Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückgewähr von Ausbildungskosten bei Wechsel im öffentlichen Dienst

 

Leitsatz (redaktionell)

Wegen der sogenannten "Einheit des öffentlichen Dienstes" sind Rückzahlungsklauseln für Ausbildungskosten nicht schon von vornherein für den Fall unwirksam, daß Lehrer von einem Bundesland in ein anderes wechseln (Bestätigung von BAG Urteil vom 9. November 1972 - 5 AZR 252/72 = AP Nr 45 zu Art 12 GG, gegen LAG Bremen Urteil vom 25. Januar 1984 - 4 Sa 122/83 = AP Nr 7 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe).

 

Normenkette

BGB § 611; GG Art. 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Entscheidung vom 25.01.1984; Aktenzeichen 4 Sa 122/83)

ArbG Bremen (Entscheidung vom 03.02.1983; Aktenzeichen 1 Ca 1437/82)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin einen Teil des ihr während einer Ausbildung in einem Kompaktkurs "Deutsch für Ausländer" an der Universität Bremen weitergewährten Gehalts zurückzuzahlen.

Die Beklagte war ab 1. Februar 1978 bei der Klägerin als angestellte Lehrerin beschäftigt. Zunächst wurde sie als Vertretungslehrkraft befristet bis zum 31. Juli 1978 mit einer regelmäßigen Pflichtstundenzahl von 14 Wochenstunden eingestellt. Nachdem sie sich bereit erklärt hatte, an einem an der Universität Bremen durchgeführten "Kompaktkurs Deutsch für Ausländer" teilzunehmen, wurde sie während des Laufs dieses befristeten Arbeitsvertrages durch einen am 9. Mai 1978 geschlossenen neuen Arbeitsvertrag mit Wirkung vom 1. April 1978 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Sie wurde zunächst in die VergGr. III BAT eingruppiert. Durch Vertrag vom 29. Mai 1979 wurde sie mit Wirkung vom 1. Februar 1978 in die VergGr. II a BAT höhergruppiert.

In der Zeit vom 1. April 1978 bis zum 31. Juli 1979 nahm die Beklagte vertragsgemäß an dem 16 Monate dauernden Kompaktkurs teil. Während dieser Zeit war ihre Pflichtstundenzahl bei voller Vergütung von 27 Wochenstunden um 21 Wochenstunden auf 6 Wochenstunden verkürzt.

§ 4 des Arbeitsvertrages vom 9. Mai 1978 lautet wie folgt:

"§ 4

Nach erfolgreicher Teilnahme am Kompaktkurs ist

der/die Angestellte verpflichtet, für die Dauer

des Bedarfs an Schulen des Primarbereichs und des

Sekundarbereichs I als vollbeschäftigte Lehrkraft

mit durchschnittlich 2/3 der regelmäßigen Pflicht-

stundenzahl in Vorbereitungskursen und Kleingruppen

mit ausländischen Schülern - ggf. auch an mehr als

einer Schule - zu unterrichten. Nach 5 Jahren kann

der Umfang des Einsatzes unter Berücksichtigung der

Bedarfslage und der Arbeitsbelastung überprüft wer-

den.

Scheidet der/die Angestellte vor Ablauf von 5 Jah-

ren auf eigenen Wunsch oder aus einem von ihm/ihr

zu vertretenden Grunde aus, so hat er/sie für jedes

nicht voll abgeleistete Beschäftigungsjahr (Ver-

pflichtungsjahr) 1/5 der für die Zeit der Teilnahme

am Kompaktkurs gezahlten anteiligen Vergütung (21/27)

ohne besondere Aufforderung in einer Summe zu er-

statten.

Wird die Teilnahme am Kompaktkurs vorzeitig aus

einem von dem/der Angestellten zu vertretenden

Grunde abgebrochen bzw. beendet, oder wird das Ar-

beitsverhältnis aus wichtigem Grunde gekündigt, so

hat er/sie die bis dahin während dieser Teilnahme

gezahlte anteilige Vergütung (21/27) unaufgefordert

in einer Summe zu erstatten."

