Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltfortzahlung – tarifliche Ausschlußfrist;. Tarifliche Ausschlußfristen. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. tarifliche und gesetzliche Entgeltfortzahlung. Entgeltfortzahlung und Vergütung. Unabdingbarkeit. Nachweispflicht (Ausschlußfristen). gerichtliche Geltendmachung;. Klageänderung;. Klageerweiterung;. Ausschlußfrist und Ausscheiden aus dem Betrieb

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes werden nicht dadurch berührt (§ 12 EFZG), daß Ansprüche kraft einer tariflichen Ausschlußfrist nach Ablauf bestimmter Fristen erlöschen.

 

Orientierungssatz

1. Der gesetzliche Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall ist der während der Arbeitsunfähigkeit aufrecht erhaltene Vergütungsanspruch und teilt dessen rechtliches Schicksal.

2. Wenn die Tarifvertragsparteien den Vergütungsanspruch tariflich geregelt haben, handelt es sich bei der tariflich vorgesehenen Verpflichtung zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts ebenfalls um einen tariflichen Anspruch, der ebenso wie der Vergütungsanspruch einer tariflichen Ausschlußklausel unterliegt.

3. Erfaßt die tarifliche Ausschlußklausel in einem Manteltarifvertrag „alle übrigen Ansprüche”, sind das jedenfalls die Ansprüche aus dem Manteltarifvertrag und die mit ihm konkurrierenden gesetzlichen Ansprüche.

4. Bestimmt eine tarifliche Ausschlußklausel, daß Zahlungsansprüche innerhalb bestimmter Fristen gerichtlich geltend gemacht werden müssen, so genügt dem nur die fristgerechte Zahlungsklage. Eine Feststellungsklage, die nur einzelne Vorfragen klärt, aber mögliche weitere Streitfragen nicht zur Entscheidung stellt, wahrt die Frist nicht.

5. Eine Klageänderung oder Klageerweiterung wirkt nicht als Geltendmachung auf den Zeitpunkt der früheren Klageerhebung zurück.

 

Normenkette

EFZG §§ 3-4, 12; MTV für das Hotel- und Gaststättengewerbe des Landes Schleswig-Holstein vom 15. April 1994 § 14

 

Verfahrensgang

LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 17.05.2000; Aktenzeichen 2 Sa 113/00)

ArbG Lübeck (Urteil vom 03.02.2000; Aktenzeichen 1 Ca 1920/99)

 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 17. Mai 2000 – 2 Sa 113/00 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine sechswöchige Entgeltfortzahlung.

Die Klägerin war seit dem 28. April 1999 als Beiköchin in dem Restaurationsbetrieb des Beklagten zu einem Monatslohn von 2.186,00 DM brutto beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe des Landes Schleswig-Holstein vom 15. April 1994, geändert mit Wirkung ab 1. Januar 1999 (MTV) Anwendung. Seit dem 1. Mai 1999 war die Klägerin durchgehend bis mindestens zum Jahresende arbeitsunfähig krank. Sie hat das Arbeitsverhältnis nach der Behauptung des Beklagten am 1. Mai 1999 selbst gekündigt. Jedenfalls schied sie auf Grund einer vorsorglichen Kündigung des Beklagten vom 7. Juni 1999 spätestens zum 30. Juni 1999 aus dem Betrieb aus.

Mit der am 16. Juli 1999 beim Arbeitsgericht eingereichten und dem Beklagten am 21. Juli 1999 zugestellten Klage hat die Klägerin zunächst beantragt festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch arbeitnehmerseitige Kündigung aufgelöst worden sei, sondern fortbestehe. Sie hat dann auf Grund eines gerichtlichen Hinweises die Klage mit Schriftsatz vom 1. November 1999 (bei Gericht eingegangen am 3. November 1999, dem Beklagten zugestellt am 5. November 1999) geändert und Entgeltfortzahlung in Höhe von 1.300,00 DM für die Zeit vom 27. Mai 1999 bis zum 10. Juni 1999 begehrt. Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 1999 (bei Gericht eingereicht am 20. Dezember 1999, dem Beklagten zugestellt am 21. Dezember 1999) hat sie geltend gemacht, der Beklagte habe aus Anlaß der Arbeitsunfähigkeit gekündigt, und die Klage auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen ab dem 27. Mai 1999 in Höhe von 3.029,10 DM erweitert.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zur Zahlung von 3.029,10 DM brutto nebst 10 % Zinsen hieraus seit dem 10. Juni 1999 zu verurteilen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Anspruch sei wegen der Kündigung der Klägerin schon gar nicht entstanden. Jedenfalls sei er auf Grund der Ausschlußfrist des MTV erloschen.

