Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit der sog. Kleinbetriebs- bzw. -verwaltungsklausel des Kündigungsschutzgesetzes auf evangelische Kirchengemeinde als Arbeitgeberin

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Feststellung der für die Anwendbarkeit des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes notwendigen Arbeitnehmerzahl sind von anderen Arbeitgebern (Unternehmen) beschäftigte Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, daß eine darüber hinausgreifende Berechnung der Arbeitnehmerzahl – abgesehen von Mißbrauchsfällen – nur dann in Betracht kommt, wenn aufgrund einer Führungsvereinbarung der beteiligten Arbeitgeber (Unternehmen) eine einheitliche institutionelle Leitung hinsichtlich des Kerns der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich besteht.

2. Nach diesen Grundsätzen genießen die Arbeitnehmer einer Kirchengemeinde der evangelischen Kirche im Rheinland in der Regel keinen Kündigungsschutz nach dem ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes, wenn die Kirchengemeinde nicht eine größere als die in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG genannte Zahl von Arbeitnehmern beschäftigt.

 

Normenkette

BGB § 242; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 140; Kirchengesetz für den kirchenmusikalischen Dienst in der evangelischen Kirche der Union §§ 10-11; Kirchenordnung der evangelischen Kirche im Rheinland Art. 5, 6 Abs. 1, Art. 91 Abs. 1, Art. 103; KSchG § 23 Abs. 1; WRV Art. 137

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 26.05.1997; Aktenzeichen 18 (8) Sa 234/97)

ArbG Wuppertal (Urteil vom 07.11.1996; Aktenzeichen 4 Ca 3937/96)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 26. Mai 1997 - 18 (8) Sa 234/97 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Der am 26. Juli 1963 geborene, verheiratete Kläger war seit 1. September 1992 bei der beklagten Kirchengemeinde als Kantor gegen eine Vergütung von monatlich 5.300,– DM brutto tätig. Einzelvertraglich wurde die Anwendbarkeit des Bundes-Angestelltentarifvertrages – kirchliche Fassung (BAT-KF) vereinbart. Auf seiten der Beklagten unterzeichneten für deren Presbyterium der stellvertretende Vorsitzende sowie zwei weitere Mitglieder des Presbyteriums den Arbeitsvertrag.

Die Beklagte beschäftigt neben dem Kläger eine Küsterin sowie eine Putzfrau mit vier Stunden pro Woche. Ferner sind bei der Beklagten zwei Pfarrer tätig. Eine Mitarbeitervertretung besteht nicht.

Die Beklagte ist Mitglied im Verband der Evangelischen Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld. Der Verband übernahm ausweislich der Satzung in der letzten Fassung vom August 1995 geistliche Aufgaben sowie Verwaltungsaufgaben. Der Verband unterhält ein Verwaltungsamt mit ca. 35 Mitarbeitern, das für die Verwaltungsaufgaben zuständig ist. Bei diesem Verwaltungsamt ist eine Mitarbeitervertretung gebildet.

Nachdem es Ende 1994 zu Differenzen zwischen den Parteien wegen der Art des Umfanges der kirchenmusikalischen Aktivitäten des Klägers kam, verschärften sich diese im Laufe des Jahres 1995. Die Beklagte vertrat eine andere Auffassung zum Aufbau eines Chores innerhalb der Gemeinde und warf dem Kläger insbesondere vor, sich zu stark um einen außerhalb der Gemeinde existierenden Chor zu kümmern, der auch der Beklagten für kirchenmusikalische Aufführungen zur Verfügung stand.

Nach einer Ermahnung im November 1994 erinnerte die Beklagte den Kläger nochmals mit Schreiben vom 30. März 1995 an die Einhaltung seiner Dienstpflichten. Mit Schreiben vom 11. Mai 1995 erteilte sie dem Kläger eine Abmahnung. Anfang Januar 1996 kam es zu einem Gespräch über eine mögliche Kündigung des Klägers. Innerhalb des Presbyteriums bestand keine einheitliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers. Der Superintendent des Kirchenkreises wies zudem darauf hin, daß eine Kündigung mit der vorgesehenen Begründung nicht haltbar sei. Deshalb sah die Beklagte von einer Kündigung zunächst ab und verhandelte mit dem Kläger über einen Aufhebungsvertrag. Dieser kam im Ergebnis nicht zustande.

Daraufhin beschloß die Beklagte Ende Juni 1996 eine Kündigung des Klägers. Mit Schreiben vom 18. Juli 1996 teilte der Superintendent der Beklagten mit, daß der Kreissynodalvorstand in seiner Sitzung vom 15. Juli 1996 beschlossen habe, diesem Kündigungsbeschluß zuzustimmen.

Mit Schreiben vom 9. August 1996, dem Kläger zugegangen am 12. August 1996, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 1996.