Der Kompaktkurs schloß nicht mit einer benoteten Sonderprüfung oder einem allgemein anerkannten Abschluß ab und hatte auch weder eine besoldungsrechtliche Höherstufung noch eine Erweiterung der Lehrbefähigung der Beklagten zur Folge. Die Kursteilnehmer erhielten eine zusätzliche Ausbildung zum Unterricht für ausländische Schüler in der Primarstufe, indem sie an einem unter fachwissenschaftlicher Leitung ausgearbeiteten Programm von Theorie-Praxis-Veranstaltungen der Universität und des Wissenschaftlichen Instituts für Schulpraxis teilnahmen. Die Beklagte erwarb dadurch auch sprachliche Grundkenntnisse in Türkisch. Daneben wurden in diesem Kurs auch die sozialen, kulturellen und politischen Verhältnisse und Hintergründe des Herkunftslandes der zukünftigen Schüler erörtert sowie die speziellen pädagogischen, didaktischen und methodischen Voraussetzungen für den Umgang und den Unterricht mit Ausländerkindern gelehrt. Die Klägerin wollte mit diesen Kompaktkursen einerseits die schulische Versorgung der Ausländerkinder verbessern, andererseits einen Beitrag zum Abbau der Lehrerarbeitslosigkeit leisten.

Im Jahr 1982 beantragte die Beklagte, wegen einer beabsichtigten Eheschließung nach Berlin versetzt zu werden. Nach längeren Verhandlungen zwischen den beteiligten Schulbehörden schied sie am 31. Juli 1982 aus dem Schuldienst der Klägerin aus und wechselte unmittelbar in den Schuldienst des Landes Berlin über. Dort wurde sie nicht mehr nach der VergGr. II a BAT, sondern nach III BAT bezahlt. Mit Erlaß vom 9. September 1982 stellte der Senator für das Schulwesen, Jugend und Sport des Landes Berlin fest, daß die Beklagte lediglich die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis als Lehrkraft der Besoldungsgruppe A 12 erfülle, da die Teilnahme an dem Kompaktkurs in Bremen weder "lehrbildungsrechtlich noch besoldungsrechtlich eine Erweiterung der Lehrbefähigung" (Lehrer mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern Besoldungsgruppe A 13) bewirkt habe.

Bereits während der Versetzungsverhandlungen hatte die Klägerin die Beklagte auf die bei einem Wechsel nach Berlin entstehende Rückzahlungsverpflichtung hingewiesen. Mit Schreiben vom 2. Juli 1982 teilte der Senator für Bildung in Bremen der Beklagten mit, daß der nach § 4 des Anstellungsvertrages zurückzuzahlende Betrag sich auf 19.256,04 DM belaufe. Die Höhe des Rückzahlungsbetrages hat die Klägerin aus den Bruttobezügen der Beklagten in der Zeit vom 1. April 1978 bis 31. Juli 1979 in Höhe von 51.809,03 DM zuzüglich der Arbeitgeberanteile für Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, Zuschüsse zur freiwilligen Krankenversicherung und darauf entfallende pauschale Lohn- und Kirchensteuer in Höhe von 10.085,37 DM, insgesamt 61.894,40 DM berechnet. 21/27 dieser Summe ergeben 48.140,09 DM, 2/5 hiervon 19.256,04 DM.

Die Beklagte zahlte auf diese Forderung nichts. Die Klägerin hat nunmehr den Gesamtbetrag mit der am 6. Oktober 1982 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei mit Rücksicht auf § 4 des Arbeitsvertrages verpflichtet, 2/5 der anteiligen Vergütung für die Dauer des Kompaktkurses zurückzuzahlen, da sie nur drei der vereinbarten fünf Jahre nach erfolgreicher Teilnahme an dem Kurs in ihrem Schuldienst verblieben sei. Die Rückzahlungsklausel sei üblich und personalpolitisch erforderlich, um den Schulunterricht für ausländische Kinder im Lande Bremen für längere Zeit sicherzustellen und um die zusätzlichen Aufwendungen für die geförderten Lehrkräfte zu amortisieren. Die der Beklagten abverlangte Betriebstreue sei dieser schon angesichts der erheblichen Ausbildungskosten und der Freistellung vom Unterricht in der Ausbildungszeit um mehr als 3/4 der Pflichtstundenzahl zumutbar. Darüber hinaus könne die Beklagte die in dem Kompaktkurs erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten auch anderweitig verwerten. Wenn sie auch keinen allgemein anerkannten Abschluß mit Erweiterung der Lehrbefähigung erworben habe, stelle die zusätzliche Ausbildung doch einen Wettbewerbsvorteil bei der Einstellung in anderen Bundesländern dar. Insbesondere habe die Beklagte allein aufgrund ihrer Verpflichtung zur Teilnahme am Kursus und zur Unterrichtung von Ausländerkindern einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten. Das Rückforderungsverlangen verstoße auch nicht gegen Art. 6 GG, da die Beklagte unstreitig bis heute nicht verheiratet sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die

