Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpflichtung einer teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin zur Leistung von Rufbereitschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 15 Abs 6b BAT (früher SR 2a Nr 6 Abschn B Abs 6 BAT) sind grundsätzlich auch Teilzeitbeschäftigte zur Leistung von Rufbereitschaft verpflichtet.

 

Normenkette

BAT § 15 Abs. 6b

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 13.09.1990; Aktenzeichen 10 Sa 714/89)

ArbG Hildesheim (Entscheidung vom 20.04.1989; Aktenzeichen 2 Ca 70/89)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin zur Leistung von Rufbereitschaft verpflichtet ist.

Die am 16. August 1952 geborene Klägerin ist seit dem 1. Januar 1974 im Niedersächsischen Landeskrankenhaus H des beklagten Landes als medizinisch-technische Assistentin beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 18. Januar/6. Februar 1974 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.

Am 16. Oktober 1976 bekam die Klägerin ihr erstes Kind. Aufgrund zweier Änderungsverträge vom 28. Februar 1977 und vom 6./21. Juni 1977 arbeitete die Klägerin ab 10. Januar 1977 zunächst befristet, dann unbefristet nur noch "die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit". In § 2 der beiden Verträge heißt es, daß sonstige Änderungen gegenüber dem bisherigen Vertragsverhältnis nicht eintreten. Die Klägerin arbeitete nur vormittags.

Am 14. Juli 1984 bekam die Klägerin ihr zweites Kind. Mit Schreiben vom 12. November 1984 an den Beklagten beantragte die Klägerin, sie mit Wirkung ab dem 13. Januar 1985 für drei Jahre unter Fortfall der Bezüge zu beurlauben. Darauf antwortete das beklagte Land mit Schreiben vom 5. Dezember 1984 wie folgt:

"Zu Ihrem Antrag auf Beurlaubung ohne Dienstbezü-

ge für den Zeitraum von 3 Jahren können wir Ihnen

mitteilen, daß dieses nur möglich ist, wenn Sie

sich bereit erklären, nach Wiederaufnahme des

Dienstes, den für das Labor eingerichteten Rufbe-

reitschaftsdienst, wie er zu diesem Zeitpunkt

dann läuft, mit zu übernehmen."

Die Klägerin erklärte sich damit einverstanden. Nachdem die Klägerin ihre Teilzeitbeschäftigung wieder aufgenommen hatte, forderte die Krankenhausleitung sie im April 1988 auf, eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag zwischen ihr und dem Land Niedersachsen folgenden Inhalts zu unterzeichnen:

"...

wird gem. § 4 Abs. 2 BAT in Verbindung mit Nr. 6

Abschnitt B der SR 2 a zum BAT vereinbart, daß

der/die Angestellte verpflichtet ist, sich auf

Anordnung außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit

an einer dem Nieders. Landeskrankenhaus

anzuzeigenden Stelle aufzuhalten hat, um auf

Abruf die Arbeit aufzunehmen. (Rufbereitschaft)

..."

Die Klägerin verweigerte ihre Unterschrift. Sie wurde dennoch für den 19. Dezember 1988 zur Rufbereitschaft eingeteilt. Diese Anordnung befolgte sie nicht. Deshalb mahnte das Landeskrankenhaus die Klägerin mit Schreiben vom 21. Dezember 1988 wegen Arbeitspflichtverletzung ab. Die vollbeschäftigten Mitarbeiter werden viermal monatlich zu Rufbereitschaft außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit eingeteilt. Die Krankenhausleitung will die Klägerin entsprechend ihrer verringerten Arbeitszeit zweimal monatlich zu Rufbereitschaft heranziehen. Sie forderte die Klägerin mit Schreiben vom 7. Februar 1989 nochmals vergeblich auf, die genannte Nebenabrede zu unterzeichnen.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei zur Leistung von Rufbereitschaft nicht verpflichtet. Ihr könne der Dienst wegen der Betreuung ihrer Kinder, insbesondere des jüngeren Kindes, nicht zugemutet werden. Ihr Ehemann könne die Kinderbetreuung in den Zeiten der Rufbereitschaft nicht übernehmen, da er als Studienrat auch nachmittags und abends Veranstaltungen wahrnehmen müsse. Auch sei die Rufbereitschaft nicht mit dem Teilzeitarbeitsverhältnis vereinbar, weil sie dadurch dem beklagten Land erkennbar zum Ausdruck gebracht habe, daß sie nur für die vereinbarte Stundenzahl zur Verfügung stehe. Der BAT und seine die Rufbereitschaft betreffenden Bestimmungen gingen von einer Vollbeschäftigung des Arbeitnehmers aus. Ihr 1984 erklärtes Einverständnis mit der Rufbereitschaft sei rechtlich unbeachtlich, da der Beklagte die Bewilligung des Urlaubes nicht hätte davon abhängig machen dürfen. Sie habe sich nur deshalb einverstanden erklärt, weil sie befürchtet habe, der Beklagte würde ihr die Beurlaubung verweigern. Außerdem sei das besondere Schriftformerfordernis gemäß § 4 Abs. 2 BAT nicht eingehalten worden.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, daß sie nicht verpflichtet ist,

