Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuschuß zum Mutterschaftsgeld. Rechtsmißbrauch

 

Orientierungssatz

Parallelsache zu BAG Urteil vom 22.10.1986 5 AZR 733/ 85.

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 09.07.1986; Aktenzeichen 7 Sa 127/86)

ArbG Köln (Entscheidung vom 12.11.1985; Aktenzeichen 1 Ca 8579/85)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie der Zuschuß zum Mutterschaftsgeld zu berechnen ist.

Die Klägerin ist seit dem Jahre 1972 bei der Beklagten beschäftigt. Sie wurde 1984 schwanger. Zum 1. Januar 1985 ließ sie auf ihrer Lohnsteuerkarte die Steuerklasse von V/0 in III/1 umändern, um ein möglichst hohes Nettoeinkommen und damit einen möglichst hohen Zuschuß zum Mutterschaftsgeld zu erzielen. Ihr Monatsgehalt betrug zu dieser Zeit 4.083,-- DM, das ihres Ehegatten 4.500,-- DM brutto.

Am 4. Juni 1985 gebar die Klägerin ihr (zweites) Kind. Die Schutzfristen gemäß § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG dauerten vom 20. April bis 30. Juli 1985. Während dieser Zeit erhielt sie von der Beklagten einen Zuschuß zum Mutterschaftsgeld in Höhe von insgesamt 3.454,74 DM. Für diesen Zuschuß hat die Beklagte den Nettoverdienst der Monate Januar bis März 1985 so zugrunde gelegt, als wenn für die Klägerin weiterhin die Steuerklasse V/0 gegolten hätte.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Zuschuß zum Mutterschaftsgeld sei auf der Grundlage einer Nettovergütung nach der für sie günstigeren Steuerklasse III/1 zu berechnen. Mit der Klage hat sie den Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlich geleisteten und dem Zuschuß begehrt, der sich bei der Berechnung aufgrund der Steuerklasse III/1 ergeben würde. Es handelt sich dabei um einen Betrag in Höhe von 4.280,94 DM. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, für die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld käme es nach dem Wortlaut und dem Wortsinn des Begriffes "gesetzliche Abzüge" nur auf das tatsächlich erzielte und vom Arbeitgeber ausgezahlte Nettoeinkommen der letzten drei Monate vor Beginn der Schutzfrist an.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie

4.280,94 DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Meinung vertreten, eine Änderung der Steuerklasse mit dem Ziel, einen höheren Zuschuß zum Mutterschaftsgeld zu erhalten, verstoße gegen den Sinn und Zweck des § 14 MuSchG. Ein derartiges Verhalten sei jedenfalls rechtsmißbräuchlich.

Das Arbeitsgericht hat gemäß dem erstinstanzlichen Antrag der Klägerin die Beklagte verurteilt, den Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld der Klägerin ab 1. Mai 1985 bis zum Ablauf der Schutzfristen unter Zugrundelegung der Steuerklasse III/1 zu berechnen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.756,04 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. Oktober 1985 zu zahlen. Dies ist der Betrag, der sich als Zuschuß ergibt, wenn das Nettoarbeitsentgelt nach der Steuerklasse IV/1 berechnet wird. Mit der Revision erstrebt die Klägerin weiterhin den Erfolg ihrer Klage in vollem Umfang.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Klägerin steht der von ihr begehrte höhere Zuschuß zum Mutterschaftsgeld nicht zu. Ihr Verlangen, den Zuschuß nach dem Nettoverdienst der Monate Januar bis März 1985 zu berechnen, der sich ergibt, wenn man die Steuerklasse III/1 zugrunde legt, ist rechtsmißbräuchlich und daher zurückzuweisen. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Im einzelnen gilt folgendes:

1.a) Für die Zeit der Beschäftigungsverbote vor und nach der Niederkunft (§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG) sieht das Mutterschutzgesetz eine wirtschaftliche Sicherstellung der Frau vor. Sie erhält während dieser Zeit, in der sie wegen des Ausfalls der Arbeitsleistung keinen Arbeitsverdienst erzielt, ihren Nettoverdienst weiter. Das Entgelt wird bis zu einem Betrag von 25,-- DM täglich durch das von der Krankenkasse zu zahlende Mutterschaftsgeld ausgeglichen. Für Frauen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, ist das Mutterschaftsgeld, das ihnen vom Bundesversicherungsamt gezahlt wird, seit Einfügung des letzten Halbsatzes in § 13 Abs. 2 Satz 1 MuSchG durch das Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1578) mit Wirkung ab 1. Januar 1982 auf 400,-- DM insgesamt beschränkt; diese Regelung verstößt weder gegen Art. 3 GG noch gegen Art. 6 Abs. 4 GG (BSG Urteil vom 12. März 1985, NZA 1985, 605; BVerfG Beschluß vom 16. November 1984, SozR 7830, Nr. 6 MuSchG).