Mit seiner am 28. August 1996 beim Arbeitsgericht Wuppertal eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt. Er hat geltend gemacht, er genieße Kündigungsschutz i.S. des Kündigungsschutzgesetzes. Die Gemeinde sei keine organisatorisch selbständige Betriebsstätte, sondern nur in Verbindung mit dem Verwaltungsamt des Verbandes Evangelischer Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen. Sämtliche Aufgaben, die für die Existenz und die Funktion der Gemeinde entscheidend seien, würden vom Verwaltungsamt wahrgenommen. Bei dieser Aufgabenverlagerung handele es sich auch nicht um eine Fremdvergabe, da diese Organisationsform innerkirchlich vorgesehen sei und die Beklagte nicht wirklich Autonomie besitze. Die Beklagte habe nur die Möglichkeit, im Rahmen der ihr zur Verfügung gestellten Mittel sich selbst zu verwalten. Auch habe die Kirchenleitung die Kompetenz, dem Presbyterium die Amtsausübung zu untersagen. Nach der Kirchenordnung seien die Kirchengemeinden und Kirchenkreise zu gegenseitigem Dienst zusammengeschlossen. Sie bildeten eine Einheit, die sich eine gemeinsame Leitung und Ordnung gebe. Korrespondierend mit und aufbauend auf dieser Kirchenordnung treffe die Verwaltungsordnung der Evangelischen Kirche Rheinland detaillierte Regelungen über die Vermögens- und Finanzverwaltung. Verwaltungssitz einer Kirchengemeinde, und damit auch der Beklagten, sei nicht das Pfarrhaus oder die Wohnung des Vorsitzenden des Presbyteriums, sondern das für die Gemeinde zuständige Verwaltungsamt. In diesem Verwaltungsamt finde die Personalverwaltung, die Finanzverwaltung, die Haushaltsverwaltung und die Verteilung der Steuerzuweisungen statt. Aus der in der Kirchenordnung vorgesehenen Pflicht, bei Einstellungen und Kündigungen die Genehmigung des Kreissynodalvorstandes einzuholen, folge ebenfalls die Unselbständigkeit der Beklagten. Die Verflechtung zwischen den bei der Beklagten verbleibenden Arbeitgeberfunktionen und den weiteren wesentlichen Arbeitgeberfunktionen an anderer Stelle sei derart massiv, daß die Kirchengemeinde allein als Betrieb im arbeitsrechtlichen Sinne nicht gewertet werden könne. Außerdem würde bei einer Anwendbarkeit des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf die Beklagte der Sinn und Zweck dieser Vorschrift verfehlt. Die Norm sei zugeschnitten auf Kleinunternehmer, bei denen eine enge persönliche Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestünde. Die Beklagte bewältige Aufgaben auch mit ehrenamtlicher Gemeindearbeit, greife also bereits auf eine Organisationsstruktur zurück, die mit einem Kleinstbetrieb nichts zu tun habe. Das Presbyterium sei mit dem Inhaber eines Kleinbetriebes nicht vergleichbar. Aus seiner, des Klägers, Sicht sei die Evangelische Kirche Rheinland sein Arbeitgeber. Die vertragliche Verweisung u.a. auf die Versetzungsmöglichkeit des § 12 BAT-KF indiziere, daß dieser Arbeitsplatzwechsel tatsächlich möglich sei und damit eine entsprechende Betriebsgröße über die Gemeinde hinaus. Auch habe er nicht mit einer Kündigung zu rechnen brauchen. Nachdem die Absicht der Beklagten, ihm zu kündigen, im Januar 1996 gescheitert sei, habe die Beklagte in den Verhandlungen über den Aufhebungsvertrag nicht deutlich gemacht, daß sie sich in jedem Fall von ihm trennen wolle. Er habe vielmehr davon ausgehen können, daß die Beklagte von einer Kündigung Abstand nehme, da diese nicht wirksam sein werde. Der Beklagten habe ein Kündigungsgrund nicht zur Seite gestanden. Der Ausspruch der Kündigung und die Berufung auf die Kleinbetriebsklausel seien treuwidrig. Da die Mitarbeitervertretung des Verbandes der Evangelischen Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld nicht beteiligt worden sei, sei die Kündigung auch aus diesem Grund rechtsunwirksam.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 9. August 1996 – ihm zugegangen am 12. August 1996 – nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat darauf verwiesen, daß sie als Gebietskörperschaft alleinige Arbeitgeberin des Klägers sei. Sie unterhalte eine eigenständige organisatorische Einheit mit eigenen Zwecksetzungen und Aufgaben. Sie sei weder von dem Gemeindeverband noch von der Evangelischen Kirche im Rheinland in einer Weise finanziell abhängig, die zu einer arbeitsrechtlichen Qualifikation als einheitlicher Betrieb führen könne. Ein gemeinsamer Betrieb mit dem Verband Evangelischer Kirchengemeinden bestehe nicht. Lediglich ein Teil der weltlichen Verwaltungsaufgaben sei auf den Gemeindeverband delegiert. Diese Organisation sei keineswegs zwingend. Andere Wuppertaler Kirchengemeinden erledigten diese Verwaltungsaufgaben durch eigene Mitarbeiter in eigener Verantwortung. Die Kündigung sei auch in keiner Weise treuwidrig.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte als selbständige Körperschaft des öffentlichen Rechts unterhalte mit dem Verband Evangelischer Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld keinen gemeinsamen Betrieb. Beide seien Arbeitgeber der jeweils für sie tätigen Arbeitnehmer. Die Anknüpfung an den Betriebsbegriff in § 23 KSchG sei keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG, denn der Gesetzgeber brauche bei der Gruppenbildung nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen und dürfe für Differenzierungen von einer Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten ausgehen. Lege lata genieße der Kläger deshalb keinen Kündigungsschutz nach dem KSchG.

