Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifrecht öffentl. Dienst. Gleichbehandlung. Prozessrecht. Vergütung gemäß kollektiven Entlohnungsgrundsätzen. Nachbindung und Nachwirkung von Tarifverträgen. Gleichbehandlungsgrundsatz. betriebliche Vergütungsordnung nach Wegfall der Tarifbindung. Mitbestimmung des Betriebsrats/Personalrats bei Änderung von Entlohnungsgrundsätzen. individualrechtliche Folgen kollektiver Lohnabreden. Anforderungen an Revisionsbegründung

 

Leitsatz (amtlich)

Einzelvertraglich vereinbarte Vergütungsleistungen sind unter Beachtung der im Betrieb oder der Dienststelle geltenden Entlohnungsgrundsätze zu gewähren. Dies kann dazu führen, dass vom Arbeitgeber Leistungen erbracht werden müssen, die als solche vertraglich nicht gesondert ausgewiesen sind.

 

Orientierungssatz

1. Tarifverträge erstrecken sich im Zustand der Nachwirkung nicht auf ein neu begründetes Arbeitsverhältnis.

2. Im bloßen Normenvollzug durch den Arbeitgeber und dessen Begrenzung auf die Normunterworfenen liegt keine willkürliche Ungleichbehandlung im Sinne des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

3. Schon während der Dauer der Tarifbindung des Arbeitgebers stellen die tariflichen Entlohnungsgrundsätze die im Betrieb oder einer Dienststelle geltenden Entlohnungsgrundsätze iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG oder § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG Berlin dar. Nach Wegfall der Tarifbindung ist deren Änderung möglich, bedarf aber der Zustimmung des Betriebs- bzw. Personalrats.

4. Individuelle Lohnabreden sind vom Arbeitgeber nach Maßgabe der geltenden kollektiven Entlohnungsgrundsätze zu erfüllen, soweit dies möglich ist. Das kann zur Folge haben, dass der Arbeitgeber Leistungen erbringen muss, die zu Abreden im Arbeitsvertrag zwar nicht im Widerspruch stehen, dort aber nicht eigens vorgesehen sind.

5. Vom Revisionskläger kann bei der Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil nicht mehr an Begründung verlangt werden, als vom Berufungsgericht selbst aufgewendet.

 

Normenkette

TVG §§ 4, 3 Abs. 3; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; PersVG Berlin § 85 Abs. 1 Nr. 10; ZPO § 551 Abs. 3 Nr. 2a

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Urteil vom 19.10.2006; Aktenzeichen 5 Sa 1031/06)

ArbG Berlin (Urteil vom 02.05.2006; Aktenzeichen 96 Ca 26655/05)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 19. Oktober 2006 – 5 Sa 1031/06 – teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 2. Mai 2006 – 96 Ca 26655/05 – teilweise abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 5.668,31 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.706,33 Euro brutto seit dem 15. November 2004, aus 255,65 Euro brutto seit dem 15. Juli 2005 und aus 2.706,33 Euro brutto seit dem 15. November 2005 zu zahlen.

3. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits hat zu 10/17 das beklagte Land, zu 7/17 die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Einmalzahlungen für die Jahre 2004 und 2005.

Die Klägerin ist Lehrerin. Am 15. August 2002 schloss sie mit dem beklagten Land einen bis zum 31. Juli 2004 befristeten Arbeitsvertrag. Danach wurde sie mit 24 von 27,5 wöchentlichen Pflicht-Unterrichtsstunden als angestellte Lehrkraft beschäftigt. Nach § 5 des Vertrags bestimmte sich das Arbeitsverhältnis “nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT/BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung”. Nach § 6 des Vertrags galten für die Vergütung die Richtlinien des beklagten Landes “über die Vergütung der unter den BAT … fallenden Lehrkräfte”. Die Klägerin erhielt eine Vergütung nach VergGr. IVa BAT/BAT-O.

Bei Vertragsschluss im August 2002 waren beide Parteien tarifgebunden. Das beklagte Land trat mit Wirkung zum 8. Januar 2003 aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder aus. Am 31. Januar 2003 wurde der 78. Tarifvertrag zur Änderung des BAT geschlossen. Die Tarifverträge über eine Zuwendung für Angestellte und ein Urlaubsgeld für Angestellte wurden von der Tarifgemeinschaft deutscher Länder zum 30. Juni 2003 bzw. 31. Juli 2003 gekündigt. Am 31. Juli 2003 schloss das beklagte Land mit der Gewerkschaft ver.di einen “Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes”. Vom ihm werden Lehrkräfte nicht erfasst. Seit dem 1. August 2003 wendet das beklagte Land bei Lehrkräften, die neu eingestellt werden, die Tarifverträge über eine Zuwendung und ein Urlaubsgeld für Angestellte nicht mehr an.

