Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung - Gehaltserhöhung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der arbeitsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung gilt für freiwillige Gehaltserhöhungen, soweit der Arbeitgeber dabei nach abstrakten Regeln verfährt.

2. Der Grundsatz der Gleichbehandlung verpflichtet den Arbeitgeber nicht, abstrakte Regeln für Gehaltserhöhungen aufzustellen; er kann individuelle Gesichtspunkte, zum Beispiel die Gehaltsdifferenz zu anderen vergleichbaren Mitarbeitern, berücksichtigen.

 

Normenkette

BGB § 242; BetrVG § 37 Abs. 4, § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 09.07.1993; Aktenzeichen 15 Sa 1432/92)

ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 18.08.1992; Aktenzeichen 6 Ca 4836/91)

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt von der Beklagten eine höhere als die gewährte Gehaltserhöhung. Er stützt sein Begehren auf die Gesichtspunkte der Gleichbehandlung und der betriebsüblichen Entwicklung (§ 37 Abs. 4 BetrVG).

Der Kläger ist Diplomchemiker. Er gehört dem Betriebsrat der Beklagten an. Die Beklagte ist ein Unternehmen der Pharma-Industrie. Durch Vertrag vom 25. Januar 1977 wurde der Kläger als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Außendienst in der Niederlassung D angestellt. In § 3 des Vertrages ist vereinbart, daß sich das Gehalt des Klägers "nach der Stellung und den Leistungen" entwickele und bei guten Leistungen eine Gratifikation in Aussicht gestellt werde.

Der Kläger bekleidet die Stelle eines "Außendienstmitarbeiters-Klinik". Die Beklagte führt ihn als außertariflichen Angestellten. Seine Bezüge haben sich vom Beginn des Arbeitsverhältnisses im Jahre 1977 bis 31. März 1991 von 2.800,00 DM brutto auf 6.750,00 DM gesteigert.

Die Beklagte teilte dem Kläger im April 1991 folgendes mit:

"Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, daß

Ihr Monatsgehalt ab dem 01. April 1991 auf

DM 7.050,-- brutto

erhöht wird. Bei dieser Gehaltsregulierung sind

Ihr Aufgaben- und Verantwortungsbereich, Ihre

Leistung und Ihre Einsatzbereitschaft berücksich-

tigt worden. Dieses Monatsgehalt ist gleichzeitig

die Bemessungsgröße für Ihre Firmenpension.

Zusätzlich zu der bereits im Dezember 1990 ge-

zahlten Grundgratifikation erhalten Sie im April

eine variable Gratifikation für 1990. Diese ist

im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation des

Unternehmens und Ihren persönlichen Anteil am Er-

folg des Unternehmens auf

DM 5.600,-- brutto

festgelegt worden.

Der Netto-Betrag wird Ihnen im April überwiesen.

Wie Sie wissen, handelt es sich bei der variablen

Gratifikation um eine freiwillige Leistung, auf

die ein Rechtsanspruch nicht besteht."

Der Kläger war mit der Höhe der ihm zugebilligten Gehaltserhöhung für die Zeit ab 1. April 1991 nicht einverstanden. Hierüber kam es zu Gesprächen und Schriftwechsel. Schließlich schrieb die Beklagte dem Kläger am 16. September 1991:

"1. Wir haben beschlossen, Ihre monatlichen Be-

züge rückwirkend ab 01. April 1991 um

DM 420,-- brutto (anstatt der ihnen mitge-

teilten Erhöhung um DM 300,-- brutto) auf

ein Gesamtgehalt von DM 7.170,-- brutto mo-

natlich zu erhöhen.

Dabei haben wir besonders auch Ihre erfor-

derliche Befreiung von der beruflichen Tä-

tigkeit zur Wahrnehmung Ihres Betriebsrats-

amtes berücksichtigt.

2. Ihre Argumentation, die aus Ihrer Sicht un-

befriedigende Gehaltsregulierung stelle für

Sie eine "Benachteiligung Ihrer Person

wegen Betriebsratstätigkeit" dar, betrach-

ten wir als unbegründet, wir weisen sie zu-

rück.

3. Die Bewertung Ihrer Arbeit durch Ihre Vor-

gesetzten ist grundsätzlich einheitlich.