Die streitige Kündigung sei ferner nicht gem. § 242 BGB rechtsunwirksam, weil der verhaltensbedingte Kündigungsgrund an sich von § 1 KSchG erfaßt würde und das Kündigungsschutzgesetz insoweit die Voraussetzungen und die Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und abschließend geregelt habe. Auch sei es unschädlich, daß die Beklagte in den Gesprächen über einen evtl. Aufhebungsvertrag nicht deutlich gemacht habe, anderenfalls werde eine Kündigung erfolgen; die Gefährdung seines Arbeitsplatzes und die Trennungsabsicht der Beklagten sei dem Kläger aufgrund dieser Gespräche klar gewesen.

Mangels eines gemeinsamen Betriebes habe es schließlich auch keiner Beteiligung der beim Verwaltungsamt des Verbandes Evangelischer Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld bestehenden Mitarbeitervertretung bedurft.

II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und überwiegend auch in der Begründung.

1. Bei der Prüfung, ob auf die streitige Kündigung der 1. Abschnitt des KSchG anzuwenden ist, ist das Landesarbeitsgericht im Ansatz zutreffend von § 23 Abs. 1 KSchG ausgegangen. Bedienen sich nämlich die Kirchen wie jedermann der Privatautonomie zur Begründung von Arbeitsverhältnissen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht mit seinen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften Anwendung (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 10. Dezember 1992 - 2 AZR 271/92 - AP Nr. 41 zu Art. 140 GG, zu II 1 der Gründe, m.w.N.; BVerfG Beschluß vom 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703, 1718/83, 856/84 - BVerfGE 70, 138 = AP Nr. 24 zu Art. 140 GG; vgl. ferner Hueck/von Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl., § 23 Rz 8; KR-Weigand, 4. Aufl., § 23 KSchG Rz 34). Unstreitig erfüllt die beklagte Kirchengemeinde für sich genommen in keinem Fall die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG.

Allerdings ist insoweit, wie die Revision mit Recht rügt, nicht auf den Begriff des Betriebes abzustellen. Die Beklagte ist nämlich als Gebietskörperschaft öffentlich-rechtlich organisiert. Maßgeblich für die Anwendbarkeit des 1. Abschnitts des KSchG auf die streitige Kündigung ist deshalb allein der in § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG enthaltene Begriff der Verwaltung, die unter Umständen mehrere Dienststellen umfassen kann (vgl. Senatsurteil vom 23. April 1998 - 2 AZR 489/97 - AP Nr. 19 zu § 23 KSchG 1969, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

2. Die Maßgeblichkeit des Begriffs der Verwaltung ändert freilich nichts daran, daß der Kündigungsschutz nach dem KSchG grundsätzlich nicht unternehmens-, d.h. arbeitgeberübergreifend ausgestaltet ist (vgl. schon § 1 Abs. 1 KSchG). Arbeitgeber des Klägers ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, die beklagte Kirchengemeinde und nicht etwa der Verband der Evangelischen Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld oder die Landeskirche. Die Beklagte ist als Gebietskörperschaft öffentlichen Rechts eine eigenständige juristische Person; als solche hat sie den Vertrag mit dem Kläger abgeschlossen (Art. 103 Kirchenordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland, §§ 10, 11 Kirchengesetz für den kirchenmusikalischen Dienst in der Evangelischen Kirche der Union). Der Beklagten und nicht etwa der Landeskirche oblag es gem. Art. 6 Abs. 1 Kirchenordnung, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötigen Ämter und Dienste einzurichten. Der Senat hat auch für den Bereich des öffentlichen Dienstes darauf abgestellt, ob einer Einheit eine selbständige Rechtspersönlichkeit mit der Folge zukommt, daß sie eine eigene Verwaltung i.S. von § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG bildet (Urteil vom 23. April 1998 - 2 AZR 489/97 - AP, aaO, zu II 4 der Gründe).