Am 12. August 2004 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, nach dessen Regelungen die Klägerin nunmehr als vollbeschäftigte Lehrkraft und auf unbestimmte Zeit tätig ist. Gem. § 4 des Vertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis

“nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) bis zum 8. Januar 2003 geltenden Fassung sowie den Regelungen, die bis zum 8. Januar 2003 für [das beklagte Land] gegolten haben und zwar auch solchen, die sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Nachwirkung (§ 4 Abs. 5 TVG) befanden. Dazu gehören insbesondere die … bis dahin vereinbarten Tarifverträge über die Arbeitsbedingungen der Angestellten. Abweichend von Unterabs. 1 findet der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 und der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung”.

Nach § 5 des Vertrags gelten weiterhin die sog. Lehrer-Richtlinien des beklagten Landes. Wie zuvor erhält die Klägerin eine Vergütung nach VergGr. IVa BAT.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land sei verpflichtet, ihr weiterhin die Jahreszuwendung und das Urlaubsgeld in tariflicher Höhe zu zahlen. Dies folge daraus, dass sie im Jahr 2004 nicht neu eingestellt, sondern ihr bestehender Arbeitsvertrag nur “entfristet” worden sei. Die Tarifverträge über eine Zuwendung und Urlaubsgeld wirkten deshalb in ihrem Arbeitsverhältnis nach. Das beklagte Land sei zudem aus Gründen der Gleichbehandlung zur Leistung von Jahreszuwendung und Urlaubsgeld auch an Lehrkräfte verpflichtet. Der Zahlungsanspruch ergebe sich ferner aus einem Verstoß gegen Mitbestimmungsrechte des Personalrats nach § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG Berlin. Die Entscheidung des beklagten Landes, den Lehrkräften Jahreszuwendung und Urlaubsgeld ab dem 1. August 2003 nicht mehr zu gewähren, stelle eine Änderung von Entlohnungsgrundsätzen dar, die der Zustimmung des Personalrats bedurft habe. Aus deren Fehlen folge die Verpflichtung zur Weitergewährung der Leistungen. Die Klägerin hat die Höhe der sich für sie ergebenden jährlichen Zuwendungen der Jahre 2004 und 2005 unwidersprochen mit je 2.706,33 Euro angegeben.

Die Klägerin hat beantragt,

1. das beklagte Land zu verurteilen, an sie 5.668,31 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.706,33 Euro brutto seit dem 15. November 2004, aus 255,65 Euro brutto seit dem 15. Juli 2005 und aus 2.706,33 Euro brutto seit dem 15. November 2005 zu zahlen;

2. festzustellen, dass auf ihr Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag über Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 und der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in der am 7. Januar 2003 geltenden Fassung Anwendung finden.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Ansicht vertreten, die Parteien hätten ihr Arbeitsverhältnis mit dem Vertrag vom 12. August 2004 neu begründet. Es sei weder vertraglich noch tariflich oder nach Gleichbehandlungsgrundsätzen gehalten, der Klägerin die Jahreszuwendung und das Urlaubsgeld zu zahlen. Das beklagte Land hat ferner gemeint, durch den Ausschluss von Jahreszuwendung und Urlaubsgeld in den Arbeitsverträgen mit neu eingestellten Lehrkräften hätten sich die bisherigen Entlohnungsgrundsätze nicht geändert. Es habe lediglich bestimmte Leistungen nach Wegfall seiner Tarifbindung nicht mehr gewährt. Dies sei auch deshalb mitbestimmungsfrei möglich, weil es seine Absicht, die Personalkosten zu senken, angesichts seiner Bindung an die Lehrer-Richtlinien anders nicht umsetzen könne.

Die Vorinstanzen habe die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Zahlungsantrag zu Unrecht abgewiesen. Der Anspruch der Klägerin folgt aus § 611 BGB iVm. den in ihrer Dienststelle geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Der Feststellungsantrag ist unbegründet.

I. Die Revision ist zulässig. Dies gilt auch bezüglich des Feststellungsbegehrens. Zwar handelt es sich bei diesem um einen vom Zahlungsbegehren unabhängigen, selbständigen Streitgegenstand, mit dessen Behandlung sich die Revisionsbegründung nicht auseinandersetzt. Dazu war sie jedoch gem. § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Nr. 2a ZPO auch nicht gehalten. Das prozessuale Gebot einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil reicht nicht weiter als von dessen Gründen vorgegeben. Vom Rechtsmittelführer kann nicht mehr an Begründung verlangt werden als vom Gericht seinerseits aufgewendet (BAG 14. Dezember 2004 – 1 AZR 504/03 – BAGE 113, 121, zu I 2 der Gründe mwN). Danach musste sich die Klägerin mit der Abweisung ihres Feststellungsbegehrens nicht gesondert auseinandersetzen. Das Landesarbeitsgericht gibt für die Abweisung des Feststellungsantrags keine eigenständige Begründung. Es unterscheidet zwischen den beiden Klagebegehren nicht.

II. Die Revision ist hinsichtlich des Zahlungsbegehrens begründet. Der Anspruch der Klägerin beruht nicht auf der normativen Geltung einschlägiger tariflicher Vorschriften oder deren Nachwirkung. Er folgt auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Anspruch ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag vom 12. August 2004 iVm. den in der Dienststelle geltenden Entlohnungsgrundsätzen.

