Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung und Unterbringungsanspruch TVAL II

 

Leitsatz (redaktionell)

Änderungskündigung zur örtlichen Versetzung im Bereich TVAL II (siehe auch Urteile vom 15. Februar 1989 – 7 AZR 209, 211, 212/88 –)

 

Normenkette

KSchG §§ 2, 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2b; TVAL II Anhang 0 Abschn. I

 

Verfahrensgang

LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 03.02.1988; Aktenzeichen 2 Sa 405/87)

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 26.03.1987; Aktenzeichen 7 Ca 50/86)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. Februar 1988 – 2 Sa 405/87 – aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der bei den amerikanischen Stationierungsstreitkräften beschäftigte Kläger macht mit seiner gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Klage die Sozial- und Tarifwidrigkeit einer ihm gegenüber zum Zwecke seiner Versetzung an einen anderen Dienstort ausgesprochenen ordentlichen Änderungskündigung geltend.

Der am 4. Januar 1953 geborene Kläger war zunächst vom 19. Januar 1970 bis 31. März 1973 bei den amerikanischen Streitkräften in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Danach arbeitete er bei verschiedenen anderen Arbeitgebern. Mit Wirkung vom 13. Juni 1979 wurde er erneut von den amerikanischen Streitkräften eingestellt, und zwar bei der 2042. Zivilen Arbeitsgruppe in der Kreuzbergkaserne in Zweibrücken. Zum 1. April 1980 wurde der Kläger zur Dienststelle Defense Subsistence Region Europe in Zweibrücken APO NY 09052 versetzt. Eine erneute Versetzung erfolgte am 1. Juli 1982 zur Dienststelle OL-C, Det 2, 7000 Procurement (später: Contracting) Squadron Flughafen Zweibrücken. Die Dienststelle befindet sich in der Kreuzbergkaserne und ist eine Nebenstelle der USAF-Contracting Region in Kaiserslautern-Vogelweh (ROB). Dort wurde der Kläger als Sachbearbeiter für Einkaufsverträge eingesetzt. Auf sein Arbeitsverhältnis findet kraft Vereinbarung des TVAL II Anwendung. Er erhielt zuletzt Gehalt nach Gehaltsgruppe C 7/5 in Höhe von 3.724,– DM brutto.

Der Kommandeur der ROB, Colonel B, beantragte unter dem 19. Dezember 1985 beim Hauptquartier der US-Air Force Europe (HQ USAFE/LGC), die Nebenstelle Zweibrücken in die ROB nach Kaiserslautern zu verlegen. Der Kommandeur der betriebsvertretungsrechtlichen Dienststelle US-Flugplatz Zweibrücken, Colonel H, teilte der Betriebsvertretung US-Flugplatz Zweibrücken in seinem Schreiben vom 23. Dezember 1985, zugegangen am 24. Dezember 1985, unter dem Briefkopf „Department of the Air Force” mit:

„In Übereinstimmung mit Para. 78 (3) BPersVG werden Sie hiermit informiert über die beabsichtigte Auflösung der OL-C, Det 2, 7000 Contracting Squadron, die zur Zeit auf dem Kreuzberg stationiert ist und nach Kaiserslautern-Vogelweh in die USAF Contracting Region (ROB) integriert werden soll.

Diese Eingliederung würde zur Auflösung der OL-C führen und notwendigerweise auch die militärischen und zivilen Beschäftigten zum Dienstortwechsel veranlassen. Die Maßnahme soll, wenn sie genehmigt wird, im April/Mai 1986 durchgeführt werden.

Sie werden über weitere zukünftige Entwicklungen informiert werden.”

Mit einem vom Personalsachbearbeiter des CPO (Civilian Personnel Office) der US-Air Force unterschriebenen Formular, dem das Kündigungsschreiben beigefügt war, wurde die Betriebsvertretung US-Flugplatz Zweibrücken am 18. März 1986 über die den Kläger betreffende personelle Einzelmaßnahme benachrichtigt. Die Betriebsvertretung antwortete hierauf zunächst mit einem Auszug aus der Sitzungsniederschrift vom selben Tag, wonach „die Maßnahmen bis zur nächsten regulären Sitzung zurückgehalten” werden sollten. Unter dem 25. März 1986 teilte sie mit, nicht sie sei für diese Maßnahme zuständig, sondern die Hauptbetriebsvertretung, weil die „Anordnung der Dienststellenverlegung” vom Hauptquartier der US-Air Force Europe (USAFE/LGC) getroffen worden sei.