3. Wie das Landesarbeitsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, hat der Senat für den Bereich der Privatwirtschaft die Annahme eines ausnahmsweise arbeitgeberübergreifenden Kündigungsschutzes stets davon abhängig gemacht, daß sich zwei oder mehrere Unternehmen zur gemeinsamen Führung eines Betriebes – zumindest konkludent – rechtlich verbunden haben, so daß der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird. Das trifft nicht schon dann zu, wenn die Unternehmen z.B. auf der Grundlage von Organ- oder Beherrschungsverträgen lediglich unternehmerisch zusammenarbeiten. Vielmehr muß die Vereinbarung auf eine einheitliche Leitung für die Aufgaben gerichtet sein, die vollzogen werden müssen, um die in der organisatorischen Einheit zu verfolgenden arbeitstechnischen Zwecke erfüllen zu können (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 1990 - 2 AZR 355/89 - AP Nr. 9 zu § 23 KSchG 1969, zu III 1 der Gründe, m.w.N.; vgl. jetzt auch § 322 Abs. 2 UmwG).

Es kann vorliegend dahinstehen, ob sich diese Überlegungen auf den öffentlichen Dienst bzw. hier eine Kirche dergestalt übertragen lassen, daß sich mehrere rechtlich selbständige Verwaltungsträger zur Bildung einer einheitlichen Verwaltung rechtlich verbinden können. Auch wenn man eine gemeinsame Verwaltung mehrerer Verwaltungsträger analog dem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen für möglich hält, würde dies speziell für § 23 Abs. 1 KSchG jedenfalls voraussetzen, daß der Kern der Arbeitgeberfunktionen, insbes. das arbeitgeberseitige Weisungsrecht hinsichtlich der konkret zu leistenden Arbeiten der abhängigen Arbeitnehmer, bei derselben institutionellen Verwaltungsleitung läge. Davon kann vorliegend keine Rede sein. Auch der insoweit grundsätzlich darlegungs- und letztlich beweispflichtige Kläger (vgl. Senatsurteil vom 18. Januar 1990, aaO, zu III 2 der Gründe, m.w.N.) hat nicht behauptet, seine Weisungen zur Durchführung seiner kirchenmusikalischen Aufgaben bei der Beklagten habe er nicht von dieser, sondern vom Verwaltungsamt des Verbandes der Evangelischen Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld erhalten. Schon die Protokolle und Ermahnungen vom 17. November 1994, vom 22. März 1995 und vom 30. März 1995 und die Abmahnung vom 11. Mai 1995 belegen das Gegenteil. Auch die streitige Kündigung erfolgte durch die Beklagte und nicht etwa durch das Verwaltungsamt im Namen und Auftrag der Beklagten. Die Beklagte übte demnach die wesentlichsten oder jedenfalls so wesentliche Arbeitgeberfunktionen selbst aus, daß die Annahme einer gemeinsamen Verwaltung analog einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen ausscheidet.

Auch daß die Kündigung ebenso wie der Arbeitsvertrag der kirchenaufsichtlichen Genehmigung bedurfte, ändert daran nichts: Ebenso wie die Anstellung auf Beschluß des Presbyteriums als Leitungsorgan der Beklagten erfolgte (Art. 91, 103 Kirchenordnung, §§ 10, 11 Kirchengesetz für den kirchenmusikalischen Dienst), ging der Entschluß zur Kündigung von der Beklagten aus; bei ihr erfolgte die Willensbildung; die Beklagte vollzog mit der Kündigung also nicht bloß den Willen einer übergeordneten Instanz. Bei der aufsichtlichen Genehmigung geht es dementsprechend um die Genehmigung einer fremden Willenserklärung, die aufsichtliche Mitwirkung macht die Willenserklärung nicht zu einer solchen der aufsichtsführenden Körperschaft, selbst wenn diese, wie die Revision geltend macht, sich nicht auf eine bloße Rechtmäßigkeitskontrolle zu beschränken brauchte. Auch im Bereich öffentlich-rechtlichen Handelns durch Verwaltungsakt wird im übrigen ungeachtet einer aufsichtlichen Beteiligung darauf abgestellt, welchem Rechtsträger die den Verwaltungsakt erlassende Behörde angehört (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl., § 78 Rz 7 f.).