Klägerin 19.256,04 DM nebst 4 % Zinsen

seit dem 13. Oktober 1982 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Rückzahlungsklausel sei wegen Verstoßes gegen Art. 12 GG unwirksam. Sie habe durch die Teilnahme an dem Kompaktkurs keinerlei geldwerte Vorteile erhalten. Insbesondere wäre sie auch ohne die Teilnahme an dem Kompaktkurs in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis im bremischen Schuldienst übernommen worden. Bei der Kursteilnahme habe es sich lediglich um eine zum Inhalt des Arbeitsvertrages gemachte Fortbildungsmaßnahme zur Einarbeitung auf einem konkreten Arbeitsplatz gehandelt, die Teilnahme habe mithin allein im Interesse der Klägerin gelegen. Weiterhin könne die Klägerin schon unter dem Gesichtspunkt der Einheit des öffentlichen Dienstes ihre Rückzahlungsforderung nicht geltend machen, da sie im Schuldienst, wenn auch des Landes Berlin, verblieben sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Ergebnis unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an die Klägerin 2/5 der ihr während des Besuchs des Kompaktkurses an der Universität gewährten Vergütung zurückzuzahlen.

I. 1. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem in AP Nr. 7 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe veröffentlichten Urteil angenommen, nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen über die Zulässigkeit von Bindungsklauseln und deren Dauer sei allenfalls eine Bindung von drei Jahren zulässig. Bei nicht ganz unerheblichen Ausbildungszeiten betrage die Höchstdauer der Bindungswirkung in der Regel drei Jahre; bei 18 Monate übersteigenden Ausbildungszeiten dürfe der Arbeitnehmer für die doppelte Ausbildungszeit durch Rückzahlungsklauseln in der freien Wahl seines Arbeitsplatzes eingeschränkt werden. Die Beklagte habe jedoch durch die Teilnahme an dem Kurs keinen so erheblichen Vorteil erlangt, daß eine über den Zeitraum von drei Jahren hinausgehende Bindung gegen Art. 12 GG verstoße und damit unwirksam sei. Die Rückzahlungsklausel greife aber auch deshalb nicht ein, weil die Beklagte im öffentlichen Dienst verblieben sei. Wegen des Grundsatzes der Einheit des öffentlichen Dienstes werde die Rückzahlungsklausel deshalb nicht wirksam.

II. Das angefochtene Urteil hält nur im Ergebnis und in seiner Hauptbegründung einer rechtlichen Überprüfung stand.

1. a) Das nicht rechtskräftig gewordene Urteil des Landesarbeitsgerichts ist mit von dem Gericht vorangestellten Leitsätzen veröffentlicht worden (AP Nr. 7 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe). Der Leitsatz zu II lautet: "Bei dem Wechsel von Lehrern von einem Bundesland in ein anderes muß entgegen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von 'der Einheit des öffentlichen Dienstes' ausgegangen werden mit der Folge, daß bei einem Wechsel Rückzahlungsklauseln nicht wirksam werden."

In den Entscheidungsgründen hat das Berufungsgericht die Frage, inwieweit Rückzahlungsklauseln bei Wechsel zwischen Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes anzuerkennen sind, nur in seiner Hilfsbegründung behandelt. Zuvor hat es ausgeführt, die Kammer halte die vereinbarte Bindung im Hinblick auf die Dauer der Ausbildung generell nur für drei Jahre für zulässig. Im Rahmen einer hilfsweise angestellten Einzelabwägung heißt es u. a., die Kammer vertrete die Auffassung, beim Wechsel von Lehrern innerhalb des öffentlichen Dienstes komme eine Rückzahlung der Ausbildungsbeihilfe auch deshalb nicht in Frage, weil entgegen der Annahme des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil vom 9. November 1972 - 5 AZR 252/72 - (AP Nr. 45 zu Art. 12 GG) bei Lehrern die Ausbildung gerade nicht maßgebend sei für die Chancen, den Arbeitsplatz zu wechseln. Hinzu komme, daß die Dienstherren untereinander nicht bereit seien, die Ausbildungskosten auszugleichen. Deshalb sei eine Rückzahlung der Ausbildungskosten ausgeschlossen, mindestens müsse dieser Gesichtspunkt in die Interessenabwägung einfließen.

b) Das angefochtene Urteil erweist sich als widersprüchlich, weil es in der Hauptbegründung annimmt, die Zahlungspflicht sei nur zeitlich zu begrenzen, andererseits hilfsweise ausführt, bei einem Wechsel von Lehrern zwischen den Bundesländern sei eine Zahlung ausgeschlossen. Dabei läßt das Landesarbeitsgericht noch offen, ob der erörterte Gesichtspunkt nicht nur bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen ist. Entscheidend kommt hinzu, daß das angefochtene Urteil für den in seinem Leitsatz der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entgegengesetzten Grundsatz keine tragfähige Begründung gegeben hat. Der Senat hält daher an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fest. Gerade die im vorliegenden Falle zutage getretenen Umstände rechtfertigen dies. Das Grundgesetz hat das Schulwesen - vorbehaltlich des Art. 91 a GG - der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder zugewiesen. Der Bund hat auf diesem Gebiet weder eine Gesetzgebungsbefugnis noch eine Verwaltungshoheit (Art. 7, 30 und 70 ff. GG). Daraus ergibt sich eine weitgehende Gestaltungsfreiheit der Länder bei der Festlegung von Erziehungsprinzipien und Unterrichtsgegenständen; sie ist nur eingeschränkt, soweit übergeordnete Normen des Grundgesetzes ihr Grenzen setzen (BVerfGE 34, 165, 181). Diese Befugnis der Länder hat zu unterschiedlichen Strukturen und Zielsetzungen im Schulbereich geführt. Daraus folgen, wie der vorliegende Fall zeigt, unterschiedliche Anforderungen an die Lehrkräfte, die für besondere Aufgaben zusätzliche Ausbildungen bedingen. Verfolgt ein anderes Land solche Richtungen nicht, so kann nicht davon gesprochen werden, daß es wegen der "Einheit des öffentlichen Dienstes" geboten sei, den Arbeitnehmer nicht mit Ausbildungskosten zu belasten. Denn für den aufnehmenden Dienstherrn kann, wie sich vorliegend zeigt, die besondere Ausbildung für das von ihm verfolgte schulische Konzept ganz unerheblich sein. All dies bedingt es, daß gerade der zu beurteilende Sachverhalt nicht veranlaßt, die Zulässigkeit von Rückzahlungsvereinbarungen bei Wechsel der Dienstherren im Bereich des öffentlichen Dienstes anders als bisher zu beurteilen.

2. Die Beklagte ist jedoch gleichwohl nicht zur Rückzahlung eines Teiles der ihr gewährten Vergütung verpflichtet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Arbeitsvertragsparteien vereinbaren, daß Ausbildungskosten, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer aufgewendet hat, von diesem zurückzuzahlen sind, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf bestimmter Fristen beendet. Das gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Zahlungsverpflichtungen, die an die vom Arbeitnehmer ausgehende Kündigung anknüpfen, können das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 GG beeinträchtigen. Deshalb kommt es darauf an, ob den möglichen Nachteilen für den Arbeitnehmer ein angemessener Ausgleich gegenübersteht. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen. Die Rückzahlungspflicht muß vom Standpunkt eines verständigen Betrachters aus einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entsprechen; der Arbeitnehmer muß mit der Ausbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhalten haben. Insgesamt muß die Erstattungspflicht dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zumutbar sein. Dabei kommt es u. a. auf die Dauer der Bindung, den Umfang der Fortbildungsmaßnahme, die Höhe des Rückzahlungsbetrages und dessen Abwicklung an (vgl. BAG 13, 168, 174 ff. = AP Nr. 25 zu Art. 12 GG, zu II 1 der Gründe; BAG 28, 159, 163 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, zu II 1 a der Gründe; BAG Urteile vom 19. März 1980 - 5 AZR 362/78 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, vom 23. Februar 1983 - 5 AZR 531/80 - BAG 42, 48 = AP Nr. 6 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe und vom 11. April 1984 - 5 AZR 430/82 - AP Nr. 8 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe = DB 1984, 2411 f. = NZA 1984, 288 f., jeweils m. w. N.; ebenso BGH Urteil vom 5. Juni 1984 - VI ZR 279/82 - NZA 1984, 290).

3. a) Der Senat hat mit Urteil vom 11. April 1984 (aaO) erkannt, eine Lehrgangsdauer bis zu zwölf Monaten rechtfertige in der Regel nur dann eine längere Bindung als drei Jahre nach Abschluß der Ausbildung, wenn durch die Teilnahme am Lehrgang eine besonders hohe Qualifikation verbunden mit überdurchschnittlichen Vorteilen für den Arbeitnehmer entstehe. Er hat hieran in dem unveröffentlichten Urteil vom 23. Januar 1985 - 5 AZR 578/83 - festgehalten. Auch im vorliegenden Fall ist eine drei Jahre überschreitende Bindungsfrist unangemessen und damit unwirksam. Zwar überschreitet die Dauer der Ausbildung die vom Senat in den vorgenannten Entscheidungen gezogene Grenze von zwölf Monaten um vier Monate. Dabei darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Beklagte während der gesamten Ausbildungszeit immerhin 22,2 % der geschuldeten Arbeitsleistung erbracht hat, während in den bisher entschiedenen Fällen die betreffenden Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung völlig freigestellt waren. Entscheidend ist jedoch, worauf bereits das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, daß der Besuch des Kurses unstreitig zu keiner Verbesserung der besoldungsrechtlichen Stellung der Beklagten führte, und zwar weder im Dienst der Klägerin noch in anderen Bundesländern. Selbst wenn man im übrigen unterstellt, daß die Klägerin der Beklagten nur mit Rücksicht auf die Teilnahme an dem Kursus und die damit verbundene Rückzahlungsverpflichtung einen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten hat, ist der darin angesichts der derzeitigen Lehrerarbeitslosigkeit liegende Vorteil für die Beklagte nicht so groß, um eine mehr als dreijährige Bindungsdauer zu rechtfertigen.

b) Auch die Höhe der von der Klägerin gezahlten Vergütung kann im Gegensatz zu der Auffassung der Revision nur eine untergeordnete Rolle spielen (BAG 28, 159, 166 = AP Nr. 3 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, zu II 5 der Gründe). Sie ist von der Art der Ausbildung und dem Ausbildungsort abhängig und sagt nichts aus über die Vorteile, die der Arbeitnehmer durch die Ausbildung erhält. Insbesondere hängt gerade die Höhe der Kosten entscheidend von der vor Beginn des Lehrgangs gezahlten Vergütung des Arbeitnehmers und der Dauer des Lehrgangs ab, also von Umständen, die bereits als solche in die Abwägung einzubeziehen sind (BAG Urteil vom 11. April 1984, aaO).

4. Ist nach alledem eine Bindungsdauer von fünf Jahren unzulässig lang, so ist sie entsprechend der vertraglichen Regelung auf ein angemessenes Maß zurückzuführen (BAG Urteile vom 24. Januar 1963 - 5 AZR 100/62 - AP Nr. 29 zu Art. 12 GG, zu II 3 der Gründe und vom 20. Februar 1975 - 5 AZR 240/74 - AP Nr. 2 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe, zu II 4 a (1) der Gründe). Nach der Entscheidung des Senats vom 11. April 1984 (aaO) ist eine Bindung von drei Jahren angemessen, insbesondere dann, wenn eine zeitanteilige Kürzung des Rückzahlungsbetrages eintritt, je nach Dauer der Arbeitsleistung der Beklagten nach Lehrgangsabschluß. Da die Beklagte aber drei Jahre lang in den Diensten der Klägerin verblieben ist, hat diese keinen Rückzahlungsanspruch mehr.

Dr. Thomas Michels-Holl Schneider

Liebsch Werner

 

Fundstellen

Haufe-Index 439809

EzB BGB § 611 Aus- und Weiterbildungskosten, Nr 27 (L1)

AP § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe (LT1), Nr 9

AR-Blattei, ES 1340 Nr 2 (LT1)

AR-Blattei, Rückzahlungsklauseln Entsch 2 (LT1)

RiA 1986, 11-11 (T)

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