Demgegenüber hat die Klägerin geltend gemacht, sie habe nicht gekündigt. Die Ausschlußfrist sei durch die rechtzeitig erhobene Feststellungsklage gewahrt, der Klageänderung komme Rückwirkung zu. Der gesetzliche Entgeltfortzahlungsanspruch unterliege im übrigen nicht der tariflichen Ausschlußfrist; jedenfalls stehe seine Unabdingbarkeit einem Verfall entgegen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren zuletzt gestellten Zahlungsantrag unverändert weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin kann keine Zahlung von dem Beklagten verlangen.

1. Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien erst durch die Kündigung des Beklagten vom 7. Juni 1999 mit Ablauf der Kündigungsfrist des § 12 Ziff. 1 a) MTV zum 30. Juni 1999 geendet hat und daß der Beklagte aus Anlaß der Arbeitsunfähigkeit (§ 8 EFZG) gekündigt hat. Die Klägerin hätte dann gem. § 8 Ziff. 2.1 MTV und der Protokollnotiz vom 17. Februar 1999 hierzu sowie gemäß den §§ 3, 4 EFZG einen sechswöchigen Entgeltfortzahlungsanspruch für die Zeit im Anschluß an die vierwöchige Wartezeit (also vom 26. Mai 1999 bis zum 6. Juli 1999, § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB) in der unstreitigen Höhe von 3.029,10 DM brutto erworben(vgl. BAG 26. Mai 1999 – 5 AZR 476/98 – BAGE 91, 370).

2. Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, ist der Anspruch jedenfalls erloschen.

a) Der MTV enthält folgende Regelung:

㤠14

Ausschlußfristen

1. Forderungen aus angeblich falscher Tarifeinstufung, unzutreffender Entlohnung und auf Bezahlung von Überstunden und Zuschlägen erlöschen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht werden. Alle übrigen Ansprüche erlöschen 3 Monate nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb.

Die Geltendmachung muß während oben genannter Fristen gerichtlich erfolgen.

Mitglieder der Tarifvertragsparteien können ihre Ansprüche innerhalb der gleichen Fristen auch über die Tarifvertragsparteien oder deren Bevollmächtigte schriftlich geltend machen.”

b) Die etwaigen Entgeltfortzahlungsansprüche der Klägerin unterlagen der Ausschlußfrist des § 14 Ziff. 1 Satz 2 MTV.

aa) Bei der streitigen Entgeltfortzahlung handelt es sich nicht um falsche Tarifeinstufung, unzutreffende Entlohnung oder Überstunden und Zuschläge im Sinne von § 14 Ziff. 1 Satz 1 MTV. § 14 Ziff. 1 Satz 2 MTV erfaßt „alle übrigen Ansprüche”. Das sind jedenfalls alle Ansprüche aus dem MTV und mit ihnen konkurrierende gesetzliche Ansprüche. Ob darüber hinaus auch einzelvertragliche Ansprüche oder allein auf Gesetz beruhende Ansprüche gemeint sind, kann dahinstehen.