1. Der Zahlungsanspruch folgt nicht aus den Tarifverträgen über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in der Fassung vom 30. Juni 2000 und ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 idF vom 26. Mai 1992.

a) Zwar waren die Parteien ursprünglich gem. § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG normativ an diese Tarifverträge gebunden. Auch blieb die Tarifbindung des beklagten Landes wegen § 3 Abs. 3 TVG trotz seines zum 8. Januar 2003 erfolgten Austritts aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über diesen Zeitpunkt hinaus bestehen. Die Tarifgemeinschaft hat jedoch beide Tarifwerke, das eine zum 30. Juni 2003, das andere zum 31. Juli 2003 gekündigt. Damit ist die zwingende Wirkung der Tarifverträge iSv. § 4 Abs. 1 TVG für die Parteien entfallen. Sie wurde auch nicht dadurch wieder hergestellt, dass das beklagte Land am 31. Juli 2003 einen Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes geschlossen hat. Dieser Tarifvertrag gilt nicht für angestellte Lehrkräfte.

b) Die Tarifverträge über eine Zuwendung und ein Urlaubsgeld wirken im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht nach. Dafür kommt es nicht darauf an, ob die Parteien mit dem Vertrag vom 12. August 2004 ein eigenständiges, neues Arbeitsverhältnis begründet oder das bereits bestehende nur “entfristet” haben. Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten zwar nach dem Ablauf eines Tarifvertrags dessen Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Im ersten Fall ist aber die Nachwirkung der Tarifverträge schon dadurch beendet worden, dass der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2002 auf Grund seiner Befristung zum 31. Juli 2004 geendet hat und sich die Nachwirkung auf ein im Nachwirkungszeitraum neu begründetes Arbeitsverhältnis nicht erstreckt (BAG 2. März 2004 – 1 AZR 271/03 – BAGE 109, 369, zu I 2 der Gründe mwN). Im zweiten Fall haben die Parteien mit dem Arbeitsvertrag vom 12. August 2004 eine “andere Abmachung” iSv. § 4 Abs. 5 TVG gerade getroffen und auf diese Weise eine Nachwirkung einvernehmlich beendet.

2. Der Zahlungsanspruch ergibt sich nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Das Gebot der Gleichbehandlung greift ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kommt zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber bei der Leistungsgewährung eine Gruppe von Arbeitnehmern begünstigt und einzelne Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage ungerechtfertigt von der Leistung ausschließt oder zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung sachfremd differenziert. Unzulässig ist deshalb nicht nur die willkürliche Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt (BAG 14. Juni 2006 – 5 AZR 584/05 – Rn. 16, BAGE 118, 268 mwN).

b) Danach vermag sich die Klägerin für ihre Zahlungsforderung nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz zu berufen. Bezüglich Jahreszuwendung und Urlaubsgeld unterscheidet das beklagte Land zwar ab dem 1. August 2003 zwischen angestellten Lehrkräften und sonstigen Angestellten. Diesen gewährt es die Leistungen, den Lehrkräften nicht. Bei der Leistungsgewährung an die übrigen Angestellten folgt das beklagte Land jedoch nicht einer von ihm selbst gesetzten Regel, von der es die Gruppe der angestellten Lehrkräfte kraft eigener Entscheidung sachwidrig ausnähme. Vielmehr hält es sich an die Bestimmungen des Anwendungstarifvertrags. Dieser gilt für die angestellten Lehrkräfte unstreitig nicht. Im bloßen Normenvollzug und dessen Begrenzung auf die Normunterworfenen liegt keine willkürliche Ungleichbehandlung im Sinne des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (BAG 26. April 2005 – 1 AZR 76/04 – BAGE 114, 286, zu II 1 der Gründe mwN). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die betreffende Norm objektiv wirksam ist. Auch wenn der Arbeitgeber sich nach einer nur vermeintlich wirksamen (Tarif-)Norm richtet, haben Arbeitnehmer, denen nach dieser Regelung keine Leistungen zustehen, nicht schon deshalb einen Anspruch, weil die Leistungen den anderen Arbeitnehmern (zu Unrecht) zugeflossen sind (BAG 26. April 2005 – 1 AZR 76/04 – aaO). Es bedarf deshalb keiner Prüfung, ob die Parteien des Anwendungstarifvertrags die angestellten Lehrkräfte vom persönlichen Geltungsbereich der tariflichen Bestimmungen auch mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG haben ausnehmen dürfen (zur Bindung der Tarifvertragsparteien an Art. 3 GG vgl. BAG 27. Mai 2004 – 6 AZR 129/03 – BAGE 111, 8, zu B II der Gründe).

c) Auch wenn man mit Blick auf den Umstand, dass das beklagte Land Partei des Anwendungstarifvertrags ist, das Vorliegen bloßen Normenvollzugs in Frage stellen und in den tariflichen Bestimmungen deshalb autonomen Regelungen des Landes selbst sehen wollte, liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor. Die Ungleichbehandlung der angestellten Lehrkräfte ist sachlich gerechtfertigt. Die Nichtgewährung von Jahreszuwendung und Urlaubsgeld an die Lehrkräfte beruht nach dem unbestrittenen Vorbringen des beklagten Landes ua. darauf, dass die Lehrkräfte bestimmte andere Einkommenseinbußen, die für die sonstigen Angestellten mit dem Anwendungstarifvertrag verbunden sind, nicht hinnehmen müssen. Für die Annahme einer im Ergebnis gleichwohl willkürlichen Schlechterstellung hat die Klägerin keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen.