4. Allerdings wird teilweise für den Bereich der Privatwirtschaft vor dem Híntergrund der Änderung des § 23 Abs. 1 KSchG durch das am 1. Oktober 1996 in Kraft getretene Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz ein „Berechnungsdurchgriff im Konzern” im Wege einer „teleologischen Reduktion” befürwortet (vgl. Bepler, AuR 1997, 54, 58 f.; ders. AuA 1997, 325, 329; ähnlich Buschmann, AuR 1998, 210 f.; Kittner, NZA 1998, 731 f.). Ein solcher unternehmensübergreifender „Berechnungsdurchgriff” ist jedoch de lege lata nicht möglich, weil der Gesetzgeber am Betriebsbegriff festgehalten hat, obgleich im Gesetzgebungsverfahren ein Abstellen auf das Unternehmen diskutiert wurde (vgl. Schwedes, BB 1996, Beilage 17, S. 2 f.; Bepler, AuR 1997, 54, 57) und auch dem Bundesrat vorliegende Entwürfe für ein Arbeitsvertragsgesetz (BR-Drucks. 293/95 und 671/96) dies vorsahen. Daß das Gesetz für seinen Anwendungsbereich am Betriebsbegriff festhält, statt auf den in der Regel weiteren Unternehmensbegriff abzustellen, belegt auch § 322 Abs. 2 UmwG. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber die schon genannte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Senatsurteil vom 18. Januar 1990 - 2 AZR 355/89 -, aaO, m.w.N.) bestätigt, nach der es für einen ausnahmsweise unternehmensübergreifenden Kündigungsschutz auf eine Führungsvereinbarung und einheitliche institutionelle Leitung insbes. hinsichtlich des Kerns der Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich ankommt und eine bloße unternehmerische Zusammenarbeit auf der Grundlage von Organ- und Beherrschungsverträgen für eine Zusammenrechnung der beschäftigten Arbeitnehmer im Rahmen von § 23 Abs. 1 KSchG nicht ausreicht (vgl. Bepler, AuR 1997, 54, 57). Indem der Gesetzgeber sich in § 322 Abs. 2 UmwG der Konstruktion einer Fiktion („gilt … als Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzrechts”) bedient hat, hat er zugleich zum Ausdruck gebracht, daß er den Fall eines gemeinsamen Betriebes mehrerer Unternehmen an sich nicht mehr vom Normgehalt des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG umfaßt sieht. Von daher wäre ein über diese Fallgestaltung hinausgehender „Berechnungsdurchgriff” auf den Konzern ein solch massiver Eingriff in die gesetzgeberische Entscheidung, daß er grundsätzlich nicht mehr im Wege der Auslegung erfolgen könnte (so auch Gragert/Kreutzfeld, NZA 1998, 567, 569).

Hinsichtlich der Anknüpfung des allgemeinen Kündigungsschutzes an die Beschäftigtenzahl in einer Verwaltung, wie sie im vorliegenden Fall maßgeblich ist, gilt nichts anderes. Auch diese hat der Gesetzgeber unverändert gelassen und er geht weiterhin davon aus, es gebe Verwaltungen, bei denen die Einräumung allgemeinen Kündigungsschutzes für ihre Beschäftigten ihre Funktionsfähigkeit in Frage stellen würde. Verwaltungen mit einer Beschäftigtenzahl von unter elf wären aber kaum vorstellbar, wenn der vom Kläger geforderte „Berechnungsdurchgriff” auf andere Verwaltungsträger vorgenommen würde. Der „Berechnungsdurchgriff” widerspräche offensichtlich der Intention des Gesetzgebers. Ein vom Betriebs- bzw. Verwaltungsbegriff losgelöster arbeitgeberübergreifender „Berechnungsdurchgriff” könnte somit allenfalls in Ausnahmefällen verfassungsrechtlich geboten sein (vgl. auch Anm. Dieterich, AR-Blattei ES 1020, Nr. 346).

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - (BGBl. I S. 742 = AP Nr. 17 zu § 23 KSchG 1969) den hier einschlägigen § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG a.F. sowohl hinsichtlich der Größe des Kleinbetriebes als auch hinsichtlich der Anknüpfung an den Begriff „Betrieb” unbeanstandet gelassen und nur im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eine Beschränkung auf solche Einheiten verlangt, für deren Schutz die Kleinbetriebsklausel allein bestimmt ist. Unter solchen „Einheiten” hat das Bundesverfassungsgericht aber nicht etwa auch solche mit eigener Rechtspersönlichkeit, d.h. (Konzern-)Unternehmen, verstanden, sondern ausgehend vom betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff organisatorische Einheiten, innerhalb derer d e r A r b e i t g e b e r bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt. Darunter, so das Bundesverfassungsgericht weiter, könnten im Einzelfall auch Teile größerer Unternehmen fallen, für die die Gesichtspunkte nicht zutreffen, die eine Benachteiligung der Arbeitnehmer von Kleinbetrieben bei der Ausgestaltung des Kündigungsrechts rechtfertigen. Gragert/Kreutzfeld (aaO; a.A. Kittner, NZA 1998, 731 f.) sehen darin eine Absage des Bundesverfassungsgerichts an die Auffassung Beplers (aaO), ggf. sei über das Unternehmen hinaus auf den Konzern abzustellen.