Während einer Besprechung am 27. März 1986, an der der Kläger, die ebenfalls von der Verlegung der Nebenstelle Zweibrücken betroffenen Angestellten D, R und Arlette C, zeitweilig der Leiter der Stelle, Hauptmann W, und der Personalsachbearbeiter K vom Civilian Personnel Office (CPO) US-Air Force in Zweibrücken teilnahmen, erhielt der Kläger folgendes Schreiben vom selben Tag nebst der darin erwähnten Anlage ausgehändigt:

  1. „Ihre Beschäftigungsdienststelle wird am bzw. um den 1. Juli 1986 nach 6750 Kaiserslautern, Rhein-Ordnance Barracks, Det 2, 7000 Contracting Squadron, verlegt. Hiermit wird Ihnen die Versetzung mit Ihrer Dienststelle in Ihrer derzeitigen Position und Vergütungsgruppe angeboten. Wenn Sie das Angebot annehmen, erhalten Sie Ihre derzeitigen regelmäßigen Bezüge weitergezahlt sowie sonstige z.Zt. der Versetzung gewährte Leistungen….
  2. Sollten Sie das Versetzungsangebot ablehnen, gilt dieses Schreiben als ordentliche Kündigung Ihres Beschäftigungsverhältnisses zum 30. Juni 1986. Das Personalbüro wird bemüht sein, Sie während der Kündigungsfrist für eine Ihrer Qualifikation entsprechende Planstelle im hiesigen Bereich zu berücksichtigen oder bei einer anderen Dienststelle der US Streitkräfte unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zu vermitteln.
  3. Bitte benachrichtigen Sie das Personalbüro bis spätestens 30.04.86, ob Sie das Versetzungsangebot annehmen oder ablehnen, indem Sie eine Ausfertigung umseitiger Erklärung an das Personalbüro zurücksenden. Sollte Ihre Erklärung bis zum genannten Termin nicht eingehen, wird dies als Nichtannahme des Angebots angesehen und Ihr Beschäftigungsverhältnis zu dem in Absatz 2 angegebenen Zeitpunkt beendet.
  4. …”

Sinngleiche Schreiben wurden dem Angestellten Edmund D und der Angestellten Arlette C ausgehändigt. Alle Schreiben sind von der Leiterin des CPO unterzeichnet und tragen den Briefkopf „Department of the Air Force”. Die Nebenstelle in Zweibrücken ist zwischenzeitlich nach Kaiserslautern verlegt worden.

Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, die unter dem Vorbehalt gem. § 2 KSchG angenommene Änderung seiner Arbeitsbedingungen sei sozial- und tarifwidrig. Einen neuen Arbeitsvertrag über seine Beschäftigung in Kaiserslautern hat er am 1. Juli 1986 unter Vorbehalt und unter Bezugnahme auf die Erklärung im vorliegenden Kündigungsschutzverfahren unterzeichnet.

Der Kläger hat vorgetragen:

Die Änderungskündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Er, der Kläger, habe sich bei seiner Einstellung darauf verlassen, in Zweibrücken arbeiten zu können. Er habe daher in seinem Wohnort ein Haus gekauft und renoviert. Seine Ehefrau habe ihn verlassen, so daß er nunmehr mit seiner sechsjährigen Tochter und mit hohen Schulden allein dastehe. Seine Eltern seien schwer krank und könnten sich um das Kind nicht kümmern. Es sei ihm auch von der Wegezeit her nicht zumutbar, täglich nach Kaiserslautern zur Arbeit zu fahren. Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel benötige er für den Hin- und Rückweg wesentlich mehr als 2 1/2 Stunden. Seinen Personenkraftwagen müsse er aufgeben, so daß er auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sei. Darüber hinaus könne im Tarifvertrag rechtens keine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer danach erfolgen, ob sie mit einem eigenen Pkw führen oder öffentliche Verkehrsmittel benutzten. Eine niedriger dotierte Stelle in Zweibrücken könne er nicht annehmen, weil er auf seinen jetzigen Verdienst angewiesen sei.

