufgrund der für den Senat – auch innerhalb der Entscheidungsgründe (vgl. BAG Urteil vom 20. Mai 1988 – 2 AZR 682/87 – AP Nr. 9 zu § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung, zu C I 2 a der Gründe und vom 15. Dezember 1994 – 2 AZR 251/94 – n.v.) – verbindlich gemäß § 561 ZPO getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts steht fest, daß Frau K. am 23. Mai 1996 als Ersatzmitglied an der Sitzung des HPR teilgenommen und damit Personalratstätigkeit ausgeübt hat. Die Revision bemängelt zu Unrecht, der Beklagte habe insoweit keine Unterlagen vorgelegt. Das Gegenteil ist der Fall: Der Beklagte hat die Anwesenheitsliste der HPR-Sitzung vom 23. Mai 1996 vorgelegt, der zu entnehmen ist, daß Frau K. als Angestelltenvertreterin für die PHE an der betreffenden HPR-Sitzung teilgenommen hat. Das entspricht auch dem Inhalt der vom Beklagten vorgelegten Sozialdatenaufstellung innerhalb der Rubrik „besonderer Schutz”. Frau K. schied daher als aktiv gewordenes Ersatzmitglied des HPR bei der Sozialauswahl aus dem auswahlrelevanten Personalkreis aus (vgl. Senatsurteil vom 17. Juni 1999 – 2 AZR 456/98 – auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu III 3 b der Gründe, m.w.N.).

4. Die vom Landesarbeitsgericht angestellte Interessenabwägung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Ist damit die Änderungsschutzklage zu Recht abgewiesen worden, entfiel auch der vom Kläger geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch; dieser war im übrigen angesichts der Vorbehaltsannahme in jedem Falle unbegründet (vgl. BAG Urteil vom 18. Januar 1990 – 2 AZR 183/89 – BAGE 64, 24 = AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 1969).

[1]

 

Unterschriften

Etzel, Bitter, Bröhl, J. Walter, Dr. Roeckl

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 18.11.1999 durch Anderl, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 436371

BB 2000, 832

DB 1999, 2522

DB 2000, 883

NVwZ-RR 2000, 630

ARST 2000, 161

FA 2000, 100

FA 2000, 65

NZA 2000, 484

ZAP-Ost 2000, 269

ZTR 2000, 232

AP, 0

AuA 2000, 35

AuA 2000, 393

NJ 2000, 333

ZMV 2000, 193

ZfPR 2000, 213

AUR 2000, 116

[1] Vorinstanz-Aktenzeichen,

Verkündungsdatum

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