Für den 25,-- DM übersteigenden Teil des Nettoeinkommens hat der Arbeitgeber aufzukommen. Diese Verpflichtung ist den Arbeitgebern durch § 14 Abs. 1 MuSchG auferlegt worden. Das Gesetz zur Änderung des Mutterschutzgesetzes und der Reichsversicherungsordnung vom 24. August 1965 (BGBl. I S. 912) hatte noch vorgesehen, daß die Mutter ohne Rücksicht auf eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ein Mutterschaftsgeld in Höhe ihres bisherigen Nettoeinkommens von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten sollte, denen der Bund es weitgehend erstattete. Diese Regelung trat wegen der angespannten Haushaltslage des Bundes (vgl. BT-Drucks. V/58, S. 7 zu Art. 4) nicht in Kraft. Die jetzt geltende gesetzliche Regelung geht auf das Finanzänderungsgesetz vom 21. Dezember 1967 (BGBl. I S. 1259) zurück, das vor allem auf dem Gebiet der Sozialversicherung Einsparungen für den Bundeshaushalt brachte. Eine Entlastung des Bundeshaushalts sollte dadurch erreicht werden, daß der Betrag, den der Bund den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung für jeden Leistungsfall zu erstatten hatte, auf 400,-- DM begrenzt wurde. Für das von den Krankenkassen zu zahlende Mutterschaftsgeld wurde ein Höchstbetrag von täglich 25,-- DM festgelegt. Um die Differenz zwischen diesem Höchstbetrag und dem tatsächlichen Nettoarbeitsentgelt der Frauen auszugleichen, wurde den Arbeitgebern eine entsprechende Zuschußzahlung auferlegt.

b) Der Zuschuß, den der Arbeitgeber zu leisten hat, beruht auf dem Arbeitsvertrag. Es handelt sich um einen gesetzlich begründeten arbeitsvertraglichen Anspruch auf - teilweise - Fortzahlung des Entgelts (vgl. BAGE 46, 174, 178 = AP Nr. 2 zu § 14 MuSchG 1968, zu 1 der Gründe; BAG Urteil vom 11. Juni 1986 - 5 AZR 365/85 - AP Nr. 3 zu § 14 MuSchG 1968; ferner Bulla/Buchner, MuSchG, 5. Aufl., § 14 Rz 22; Zmarzlik/Zipperer/Viethen, MuSchG, 5. Aufl., § 14 Rz 2; Schmatz/Fischwasser, Vergütung der Arbeitnehmer bei Krankheit und Mutterschaft, 6. Aufl., § 14 MuSchG, T 304 f; Gröninger/Thomas, MuSchG 1968, § 14 Anm. 1). Wie das Bundesverfassungsgericht erkannt hat, ist es mit dem Grundgesetz vereinbar, daß die Arbeitgeber gemäß § 14 Abs. 1 MuSchG verpflichtet sind, den Unterschiedsbetrag zwischen dem von der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Mutterschaftsgeld und dem Nettoarbeitsentgelt zu zahlen (BVerfGE 37, 121 = AP Nr. 1 zu § 14 MuSchG 1968). An dieser Bewertung hat sich dadurch nichts geändert, daß seit dem vorgenannten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 23. April 1974 die Nettoverdienste angestiegen sind und wegen des von den Krankenkassen unverändert nur in Höhe von 25,-- DM täglich zu zahlenden Mutterschaftsgeldes die Belastung der Arbeitgeber durch den Zuschuß angewachsen ist (BVerfGE 70, 242).

2. Als Zuschuß ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG der Unterschiedsbetrag zwischen 25,-- DM und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt zu zahlen. Das durchschnittliche kalendertägliche Arbeitsentgelt ist aus den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG zu berechnen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG). Nach diesen gesetzlichen Vorschriften wäre das kalendertägliche Arbeitsentgelt aus den Nettobezügen zu berechnen, die die Klägerin in den Monaten Januar, Februar und März 1985 bezogen hat. Das sind die Beträge, die die Klägerin ihrer Berechnung des Zuschusses zugrunde gelegt hat. Die Nettobezüge der genannten Monate sind jedoch dadurch höher als in der Zeit davor gewesen, daß die Klägerin in ihrer Lohnsteuerkarte statt der Steuerklasse V/0 die Steuerklasse III/1 hat eintragen lassen. Damit hat die Klägerin zwar ihr steuerrechtlich offenstehende Möglichkeiten wahrgenommen (§ 39 Abs. 5 Satz 4, § 39 a EStG). Auf eine dadurch bewirkte Erhöhung des Nettoeinkommens im Bezugszeitraum nach § 14 Abs. 1 Satz 2 MuSchG kann sie sich für die Berechnung des von dem Arbeitgeber zu zahlenden Zuschusses jedoch dann nicht berufen, wenn die Änderung der Steuermerkmale ohne sachlichen Grund nur deshalb erfolgt ist, um den Nettoverdienst im Bezugszeitraum im Hinblick auf die Zuschußpflicht des Arbeitgebers zu erhöhen. Eine solche Ausnutzung einer steuerlich zulässigen Gestaltungsmöglichkeit ist rechtsmißbräuchlich und daher unbeachtlich (vgl. zum Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts auch BFH Urteil vom 28. April 1987, BB 1987, 2284, 2285). Das ergibt sich hier im einzelnen aus folgenden Erwägungen:

a) Die für die Dauer der Schutzfristen vorgesehenen Leistungen (Mutterschaftsgeld und Zuschuß des Arbeitgebers) sollen die Frau während der Beschäftigungsverbote vor wirtschaftlichen Nachteilen bewahren. Der Frau soll durch diese Leistungen ihr Nettolohn weiter zufließen. Diesem Schutzzweck des Gesetzes widerspräche es, wenn die Frau durch die ihr steuerrechtlich offenstehenden Möglichkeiten, den Nettoverdienst des Bezugszeitraums zu erhöhen, durch Mutterschaftsgeld und den Zuschuß des Arbeitgebers höhere Einkünfte zur Verfügung hätte, als dies ohne die Beschäftigungsverbote der Fall wäre. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Frau nur deshalb, um einen höheren Nettoverdienst im Bezugszeitraum und damit einen höheren Zuschuß des Arbeitgebers zu erlangen, die ihr steuerrechtlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt hat. Wäre ohne den Anspruch nach § 14 MuSchG die Änderung der steuerlichen Merkmale nicht erfolgt, dann hätte die Frau ohne die Beschäftigungsverbote den Nettolohn nach den vorher bestehenden steuerlichen Merkmalen weiter bezogen. Nur diese Rechtsstellung will ihr § 14 MuSchG erhalten.

b) Dem Gedanken, daß die für die Dauer der Schutzvorschriften vor und nach der Niederkunft vorgesehenen Leistungen nicht mißbräuchlich in Anspruch genommen werden dürfen, hat auch der Gesetzgeber für eine bestimmte Fallgestaltung Rechnung getragen. Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld setzt nach § 200 Abs. 1 Satz 2 RVO voraus, daß in der Zeit zwischen dem zehnten und dem vierten Monat einschließlich dieser Monate vor der Entbindung für mindestens zwölf Wochen Versicherungspflicht oder ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dieser Satz ist eingefügt worden "zum Schutz vor ungerechtfertigtem Bezug des hohen Mutterschaftsgeldes" (vgl. Bericht des Ausschusses für Arbeit zu BT-Drucks. IV/ 3652, S. 9; vgl. auch BSGE 33, 127 = AP Nr. 1 zu § 13 MuSchG 1968). Mit dieser Vorschrift sollte verhindert werden, daß durch kurzfristige Begründung eines Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf die Leistungen nach dem Mutterschutzgesetz begründet werden konnte. Als diese Vorschrift Gesetz wurde, war noch vorgesehen, daß die Gesamtleistungen durch die Krankenkasse erbracht wurden. Nach der Aufteilung der wirtschaftlichen Absicherung in das Mutterschaftsgeld von höchstens 25,-- DM und den von den Arbeitgebern zu erbringenden Zuschuß bleibt der Grundgedanke, daß ein ungerechtfertigter Bezug der Leistungen nicht Platz greifen dürfe, weiterhin bestehen.

c) Wenn auch für den vorliegend zu erörternden Fall, daß die Frau durch gezielte Erhöhung ihres Nettoeinkommens den Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuß beeinflussen will, eine dies verhindernde Regelung nicht in das Mutterschutzgesetz Eingang gefunden hat, so steht das doch der Anwendung des § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs nicht entgegen. Auf eine Anfrage hat die parlamentarische Staatssekretärin für die Bundesregierung am 23. Juli 1981 in bezug auf einen Wechsel der Steuerklassen vor dem Bezug von Mutterschaftsgeld mit dem Ziel, die für die Bemessung des Mutterschaftsgeldes günstigste Steuerklassenkombination zu wählen, erklärt, dies könne sich für die wirtschaftliche Situation des Ehepaares insgesamt im Ergebnis auch nachteilig auswirken, insbesondere dann, wenn der andere Ehegatte im fraglichen Zeitraum eine andere Sozialleistung in Anspruch nehmen müsse (vgl. BT-Drucks. 9/722, S. 16 f.; ähnlich die Äußerung vom 9. Juli 1982, BT-Drucks. 9/1856, S. 19). Aus diesen Einlassungen läßt sich zum einen schon nicht entnehmen, daß damit die Ansicht aufgegeben werden sollte, die nach dem Mutterschutzgesetz vorgesehenen Leistungen dürften nicht rechtsmißbräuchlich in Anspruch genommen werden. Zum anderen darf bezweifelt werden, daß die Beantworter der Anfragen befugt waren, gesetzliche Vorschriften und ihre Anwendung verbindlich zu erläutern.