Der Kläger hat ferner vorgetragen:

Obwohl zur Zeit der Kündigung mehrere für ihn geeignete Arbeitsplätze in Zweibrücken zur Verfügung gestanden hätten, sei ihm kein anderer Arbeitsplatz angeboten worden. In der Zeit vom 31. Oktober 1985 bis 30. Mai 1986 habe er sich auf insgesamt zwölf ausgeschriebene Stellen nach den Vergütungsgruppen C 7, C 7a und C 8 beworben; hierauf habe er nur Absagen erhalten. Damals seien auch acht Stellen der niedrigeren Gehaltsgruppen C 6 und C 6a ausgeschrieben gewesen, wie er im Nachhinein vom Vorsitzenden der Betriebsvertretung für den Flugplatz erfahren habe. Er hätte notfalls auch eine geringer bezahlte Tätigkeit in Zweibrücken angenommen.

Der Kläger hat beantragt

  1. festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nach Maßgabe der von der Beklagten mit Schreiben vom 27. März 1986 ausgesprochenen Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt sei;
  2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm einen gleichwertigen Arbeitsplatz gemäß Ziff. I des Anhangs O zum TVAL II anzubieten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegnet:

Die Änderungskündigung sei sozial gerechtfertigt. Die Zusammenfassung der Außenstelle mit der Hauptstelle sei erfolgt, um den steigenden Arbeitsanfall zu bewältigen und die Effizienz der Zentrale zu gewährleisten. Mit der Zusammenlegung sei der Arbeitsplatz in Zweibrücken weggefallen. Der Unterbringungsanspruch des Klägers sei erst mit der Erklärung der Änderungskündigung entstanden. Mit der darin angebotenen Versetzung sei zugleich der Unterbringungsanspruch erfüllt worden. Ein weiterer Unterbringungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu, denn nach dem Anhang O zum TVAL II sei nur einmal ein verfügbarer Arbeitsplatz anzubieten.

Kaiserslautern liege auch im tariflichen Einzugsbereich. Der Kläger benötige für die Hin- und Rückfahrt höchstens 2 1/2 Stunden Zeit. Er fahre mit dem Pkw nach Kaiserslautern. Die Strecke könne auch werktags unter normalen Straßenverhältnissen und Einhaltung der Geschwindigkeitsbegrenzungen üblicherweise in weniger als 1 1/4 Stunden zurückgelegt werden (Beweis: Sachverständigengutachten).

Zur Zeit des Ausspruchs der Änderungskündigung habe nur die darin angebotene Stelle als gleichwertige Planstelle zur Verfügung gestanden. Da dieser gleichwertige Arbeitsplatz aber für den Kläger vorhanden gewesen sei, hätte das Angebot einer geringerwertigen Stelle gegen den Unterbringungsanspruch verstoßen. Die vom Kläger angeführten acht Stellen seien sämtlich niedriger dotiert gewesen und deshalb für ein Unterbringungsangebot nicht in Frage gekommen, sie hätten im Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung auch noch nicht zur Verfügung gestanden. Die übrigen vom Kläger angeführten zwölf Stellen, auf die er sich beworben habe, hätten entweder überhaupt nicht mehr bei Ausspruch der Kündigung zur Verfügung gestanden oder aber höhere Vergütungsgruppen betroffen.

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nach Maßgabe der von der Beklagten mit Schreiben vom 27. März 1986 zum 1. Juli 1986 ausgesprochenen Änderungskündigung unwirksam ist. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit ihr verfolgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage, während der Kläger bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Dessen bisherige Feststellungen lassen nicht erkennen, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die streitbefangene Änderungskündigung sozial gerechtfertigt ist.

I. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß für den Rechtsstreit die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben ist (vgl. BAGE 27, 99, 102 = AP Nr. 12 zu Internat. Privatrecht, Arbeitsrecht, zu I der Gründe sowie BAG Urteil vom 30. November 1984 – 7 AZR 499/83 – AP Nr. 6 zu Art. 56 ZA-Nato-Truppenstatut), daß die Gerichte für Arbeitssachen zuständig sind, daß der Hauptantrag gegen die beklagte Bundesrepublik Deutschland zu richten ist und daß der rechtlichen Beurteilung deutsches Arbeitsrecht zugrunde gelegt werden muß (vgl. Art. 56 Abs. 1, 8 und 9 ZA-NTS).

II. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Erklärung im Schreiben vom 27. März 1986 als ordentliche Änderungskündigung im Sinne des § 2 KSchG aufgefaßt und angenommen, einer solchen Änderungskündigung habe es bedurft, weil die Versetzung des Klägers an einen anderen Dienstort nicht schon im Wege des Direktionsrechtes habe vorgenommen werden können, sondern gem. Art. 56 Abs. 1 d ZA-NTS des schriftlichen Einverständnisses des Klägers als einer zivilen Arbeitskraft im Sinne des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut bedurft habe.

III. Die Wirksamkeit der Änderungskündigung scheitert andererseits nicht an dem in Abschn. V Nr. 1 Anhang O zum TVAL II normierten Verbot der ordentlichen Kündigung nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren und nach Vollendung des 40. Lebensjahres. Dieses Verbot erstreckt sich nicht auf Änderungskündigungen (vgl. Nr. 3 aaO).

Aus Abschnitt I des Anhangs O zum TVAL II läßt sich nicht herleiten, daß die Erklärung einer Änderungskündigung erst zulässig ist, nachdem dem Arbeitnehmer ein Unterbringungsangebot gemacht worden ist, oder gar, daß eine Änderungskündigung unwirksam oder zurückzunehmen ist, wenn nach ihrer Erklärung noch eine anderweitige Unterbringung des Arbeitnehmers möglich wird.

Abschnitt I des Anhangs O zum TVAL II lautet in den hier interessierenden Teilen: „1.a) Verliert ein Arbeitnehmer, der in einem Beschäftigungsverhältnis auf unbestimmte Dauer steht und eine anrechenbare Beschäftigungszeit (§ 8 Ziffern 1, 2 und 4) bei den Stationierungsstreitkräften desselben Entsendestaates von mindestens zwei Jahren erreicht hat, infolge einer organisatorischen Maßnahme (Ziff. 1 b) seinen bisherigen Arbeitsplatz …, so wird ihm ein verfügbar werdender Arbeitsplatz im Sinne der nachfolgenden Ziffern 2 und 3 angeboten, wenn er für diesen Arbeitsplatz geeignet ist (Protokollnotiz).

Protokollnotiz:

Die Eignung wird unter Einhaltung der bei den einzelnen Stationierungsstreitkräften bestehenden organisatorischen Zuständigkeiten vor Abschluß eines neuen Arbeitsvertrages festgestellt.

b) Organisatorische Maßnahmen im Sinne dieses Anhangs sind eine

  • Auflösung oder Verlegung der Beschäftigungsdienststelle
  • Zusammenlegung der Beschäftigungsdienststelle mit einer oder mehreren anderen Beschäftigungsdienststellen desselben Entsendestaates

auf Veranlassung der Stationierungsstreitkräfte, wenn dies zum Wegfall oder zur Verlegung oder zur Minderung der Wertigkeit eines oder mehrerer Arbeitsplätze führt.

Protokollnotiz:

2.

  1. Das Angebot (Ziff. 1 a) erstreckt sich zunächst auf alle Arbeitsplätze in derselben Lohn-/Gehaltsgruppe oder in einer Lohn-/Gehaltsgruppe mit Gleichwertigkeitsmerkmalen in einem anderen Lohn-/Gehaltstarif (gleichwertiger Arbeitsplatz). Steht ein solcher Arbeitsplatz nicht zur Verfügung, dann wird ein zumutbarer Arbeitsplatz in einer niedrigeren Lohn-/Gehaltsgruppe angeboten.