Insbesondere weicht die Beurteilung von

Herrn S keineswegs von der Ihrer Vorge-

setzten hier in der Zentrale ab.

4. Die Grundsätze unserer Gehaltsregulierungen

sind von Ihnen nicht zutreffend wiedergege-

ben worden.

Für den Kreis der nichtleitenden AT-Mitar-

beiter haben wir keine Gehaltsbänder und

keine auschließlich an der Leistung orien-

tierten Regeln. Die Veränderungen werden

nach individuellen Gegebenheiten vorgenom-

men.

Die Aussage "für durchschnittliche Leistun-

gen" gäbe es einen "Zentralwert von

DM 500,--" ist unzutreffend. Richtig ist,

daß wir den Vorgesetzten u.a. empfohlen

haben, daß wir einen Betrag von DM 500,--

für "anhaltend gute Leistung" als angemes-

sen betrachten."

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Gehaltserhöhung nicht nur in Höhe der ihm schließlich gewährten 420,00 DM brutto, sondern von insgesamt 700,00 DM brutto monatlich zu. Er hat geltend gemacht, sein Anspruch folge aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Nachdem er zunächst behauptet hatte, alle ihm vergleichbaren Mitarbeiter hätten eine Gehaltserhöhung von 700,00 DM brutto pro Monat erhalten, hat er zuletzt vorgetragen: Eine Mitarbeiterin habe brutto eine Gehaltserhöhung von 700,00 DM erhalten, ein Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 650,00 DM, sieben Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 600,00 DM, drei Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 550,00 DM, ein Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 500,00 DM, drei Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 450,00 DM, drei Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 400,00 DM, zwei Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 350,00 DM und zwei Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 300,00 DM. Anders als vergleichbare AT-Mitarbeiter habe er überdurchschnittliche Umsätze und überdurchschnittliche Steigerungsraten erzielt. Daher sei es sachlich nicht zu rechtfertigen, daß seine Vergütung nur um 420,00 DM brutto pro Monat angehoben worden sei. Für ihn sei auch nicht durchschaubar, nach welchen Grundsätzen die Beklagte bei den Gehaltserhöhungen vorgegangen sei. Die Beklagte müsse diese Grundsätze offenbaren und gegebenenfalls beweisen, sich daran gehalten zu haben. Tatsächlich habe die Beklagte die Bezüge nach Gutdünken erhöht. Den Grund dafür, daß seine Bezüge nicht um 700,00 DM angehoben worden seien, könne er nur in seiner Betriebsratstätigkeit sehen. Sein Verkaufsgebiet sei wegen seiner Betriebsratstätigkeit im Jahre 1990 um 40 % verringert worden. Bei betriebsüblicher beruflicher Entwicklung hätte er ohne das Betriebsratsamt anstelle von nur 420,00 DM mindestens 500,00 DM brutto pro Monat als Gehaltssteigerung erhalten, denn die Beklagte habe im Durchschnitt allen mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmern eine Gehaltserhöhung in dieser Höhe gewährt. Die Differenz von (700,00 DM abzüglich 420,00 DM =) 280,00 DM hat er für die Zeit von April 1991 bis Dezember 1991 (= 9 Monate) mit der Zahlungsklage und für die Zeit ab 1. Januar 1992 mit der Feststellungsklage geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn

2.520,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem

6. Januar 1992 zu zahlen,

2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet

sei, ihm ab dem 1. Januar 1992 ein Bruttomo-

natsgehalt in Höhe von 7.450,00 DM brutto für

den "Gehaltsregulierungszeitraum 91/92" zu ge-

währen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat erwidert: Mit den Gehaltserhöhungen habe sie weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen noch § 37 Abs. 4 BetrVG mißachtet. Die Gehaltserhöhungen seien nicht nach Gutdünken durchgeführt worden. Im Durchschnitt habe zwar der zur Gehaltserhöhung zur Verfügung gestellte Betrag 490,00 DM brutto pro Arbeitnehmer betragen. Es sei aber nicht unsachlich, daß sie nicht jedem Arbeitnehmer den Durchschnittsbetrag zuerkannt habe, sondern die sehr unterschiedlichen Gehaltshöhen der mit dem Kläger vergleichbaren Mitarbeiter berücksichtigt und die Gehälter differenziert angehoben habe. Innerhalb dieser Gruppe zähle das Gehalt des Klägers mit 7.170,00 DM brutto ab 1. April 1991 zu den Spitzenbezügen. Ferner habe sie die Gehälter nach individuellen Gegebenheiten und leistungsbezogen angehoben. Insgesamt habe sie keine bestimmte Regel angewendet, sondern zum Teil individuelle Gesichtspunkte berücksichtigt. Der Grundbetrag einer allgemeinen Erhöhung zum Ausgleich der Preissteigerung sei weit überschritten. Die Preissteigerungsrate habe im Jahre 1991 nur 3,4 oder 3,5 % betragen, die Gehaltserhöhung des Klägers 6,22 %.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Weder ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt noch - dies wird vom Kläger in der Revisionsbegründung nicht mehr angegriffen - liegt ein Verstoß gegen § 37 Abs. 4 BetrVG vor.

I. Die Klage ist nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes begründet.

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung. Eine Gruppenbildung muß sachlichen Kriterien entsprechen. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt (ständige Rechtsprechung des BAG, statt vieler: Urteil vom 28. Juli 1992 - 3 AZR 173/92 - AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung = NzA 1993, 215, 216, m.w.N.). Dieser dem Privatrecht zuzuordnende allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz ist inhaltlich bestimmt durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG; er gehört nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dem vorstaatlichen überpositiven Recht an (BVerfGE 1, 208, 233; 6, 84, 91). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeits gerichts seit dessen Urteil vom 13. September 1956 (- 2 AZR 152/54 - AP Nr. 3 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, mit Anmerkung G. Hueck) verbietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen von einer allgemeinen begünstigenden Regelung willkürlich, d. h. ohne Vorliegen sachlicher Gründe, auszunehmen. Liegt ein sachlicher Grund nicht vor, so kann der übergangene Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung behandelt zu werden (BAGE 49, 346, 352 f. = AP Nr. 76 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, unter II 1 der Gründe, m.w.N.).

a) Im Bereich der Arbeitsvergütung wendet das Bundesarbeitsgericht den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz jedenfalls insoweit an, als es sich um freiwillige Lohnerhöhungen - oder die gleichgelagerte Frage des Verzichts des Arbeitgebers auf eine mögliche Anrechnung übertariflicher Lohnbestandteile auf eine Tariflohnerhöhung - handelt (so schon BAG Urteil vom 25. April 1959 - 2 AZR 363/58 - AP Nr. 15 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, mit Anmerkung G. Hueck). Dies betrifft nicht nur die Fälle, daß ein Arbeitgeber einer den Gesamtbereich des Arbeitslebens erfassenden Lohnwelle bei einer Mehrzahl seiner Arbeitnehmer Rechnung trägt (vgl. BAG Urteil vom 25. April 1959, aaO). Auch in unterschiedlichen, u. a. nach Leistungsgesichtspunkten bemessenen Lohn- oder Gehaltserhöhungen kann angesichts des Anstiegs der Preise und Gehälter in den Erhöhungsbeträgen eine lineare Komponente enthalten sein; jedenfalls von einem derartigen Grundbetrag darf der Arbeitnehmer nur unter Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgeschlossen werden (grundlegend: BAG Urteil vom 9. November 1972 - 5 AZR 224/72 - AP Nr. 36 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, mit Anmerkung G. Hueck). In seinen weiteren Entscheidungen ist vor allem der Fünfte Senat in seiner Rechtsprechung ständig davon ausgegangen, daß der Gleichbehandlungsgrundsatz auch auf freiwillige Gehaltserhöhungen anzuwenden ist, soweit sie auf einer Regelung des Arbeitgebers beruhen (Urteile vom 4. Februar 1976 - 5 AZR 83/75 -, vom 17. Mai 1978 - 5 AZR 132/77 -, vom 5. März 1980 - 5 AZR 881/78 - und vom 9. Juni 1982 - 5 AZR 501/80 - AP Nr. 40, 42, 44 und 51 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Auch der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts vertritt diese Ansicht (vgl. Urteil vom 10. März 1982 - 4 AZR 540/79 - AP Nr. 47, aaO). Dieser Rechtsprechung liegt die Wertung zugrunde, daß der Arbeitgeber an eine von ihm selbst gesetzte, aus seinem tatsächlichen Verhalten erkennbare Regel in der Weise gebunden ist, daß er nur aus sachlichen Gründen von ihr abweichen darf. Eine solche Regelhaftigkeit braucht andererseits nicht das Verhalten des Arbeitgebers zu einer bestimmten Frage insgesamt zu bestimmen, sondern es kann sich auch auf einen Teil der Entscheidung beschränken oder als einzelne Komponente nur einen bestimmten Teil der Entscheidung erfassen (vgl. BAG Urteil vom 11. September 1985 - 7 AZR 371/83 - BAGE 49, 346, 353 = AP Nr. 76 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).