Die Absage des Gesetzgebers an eine von der einheitlichen institutionellen Leitung auch im sozialen und personellen Bereich unabhängige unternehmensübergreifende Berechnung der für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes maßgeblichen Beschäftigtenzahl ist auch nach Ansicht des erkennenden Senats verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie verletzt weder Art. 12 Abs. 1 GG noch Art. 3 Abs. 1 GG.

Wie das Bundesverfassungsgericht (aaO) ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber bei einer allein am objektiven Gehalt der Grundrechte zu messenden, das private Vertragsrecht ausgestaltenden Norm wie § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG einen weiten Gestaltungsfreiraum. Die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen liegt in seiner politischen Verantwortung, ebenso die Vorausschau auf die künftige Entwicklung und die Wirkungen seiner Regelung. Dasselbe gilt für die Bewertung der Interessenlage, d.h. die Gewichtung der einander entgegenstehenden Belange und die Bestimmung ihrer Schutzbedürftigkeit. Eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten kann daher in einer solchen Lage nur festgestellt werden, wenn eine Grundrechtsposition den Interessen des anderen Vertragspartners in einer Weise untergeordnet wird, daß in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden kann.

Daran gemessen verletzt die Grenzziehung, die eine unternehmensübergreifende Berechnung der für den Kündigungsschutz maßgeblichen Beschäftigtenzahl von einer einheitlichen Leitung auch im sozialen und personellen Bereich abhängig macht, Art. 12 Abs. 1 GG nicht. Wie das Bundesverfassungsgericht betont, ist das Kündigungsrecht des Kleinunternehmers in hohem Maße schutzwürdig, und zwar u.a. deshalb, weil es in einem Betrieb mit wenigen Arbeitskräften auf die Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Arbeitnehmers ebenso ankommt wie auf Persönlichkeitsmerkmale, die für die Zusammenarbeit, die Außenwirkung und das Betriebsklima von Bedeutung sind. Kleine Teams sind anfällig für Mißstimmungen und Querelen, wie im übrigen auch der vorliegende Fall belegt. Zwar sind auch auf seiten des Arbeitnehmers gewichtige Belange in die Waagschale zu werfen (vgl. im einzelnen BVerfGE, aaO, zu B I 3 b aa der Gründe). Mit einem regelmäßigen Abstellen auf die Beschäftigtenzahl des Betriebes und der Voraussetzung einer einheitlichen Leitung im Kernbereich der Arbeitgeberfunktionen für eine unternehmensübergreifende Berechnung der Beschäftigtenzahl hat der Gesetzgeber jedoch den Interessengegensatz in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu einem Ausgleich gebracht. Den Arbeitnehmern im konzernabhängigen Kleinunternehmen ist das größere rechtliche Risiko eines Arbeitsplatzverlustes angesichts der grundrechtlich geschützten Belange der Arbeitgeber zuzumuten.

Dabei fällt ins Gewicht, daß die Arbeitnehmer durch ihre Herausnahme aus dem gesetzlichen Kündigungsschutz nicht völlig schutzlos gestellt sind. Wo die Bestimmungen des KSchG nicht greifen, sind die Arbeitnehmer durch die zivilrechtlichen Generalklauseln vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt. Im Rahmen dieser Generalklauseln ist auch der objektive Gehalt der Grundrechte zu beachten. Hier ergeben sich die maßgebenden Grundsätze vor allem aus Art. 12 Abs. 1 GG. Der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz des Arbeitsplatzes vor Verlust durch private Disposition ist damit in jedem Fall gewährleistet. In sachlicher Hinsicht geht es vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen (vgl. zum Ganzen BVerfG, aaO, zu B I 3 b cc der Gründe sowie Senatsurteil vom 23. Juni 1994 - 2 AZR 617/93 - BAGE 77, 128 = AP Nr. 9 zu § 242 BGB Kündigung). So wäre es etwa ungeachtet von § 323 Abs. 1 UmwG nicht hinzunehmen, daß ein Unternehmen mit einer allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG begründenden Beschäftigtenzahl unter Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen nur deshalb aufgespalten wird, um mißliebigen Arbeitnehmern den allgemeinen Kündigungsschutz zu entziehen und ihnen „frei” kündigen zu können. Mit anderen Worten: Die gerade auch im Interesse der Rechtssicherheit grundsätzlich zu achtende Grenzziehung des Gesetzgebers steht einer sachgerechten Lösung von Mißbrauchsfällen nicht entgegen.