3. Das Angebot erstreckt sich auf alle Arbeitsplätze im Sinne der Ziff. 1 und 2 bei derselben oder bei einer anderen Beschäftigungsdienststelle desselben Entsendestaates am selben Ort oder im Einzugsbereich (Protokollnotiz).

Protokollnotiz:

Der Einzugsbereich umfaßt alle Beschäftigungsorte, die der Arbeitnehmer von seiner Wohnung in einer Zeit von 2 1/2 Stunden für Hin- und Rückfahrt mit üblicherweise benutzten öffentlichen oder privaten Verkehrsmitteln erreichen kann. Falls die gegenwärtige Fahrt zur Arbeit mehr Zeit in Anspruch nimmt, ist diese maßgebend.

4. …

5. …”

Im Anhang O zum TVAL II wird nicht angeordnet, daß die Wirksamkeit einer Änderungskündigung von der Abgabe eines vorherigen Unterbringungsangebotes abhängig sei, oder gar, daß eine Änderungskündigung unwirksam oder zurückzunehmen sei, wenn sich nachträglich die Möglichkeit zur anderweitigen Unterbringung des Arbeitnehmers im Rahmen der tarifvertraglichen Bestimmungen ergibt. Vielmehr folgt aus dem Zusammenhang dieser tarifvertraglichen Regelungen mit den gesetzlichen Bestimmungen des § 2 und des § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 b KSchG, daß das Unterbringungsangebot gerade Inhalt einer Änderungskündigung sein kann. Weil im Anwendungsbereich des ZA-NTS die Unterbringung an einem anderen als dem bisherigen Beschäftigungsort der als Änderung des Arbeitsvertrages zu qualifizierenden schriftlichen Einverständniserklärung des Arbeitnehmers bedarf (siehe Art. 56 Abs. 1 d ZA-NTS), kann gegen den Willen des Arbeitnehmers eine solche Änderung des Arbeitsvertrages nur durch eine Änderungskündigung herbeigeführt werden. Sie ist wirksam, wenn auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Änderungskündigung vorliegen, insbesondere, wenn sich die Änderung der Arbeitsbedingungen als sozial gerechtfertigt erweist.

IV. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, daß die Klagefrist des § 4 Abs. 1 Satz 2 KSchG gewahrt und die Vorbehaltserklärung nach § 2 Satz 2 KSchG rechtzeitig abgegeben sei, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

V. Wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zu Recht erkannt hat, haben für die allein auf die Änderung des Beschäftigungsortes abzielende Änderungskündigung im Hinblick auf die Verlegung der Nebenstelle von Zweibrücken zur Hauptstelle nach Kaiserslautern dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG i.Verb. mit § 2 Satz 1 KSchG vorgelegen. Die Verlegung der Nebenstelle zur Hauptstelle stellt eine unternehmerische Entscheidung dar. Sie ist von den Gerichten für Arbeitssachen nur daraufhin zu prüfen, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Das ist hier nicht der Fall. Zutreffend ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, daß mit der Verlegung der Nebenstelle nach Kaiserslautern das Bedürfnis entfallen ist, den Kläger auf seinem bisherigen örtlichen Arbeitsplatz in Zweibrücken weiterzubeschäftigen.

VI. Dagegen vermag der Senat dem Landesarbeitsgericht nicht darin zu folgen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen gleichwohl sozial ungerechtfertigt sei, weil die Interessenabwägung ausnahmsweise zu Lasten der Arbeitgeberin ausgehe.