bb) § 14 Ziff. 1 Satz 2 MTV erfaßt den Entgeltfortzahlungsanspruch gem. § 8 Ziff. 2.1 MTV bzw. gemäß der Protokollnotiz zu dieser Bestimmung vom 17. Februar 1999. Die Tarifvertragsparteien haben hier einen tariflichen Anspruch zur Entgeltfortzahlung begründet, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat. In § 1 Abs. 1 Satz 1 der Protokollnotiz heißt es, unbeschadet der bestehenden gesetzlichen Regelungen werde vereinbart, daß für krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit Arbeitnehmerinnen das für die maßgebende Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt fortzuzahlen ist. Schon der Wortlaut macht deutlich, daß damit eine tarifliche Grundlage für die Entgeltfortzahlung vorliegt(vgl. auch BAG 5. Mai 1999 – 5 AZR 173/98 – nv., zu II 2 der Gründe, zu § 8 Ziff. 2.1 MTV vor Inkrafttreten der Protokollnotiz vom 17. Februar 1999). Zudem hat der Entgeltfortzahlungsanspruch wie die früheren Lohn- und Gehaltsfortzahlungsansprüche trotz des abweichenden Wortlauts von § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG keinen selbständigen Vergütungscharakter (vgl. § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG). Er ist der während der Arbeitsunfähigkeit aufrecht erhaltene Vergütungsanspruch und teilt dessen rechtliches Schicksal(vgl. BAG 26. Oktober 1971 – 1 AZR 40/71 – BAGE 24, 1, 6; 15. November 1973 – 5 AZR 226/73 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 53, zu 2 der Gründe; 20. August 1980 – 5 AZR 955/78 – AP LohnFG § 6 Nr. 12 = EzA LohnFG § 9 Nr. 6, zu II 3 a der Gründe; Schmitt EFZG 4. Aufl. § 3 Rn. 157 ff., 163; Dunkl in Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge EFZG 5. Aufl. § 3 Rn. 184 ff., 190; Vossen Entgeltfortzahlung bei Krankheit und an Feiertagen Rn. 603; ErfK/Dörner 2. Aufl. § 3 EFZG Rn. 100; Brecht Entgeltfortzahlung an Feiertagen und im Krankheitsfall 2. Aufl. § 3 Rn. 40; Müller/Berenz 3. Aufl. § 3 EFZG Rn. 79 ff., 83, alle mwN; vgl. auch Kunz/Wedde § 3 EFZG Rn. 19 ff., 22; Worzalla/Süllwald 2. Aufl. § 3 EFZG Rn. 1). Wenn die Tarifvertragsparteien den Vergütungsanspruch tariflich geregelt haben, handelt es sich bei der tariflich vorgesehenen Verpflichtung zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts ebenfalls um einen tariflichen Anspruch, der ebenso wie der Vergütungsanspruch der Ausschlußklausel unterliegt. Einer Auslegung des § 14 MTV, die Tarifvertragsparteien hätten die Obliegenheit zur Geltendmachung und das Erlöschen nur für tarifliche Ansprüche vorgesehen und den inhaltsgleichen gesetzlichen Entgeltfortzahlungsanspruch unberührt lassen wollen, steht der eindeutige Zweck der tariflichen Ausschlußfrist entgegen.

cc) § 12 EFZG steht der Anwendung der tariflichen Ausschlußfrist auf den Entgeltfortzahlungsanspruch nicht entgegen.

Nach § 12 EFZG kann abgesehen von § 4 Abs. 4 von den Vorschriften des EFZG nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Fristen für die Geltendmachung von Entgeltfortzahlungsansprüchen stellen keine Abweichung vom EFZG dar. Die Ansprüche sind weder gesetzlich befristet noch ausdrücklich unbefristet. Die Vorschriften des EFZG werden deshalb nicht dadurch berührt, daß Ansprüche kraft einer tariflichen Ausschlußfrist nach Ablauf bestimmter Fristen erlöschen. Die Ausschlußfrist betrifft eben nicht den Inhalt des Anspruchs, sondern dessen Geltendmachung und zeitliche Begrenzung(vgl. BAG 30. März 1962 – 2 AZR 101/61 – BAGE 13, 57, 59; Hold in Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge aaO § 12 Rn. 38; Vossen aaO Rn. 605; im Ergebnis auch Gola 2. Aufl. § 12 EFZG Anm. 3.3). Von dieser Rechtslage ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch nach 1962 stets ausgegangen, ohne die Frage erneut zu problematisieren(vgl. 24. Mai 1973 – 5 AZR 21/73 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 52; 15. November 1973 aaO; 7. Dezember 1983 – 5 AZR 425/80 – BAGE 44, 337; vgl. ferner 29. November 1995 – 5 AZR 447/94 – BAGE 81, 317). Für § 12 EFZG kann nichts anderes gelten als für den früheren § 9 LohnFG.