Allerdings besteht im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt für einen derartigen Mißbrauch der Organisationsfreiheit durch die Beklagte bzw. die Evangelische Kirche. Wie auch die Revision nicht verkennt, ist die Kirche zur Erfüllung ihres Verkündigungsauftrags auf die ehrenamtliche Mitarbeit der Gläubigen angewiesen, die dazu durch die Taufe berufen sind. Diese Mitarbeit erfüllen sie insbesondere in der Gemeinde, die als überschaubarer örtlicher Zusammenschluß eher Motivation und Rückhalt zu geben vermag als eine große überörtliche Organisation, in der Anonymisierungstendenzen den Blick auf die Bedeutung des persönlichen Engagements verstellen können. Wenn deshalb die Evangelische Kirche im Rheinland in Wahrnehmung ihrer gem. Art. 140 GG, Art. 137 WRV verbürgten Organisationsautonomie die Verantwortung für die Verkündigung des Evangeliums und die rechte Verwaltung der Sakramente sowie die Einrichtung und Ordnung der zur Durchführung des Verkündigungsauftrags notwendigen Dienste mit der Präambel und Art. 5 und 6 Kirchenordnung in erster Linie der örtlichen Kirchengemeinde zugewiesen und ihr dazu in Art. 103 Kirchenordnung auch die Diensthoheit über die in Art. 90 ff. Kirchenordnung aufgeführten Dienste einschließlich der Kirchenmusiker übertragen hat, ist dies sachgerecht. Eine Mißachtung der Schranken des für alle geltenden Gesetzes, hier eine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzes des KSchG, liegt darin nicht, zumal auch die Kirchenmusiker nach dem Verständnis der Evangelischen Kirche im Rheinland Träger des kirchlichen Verkündigungsauftrages sind (Art. 91 Abs. 1 Kirchenordnung).

Die gesetzlichen Schranken für eine unternehmensübergreifende Berechnung der für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes maßgebenden Beschäftigtenzahl sind auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar. Insbesondere die schon genannte Störanfälligkeit kleiner Teams für Mißstimmungen und Personalquerelen ist ein sachlicher Grund, der eine Anknüpfung des allgemeinen Kündigungsschutzes an die unter einheitlicher Leitung hinsichtlich des Kernbereichs der Arbeitgeberfunktionen beschäftigte Zahl von Arbeitnehmern und damit eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer von Kleinbetrieben bzw. -verwaltungen im Vergleich zu denen rechtfertigt, die in größeren Betrieben bzw. Verwaltungen tätig sind. Würde im Konzernverbund die Personalführung für konzernabhängige Unternehmen zentralisiert, d.h. würden insbes. das arbeitgeberseitige Direktionsrecht und die übrigen Arbeitgeberfunktionen des konzernabhängigen Unternehmens im sozialen und personellen Bereich von einer übergeordneten Konzernzentrale gesteuert, so könnte eine verfassungskonforme Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG dahin geboten sein, daß im Sinne Beplers (aaO) ein „Berechnungsdurchgriff” auf den Konzern vorgenommen wird. Eine lediglich unternehmerische Zusammenarbeit auf der Grundlage von Organ- oder Beherrschungsverträgen, die den Kernbereich der Arbeitgeberfunktionen bei den einzelnen beteiligten Unternehmen beläßt, reicht dafür aber nicht aus.

Vorliegend lagen, wie bereits dargelegt, der Kern der Arbeitgeberfunktionen und insbesondere das arbeitgeberseitige Direktionsrecht nicht beim Verband der Evangelischen Kirchengemeinden in Wuppertal-Elberfeld, sondern bei der Beklagten selbst. Deshalb ist für die Anwendbarkeit des 1. Abschn. des KSchG gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG nur auf die Zahl der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer abzustellen. Danach hat der Kläger keinen allgemeinen Kündigungsschutz.

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 12 BAT-KF. Der Arbeitsvertrag des Klägers verweist in § 2 nicht speziell auf diese Vorschrift, sondern auf den BAT-KF allgemein. Diese generelle Verweisung auf den BAT-KF macht auch dann Sinn, wenn einzelne Tarifnormen aufgrund der Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses leerlaufen. Deshalb kann aus fehlenden Versetzungsmöglichkeiten der Beklagten für den Kläger und dem diesbezüglichen Leerlaufen von § 12 BAT-KF nicht abgeleitet werden, dem Kläger sei arbeitsvertraglich Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 KSchG eingeräumt worden.

Mangels Mitarbeitervertretung bei der Beklagten scheitert die Wirksamkeit der streitigen Kündigung ferner auch nicht an kollektivrechtlichen Vorgaben. Die Mitarbeitervertretung des Verwaltungsamtes, die den Kläger nicht repräsentierte, brauchte die Beklagte nicht zu beteiligen.