d) Hinzu kommt folgendes: Für den Bereich des Arbeitslosengeldes hat der Gesetzgeber in § 113 Abs. 2 Satz 2 AFG geregelt, daß Änderungen der Lohnsteuerklassen für die Berechnung des Arbeitslosengeldes unbeachtlich sind, wenn die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprechen. Damit soll einer ungerechtfertigten Beeinflussung der Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld durch einen willkürlichen Steuerklassenwechsel, der im Lohnsteuerrecht ohne besonderen Anlaß vorgenommen werden kann, entgegengewirkt werden (vgl. dazu BSG Urteil vom 20. März 1984, SozR 4100, § 113 AFG Nr. 3). Für den Bezug öffentlich-rechtlicher Leistungen hat der Gesetzgeber neuestens eine weitere Regelung getroffen, die einer mißbräuchlichen Inanspruchnahme entgegenwirken soll. So ist durch Art. 1 Nr. 31 Buchst. a) des Gesetzes zur Ergänzung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente und zum Schutze der Solidargemeinschaft vor Leistungsmißbrauch - Achtes Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes - vom 14. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2602) § 112 Abs. 1 bis 3 AFG neu gefaßt worden. Dabei ist in § 112 Abs. 2 Satz 3 n. F. bestimmt worden, daß der Berechnungszeitraum für das Arbeitsentgelt im Sinne von § 111 Abs. 1 AFG, der grundsätzlich die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten drei Monate umfaßt, auf die letzten zwölf Monate erstreckt wird, wenn das Arbeitsentgelt im letzten Jahr vor dem Ende des Bemessungszeitraums außergewöhnlich gestiegen ist. § 112 Abs. 2 Satz 4 erläutert, wann eine außergewöhnliche Steigerung anzunehmen ist. Zweck dieser Regelung ist es, Manipulationsmöglichkeiten beim Arbeitslohn der letzten drei Monate vor der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Es sind Fälle bekannt geworden, nach denen Arbeitnehmern durch überhöhte Lohnzahlungen in diesen drei Monaten ein höheres Arbeitslosengeld verschafft oder auch der Kündigungsschutz "abgekauft" werden sollte. Bei außergewöhnlichen Erhöhungen des Arbeitsentgelts in den letzten Monaten vor Beginn der Arbeitslosigkeit soll deshalb der Bemessungszeitraum für die Höhe des Arbeitslosengeldes von drei Monaten auf ein Jahr verlängert werden.

Was in diesen Regelungen als aus § 242 BGB herzuleitender Gedanke im Hinblick auf die Massentatbestände der Bewilligung von Arbeitslosengeld generalisierend gesetzlich ausgeformt worden ist, muß sich in Anwendung des § 242 BGB auch ohne eine dahingehende besondere gesetzliche Ausgestaltung in dem Bereich durchsetzen und verwirklichen, in dem es darum geht, einen ungerechtfertigten Bezug von Arbeitgeberleistungen abzuwehren, zumal da diese sich als Teil einer Gesamtvorsorge darstellen, die von der Gemeinschaft nach Art. 6 Abs. 4 GG zu erbringen ist. Bei einer anderen Betrachtung würden sich nicht erklärbare und nicht verständlich zu machende Wertungswidersprüche ergeben.

3. Im vorliegenden Fall hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, daß die Klägerin die Änderung ihrer steuerlichen Merkmale allein deshalb vorgenommen hat, um von der Beklagten einen höheren Zuschuß zum Mutterschaftsgeld beanspruchen zu können. Darin liegt nach den zuvor dargelegten Erwägungen ein Mißbrauch der steuerrechtlich zulässigen Wahl der Steuerklassen, den die Beklagte der Klägerin insoweit entgegenhalten kann, wie es um die Berechnung des geschuldeten Zuschusses zum Mutterschaftsgeld geht. Ob es, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, sachgerecht und daher von der Beklagten hinzunehmen war, wenn die Klägerin anstelle der Steuerklasse III/1 für die Zeit ab 1. Januar 1985 die Steuerklasse IV/0 gewählt hätte, kann dahingestellt bleiben. Denn die Beklagte hat ihre daraus folgende Verurteilung nicht angegriffen.

Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Olderog

Dr. Krems Wengeler

 

Fundstellen

Dokument-Index HI440070

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