Rufbereitschaftsdienst zu leisten.

Das beklagte Land hat Klagabweisung beantragt und dazu vorgetragen: Die Verpflichtung der Klägerin zur Rufbereitschaft ergebe sich zum einen aus einer durch den Briefwechsel im Jahre 1984 geschlossenen Sondervereinbarung. Die Klägerin habe keinen Rechtsanspruch auf die beantragte Beurlaubung gehabt. Daher sei es zulässig gewesen, zwecks Gewährleistung der Rufbereitschaft die Beurlaubung der Klägerin von ihrer Bereitschaft zur Teilnahme an der Rufbereitschaft abhängig zu machen. Zum anderen ergebe sich die Verpflichtung der Klägerin bereits aus der SR 2 a Nr. 6 Abschn. B Abs. 6 zum BAT.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Der Feststellungsantrag ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin ist zur Leistung von Rufbereitschaft verpflichtet.

I. Ihr Antrag ist nach § 256 ZPO zulässig. Zwischen den Parteien ist allein die Verpflichtung zur Ableistung von Rufbereitschaft im Streit. Nur darauf bezieht sich der Antrag der Klägerin. Wie in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt ist, muß sich eine Feststellungsklage nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis im ganzen erstrecken; sie kann vielmehr auch - wie im Streitfall - einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis betreffen, wie bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder den Umfang einer Leistungspflicht (vgl. statt aller Urteil des Senats vom 19. Juni 1985 - 5 AZR 57/84 - AP Nr. 11 zu § 4 BAT). Die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, da das beklagte Land sie bereits zur Rufbereitschaft eingeteilt hat und dies auch weiterhin tun will.

II. Die Verpflichtung der Klägerin zur Leistung von Rufbereitschaft ergibt sich aus dem BAT. Sie ist durch die 1977 abgeschlossenen Änderungsverträge nicht aufgehoben worden.

1. § 15 Abs. 6 b 1. Unterabs. BAT lautet:

Der Angestellte ist verpflichtet, sich auf Anord-

nung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen

Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigen-

den Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit

aufzunehmen (Rufbereitschaft). Der Arbeitgeber

darf Rufbereitschaft nur anordnen, wenn erfah-

rungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit an-

fällt.

Diese Vorschrift ist erst durch den 66. Änderungstarifvertrag zum BAT vom 24. April 1991 mit Wirkung ab dem 1. April 1991 in den BAT aufgenommen worden. Vorher war sie wortgleich in Nr. 6 Abschn. B Abs. 6 Unterabs. 1 der Sonderregelungen für Angestellte in Kranken-, Heil-, Pflege- und Entbindungsanstalten sowie in sonstigen Anstalten und Heimen, in denen die betreuten Personen in ärztlicher Behandlung stehen (SR 2 a BAT), enthalten.

2. Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, auch teilzeitbeschäftigte Angestellte seien nach der tariflichen Regelung zur Rufbereitschaft verpflichtet. Dies ergebe sich schon aus deren Wortlaut. Nach dem Einleitungssatz: "Der Angestellte ist verpflichtet" sei jede unter den Anwendungsbereich des BAT fallende Person zur Rufbereitschaft verpflichtet. Wenn weiter geregelt sei, daß Rufbereitschaft "außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit" stattfinde, so bedeute dies nicht, daß nur Angestellte mit der vollen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit gemeint seien. Die Formulierung bezöge sich nicht auf den zur Leistung verpflichteten Personenkreis, sondern allein auf die Zeit, in welcher Rufbereitschaft anfallen könne. Die Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung der Klägerin habe nur die tarifliche Regelung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ersetzt. Die Geltung der tariflichen Regelung über die Rufbereitschaft hätten die Parteien damit nicht ausgeschlossen. Die Heranziehung auch der Teilzeitbeschäftigten entspreche zudem Sinn und Zweck des Tarifvertrages. Nur dadurch sei eine gleichmäßige Verteilung der Rufbereitschaft gewährleistet. Anderenfalls würde bereits jede geringfügige Abweichung vom Vollzeitarbeitsverhältnis nach unten zur Befreiung von Rufbereitschaft und damit zu einer Privilegierung der Teilzeitbeschäftigten führen, die im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes keine Rechtsgrundlage habe.

Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind nicht zu beanstanden. Ihnen ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu folgen.

3.a) Die Parteien haben die Anwendung des BAT auf das Arbeitsverhältnis einzelvertraglich vereinbart. Das folgt aus § 2 des Arbeitsvertrages, nach dem sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen bestimmt. Bei dieser vertraglichen Regelung handelt es sich um ein von dem beklagten Land allgemein verwendetes Vertragsmuster. Damit unterliegt die Vereinbarung als typische Vertragsklausel nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der unbeschränkten und selbständigen Auslegung durch das Revisionsgericht (BAGE 37, 228, 233 = AP Nr. 8 zu § 4 BAT, m. w. N.). Wenn die Parteien im Arbeitsvertrag die Anwendung des BAT auf das Arbeitsverhältnis vereinbart haben, so ist dies mangels anderweitiger Anhaltspunkte so zu verstehen, daß die Vereinbarungen nur widerspiegeln sollen, was auch tarifrechtlich gilt. Dies bedeutet, daß auch bei einzelvertraglich vereinbarter Geltung des BAT dieser so auszulegen ist, wie wenn er aufgrund § 4 Abs. 1 TVG gelten würde (BAG, aaO).

b) Tarifverträge sind danach auch bei nur vertraglicher Geltung wie Gesetze auszulegen. Die Tarifauslegung hat zunächst vom Wortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen mitberücksichtigt werden muß, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und so nur bei Mitberücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck der Tarifnormen zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben hingegen bei entsprechender Auswertung des Tarifwortlautes und des tariflichen Gesamtzusammenhanges als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfalle noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien - ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge - auf weitere Kriterien wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages zurückgegriffen werden (BAG in ständiger Rechtsprechung, vgl. insbesondere BAGE 46, 308, 313, 314 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung, m. w. N.).

c) § 3 Buchst. n BAT (früher § 3 Buchst. q BAT) nimmt bestimmte Teilzeitkräfte, zu denen die Klägerin nicht gehört und nicht gehörte, von der Geltung des BAT aus. § 15 Abs. 6 b 1. Unterabs. Satz 1 BAT unterscheidet aber - anders als etwa § 62 Abs. 1 BAT a.F. - nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung. Die Verpflichtung zur Ableistung von Rufbereitschaft erstreckt sich vielmehr auf alle Angestellten, auch auf Teilzeitkräfte, sofern auf sie der BAT überhaupt anwendbar ist. Aus der Formulierung, daß die Rufbereitschaft "außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit" zu leisten ist, ergibt sich entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Stand Februar 1992, § 15 Rz 80 m, 80 a; Clemens/Scheuring/Steingen/ Wiese, BAT, Stand November 1991, § 15 Erl. 18 c, 19 c) nichts anderes. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, wird dadurch nicht der zur Leistung von Rufbereitschaft verpflichtete Personenkreis eingegrenzt, sondern nur die Zeit festgelegt, für die Rufbereitschaft angeordnet werden darf. Da das beklagte Land Rufbereitschaft nur für die Zeit außerhalb der Arbeitszeit vollbeschäftigter Arbeitnehmer anordnen will, kann hier dahinstehen, ob die Klägerin auch nachmittags, also außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit, aber innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit ihrer vollbeschäftigten Kollegen, zur Rufbereitschaft herangezogen werden könnte.

Für den Willen der Tarifvertragsparteien, die dem BAT unterliegenden Teilzeitbeschäftigten von der Verpflichtung zur Leistung von Rufbereitschaft grundsätzlich auszuschließen, gibt es keine Anhaltspunkte. Eine solche generelle Begünstigung aller Teilzeitbeschäftigten wäre angesichts des Umstandes, daß sie - anteilig - dieselben Rechte wie vollbeschäftigte Arbeitnehmer haben, auch nicht als vernünftig und gerecht anzusehen. Im Zweifel ist aber derjenigen Tarifauslegung der Vorzug zu geben, die zu einer vernünftigen, gerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAGE 46, 308, 316 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung).