Die Anwendung von § 14 Ziff. 1 Satz 2 MTV auf Entgeltfortzahlungsansprüche unterliegt darüber hinaus deshalb keinen Bedenken, weil die Verfallklausel nur rückständige Ansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses betrifft. Auf bereits entstandene Entgeltfortzahlungsansprüche kann der Arbeitnehmer nach beendetem Arbeitsverhältnis aber sogar verzichten(BAG 11. Juni 1976 – 5 AZR 506/75 – AP LohnFG § 9 Nr. 2 = EzA LohnFG § 9 Nr. 4; 20. August 1980 – 5 AZR 218/78 – AP LohnFG § 6 Nr. 11 = EzA LohnFG § 6 Nr. 14, zu III 2 a der Gründe; 20. August 1980 – 5 AZR 955/78 – AP LohnFG § 6 Nr. 12 = EzA LohnFG § 9 Nr. 6, zu II 2 der Gründe; Schmitt aaO § 12 EFZG Rn. 14 ff., 21 mwN).

c) Die Klägerin hat eine Verletzung der Nachweispflicht gemäß § 2 NachwG nicht behauptet. Deswegen ist eine Anwendung der Verfallklausel nicht ausgeschlossen und es bedarf keiner Entscheidung, welche Pflicht den Arbeitgeber insoweit speziell im Hinblick auf tarifliche Ausschlußfristen trifft und welche Rechtsfolgen die etwaige Pflichtverletzung nach sich zieht.

d) Die Klägerin hat die Ausschlußfrist des § 14 Ziff. 1 Satz 2 MTV nicht gewahrt.

aa) Die Klägerin hat ihre Ansprüche nicht nach § 14 Ziff. 1 Abs. 3 MTV schriftlich geltend gemacht.

bb) Eine gerichtliche Geltendmachung gem. § 14 Ziff. 1 Abs. 2 MTV ist nicht durch die Klageerhebung vom 21. Juli 1999 erfolgt. Bestimmt eine tarifliche Ausschlußklausel, daß Zahlungsansprüche innerhalb bestimmter Fristen gerichtlich geltend gemacht werden müssen, so genügt dem nur die fristgerechte Zahlungsklage. Eine Feststellungsklage, die nur einzelne Vorfragen klärt, aber mögliche weitere Streitfragen nicht zur Entscheidung stellt, wahrt die Frist nicht(BAG 22. Februar 1978 – 5 AZR 805/76 – BAGE 30, 135, 138; 1. März 1979 – 3 AZR 472/77 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 66 = EzA § 4 Ausschlußfristen Nr. 38, zu 2 b der Gründe). Das stellt auch die Revision nicht in Abrede.

Die Klägerin hat mit der Klageerhebung am 21. Juli 1999 keinen Zahlungsanspruch geltend gemacht. Die begehrte Feststellung diente sogar erklärtermaßen nur der Sicherung des Anspruchs auf Krankengeld gegen die Krankenkasse.