1. Das Landesarbeitsgericht hat vorrangig auf die Interessenabwägung und dabei in erster Linie auf die Regelungen des Abschnitts I des Anhangs O zum TVAL II abgestellt. Es meint, die tariflichen Regelungen seien im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, und hat dazu ausgeführt, der Kläger könne den Weg von seinem Haus in Bierbach zur Dienststelle in Kaiserslautern und zurück nicht in 2 1/2 Stunden zurücklegen. Für die Frage, ob die den Einzugsbereich im Sinne des Unterbringungsanspruchs beschreibende Zeitgrenze eingehalten sei, sei darauf abzustellen, wieviel Zeit der Kläger bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel einschließlich der Zeiten für den Zu- und Abgang benötige. Der Arbeitnehmer könne nicht gezwungen werden, nach seiner Versetzung weiterhin seinen privaten Personenkraftwagen für die Fahrt zum Arbeitsplatz zu benutzen, auch wenn er dies zuvor getan habe. Dies würde zur Ungleichbehandlung der bei derselben Dienststelle tätigen Arbeitnehmer führen. Demgegenüber könne das Interesse der Streitkräfte an der Versetzung des Klägers nicht höher eingeschätzt werden. Vielmehr werde das Interesse des Klägers durch die Regelungen im Anhang O zum TVAL II über die Unterbringung bei Änderung der Wertigkeit des Arbeitsplatzes gestärkt; sie hänge nicht nur von der Eingruppierung ab, sondern auch von der Entfernung zum Arbeitsort.

Hinzu komme, daß für den Kläger gleichwertige Arbeitsplätze in Zweibrücken zur fraglichen Zeit zur Verfügung gestanden hätten. Dabei seien nicht nur die Arbeitsplätze bei der Luftwaffe, sondern auch die bei anderen Waffengattungen der US-Streitkräfte zu berücksichtigen gewesen. Der Kläger habe sich von Oktober 1985 bis Mai 1986 um 12 ausgeschriebene Stellen beworben und sei trotz Eignung stets abgelehnt worden. Diese Stellen hätten „in der Zeit der Kündigung” zur Verfügung gestanden; bei dem Umfang der in Zweibrücken und näherer Umgebung befindlichen Dienststellen von US-Streitkräften hätte es dem Personalbüro bis zur Änderungskündigung ohne weiteres gelingen müssen, eine entsprechende Stelle für den Kläger zur Verfügung zu stellen.

2. Diese Würdigung ist in der Revisionsinstanz nur beschränkt nachprüfbar. Bei der Entscheidung über die Sozialwidrigkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffes. Das Revisionsgericht hat nur zu prüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt oder ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter den Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es bei der Interessenabwägung alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat. Diesem begrenzten Prüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil nicht stand.

3. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß (BAG Urteil vom 20. März 1986 – 2 AZR 294/85 – AP Nr. 14 zu § 2 KSchG 1969, unter IV 3 a, 4 der Gründe).

Das Landesarbeitsgericht ist bei der Prüfung, ob der Kläger die Änderung der Arbeitsbedingungen billigerweise hinnehmen mußte, von einem rechtlich unzutreffenden Verständnis der hierbei zu beachtenden Regelungen des Abschnitts I des Anhangs O zum TVAL II ausgegangen. Es hat auch keine hinreichenden Tatsachenfeststellungen getroffen, aus denen folgen könnte, daß ein gleichwertiger, ortsnäherer Arbeitsplatz im Rahmen der Änderungskündigung hätte angeboten werden können und müssen.

a) Zwar hat das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt, daß sich das Änderungsangebot auf den dringenden betrieblichen Anlaß insoweit beschränkt hat, als lediglich eine Änderung der Arbeitsbedingungen hinsichtlich des Arbeitsortes angeboten worden ist. Die Arbeit sollte in der bisherigen Art und Weise gegen dieselbe Vergütung fortgesetzt werden, lediglich der Ort der Arbeitsleistung sollte von Zweibrücken nach Kaiserslautern verlegt werden.

b) Damit ist die Frage jedoch noch nicht geklärt, ob der Arbeitnehmer eine solche Verlegung des Arbeitsortes billigerweise hinzunehmen hat. Dies hängt nicht nur davon ab, wie das Landesarbeitsgericht im Ansatz, wenn auch unter einer unzutreffenden rechtlichen Prämisse, richtig erkannt hat, ob sich der neue Arbeitsort noch im Einzugsbereich i. S. der Nr. 3 Abschnitt I des Anhangs O zum TVAL II hält, sondern auch davon, ob für den Arbeitnehmer eine andere gleichwertige Arbeitsstelle ortsnäher zu seinem bisherigen Beschäftigungsort bzw. Wohnort zur Verfügung stand. Mit der Bestimmung über den Einzugsbereich in der Protokollnotiz zum Abschnitt I Nr. 3 des Anhangs O zum TVAL II haben die Tarifvertragsparteien den Bereich gegenüber der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 b KSchG örtlich erweitert, in welchem der Arbeitgeber zu prüfen hat, ob ein freier Arbeitsplatz vorliegt. Zugleich wird damit die äußerste Grenze beschrieben, bis zu der dem Arbeitnehmer die örtliche Veränderung seines Arbeitsortes im Rahmen einer Änderungskündigung zumutbar sein kann.