5. Die streitige Kündigung ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, schließlich auch nicht gem. § 242 BGB unwirksam. Der durch die Generalklauseln vermittelte Schutz darf nicht dazu führen, daß dem Kleinunternehmer praktisch die im Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden (BVerfG, aaO und Senatsurteil vom 23. Juni 1994, aaO, zu II 2 a der Gründe, jeweils m.w.N.). Das Landesarbeitsgericht hat deshalb mit Recht darauf abgestellt, mit dem Vorwurf arbeitsvertraglicher Pflichtverletzungen bezüglich des Aufbaus eines innergemeindlichen Chores reklamiere die Beklagte einen verhaltsbedingten Kündigungsgrund, der als klassischer Fall einer möglichen sozialen Rechtfertigung der Kündigung in § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ausdrücklich genannt sei, weshalb ein Rückgriff auf § 242 BGB insoweit ausgeschlossen sei. Wenn die Revision rügt, bei offensichtlich fehlendem Kündigungsgrund sei über § 242 BGB mindestens eine Mißbrauchskontrolle anzustellen, und eine solche Offensichtlichkeit sei im vorliegenden Fall gegeben, ist dies angesichts der der Kündigung vorausgegangenen Ermahnungen und der Abmahnung vom 11. Mai 1995 nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat selbst nicht behauptet, er habe einen Gemeindechor aufgebaut oder auch nur nach der Abmahnung entsprechende Anstrengungen unternommen. Daß die Beklagte bzw. der Kreissynodalvorstand zunächst Zweifel hatten, ob die diesbezügliche Untätigkeit des Klägers als Kündigungsgrund ausreiche, ändert nichts daran, daß sie die Untätigkeit als Pflichtverletzung des Klägers ansahen. Eben deshalb wollte sich die Beklagte von dem Kläger trennen, was sie auch in den Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag unmißverständlich zum Ausdruck brachte. Der Kläger selbst hat das Verhalten der Beklagten genau so verstanden, wie das Schreiben seiner Anwälte vom 25. April 1996 belegt. Noch mit der Revisionsbegründung hat der Kläger vorgetragen, der Wunsch der Beklagten, das Arbeitsverhältnis zu beenden, sei ohnehin deutlich gewesen, weshalb es eine Druckausübung durch Androhung einer Kündigung gar nicht hätte geben können.

Die Revision sieht zunächst zutreffend, daß in Fällen, in denen das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, nicht versucht werden darf, die gleichen Ergebnisse mit Hilfe des § 242 BGB herbeizuführen. Ihrem weiteren Vorbringen zu folgen, würde aber gerade bedeuten, über § 242 BGB zu prüfen, ob die von der Beklagten angeführten verhaltensbedingten Gründe die streitige Kündigung gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial rechtfertigen. Eben dies verbietet der Respekt vor der gesetzgeberischen Eingrenzung des Kündigungsschutzes durch § 23 Abs. 1 KSchG (BVerfG und BAG, jeweils aaO). Damit wird entgegen der Ansicht der Revision nicht zweckwidrig der Kreissynodalvorstand, sondern die Beklagte als Arbeitgeberin des Klägers privilegiert, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses – auf welchem Weg auch immer – gewollt und letztlich nach Scheitern der Verhandlungen über eine gütliche Trennung den Entschluß zur Kündigung gefaßt hat.

Der Kläger kann sich demgegenüber auch nicht auf einen besonderen Vertrauensschutz berufen. Sein Arbeitsverhältnis hat bis zum Zugang der Kündigung nicht einmal vier Jahre gedauert und war zudem bereits seit mindestens November 1994 durch Differenzen über Art und Umfang der kirchenmusikalischen Aktivitäten des Klägers belastet. Daß die Beklagte dem Kläger im Zuge der Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag erklärt oder jedenfalls nach den Umständen eindeutig suggeriert hätte, sie werde selbst im Fall des Scheiterns der Verhandlungen nicht zum Mittel einer Kündigung greifen, hat der Kläger selbst nicht behauptet. Im Gegenteil: Der Kläger war sich durchaus darüber im klaren, daß die Beklagte das Arbeitsverhältnis auf jeden Fall beenden wollte, wie sich dem Schreiben seiner Anwälte vom 25. April 1996 und seinem Vorbringen in der Revisionsbegründung zu der vom Landesarbeitsgericht erörterten evtl. Drohung mit einer Kündigung entnehmen läßt. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht deshalb auch aus den Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag keinen die Wirksamkeit der streitigen Kündigung in Frage stellenden Verstoß der Beklagten gegen Treu und Glauben abgeleitet.

 

Unterschriften

Etzel, Bröhl, Fischermeier, Engel, Beckerle

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 12.11.1998 durch Bartel, Reg.-Hauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

BB 1999, 748

ARST 1999, 282

FA 1999, 68

NZA 1999, 590

RdA 1999, 360

SAE 1999, 252

AP, 0

ZMV 1999, 194

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge