Entscheidungsstichwort (Thema)

Verspätete Urteilsabsetzung

 

Normenkette

ZPO § 551 Nr. 7, §§ 564-565

 

Verfahrensgang

LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 18.09.1992; Aktenzeichen 2 Sa 67/92)

KreisG Rostock-Stadt (Urteil vom 05.03.1992; Aktenzeichen 2 Ca 300/91)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 18. September 1992 – 2 Sa 67/92 – aufgehoben.

2. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger gebührenden Abfindung wegen Verlustes des Arbeitsplatzes.

Der Kläger war bis zum 11. April 1991 bei der Beklagten beschäftigt. Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe eine Abfindung nach der Rationalisierungsschutzvereinbarung vom 19. Juni 1990 zu.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 25.829,– DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Kreisgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit dem am 18. September 1992 verkündeten Urteil zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Das vom Vorsitzenden zugleich für die ehrenamtlichen Richter ohne Angabe des Verhinderungsgrundes unterschriebene Urteil des Landesarbeitsgerichts ist den Parteien zugestellt worden. Auf Hinweis des erkennenden Senats vom 22. September 1993 ist vom Vorsitzenden der 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts am 1. Oktober 1993 die Angabe des Verhinderungsgrundes nachgeholt worden.

Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der absolute Revisionsgrund gemäß § 551 Nr. 7 ZPO liegt vor. Das angefochtene Urteil ist als Urteil ohne Entscheidungsgründe anzusehen.

I. Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat mit Beschluß vom 27. April 1993 (GmS – OGB 1/92 – NJW 1993, 2603) erkannt, daß abweichend von der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil im Sinne von § 551 Nr. 7 ZPO als nicht mit Gründen versehen anzusehen ist, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind.

Der Achte Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

II. Das angefochtene Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 18. September 1992 ist erst nach dem 1. Oktober 1993 ordnungsgemäß unterzeichnet zur Geschäftsstelle gelangt, wie sich aus dem vom Vorsitzenden der 2. Kammer bei Angabe des Verhinderungsgrundes vermerkten Datum ergibt. Daraus folgt, daß das angefochtene Urteil nicht innerhalb von fünf Monaten nach seiner Verkündung mit Tatbestand und Entscheidungsgründen von allen Richtern unterschrieben zur Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts gelangt ist. Ein solches Urteil gilt nach dem Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 im Sinne von § 551 Nr. 7 ZPO als nicht mit Gründen versehen. Es ist deshalb auf die entsprechende Rüge der Beklagten ohne weitere Sachprüfung gemäß §§ 564, 565 ZPO aufzuheben.

Die Verfahrensrüge gemäß § 551 Nr. 7 ZPO ist ordnungsgemäß erhoben worden, ohne daß die Beklagte das konkrete Datum des Eingangs des unterschriebenen Urteils auf der Geschäftsstelle angeben mußte, denn diese notwendige Angabe ergibt sich aus den Akten.

III. Das Urteil ist dementsprechend aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

 

Unterschriften

Dr. Ascheid, Dr. Müller-Glöge, Dr. Mikosch, R. Schmidt, Dr. Pühler

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1079663

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