b) Hiernach ist die Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Gehaltserhöhungen nicht auf die Fälle beschränkt, in denen die Gehälter insgesamt nach Maßgabe einer allgemeinen, gruppen- oder betriebseinheitlichen Regelung erhöht werden. Ein Leistungsanspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz kann aber bei Gehaltserhöhungen nur insoweit entstehen, als sich im tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers gegenüber anderen Arbeitnehmern eine Regelhaftigkeit feststellen läßt. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewährung einer Gehaltserhöhung in gleicher Höhe, wie sie anderen Arbeitnehmern gewährt worden ist, besteht daher nur dann, wenn der gesamte Umfang der Gehaltserhöhungen auf einer allgemeinen Regelung beruht. Auch bei unterschiedlichen Erhöhungen kann ein Teilbetrag auf einer allgemeinen Regelung beruhen und z. B. als Teuerungsausgleich gewährt werden (BAG Urteil vom 11. September 1985, aaO, zu II 3 der Gründe), ein anderer Teil dagegen nicht. Einen Anspruch darauf, daß der Arbeitgeber eine umfassende, lückenlose allgemeine Regelung auch der Höhe nach aufstellt, hat der einzelne Arbeitnehmer nicht. Eine derartige Verteilungsregelung kann nur der Betriebsrat unter dem Gesichtspunkt der Verteilungsgrundsätze für das vom Arbeitgeber bestimmte Verteilungsvolumen verlangen (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG).

2. Von diesen Grundsätzen ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.

a) Insoweit hat es ausgeführt: Als eine dem Grundsatz der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung unterliegende Komponente der in Rede stehenden Gehaltserhöhungen sei der Ausgleich der Preissteigerungsrate anzusehen. Die Beklagte habe den Kläger nicht völlig von der Gehaltserhöhung ausgeschlossen, sondern ihm eine deutlich über der Preissteigerungsrate liegende Erhöhung von 420,00 DM brutto im Monat zugebilligt, wobei vergleichbare Arbeitnehmer im Schnitt eine Erhöhung von 490,00 DM bis 500,00 DM brutto erhalten hätten, sich aber die Einzelerhöhungen nach dem von der Beklagten nicht bestrittenen Vortrag des Klägers zwischen 300,00 DM brutto und 700,00 DM brutto pro Monat bewegten. Eine solche Konstellation sei nicht geeignet, aus Gründen der Gleichbehandlung einen Anspruch auf eine weitere Gehaltserhöhung zu begründen. Den ihm allenfalls zustehenden Sockelbetrag zum Inflationsausgleich habe der Kläger erhalten; seine Gehaltserhöhung habe über der Preissteigerungsrate gelegen. Jedenfalls könne sich die Beklagte auf sachliche Gründe für den Umfang der Gehaltserhöhung des Klägers berufen. Die Bezüge des Klägers hätten sich in der Vergangenheit im obersten Bereich bewegt. Die Beklagte habe im Einzelfall die Gehälter nur deshalb stärker angehoben, um die Vergütungsabstände zwischen dem Kläger und anderen vergleichbaren Arbeitnehmern zu verringern. Dies sei ein sachlicher und billigenswerter Grund. Dabei werde auch nicht übersehen, daß die durch den Umsatz ausgewiesene herausragende Leistung des Klägers ausschlaggebend bleibe. Der Umsatzerfolg sei nicht der alleinige Maßstab gewesen. Im übrigen sei die Beklagte, selbst wenn sie entscheidend auf den Umsatz abgestellt hätte, nicht gehindert gewesen, in dem Bereich oberhalb des Inflationsausgleichs die Gehälter individuell zu erhöhen.

b) Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind nicht zu beanstanden. Die Revision zeigt keine rechtlichen Gesichtspunkte auf, die zu einem anderen Ergebnis führten. Die Erklärung der Beklagten, sie habe den Vorgesetzten "u. a. empfohlen, daß wir einen Betrag von 500,00 DM für 'anhaltend gute Leistung' als angemessen betrachten", läßt ein regelhaftes Verhalten der Beklagten erkennen, soweit es um die Bemessung der Gehaltserhöhungen für die gesamte Gruppe der Arbeitnehmer gehe, der der Kläger angehört. Indes beschränkt sich diese "Regelung" nicht etwa nur darauf, die anhaltend guten Leistungen als Maßstab festzulegen; sie umfaßt auch, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, andere Komponenten, vor allem auch die sehr unterschiedliche Höhe der Gehälter in der maßgeblichen Arbeitnehmergruppe. Diese Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind für das Revisionsgericht bindend, da sie nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden sind (vgl. § 561 Abs. 2 ZPO). Die Beklagte hat diese Regeln auch eingehalten.

3. Die Klage ist auch nicht mangels Beteiligung des Betriebsrats bei der Aufstellung von Verteilungsgrundsätzen begründet. Selbst wenn der Verteilungsplan für die Gehaltserhöhungen ohne Beachtung von § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG aufgestellt worden sein sollte, führte dies nicht zu Zahlungsansprüchen des Klägers. Dem Grundsatz der Wirksamkeitsvoraussetzung kann in der Regel nicht entnommen werden, daß bei Verletzung eines Mitbestimmungsrechts Zahlungsansprüche entstehen, die bisher nicht bestanden haben (BAG Urteil vom 20. August 1991 - 1 AZR 326/90 - AP Nr. 50 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung).

II. Ebensowenig ist die Klage - auch nicht teilweise - nach § 37 Abs. 4 BetrVG begründet. Dies hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend erkannt. Insoweit greift der Kläger die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts auch nicht weiter an. Sie sind auch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine "betriebsübliche berufliche Entwicklung" entsteht aus einem gleichförmigen Verhalten des Arbeitgebers und einer bestimmten Regel. Beförderungen und Gehaltsentwicklungen ohne Beförderungen müssen so typisch sein, daß nach den betrieblichen Gegebenheiten grundsätzlich, also wenigstens in der Mehrzahl der vergleichbaren Fälle, damit gerechnet werden kann, daß es bestimmte Gehaltsentwicklungen gibt (vgl. zuletzt für den Fall des beruflichen Aufstiegs: BAG Urteil vom 15. Januar 1992 - 7 AZR 194/91 - AP Nr. 84 zu § 37 BetrVG 1972). Tatsachen, aus denen folgen könnte, daß der Kläger unter dem Gesichtspunkt der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung nach § 37 Abs. 4 BetrVG einen Anspruch darauf hätte, seine Bezüge für den Streitzeitraum um monatlich 700,00 DM oder auch nur 500,00 DM oder schließlich nur 490,00 DM brutto anstelle der gewährten 420,00 DM brutto zu erhöhen, hat der Kläger nicht vorgetragen.

Griebeling Reinecke Schliemann

Horst Kraft Müller

 

Fundstellen

Haufe-Index 440397

BAGE 00, 00

BAGE, 272

BB 1995, 409

BB 1995, 409-410 (LT1-2)

NJW 1995, 1309

NJW 1995, 1309-1310 (LT)

BuW 1995, 292 (K)

EBE/BAG 1995, 34-36 (LT1-2)

AiB, 360-361 (LT1-2)

WiB 1995, 711-712 (LT)

ARST 1995, 104-105 (LT1-2)

NZA 1995, 939-940 (LT1-2)

ZAP, EN-Nr 211/95 (S)

AP § 242 BGB Gleichbehandlung (LT1-2), Nr 121

AR-Blattei, ES 800 Nr 108 (LT1-2)

EzA-SD 1995, Nr 4, 7-9 (LT1-2)

EzA § 242 BGB Gleichbehandlung, Nr 61 (LT1-2)

EzBAT § 8 BAT, Nr 19 (LT1-2)

MDR 1995, 935-936 (LT)

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