3. Der Zahlungsanspruch folgt aus § 611 BGB mit den in der Dienststelle geltenden Entlohnungsgrundsätzen. Diesen Grundsätzen zufolge ist den Beschäftigten der Betrag ihrer regelmäßigen Monatsvergütung jährlich insgesamt dreizehn Mal und ist ihnen zudem ein weiterer Einmalbetrag in bestimmter Höhe zu zahlen. Diese bis zum 31. Juli 2003 tariflich zwingend vorgegebenen Grundsätze konnte das beklagte Land nur unter Beachtung des Mitbestimmungsrechts der Personalvertretung nach § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG Berlin ändern. Mit Wirkung vom 1. August 2003 hat es neue Entlohnungsgrundsätze ohne Zustimmung der Personalvertretung eingeführt. Dies ist nicht nur rechtswidrig im Verhältnis zum zuständigen Personalrat. Auf die Fortgeltung der bisherigen Entlohnungsgrundsätze kann sich auch die Klägerin berufen. Die von den Parteien vertraglich getroffenen Vergütungsabreden sind vom beklagten Land nach Maßgabe dieser Grundsätze praktisch umzusetzen.

a) Das beklagte Land hat das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nach § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG Berlin verletzt.

aa) Nach dieser Vorschrift bestimmt die Personalvertretung mit “über Fragen der Lohngestaltung innerhalb der Dienststelle, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen … und deren Änderung”, soweit nicht eine Regelung durch “Rechtsvorschrift oder Tarifvertrag” schon besteht. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist – wie nach Maßgabe von § 75 Abs. 3 Nr. 4 BPersVG und § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG – die angemessene und durchsichtige Gestaltung des Lohngefüges und die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Dienststelle. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete, absolute Höhe des Arbeitsentgelts. Gegenstand sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen, dh. die abstrakt-generellen Grundsätze der Entgeltfindung (BVerwG 9. Dezember 1998 – VI P 6/97 – BVerwGE 108, 135, zu II 2.4.2 der Gründe mwN; BAG 2. März 2004 – 1 AZR 271/03 – BAGE 109, 369, zu IV 1a der Gründe mwN). Mitbestimmungspflichtig ist auch die Änderung bestehender Grundsätze durch den Arbeitgeber (für § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG BAG 2. März 2004 – 1 AZR 271/03 – aaO mwN; für § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG Berlin OVG Berlin-Brandenburg 22. Februar 2007 – 60 PV 20.05 –, zu II der Gründe).

bb) Das beklagte Land hat die in der Dienststelle geltenden Entlohnungsgrundsätze zum 1. August 2003 geändert.

(1) Bis zu diesem Zeitpunkt wandte das beklagte Land auf die Arbeitsverhältnisse seiner Angestellten, sei es auf Grund Tarifbindung, sei es auf Grund arbeitsvertraglicher Verweisung sämtliche für den Bereich der Länder geltenden Tarifverträge an. Die durch diese Tarifverträge in Verbindung mit den Lehrer-Richtlinien vorgegebene Vergütungsordnung zeichnete sich durch die monatliche Zahlung einer bestimmten, nach Vergütungsgruppen differenzierten regelmäßigen Vergütung einschließlich Zulagen aus, die gem. § 1, § 2 Abs. 1, § 4 TV Zuwendung durch eine am 1. Dezember eines Jahres zu zahlende Zuwendung in Höhe der vollen Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT und ein gem. § 1, § 2 Abs. 1, § 4 TV Urlaubsgeld jeweils mit den Bezügen für den Monat Juli auszuzahlendes Urlaubsgeld von 500,00 DM (255,65 Euro) ergänzt wurde. In der Beschäftigungsdienststelle der Klägerin galt folglich der Entlohnungsgrundsatz, dass zusätzlich zu den zwölf regelmäßigen monatlichen Vergütungszahlungen jeweils am 1. Dezember eine Zuwendung in Höhe der Urlaubsvergütung und jeweils mit dem Juli-Gehalt ein Urlaubsgeld in Höhe von 255,65 Euro gezahlt würden. Die Gesamt-Jahresvergütung sollte in dreizehn (nahezu) gleichen Teilbeträgen und einem weiteren Teilbetrag von 255,65 Euro ausbezahlt werden.