4. Die Parteien haben einzelvertraglich nichts Abweichendes vereinbart. In den 1977 abgeschlossenen Änderungsverträgen, mit denen die durchschnittliche Arbeitszeit der Klägerin auf die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit herabgesetzt wurde, ist die Verpflichtung zur Leistung von Rufbereitschaft nicht ausdrücklich erwähnt. Dazu bestand auch keine Veranlassung, weil derzeit ein Rufbereitschaftsdienst nicht eingerichtet war.

Die Verpflichtung zur Leistung von Rufbereitschaft ist auch nicht stillschweigend abbedungen. Zwar folgt aus der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung, daß der Arbeitnehmer nicht in vollem Umfang zur Arbeitsleistung herangezogen werden will (vgl. das Urteil des Senats vom 13. Dezember 1989 - 5 AZR 543/88 - ZTR 1990, 294). Dies bezieht sich jedoch nur auf die "regelmäßige Arbeitszeit" des § 15 Abs. 1 BAT, nicht aber auf die darüber hinausgehenden Verpflichtungen zur Leistung von Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft nach § 15 Abs. 6 a, 6 b BAT). Auch der Vollbeschäftigte kann sich gegen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft nicht mit der Begründung wehren, durch Abschluß des Arbeitsvertrages habe er zum Ausdruck gebracht, nur für die regelmäßige Arbeitszeit zur Verfügung stehen zu wollen.

Der Ausschluß der Verpflichtung zur Leistung von Rufbereitschaft folgt auch nicht aus dem Umstand, daß die Klägerin die Teilzeitbeschäftigung wegen ihrer minderjährigen Kinder übernommen hat und sie nur vormittags arbeitet. Dies ließe sich allenfalls dann vertreten, wenn teilzeitbeschäftigte Mütter mit kleinen Kindern zu Zeiten, für die Rufbereitschaft angeordnet zu werden pflegt, typischerweise nicht abkömmlich sind. Das ist aber nicht der Fall.

5. Die Leistung von Rufbereitschaft ist der Klägerin auch keinesfalls generell unzumutbar. Die Rufbereitschaft wird in aller Regel planmäßig festgesetzt, so daß sich die Klägerin, deren ältestes Kind unterdessen 15 Jahre alt ist, darauf einrichten kann.

Die Ausübung der Befugnis, Rufbereitschaft anzuordnen, hat billigem Ermessen zu entsprechen (§ 315 Abs. 1 BGB). Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (BAGE 47, 238, 249 = AP Nr. 1 zu § 4 TVG Bestimmungsrecht, zu A II 2 der Gründe). Dazu gehören auch die persönlichen Verhältnisse der Klägerin. Die Ermessensausübung unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB). Die Klägerin macht aber nicht geltend, daß das beklagte Land sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Sie wendet sich vielmehr ausschließlich gegen die generelle Befugnis des beklagten Landes, für sie Rufbereitschaft anzuordnen. Damit kann sie aber - wie ausgeführt - nicht durchdringen.

III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

IV. Die Entscheidungsgründe des Urteils des Sechsten Senats vom 21. November 1991 (- 6 AZR 551/89 - zur Veröffentlichung vorgesehen) lagen am 12. Februar 1992 noch nicht vor.

Dr. Thomas Dr. Olderog Dr. Reinecke

Dr. Hirt Kreienbaum

 

Fundstellen

Haufe-Index 440289

BAGE 69, 317-324 (LT1)

BAGE, 317

BB 1992, 1491

BB 1992, 1491-1492 (LT1)

DB 1992, 1632 (LT1)

DOK 1993, 713 (K)

NZA 1992, 839

RdA 1992, 224

USK, 9219 (LT)

WzS 1993, 253 (L)

ZTR 1992, 330-331 (LT1)

AP § 15 BAT (LT1), Nr 20

AR-Blattei, ES 1560 Nr 28 (LT1)

EzA § 15 BAT, Nr 3 (LT1)

EzBAT § 15 BAT Rufbereitschaft, Nr 1 (LT1)

MedR 1993, 71-73 (LT)

PersR 1992, 476-478 (LT1)

PersV 1993, 413 (L)

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