Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Altenpflegehelferin. Anerkennung einer Ausbildung und Prüfung. Eingruppierung Privatwirtschaft

 

Orientierungssatz

Wird in einem Vergütungstarifvertrag für die Höhergruppierung einer Altenpflegehelferin eine mindestens einjährige Ausbildung und Abschlußprüfung verlangt, so wird damit nicht eine förmlich durch Verordnung festgelegte Ausbildung oder eine staatliche Anerkennung als Altenpflegehelferin vorausgesetzt.

 

Normenkette

Bundes-Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt vom 1. November 1977 § 22; Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst Vergütungsgruppen AW-KrT II und III

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 06.12.1999; Aktenzeichen 12 Sa 710/99)

ArbG Bochum (Urteil vom 11.03.1999; Aktenzeichen 3 Ca 1403/98)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. Dezember 1999 – 12 Sa 710/99 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die im März 1959 geborene Klägerin ist seit dem 1. April 1996 bei dem Beklagten als Altenpflegehelferin für eine stationäre Altenpflegeeinrichtung des Vereins in B.… beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die für den Bereich der Arbeiterwohlfahrt (AWO) vereinbarten Tarifverträge kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit Anwendung. Die Klägerin wird seit ihrer Einstellung nach der Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst (AW-KrT) in der Vergütungsgruppe “KR II” vergütet.

Die Klägerin absolvierte in der Zeit vom 1. April 1992 bis 31. März 1993 eine Qualifizierungsmaßnahme zur Altenpflegehelferin bei dem Fachseminar für Altenpflege in B.… des Berufsfortbildungswerks, Gemeinnützige Bildungseinrichtung des Deutschen Gewerkschaftsbundes GmbH. Das Fachseminar ist durch den zuständigen Regierungspräsidenten als Fachseminar für Altenpflege staatlich anerkannt. Die Ausbildung umfaßte theoretischen Unterricht von ca. 800 Stunden und Praktika in der ambulanten und stationären Altenhilfe. Die Abschlußprüfung, die sich aus einem schriftlichen, fachpraktischen und mündlichen Teil zusammensetzte, hatte die Klägerin mit der Gesamtnote “Gut” bestanden.

Mit Schreiben vom 2. März 1998 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten ihre “Höhergruppierung nach AW-KrT III/2”.

Nachdem der Beklagte dies abschlägig beschieden hatte, hat die Klägerin mit ihrer Klage ihr Begehren auf Höhergruppierung weiterverfolgt. Sie hat geltend gemacht, ihre Ausbildung bei dem Berufsfortbildungswerk habe als Ausbildung iSd. Vergütungstarifvertrages zu gelten, so daß sie nach der Ausgangseingruppierung in der Vergütungsgruppe AW-KrT II Fallgruppe 4 nach zweijähriger Tätigkeit in die Vergütungsgruppe AW-KrT III Fallgruppe 2 eingruppiert sei.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß sie ab dem 1. April 1998 in Vergütungsgruppe AW-KrT III Fallgruppe 2 eingruppiert und die Beklagte ab diesem Zeitpunkt verpflichtet sei, sie aus dieser Vergütungsgruppe zu vergüten sowie 4 % Zinsen auf den Nettounterschiedsbetrag zwischen der bezahlten und der zu zahlenden Vergütung seit dem 7. Juli 1998 bezüglich der bis dahin fälligen nachzuzahlenden Vergütungsteilbeträge und hinsichtlich der sodann fällig werdenden nachzuzahlenden Vergütungsteilbeträge ab deren Fälligkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin erfülle nicht die Anforderungen der Vergütungsgruppe AW-KrT II Fallgruppe 4, so daß ein Aufstieg in die Vergütungsgruppe AW-KrT III ausscheide. Sie sei weder Altenpflegehelferin mit staatlicher Anerkennung noch handele es sich bei der von ihr absolvierten Qualifizierungsmaßnahme um eine Ausbildung im Sinne der genannten Vergütungsgruppe. Die in der Vergütungsgruppe erwähnte Ausbildung müsse sich an der Ausbildung messen lassen, die für Krankenpflegehelferinnen nach dem Krankenpflegegesetz gelte, denn nur daraus rechtfertige sich eine eingruppierungsmäßige Gleichstellung der beiden Angestelltengruppen. Eine derartige Ausbildung, die landeseinheitlich die Mindestanforderungen an Ausbildung, Prüfungsverfahren, Muster für das Prüfungszeugnis und Urkunde über die Teilnahmebescheinigung an Ausbildungsveranstaltungen und über die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung regele, habe es jedoch in Nordrhein-Westfalen 1992/93 nicht gegeben.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision strebt der Beklagte weiterhin die Klageabweisung an.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

  • Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Klägerin erfülle die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe AW-KrT III Fallgruppe 2. Sie sei Altenpflegehelferin mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlußprüfung mit entsprechender Tätigkeit nach zweijähriger Tätigkeit in der Vergütungsgruppe AW-KrT II Fallgruppe 4. Daß die Klägerin nicht die staatliche Anerkennung als Altenpflegehelferin habe, sei unschädlich. Es sei der Tarifbestimmung nicht zu entnehmen, daß nur ein förmlich durch Verordnung geregelter Ausbildungsgang das Tarifmerkmal der einjährigen Ausbildung erfüllen soll. Abzustellen sei nach dem Eingruppierungstarifvertrag deshalb nur auf das Erfordernis der einjährigen Ausbildung mit Abschlußprüfung.
  • Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht der Anspruch auf Vergütung in der Vergütungsgruppe AW-KrT III seit dem 1. April 1998 auf Grund der tariflichen Regelungen zu.

    • Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die für den Bereich der Arbeiterwohlfahrt vereinbarten Tarifverträge Anwendung. Dabei handelt es sich um den Bundes-Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt (BMT-AW II) vom 1. November 1977 und die diesen ergänzenden Tarifverträge.

      Für die Eingruppierung verweist § 22 Abs. 1 BMT-AW II auf den Tarifvertrag für die Tätigkeitsmerkmale. In dem Tarifvertrag vom 1. November 1977 über die Tätigkeitsmerkmale zum Bundes-Manteltarifvertrag (BMT-AW II) für die Arbeitnehmer der Arbeiterwohlfahrt ist in § 2 bestimmt, daß die Tätigkeitsmerkmale sich aus der Anlage (Teil I, Teil II, Teil III) zu diesem Tarifvertrag ergeben. Da die Klägerin in einer stationären Altenpflegeeinrichtung tätig ist, finden die Bestimmungen des Teils II “Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst” (AW-KrT), Abschnitt B (Pflegepersonal in Anstalten und Heimen), Anwendung. Dort finden sich folgende für den streitigen Vergütungsanspruch der Klägerin in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale:

      “Vergütungsgruppe AW-KrT I

      1. Pflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit.

      (…)

      2. Altenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit.

      (…)

      Vergütungsgruppe AW-KrT II

      1. Krankenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit.

      (…)

      2. Pflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlußprüfung mit entsprechender Tätigkeit.

      (…)

      3. Pflegehelferinnen der Vergütungsgruppe AW-KrT I Fallgruppe 1 nach dreijähriger Bewährung in dieser Fallgruppe.

      (…)

      4. Altenpflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlußprüfung mit entsprechender Tätigkeit.

      (…)

      5. Altenpflegehelferinnen der Vergütungsgruppe AW-KrT I Fallgruppe 2 nach dreijähriger Bewährung in dieser Fallgruppe.

      (…)

      Erläuterungen zu Vergütungsgruppe AW-KrT II

      Fallgruppe 4:

      Dieses Tätigkeitsmerkmal erfüllen auch Altenpflegehelferinnen/Familienpflegehelferinnen nach staatlicher Anerkennung.

      Gleichzustellen sind ebenfalls Absolventen von Berufsausbildungsgängen des Gesundheitswesens. Dies gilt auch für Altenpfleger, die sich in einem Ausbildungsverhältnis nach Abschluß der schulischen Ausbildung befinden, während des Berufsanerkennungszeitraums. Ein Berufspraktikum während der schulischen Ausbildung fällt nicht unter diese Regelung.

      Vergütungsgruppe AW-KrT III

      1. Krankenpflegehelferinnen mit entsprechender Tätigkeit

      und

      Pflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und verwaltungseigener Abschlußprüfung mit entsprechender Tätigkeit

      nach zweijähriger Tätigkeit in Vergütungsgruppe AW-KrT II Fallgruppe 1 oder 2.

      (…)

      2. Altenpflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlußprüfung mit entsprechender Tätigkeit

      nach zweijähriger Tätigkeit in Vergütungsgruppe AW-KrT II Fallgruppe 4.

      (…)

      3. Angestellte als Helfer ohne Ausbildung im sozialpflegerischen Dienst nach vierjähriger Tätigkeit in der Vergütungsgruppe AW-KrT II Fallgruppe 3

      und

      nach erfolgreicher Teilnahme an einer verbandseigenen Qualifikation.”

      Diese Tätigkeitsmerkmale bauen aufeinander auf. Dementsprechend ist zunächst zu prüfen, ob die Tätigkeit die Anforderungen der niedrigeren Vergütungsgruppe erfüllt. Anschließend sind die Voraussetzungen der darauf aufbauenden Vergütungsgruppen zu prüfen.

    • Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß es sich bei der gesamten Tätigkeit der Klägerin als Altenpflegehelferin um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt.

      Die Aufgabe von Altenpflegekräften allgemein ist die Beratung, Betreuung, Versorgung und Pflege alter Menschen. Ihr Ziel ist es, den alten Menschen in seiner Persönlichkeit zu stärken, ihm Lebenshilfen im persönlichen Bereich zu geben und dabei zu helfen, seine körperliche, geistige und seelische Gesundheit so gut und so lange wie möglich zu erhalten (vgl. Meyer-Kriechbaum in Blätter zur Berufskunde Altenpfleger/Altenpflegerin 2-IV A 13 6. Aufl. S 4 ff., 10 f.). Aufgabe der Altenpflegehelfer ist es, die Altenpflegefachkräfte in der Aufgabe der Beratung, Betreuung, Versorgung und Pflege alter Menschen zu unterstützen und bestimmte Aufgaben mit zu erledigen. Neben Tätigkeiten wie Arbeiten im Zusammenhang mit Mahlzeiten, Reinigungstätigkeiten, An- und Auskleiden und Hilfestellung bei der Körperpflege haben sich die Altenpflegehelferinnen auch um die medizinischen Hilfsmittel zu kümmern (vgl. Ihlenfeld Eingruppierungsrecht Arbeiterwohlfahrt Stand: Mai 1995 Rn. 922). Diese Betreuungs-, Versorgungs- und Pflegeaufgaben lassen sich nicht in mehrere selbständige Arbeitsvorgänge aufspalten, sondern sind als ein einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen, da die verschiedenen Tätigkeiten insgesamt auf ein einheitliches Arbeitsergebnis zielen, nämlich die Förderung und Erhaltung der körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheit der zu betreuenden und zu versorgenden alten Menschen. Dementsprechend wird in der Rechtsprechung auch bezüglich der – insoweit vergleichbaren – Tätigkeit einer Krankenschwester bzw. eines Krankenpflegers oder Krankenpflegehelfers von einem einheitlichen Arbeitsvorgang ausgegangen (vgl. BAG 3. September 1986 – 4 AZR 335/85 – BAGE 53, 8; 28. Juni 1989 – 4 AZR 277/89 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 147; 26. Oktober 1994 – 4 AZR 843/93 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 187; 10. Juli 1996 – 4 AZR 134/95 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 214).

    • Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe AW-KrT II, denn sie ist eine Altenpflegehelferin “mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlußprüfung” mit entsprechender Tätigkeit (Fallgruppe 4). Die Klägerin hat vom 1. April 1992 bis 31. März 1993 eine einjährige Ausbildung beim Berufsfortbildungswerk, Fachseminar für Altenpflege, in B.… absolviert und die Abschlußprüfung mit “Gut” bestanden. Diese Ausbildung erfüllt die tariflichen Voraussetzungen für die Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe. Dies ergibt sich aus der Auslegung der tariflichen Tätigkeitsmerkmale.

      • Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Beim nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. nur BAG 5. Oktober 1999 – 4 AZR 578/98 – AP TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 15 = EzA TVG § 4 Verdienstsicherung Nr. 8, zu I 2a der Gründe; 20. April 1994 – 10 AZR 276/93 – AP BAT §§ 22, 23 Zulagen Nr. 11, zu II 1 der Gründe mwN).
      • In den Tätigkeitsmerkmalen wird unterschieden zwischen Altenpflegehelferinnen als ungeprüften Pflegekräften und Altenpflegehelferinnen mit mindestens einjähriger Ausbildung und Abschlußprüfung. Die Altenpflegehelferinnen ohne Ausbildung und Abschlußprüfung sind dabei grundsätzlich im gleichen Tätigkeitsfeld tätig wie die geprüften Pflegekräfte (vgl. Ihlenfeld Eingruppierungsrecht Arbeiterwohlfahrt Stand: Mai 1995 Rn. 1071, 922). Die vergütungsrechtliche Differenzierung erfolgt nach dem Merkmal der Ausbildung. Die Vergütungsgruppe AW-KrT I, Fallgruppe 2, ist die Einstiegseingruppierung für die ungeprüften Altenpflegehelferinnen, die eine entsprechende Tätigkeit ausüben. Für geprüfte Altenpflegehelferinnen bildet die Vergütungsgruppe AW-KrT II, Fallgruppe 4, die Ausgangseingruppierung.

        • Nach dem Tarifwortlaut wird in der Vergütungsgruppe AW-KrT II, Fallgruppe 4, lediglich eine “mindestens einjährige Ausbildung und Abschlußprüfung” verlangt, ohne daß die Art und Güte und der nähere Inhalt der Ausbildung oder der Abschlußprüfung näher umschrieben wird. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergibt sich, daß die Tarifvertragsparteien hinsichtlich des persönlichen Merkmals der erforderlichen Ausbildung und Abschlußprüfung sehr wohl differenziert haben. So wird für Pflegehelferinnen in der Vergütungsgruppe AW-KrT II, Fallgruppe 2, im Unterschied zu Altenpflegehelferinnen eine verwaltungseigene Abschlußprüfung verlangt.
        • Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine staatliche Anerkennung als Altenpflegehelferin nicht erforderlich ist. Dies ergibt sich zum einen unmittelbar aus dem Wortlaut der Vergütungsgruppe AW-KrT II, Fallgruppe 4, weil eine “staatliche Anerkennung/Abschlußprüfung” im Unterschied etwa zu Altenpflegerinnen in Vergütungsgruppe AW-KrT IV, Fallgruppe 4, nicht verlangt wird. Dies ergibt sich desweiteren aus den tariflichen Erläuterungen zu der Fallgruppe 4. Danach erfüllen dieses Tätigkeitsmerkmal der Fallgruppe 4 “auch Altenpflegehelferinnen … nach staatlicher Anerkennung”. Aus dieser Regelung folgt, daß die staatliche Anerkennung nicht Voraussetzung für die Erfüllung dieses Tätigkeitsmerkmals ist, sondern die Erfüllung des Ausbildungsmerkmals einerseits und die staatliche Anerkennung andererseits gleichwertig nebeneinander stehen.
        • Mit dem Landesarbeitsgericht ist davon auszugehen, daß es unschädlich ist, daß zum Zeitpunkt der Ausbildung der Klägerin keine durch Verordnung geregelte Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den Beruf der Altenpflegehelferin in Nordrhein-Westfalen bestanden hat.

          Weder der Tarifwortlaut noch sonstige Gesichtspunkte bieten einen Anhalt dafür, daß nur ein förmlich durch Verordnung festgelegter Ausbildungsgang das Tarifmerkmal der einjährigen Ausbildung und Abschlußprüfung erfüllt, wie die Revision meint. Sowohl der Vergleich mit der Vergütungsgruppe AW-KrT II, Fallgruppe 2 (Erfordernis der “verwaltungseigenen” Abschlußprüfung) wie mit der Vergütungsgruppe AW-KrT III, Fallgruppe 3 (Erfordernis der Teilnahme an einer “verbandseigenen Qualifikation” mit näherer Erläuterung) macht deutlich, daß die Tarifvertragsparteien erkannt haben, daß es notwendig sein kann, die Anforderungen an die geforderte Ausbildung oder Prüfung näher zu definieren. Dies haben sie in Bezug auf Altenpflegehelferinnen gerade unterlassen und damit zu erkennen gegeben, daß weitergehende Anforderungen nicht gestellt werden.