(2) Diese Vergütungsgrundsätze hat das beklagte Land geändert. Seit dem 1. August 2003 vergütet es seine angestellten Lehrkräfte in Form von monatlich stets gleichen Teilbeträgen anstelle von bis dahin zweimal unterschiedlichen. Dies stellt eine Änderung von Entlohnungsgrundsätzen dar. Das beklagte Land hat auf diese Weise nicht lediglich, was es mitbestimmungsfrei hätte tun können, die absolute Höhe der Vergütung für die ab dem 1. August 2003 eingestellten Lehrkräfte unter Beibehaltung des bisherigen Vergütungsschemas um einen bestimmten Prozentsatz verringert. Es hat durch die Streichung der Einmalleistungen einseitig in die bestehende Vergütungsstruktur eingegriffen. Durch die Streichung einer jährlichen Zuwendung, die für alle Angestellten dem Betrag ihrer Urlaubsvergütung entsprach, ändert sich zwar nicht der relative Abstand der jeweiligen Jahres-Gesamtvergütungen zueinander. Es ändert sich aber der Entlohnungsgrundsatz, dass ein Teil der Gesamtvergütung als zusätzliche Einmalzahlung erst im Dezember geleistet wird. Durch die Streichung eines für die unterschiedlichen Gehaltsgruppen gleich hohen Urlaubsgelds ändert sich darüber hinaus nicht nur der bisherige Grundsatz zur Stückelung der Jahres-Gesamtvergütung, sondern auch der relative Abstand der Gesamtvergütungen zueinander (BAG 28. Februar 2006 – 1 ABR 4/05 – Rn. 18, BAGE 117, 130).

cc) Die Änderung der bestehenden Entlohnungsgrundsätze unterlag als kollektive Maßnahme der Mitbestimmung der zuständigen Personalvertretung. Zwar hatte diese auf Grund der Tarifbindung des beklagten Landes und der Geltung einschlägiger Tarifverträge wegen § 85 Abs. 1 Einleitungssatz PersVG Berlin bis zum 31. Juli 2003 über Vergütungsgrundsätze nicht mitzubestimmen. Mit dem Wegfall der Bindung des Landes an den BAT/BAT-O am 31. Januar 2003, den Tarifvertrag Zuwendung am 30. Juni 2003 und den Tarifvertrag Urlaubsgeld am 31. Juli 2003 bestanden aber seit dem 1. August 2003 keine das Mitbestimmungsrecht ausschließenden zwingenden tariflichen Regelungen mehr. An der Einführung der neuen Entlohnungsgrundsätze wurde die zuständige Personalvertretung nicht beteiligt. Darin liegt ein Verstoß gegen § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG Berlin. Darauf, ob die Personalvertretung ihre Beteiligung eingefordert hatte, kommt es nicht an. Der Dienststellenleiter muss in Angelegenheiten des § 85 Abs. 1 PersVG Berlin von sich aus das Mitbestimmungsverfahren einleiten (vgl. BAG 2. März 2004 – 1 AZR 271/03 – BAGE 109, 369, zu IV 1c der Gründe mwN).

(1) Die bis zum 31. Juli 2003 kraft Tarifbindung anzuwendenden Entlohnungsgrundsätze stellen auch nach dem Wegfall dieser Bindung die in der Dienststelle geltenden Grundsätze dar. Zwar wurden sie bislang weder zum Gegenstand einer Dienstvereinbarung mit dem Personalrat noch wurden sie durch entsprechende einzelvertragliche Abreden, betriebliche Übung oder einseitige Praxis des beklagten Landes weiter angewandt. Gleichwohl sind sie in der Dienststelle weiterhin gültig.

Nach der Rechtsprechung des Senats bleiben die ursprünglich kraft Tarifbindung des Arbeitgebers im Betrieb/in der Dienststelle geltenden Grundsätze der tariflichen Vergütungsordnung auch nach dem Wegfall dieser Bindung das für den Betrieb/die Dienststelle maßgebliche kollektive Vergütungsschema. Dazu ist es nicht erforderlich, dass sie zuvor kollektivrechtlich durch Betriebs-/Dienstvereinbarung oder individualrechtlich durch Gesamtzusage, vertragliche Einheitsregelung oa. auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden. Sie bleiben auch ohne eine solche “Novation” weiterhin maßgeblich. Der Wegfall der Tarifbindung des Arbeitgebers führt nicht dazu, dass mit ihr außer der Bindung an die absoluten Tariflöhne zugleich die tarifliche Vergütungsordnung als das im Betrieb/in der Dienststelle geltende kollektive, abstrakte Vergütungsschema ersatzlos entfiele. Der Wegfall der Tarifbindung hat lediglich zur Folge, dass dieses Schema und die in ihm zum Ausdruck kommenden Vergütungsgrundsätze nicht mehr zwingend gelten. Er ändert dagegen nichts daran, dass diese Grundsätze bislang im Betrieb/in der Dienststelle angewendet wurden und deshalb die dort geltenden Entlohnungsgrundsätze sind. Dazu muss nicht erst die tarifliche Vergütungsordnung in eine betriebliche/dienstliche Ordnung rechtlich transformiert werden (so aber wohl Reichold Anm. AP TVG § 3 Nr. 31; ders. FS Konzen S. 763, 768). Das tarifliche Vergütungsschema ist schon während der Tarifbindung des Arbeitgebers die im Betrieb/in der Dienststelle geltende Vergütungsordnung. Mit dem Wegfall der Tarifbindung wird zwar die Änderung der im Betrieb geltenden Entlohnungsgrundsätze nicht nur für die Tarifvertragsparteien möglich. Bis zu einem wirksamen Änderungsakt sind sie jedoch betriebsverfassungs- bzw. personalvertretungsrechtlich weiter gültig (zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG BAG 27. Juni 2000 – 1 ABR 36/99 – AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23 = EzA BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 3, zu B II 1c der Gründe; 12. Dezember 2006 – 1 ABR 38/05 – Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 27 = EzA BetrVG 2001 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 13).

(2) In dem in die Praxis umgesetzten Entschluss des beklagten Landes, die bisherigen Grundsätze künftig nicht mehr oder jedenfalls modifiziert anzuwenden, liegt ihre Änderung iSv. § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG Berlin. Dafür bedurfte es der Zustimmung des zuständigen Personalrats. Andernfalls wären die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung beim Wegfall der Bindung an ein tarifliches Vergütungsschema geringer als bei der Änderung einer vom Arbeitgeber/Dienststellenleiter einseitig praktizierten Vergütungsordnung. Auch eine solche Änderung ist mitbestimmungspflichtig, weil es für das Beteiligungsrecht der Personalvertretung bei Änderungen der Vergütungsordnung nicht darauf ankommt, auf welcher rechtlichen Grundlage deren Anwendung erfolgte (st. Rspr. zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, vgl. BAG 2. März 2004 – 1 AZR 271/03 – BAGE 109, 369, zu IV 1c aa der Gründe mwN; vgl. auch Wiese Anm. AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 113).

(dd) Die Streichung von Zuwendung und Urlaubsgeld war entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht wegen Fehlens eines Regelungsspielraums mitbestimmungsfrei.

(1) Allerdings kann der nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG an eine tarifliche Vergütungsordnung gebundene Arbeitgeber/Dienststellenleiter mitbestimmungsfrei sowohl darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang er Mittel für übertarifliche Leistungen zur Verfügung stellt, als auch darüber, ob und in welchem Umfang er dafür bislang zur Verfügung gestellte Mittel künftig weiterhin aufbringen will. Er kann von der Personalvertretung nicht gezwungen werden, ein bestimmtes absolutes Gehaltsniveau beizubehalten. Entscheidet sich der normativ tarifgebundene Arbeitgeber/Dienststellenleiter dafür, bisher erbrachte übertarifliche Leistungen gänzlich einzustellen, bedarf er demnach keiner Zustimmung der Personalvertretung. Zwar können sich dadurch die relativen Abstände der einzelnen Gesamtvergütungen zueinander und damit die bisherigen Entlohnungsgrundsätze ändern. Für eine Mitbestimmung der Personalvertretung ist gleichwohl kein Raum. Die ehemals übertariflichen Leistungen sind vollständig entfallen und bilden keine Verteilungsmasse mehr, die Verteilung des verbleibenden Vergütungsvolumens ist tariflich zwingend vorgegeben. Die tariflichen Vorgaben schließen ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nach § 85 Abs. 1 Einleitungssatz PersVG Berlin aus (für das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG BAG 28. Februar 2006 – 1 ABR 4/05 – Rn. 20, 21, BAGE 117, 130; 3. Dezember 1991 – GS 2/90 – BAGE 69, 134, zu C III 6 der Gründe).

Für den nicht normativ tarifgebundenen Arbeitgeber gilt dies nicht. Dieser unterliegt hinsichtlich keines Vergütungsbestandteils einer tariflich zwingenden Vorgabe. Er gewährt nicht nur Teile der Gesamtvergütung seiner Beschäftigten als über- oder außertarifliche Leistungen. Er leistet deren gesamte Vergütung, ohne dazu tariflich verpflichtet und zwingend gebunden zu sein. Will der nicht tarifgebundene Arbeitgeber/Dienststellenleiter bestimmte Entgeltbestandteile an neu einzustellende Arbeitnehmer nicht mehr leisten und ändern sich dadurch die bisherigen Entlohnungsgrundsätze, so ist das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nach § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG Berlin folglich nicht deshalb ausgeschlossen, weil kein Spielraum für andere Regelungen bliebe. Der Arbeitgeber/Dienststellenleiter ist mangels Bindung an eine tarifliche Vergütungsordnung rechtlich nicht gehindert, das verbleibende Vergütungsvolumen mit Zustimmung der Personalvertretung für die neu einzustellenden Mitarbeiter anders zu verteilen als bisher (zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG BAG 28. Februar 2006 – 1 ABR 4/05 – Rn. 22, BAGE 117, 130 = AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 127 mit zust. Anm. Engels).

(2) Hier war ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Streichung von Jahreszuwendung und Urlaubsgeld nicht mangels anderweiter Regelungsmöglichkeiten ausgeschlossen.

(a) Die Lehrer-Richtlinien schließen eine andere Verteilung nicht aus. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes wird durch diese das verbleibende Vergütungsvolumen nicht bindend verteilt. Zum einen legen die Richtlinien nicht die absolute Höhe der Lehrergehälter fest, sondern ordnen lediglich bestimmte Tätigkeitsmerkmale der Lehrkräfte bestimmten Lohngruppen des BAT/BAT-O zu. Zum anderen sind sie ihrerseits einer Änderung im Einvernehmen mit der Personalvertretung zugänglich.

(b) Zu Unrecht hat das beklagte Land gemeint, das Mitbestimmungsrecht knüpfe nicht an eine Änderung der Struktur der Gesamtvergütung, sondern der einzelnen “rechtlich und nach der Berechnung abgrenzbaren” Vergütungsbestandteile an, was hier wegen des gänzlichen Wegfalls von Jahreszuwendung und Urlaubsgeld ins Leere gehe. Das Mitbestimmungsrecht von Personalvertretung und Betriebsrat nach § 85 Abs. 1 Nr. 10 PersVG Berlin bzw. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG betrifft die Aufstellung und Änderung von “Entlohnungsgrundsätzen”. Entlohnung ist alles, was der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung erhält. Die Mitbestimmung betrifft die Frage, nach welchen Grundsätzen diese Entlohnung in ihrer Gesamtheit zu leisten ist. Einzelne Entlohnungsbestandteile sind dabei nicht isoliert, sondern in Abhängigkeit zu anderen zu betrachten (BAG 28. Februar 2006 – 1 ABR 4/05 – Rn. 18, BAGE 117, 130). Entgegen der Ansicht des beklagten Landes, steht dem die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Dezember 1991 (– GS 2/90 – BAGE 69, 134, zu C II 6 der Gründe) nicht entgegen. Sie verhält sich im hier relevanten Zusammenhang allein über das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Streichung übertariflicher Zulagen durch einen normativ tarifgebundenen, nicht durch einen tariflich ungebundenen Arbeitgeber.

b) Mangels Zustimmung der Personalvertretung zu einer Änderung sind in der Dienststelle die vor dem 1. August 2003 gültigen Entlohnungsgrundsätze vom beklagten Land weiter anzuwenden. Aus diesem personalvertretungsrechtlichen Gebot in Verbindung mit den von den Parteien getroffenen vertraglichen Absprachen ergibt sich die Berechtigung der Klageforderung.

aa) Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten führt allerdings nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergäben, die zuvor noch nicht bestanden haben. Zwar ist eine individualrechtliche Maßnahme des Arbeitgebers/Dienststellenleiters, die der notwendigen Mitbestimmung entbehrt, im Verhältnis zum Arbeitnehmer rechtswidrig und unwirksam. Dies gilt sowohl für einseitige Maßnahmen als auch für zweiseitig getroffene Vereinbarungen. Die tatsächlich durchgeführte Mitbestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats Wirksamkeitsvoraussetzung für Maßnahmen zum Nachteil des Arbeitnehmers. Benachteiligende Maßnahmen sind aber nur solche, die bereits bestehende Rechtspositionen des Arbeitnehmers schmälern. Auch bei Nichtbeachtung des Mitbestimmungsrechts der Arbeitnehmervertretung durch den Arbeitgeber/Dienststellenleiter erhält der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Leistungen, die die bestehende Vertragsgrundlage übersteigen (BAG 2. März 2004 – 1 AZR 271/03 – BAGE 109, 369, zu IV 2a der Gründe mwN).

bb) Dieser Grundsatz lässt die kollektivrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers/Dienststellenleiters unberührt, die vertraglich vereinbarten Leistungen unter Beachtung der im Betrieb/in der Dienststelle geltenden Entlohnungsgrundsätze zu gewähren. Diese Verpflichtung besteht unabhängig von den Vertragsabsprachen der Parteien. Sie kann bei Neueinstellungen dazu führen, dass für den Arbeitnehmer Ansprüche auf Leistungen entstehen, die als solche vertraglich nicht vorgesehen sind (BAG 11. Juni 2002 – 1 AZR 390/01 – BAGE 101, 288, zu III 4 der Gründe; 2. März 2004 – 1 AZR 271/03 – BAGE 109, 369, zu IV 2b cc der Gründe). Auf diese Weise werden nicht “Ansprüche ohne Anspruchsgrundlage” oder eine “fiktive Anspruchsgrundlage” geschaffen (so aber Reichold Anm. AP TVG § 3 Nr. 31; ders. FS Konzen S. 763, 770). Es treten nicht an die Stelle der vertraglich getroffenen Abreden der Parteien fingierte andere Absprachen. Es werden auch nicht weitergehende Ansprüche aus einem nicht existierenden Vertragszustand vor (unwirksamer) Änderung der Entlohnungsgrundsätze hergeleitet. Es verbleibt ohne Einschränkung bei den tatsächlich getroffenen Absprachen. Es werden lediglich die im Betrieb/in der Dienststelle gültigen Entlohnungsgrundsätze, soweit das möglich ist, auf diese angewendet.

cc) Danach ist die Zahlungsforderung begründet. Die vertraglichen Absprachen der Parteien führen unter Beachtung der geltenden Entlohnungsgrundsätze zu den von der Klägerin reklamierten Ansprüchen.