c) Bei der Prüfung, ob diese äußerste Grenze eingehalten ist, nämlich, ob der Kläger den Weg zur Arbeitsstätte in Kaiserslautern und zurück zu seiner Wohnung in 2 1/2 Stunden insgesamt täglich zurücklegen kann, hat das Landesarbeitsgericht den Regelungsgehalt der Protokollnotiz zu Nr. 3 des Abschnitts I Anhang O zum TVAL II verkannt.

Seine Ansicht, es komme allein auf den Zeitaufwand bei Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel an, läßt sich mit der hier anzuwendenden Fassung der Protokollnotiz zu Nr. 3 des Abschnitts I Anhang 0 zum TVAL II nicht vereinbaren. Nach dieser Protokollnotiz ist bei der Wegezeitberechnung nicht ausschließlich auf öffentliche Verkehrsmittel abzustellen, sondern gleichermaßen auch auf private Verkehrsmittel. Zu den privaten Verkehrsmitteln im Sinne dieser Protokollnotiz zählen auch private Kraftwagen. Sie müssen ebenso wie die öffentlichen Verkehrsmittel „üblicherweise benutzt” sein. Dementsprechend muß für die Wegezeitberechnung im Ansatz der Zeitaufwand zugrunde gelegt werden, der entsteht, wenn der Arbeitnehmer das Verkehrsmittel weiterhin für den Weg zur neuen Arbeitsstelle benutzt, das er bisher für den Weg zur alten Arbeitsstelle üblicherweise benutzt hat. Ob anderes zu gelten hat, wenn der Arbeitnehmer den Weg zur Arbeitsstelle bislang ohne ein Verkehrsmittel zurückgelegt hat und er wegen der größeren Entfernung gezwungen ist, für den Weg zur neuen Arbeitsstelle erstmals ein üblicherweise benutztes oder privates Verkehrsmittel einzusetzen, kann dahinstehen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Mit der Protokollnotiz unvereinbar ist es, für die Wegezeitberechnung auf ein langsameres als das bislang üblicherweise benutzte Verkehrsmittel abzustellen. Dies folgt daraus, daß in der Protokollnotiz sogar eine Wegezeit von mehr als 2 1/2 Stunden für den Fall als maßgebend angesehen wird, daß die gegenwärtige, d.h. die vor Verlegung des Beschäftigungsortes erforderliche Fahrt zur Arbeit mehr Zeit in Anspruch nimmt. Hieraus wird deutlich, daß die Tarifvertragsparteien auf die jeweilige persönliche Wegezeit des Arbeitnehmers und damit auch auf das von ihm üblicherweise benutzte Verkehrsmittel abstellen. Spätere, nach Ausspruch der streitbefangenen Änderungskündigung eintretende Änderungen hinsichtlich der Art des benutzten Verkehrsmittels müssen dagegen unberücksichtigt bleiben. Denn für die Frage des Einzugsbereichs des neuen Beschäftigungsortes ist im Rahmen einer Änderungskündigung auf die Verhältnisse abzustellen, wie sie bei Ausspruch der streitbefangenen Änderungskündigung vorgelegen haben. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht noch Sachverhaltsfeststellungen zu treffen.

d) Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht dem Angebot eines geringer dotierten, in Zweibrücken oder näherer Umgebung gelegenen Arbeitsplatzes Vorrang vor dem Angebot der Weiterarbeit auf dem in der Vergütung und in der Aufgabe gleichgebliebenen Arbeitsplatz des Klägers an dem neuen, weiter entfernten Beschäftigungsort, Kaiserslautern, eingeräumt. Ein solcher Vorrang läßt sich mit den Regelungen in Abschnitt I des Anhangs O zum TVAL II nicht vereinbaren. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der örtlichen Lage die Arbeitsplätze am bisherigen Beschäftigungsort mit denen im Einzugsbereich in der Definition des Tarifvertrages bzw. der Protokollnotiz gleichgestellt. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts läßt sich nicht mit seiner Erwägung über die Wertigkeit des Arbeitsplatzes begründen. Für die Wertigkeit des Arbeitsplatzes haben die Tarifvertragsparteien ausschließlich auf dessen Einordnung in dieselbe Lohn-/Gehaltsgruppe bzw. eine solche mit gleichwertigen Tätigkeitsmerkmalen abgestellt und dies mit der Klammerdefinition „gleichwertiger Arbeitsplatz” zusammengefaßt. Für diese Vergütungswertigkeit des Arbeitsplatzes haben sie dann eine Vorrangregelung getroffen, nämlich insoweit, als zunächst ein „gleichwertiger Arbeitsplatz” anzubieten ist und nur für den Fall, daß ein solcher nicht zur Verfügung steht, ein Arbeitsplatz in einer niedrigeren Lohn-/Gehaltsgruppe (vgl. I.2a) Anhang O zum TVAL II). Gesichtspunkte, die auf eine Wertschätzung des konkreten Arbeitsplatzes durch den Arbeitnehmer abstellen, dem möglicherweise ein ortsnaher geringer vergüteter Arbeitsplatz mehr wert erscheint als ein örtlich weiter entfernter Arbeitsplatz mit gleicher Vergütung, sind hiermit nicht vereinbar. Hätten die Tarifvertragsparteien auch insoweit einen Vorrang regeln wollen, so hätte dies im Tarifvertrag entsprechenden Ausdruck finden müssen. Das aber ist nicht geschehen.

e) Die weiteren Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, für den Kläger habe ein anderweitiger Arbeitsplatz in Zweibrücken zur Verfügung gestanden, lassen nicht erkennen, ob das Landesarbeitsgericht damit einen Arbeitsplatz derselben Vergütungsgruppe oder einen Arbeitsplatz einer niedrigeren Vergütungsgruppe gemeint hat. Soweit es auf einen Arbeitsplatz derselben Vergütungsgruppe abgestellt hat, genügen seine bisherigen Feststellungen nicht. Insbesondere fehlt es an der Feststellung, inwieweit zur Zeit des Ausspruchs der Änderungskündigung feststand, daß der später tatsächlich ausgeschriebene Arbeitsplatz der Vergütungsgruppe C 7 in Zweibrücken besetzbar sein werde. Auch insoweit bedarf es noch näherer Sachverhaltsaufklärung.

Soweit das Landesarbeitsgericht hingegen gemeint hat, in Zweibrücken oder näherer Umgebung müsse angesichts der Vielzahl der Arbeitsplätze eine andere Unterbringungsmöglichkeit bestanden haben, hat es entsprechende Tatsachenfeststellungen überhaupt nicht getroffen, sondern lediglich vermutet, bei der großen Zahl der Arbeitsplätze der Stationierungsstreitkräfte der Vereinigten Staaten in Zweibrücken und Umgebung müsse eine solche Möglichkeit bestanden haben. Dabei scheiden höher dotierte Arbeitsplätze von vornherein aus. Geringer vergütete Arbeitsplätze kommen nur in Betracht, wenn ein gleichwertiger Arbeitsplatz in den äußersten Grenzen des Einzugsbereichs nicht vorhanden war und der Kläger sich mit einer geringeren Vergütung einverstanden erklärt hat.

VII. Erst wenn sich nach Klärung der vorstehenden Fragen ergibt, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen an sich sozial gerechtfertigt ist, ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Sie wird nur in Ausnahmefällen zugunsten des Arbeitnehmers ausgehen können (vgl. zur betriebsbedingten Beendigungskündigung: BAGE 55, 262 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG Urteil vom 16. Januar 1987 – 7 AZR 495/85 – n. v.).

VIII. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten der Revision zu befinden haben.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Dr. Steckhan, Schliemann, Stappert, Seiler

 

Fundstellen

Dokument-Index HI969688

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