          Die Tarifvertragsparteien haben damit an die von ihnen vorgefundene Situation des Berufsbildes der Altenpflegehelferin angeknüpft. Der Beruf und die Ausbildung der Altenpflegehelferin war im Unterschied zum Beruf und der Ausbildung einer Krankenpflegehelferin bislang nicht bundeseinheitlich geregelt. Die Ausbildung von Krankenpflegehelfern ist geregelt im Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege (KrankenpflegegesetzKrPflG) vom 4. Juni 1985 (BGBl. I S 893) iVm. der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Berufe in der Krankenpflege (KrPflAPrV) vom 16. Oktober 1985 (BGBl. I S 1973). Bei dem Beruf der Krankenpflegehelferin oder des Krankenpflegehelfers handelt es sich danach um eine geschützte Berufsbezeichnung, weil die Führung der Berufsbezeichnung nach § 1 Abs. 1 Krankenpflegegesetz erlaubnispflichtig ist und diese Erlaubnis nur unter den Voraussetzungen des § 2 Krankenpflegegesetz erteilt wird und ua. eine bestimmte Ausbildung erfordert. Dementsprechend konnten die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Krankenpflegehelferinnen (Vergütungsgruppe AW-KrT II, Fallgruppe 1) auf die Aufnahme eines Ausbildungskriteriums bei den Tätigkeitsmerkmalen verzichten, weil die Berufsbezeichnung selbst nur geführt werden darf, wenn diejenigen eine bestimmte – staatlich einheitlich geregelte – Ausbildung absolviert haben.

          Demgegenüber sind die Berufe in der Altenpflege und auch die Ausbildung in der Altenpflegehilfe bundeseinheitlich erstmals mit dem Gesetz über die Berufe in der Altenpflege (AltenpflegegesetzAltPflG) vom 17. November 2000 (BGBl. I S 1513) in Anlehnung an die entsprechenden Bestimmungen des Krankenpflegegesetzes geregelt worden. Allerdings wird das Altenpflegegesetz nach einem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 2001 – 2 BvQ 48/00 – vorläufig nicht in Kraft treten. Bislang existieren für Altenpfleger und Altenpflegehelfer nur unterschiedliche landesrechtliche Bestimmungen. Diese sehen unterschiedliche Regelungen zu Strukturen, Zielen, Inhalten und Dauer der Ausbildung vor, so daß die Notwendigkeit der Vereinheitlichung bestand (vgl. Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu einem Altenpflegegesetz BT-Drucks. 14/1578).

          Vor diesem Hintergrund hätten die Tarifvertragsparteien in einem bundesweit geltenden Tarifvertrag eindeutig zum Ausdruck bringen müssen, wenn sie gleichwohl nur eine durch Verordnung festgelegte Ausbildung als einschlägig für die Erfüllung des geforderten Tätigkeitsmerkmals verlangen wollten. Dies ist vorliegend nicht geschehen.

        • Zwar mag man aus dem Begriff der “Ausbildung” entnehmen, daß es sich um eine zweck- und zielgerichtete Vermittlung der für die Ausübung der angestrebten Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse in einem geordneten Ausbildungsgang handeln muß, doch selbst wenn man hiervon ausgeht, erfüllt die von der Klägerin absolvierte Ausbildung diese Kriterien.

          Die Klägerin ist an einem staatlich anerkannten Fachseminar für Altenpflege ausgebildet worden. Die Klägerin hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dort eine Ausbildung in Vollzeitform absolviert, indem sie an vier Tagen in der Woche vormittags theoretisch unterrichtet wurde, während nachmittags sowie freitags und an jedem zweiten Wochenende die praktische Ausbildung stattfand. Die Klägerin kam im Rahmen ihrer Ausbildung sowohl in der stationären Altenhilfe wie in der ambulanten Altenhilfe zum Einsatz. Der theoretische Unterrichtsanteil mit den Fächern Gesundheits- und Krankheitslehre, Alten- und Krankenpflege, Altenpsychartrie, Erste Hilfe, Arzneimittellehre, Ernährungs- und Haushaltslehre, Rechts-/Staatsbürgerkunde, Berufskunde/Berufsethik, sozial-kulturelle Altenarbeit, Schrift- und Behördenverkehr einschließlich Pflegedokumentation lag bei 800 Stunden.

          Auch nach dem noch nicht in Kraft getretenen Altenpflegegesetz des Bundes (Altenpflegegesetz – AltPflG – vom 17. November 2000, BGBl. I S 1513 ) ist als Rahmenvorgabe für die Ausbildung in der Altenpflegehilfe ebenfalls nur eine mindestens zwölfmonatige Ausbildung mit Abschlußprüfung vorgesehen, wobei der theoretische und praktische Unterricht mindestens 600 Stunden, die praktische Ausbildung mindestens 900 Stunden umfaßt (§ 11 AltPflG). Die Schlußfolgerung des Landesarbeitsgerichts, daß die Ausbildung der Klägerin somit allen – auch aktuellen – Standards für eine Altenpflegehelferausbildung entspricht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

        • Auf einen Vergleich der Ausbildung der Klägerin mit der Ausbildung zur Krankenpflegehelferin kommt es nicht an. Zwar wird die geprüfte Altenpflegehelferin mit der Krankenpflegehelferin vergütungsrechtlich gleich behandelt, weil diese beide in Vergütungsgruppe AW-KrT II eingruppiert sind, gleichwohl sind aber die jeweiligen Tätigkeitsmerkmale aus sich heraus auszulegen.

          Selbst wenn man mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgeht, daß auf Grund des tariflichen Gesamtzusammenhangs ein Vergleich der Ausbildungen anzustellen sei, ergibt dieser Vergleich, daß die Ausbildung der Klägerin zumindest hinreichend an die Ausbildung einer Krankenpflegehelferin angenähert ist.

          Die Ausbildung zum Krankenpflegehelfer schließt mit der staatlichen Prüfung ab und dauert gemäß § 10 Abs. 1 Krankenpflegegesetz (KrPflG) ein Jahr. Gemäß § 11 Abs. 3 Krankenpflegegesetz (KrPflG) iVm. § 1 Abs. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Berufe in der Krankenpflege (KrPflAPrV) umfaßt die einjährige Ausbildung in der Krankenpflegehilfe mindestens den in Anlage 3 zur KrPflAPrV aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 500 Stunden und die aufgeführte praktische Ausbildung von 1100 Stunden. Zu dem theoretischen und praktischen Unterricht in der Krankenpflegehilfe gehören gemäß der Anlage 3 die Fächer Berufs-, Gesetzes-, Staatsbürgerkunde; Hygiene; Grundlagen der Biologie, Anatomie und Physiologie; Arzneimittellehre; Krankheitslehre; Krankenpflegehilfe und Erste Hilfe. Die staatliche Prüfung umfaßt einen mündlichen und einen praktischen Teil (§ 2 Abs. 1, §§ 18, 19 KrPflAPrV).

          Die Ausbildung, die die Klägerin absolviert hat, ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mit dieser Ausbildung bezogen auf die Altenpflegehilfe vergleichbar. Die Klägerin ist an einem staatlich anerkannten Fachseminar für Altenpflege ausgebildet worden. Derartige Fachseminare waren auch nach Inkrafttreten des nordrhein-westfälischen Altenpflegegesetzes vom 19. Juni 1994 (GVBl. NRW S 335) weiterhin als Träger der Ausbildung für die Berufe in der Altenpflege vorgesehen (§ 5 Altenpflegegesetz NRW). Die Klägerin hat die Ausbildung in Vollzeitform ein Jahr lang absolviert und hierbei theoretische Kenntnisse und praktische Fertigkeiten erworben. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zu folgen, daß nicht ersichtlich ist, daß diese Ausbildung hinter derjenigen zur Krankenpflegehelferin oder derjenigen zur Altenpflegehelferin in anderen Bundesländern zurücksteht. Die Revision bringt hiergegen auch nichts vor.

    • Die Klägerin erfüllte zum 1. April 1998 auch die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe AW-KrT III (Fallgruppe 2), denn sie hat die Tätigkeit in Vergütungsgruppe AW-KrT II Fallgruppe 4 zwei Jahre ausgeübt. Beim Tätigkeits- oder Zeitaufstieg kommt es lediglich darauf an, daß eine bestimmte Tätigkeit während der vorausgesetzten Dauer ausgeübt worden ist, auf eine tatsächliche Bewährung wie bei beim Bewährungsaufstieg kommt es nicht an (vgl. nur BAG 25. März 1998 – 4 AZR 128/97 – AP BAT § 23a Nr. 42, zu II 3b der Gründe).
  • Der Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
 

Unterschriften

Etzel, Dr. Wittek, Mikosch, Heydenreich, Brückmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 901912

ZTR 2001, 510

PersR 2001, 441

PflR 2004, 360

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