(1) Die Klägerin hat gem. §§ 4, 5 des Arbeitsvertrags vom 12. August 2004 Anspruch auf eine regelmäßige monatliche Vergütung nach VergGr. IVa BAT. Dem entsprachen die zwölf regelmäßigen Zahlungen des beklagten Landes in den Jahren 2004 und 2005. Auf diese Gehaltsabrede sind die in der Dienststelle gültigen Entlohnungsgrundsätze anzuwenden. Diese lauten dahin, dass zusätzlich zu den regelmäßigen Monatszahlungen einmal jährlich eine Zahlung in (nahezu) gleicher Höhe und einmal jährlich eine Zahlung erfolgt, deren Höhe dem Betrag entspricht, der sich ergibt, wenn die tatsächliche regelmäßige monatliche Zahlung im Verhältnis von 255,65 Euro zur einschlägigen Gehaltssumme gemäß den Tabellen zu den Vergütungsgruppen des BAT/BAT-O nach dem Stand vom 31. Juli 2003 gekürzt wird.

(2) Dementsprechend hatte das beklagte Land in den Jahren 2004 und 2005 die regelmäßigen monatlichen Zahlungen nach VergGr. IVa BAT insgesamt dreizehn Mal, dh. in einem Monat in (nahezu) doppelter Höhe zu erbringen. Die sich für sie auf der Basis ihrer Vergütungsgruppe ergebende Höhe der dreizehnten Zahlung hat die Klägerin mit 85,8 Prozent ihrer Urlaubsvergütung von 3.154,23 Euro, das sind 2.706,33 Euro angegeben. Das beklagte Land ist dem nicht entgegengetreten.

(3) Das beklagte Land muss sich an der Höhe der vertraglich vereinbarten regelmäßigen Monatszahlungen auch mit Blick auf die weitere Zahlung festhalten lassen. Wenn dazu der Betrag der – ohne Kürzung nach VergGr. IVa BAT bemessenen – regelmäßigen Monatsvergütung der Klägerin im Verhältnis von 255,65 Euro zu einer vollen Monatsvergütung nach VergGr. IVa BAT gekürzt wird, ergibt sich – notwendigerweise – der Betrag von 255,65 Euro.

(4) Dieses Ergebnis bedeutet nicht, dass das beklagte Land bei Neueinstellungen von angestellten Lehrkräften trotz Wegfalls seiner Tarifbindung die Höhe der tariflichen Vergütung beizubehalten hätte, solange nicht die Personalvertretung einer Änderung der Entlohnungsgrundsätze zustimmt. Das beklagte Land hätte es sowohl personalvertretungsrechtlich als auch individualvertraglich in der Hand gehabt, das Gehaltsniveau unter Beibehaltung der bisherigen Vergütungsordnung und Entlohnungsgrundsätze auch ohne Zustimmung der zuständigen Personalvertretung insgesamt um einen bestimmten Prozentsatz abzusenken.

dd) Die Zinsforderungen ergeben sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 BGB.

III. Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 und der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in ihrer am 7. Januar 2003 geltenden Fassung keine Anwendung. Voraussetzung dafür wäre entweder eine originäre Tarifbindung beider Parteien, die Allgemeinverbindlicherklärung der Tarifverträge oder deren arbeitsvertraglicher Einbezug. Keine dieser Alternativen ist gegeben. Die Klägerin setzt die Fortgeltung der tariflich geprägten Entlohnungsgrundsätze in der Dienststelle zu Unrecht mit einer Weitergeltung der Tarifverträge in ihrem Arbeitsverhältnis gleich.

 

Unterschriften

Schmidt, Linsenmaier, Kreft, Federlin

Zugleich für den durch Urlaub an der Unterschrift verhinderten ehrenamtlichen Richter Kunz

Schmidt

 

Fundstellen

Haufe-Index 2013591

BAGE 2009, 237

EBE/BAG 2008

FA 2008, 239

FA 2008, 348

FA 2009, 62

NZA 2008, 888

NZA 2009, 82

ZTR 2008, 571

AP, 0

AuA 2009, 308

EzA-SD 2008, 20

EzA

RiA 2009, 61

ZfPR 2009, 46

AUR 2008, 321

ArbRB 2008, 268

ArbRB 2008, 332

RdW 2009, 30

HzA aktuell 2008, 29

SPA 2008, 7

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