cc) Die Klageänderung mit Schriftsatz vom 1. November 1999 wirkt nicht als Geltendmachung zurück. Für die von der Klägerin vertretene Rückwirkung gibt es keine Rechtsgrundlage. Dasselbe gilt für die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 17. Dezember 1999. Die Rechtshängigkeit tritt bei nachträglich erhobenen Ansprüchen gem. § 261 Abs. 2 ZPO erst mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechender Schriftsatz zugestellt wird(vgl. Thomas/Putzo ZPO 23. Aufl. § 261 Rn. 3, § 263 Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 59. Aufl. § 261 Rn. 21; Zöller/Greger ZPO 22. Aufl. § 261 Rn. 6, § 263 Rn. 16; MünchKommZPO-Lüke § 261 Rn. 31 ff.). Für die gerichtliche Geltendmachung ist § 270 Abs. 3 ZPO anwendbar. Eine darüber hinausgehende Rückwirkung würde den Zweck der Vorschrift, die eine gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen verlangt, jedoch verfehlen; „irgendeine” Klageerhebung, auch wenn sie mit der Forderung in einem gewissen Zusammenhang steht, kann nicht genügen, weil gerade die Forderung geltend zu machen ist. Ob derselbe Prozeß nach der Klageänderung fortgeführt wird, ist entgegen der Auffassung der Revision unerheblich. Dementsprechend hat auch das Bundesarbeitsgericht in dem zitierten Urteil vom 1. März 1979 eine gerichtliche Geltendmachung erst mit der Klageänderung angenommen(aaO, zu 2 b der Gründe).

dd) Ist die Klägerin am 30. Juni 1999 aus dem Betrieb ausgeschieden, hätte sie jedenfalls die bis dahin fälligen Ansprüche bis einschließlich 30. September 1999 gerichtlich geltend machen müssen. Das betraf die Entgeltfortzahlungsansprüche für Mai und Juni 1999, die gem. § 5 Ziff. 1 Abs. 3 MTV am 31. Mai bzw. 30. Juni 1999 fällig wurden. Die gerichtliche Geltendmachung ist aber erst am 3. November 1999 und hier auch nur zum Teil erfolgt.

ee) Es bedarf keiner Entscheidung, ob ein am 31. Juli 1999 fällig gewordener Anspruch für Juli 1999 ebenfalls innerhalb von drei Monaten nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb geltend gemacht werden mußte. Die Ausschlußfrist kann in Fällen der vorliegenden Art nicht stets vor Fälligkeit des Anspruchs zu laufen beginnen; das würde die eingeräumte Überlegungsfrist, die auch dem Versuch einer anderweitigen Klärung zu dienen hat, vielfach unangemessen verkürzen. Geltend zu machen sind eben nur fällige Forderungen. Andererseits ist nicht anzunehmen, die Tarifvertragsparteien hätten nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb fällig werdende Ansprüche überhaupt keiner Ausschlußfrist unterwerfen wollen; einer solchen Annahme steht der Wortlaut der Norm und der deutlich zum Ausdruck kommende Zweck entgegen, „alle” Ansprüche nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb einer raschen Klärung zuzuführen. Scheidet der Arbeitnehmer während des vereinbarten Vergütungszeitraums aus dem Betrieb aus und wird der Restlohn erst am Monatsschluß fällig, dürfte die Auslegung nach dem Wortlaut des § 14 Ziff. 1 Satz 2 MTV vorzuziehen sein. In anderen Fällen, die von den Tarifvertragsparteien möglicherweise nicht ausreichend bedacht worden sind, entspricht es dem Zusammenhang mit § 14 Ziff. 1 Satz 1 MTV und dem Zweck der Vorschrift, die Dreimonatsfrist bis zur Fälligkeit des Anspruchs als gehemmt anzusehen und ihren Beginn erst ab Fälligkeit anzunehmen. Das mag auch für den Streitfall gelten. In jedem Falle hätte danach die gerichtliche Geltendmachung durch die Klägerin spätestens am 31. Oktober 1999 erfolgen müssen. Die Klageerweiterung im Dezember war verspätet.

3. Die Klägerin hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

 

Unterschriften

Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Buschmann, Dombrowsky

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 16.01.2002 durch Metze, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 707187

BB 2002, 1102

BB 2002, 947

DB 2002, 797

BuW 2002, 527

ARST 2002, 186

FA 2002, 142

SAE 2003, 40

ZTR 2002, 341

AP, 0

AuA 2002, 334

EzA-SD 2002, 15

EzA

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