Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsrechtlicher Status eines Musikmoderators

 

Orientierungssatz

1. Muß ein Musikmoderator zur Herstellung und "Ablieferung" bestimmter Sendebeiträge regelmäßig und jeweils zur gleichen Zeit in den Senderäumen einer Rundfunkanstalt erscheinen, so begründet dies noch keine vertragliche Verpflichtung, die auf ein Arbeitsverhältnis schließen läßt.

2. Die aus einer dauerhaften Vertragsbeziehung hervorgehende Verpflichtung, bestimmte Dienste regelmäßig und wiederkehrend zu leisten, kann für ein freies Mitarbeiterverhältnis ebenso typisch sein wie für ein Arbeitsverhältnis.

 

Normenkette

BGB § 611; ZPO § 139; HGB § 84 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1; ArbGG § 72 Abs. 3, 1

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 10.05.1984; Aktenzeichen 8 Sa 1388/83)

ArbG Köln (Entscheidung vom 12.10.1983; Aktenzeichen 9 Ca 780/81)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger ist seit 1970 für die beklagte Rundfunkanstalt tätig. Zunächst war er freier Autor der Sendung "Kritisches Tagebuch"; seit 1972 wirkt er als Musikmoderator und Musikredakteur in der Programmgruppe Unterhaltende Musik. Seine Tätigkeit besteht im wesentlichen darin, die zu übertragenden Musiktitel auszuwählen, diese in der Sendung zu moderieren und dabei die von ihm außerhalb aufgenommenen Interviews einzublenden. Bis Dezember 1980 moderierte der Kläger die Sendung "Radiothek", und zwar bis Sommer 1979 einmal wöchentlich und danach zusätzlich noch an jedem vierten Sonntag. Seither moderiert er die Sendungen "Open House/Rock In" (14-tägig freitags von 22.30 Uhr bis 24.00 Uhr) und - ab Februar 1981 - "Treffpunkt" (wöchentlich montags von 15.00 bis 16.00 und von 17.00 bis 18.00 Uhr). Die gesamte wöchentliche Sendezeit lag in der Vergangenheit zwischen 2 und 2 3/4 Stunden.

Die Leistungen des Klägers werden nach sogenannten "Honorarscheinen" (bezeichnet als "Mitwirkendenvertrag") abgerechnet. Dabei hat der Kläger jeweils durch Unterschrift bestätigt, seine Tätigkeit als freier Mitarbeiter erbracht zu haben. Die durchschnittlichen monatlichen Gesamtbezüge des Klägers betragen etwa 4.000,-- DM brutto.

Mit seiner am 28. Januar 1981 eingereichten Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei Arbeitnehmer des Beklagten. Er erstrebt die Feststellung, daß er als Redakteur in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehe und mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden zu beschäftigen sei. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei in der Gestaltung seiner Tätigkeit an die Weisungen des Beklagten gebunden. Weisungen erhalte er insbesondere von den für seine Sendung verantwortlichen Redakteuren. Dies sei auch bei festangestellten Redakteuren nicht anders. In der ersten Zeit seiner Tätigkeit sei der verantwortliche Redakteur während der gesamten Produktion zugegen gewesen, habe die Titellisten überprüft, über Texte diskutiert und auch Interviewteile beanstandet. Habe der Redakteur keine Gelegenheit gehabt, während der Sendung anwesend zu sein, habe er vorher die Bänder abgehört. Es sei - wie zum Beispiel bei dem Stück "Heroin" - vorgekommen, daß sich der Redakteur über den Titel beschwert und veranlaßt habe, daß dieser durch einen anderen ersetzt worden sei. Auch im Rahmen seiner Tätigkeit für die Sendungen "Rock In" und "Treffpunkt" sei er, der Kläger, Kontrollen und Anweisungen des verantwortlichen Redakteurs und des Abteilungsleiters unterworfen.

Weiter sei er, der Kläger, in den Betrieb des Beklagten eingegliedert. So sei er auf dessen Studio und dessen technischen Aufnahmeapparat angewiesen. Die Aufnahme der Sendung verlaufe nach genau einzuhaltenden Plänen des Beklagten. Auch für die Vorproduktionen müßten genau festgelegte Zeiten beachtet werden, da die Studios ständig ausgelastet seien. Während der Sendung sei er von einem Aufnahmetechniker des Beklagten abhängig. Er benutze ferner die Abhörkabinen des Beklagten, um jede Woche mehrere Stunden die von ihm vorgesehenen Platten oder Bänder abzuspielen. Für die Vorbereitung der Sendungen sei er zudem auf das Archiv des Beklagten angewiesen. Darüber hinaus beantworte er einen Großteil der eingehenden Hörerpost. Auch habe er zu keinem Zeitpunkt eine Sendung abgelehnt, da er dann keine weiteren Aufträge mehr erhalten hätte.

Schließlich betrage seine, des Klägers, Arbeitszeit mehr als 40 Wochenstunden, da er nicht nur Musikstücke vorprüfen, auswählen und abspielen, sondern sich auch durch arbeitsaufwendige Recherchen bemühen müsse, aktuelle Informationen zu erhalten und eine Vielzahl von Interviews zu führen. Die Auswahl und Zusammenstellung der Musiktitel für eine Sendung erfordere eine Arbeitszeit von zwei Stunden, die Führung eines Text- und Plattenarchivs nehme ebenso wie das regelmäßige Studium der Fachliteratur jeweils fünf Wochenstunden für jede Sendung in Anspruch. Darüber hinaus sei für die Aufnahme eines Interviews im Schnitt ein Zeitaufwand von mehreren Stunden anzusetzen, wozu dann noch eine Reisezeit von durchschnittlich sechs Stunden komme.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß zwischen den Parteien ein

unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe, nach

dem er als Redakteur in der Abteilung Unter-

haltende Musik bei dem Beklagten mit einer

Wochenarbeitszeit von 40 Stunden zu beschäfti-

gen sei.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und vorgetragen, der Kläger sei freier Mitarbeiter und nicht Arbeitnehmer. Er sei bei der Gestaltung und Auswahl der Sendungen frei und keiner ständigen Kontrolle unterworfen. Er unterstehe lediglich wie jeder andere Moderator der Aufsicht des verantwortlichen Redakteurs. Die vom Kläger behauptete Tatsache, ihm sei einmal die Übertragung eines bestimmten Musikstücks untersagt worden, sei für seinen Status unerheblich. Das genannte Stück ("Heroin") habe nur deswegen nicht gespielt werden dürfen, weil es mit den Grundsätzen einer öffentlich-rechtlichen Anstalt nicht zu vereinbaren sei, für gefährliche Rauschgifte sozusagen noch zu werben. Die Tätigkeit des Klägers sei auch nicht mit der eines festangestellten Mitarbeiters zu vergleichen. Der Kläger nehme weder an den regelmäßigen Programmsitzungen, an den Abteilungssitzungen noch an den Abhörkommissionen teil. Zudem habe er bislang keine öffentliche Veranstaltung und keine Produktion als verantwortlicher Redakteur entworfen und durchgeführt. Soweit er sich auf Interviews, Reisen und ähnliches berufe, werde eine solche Tätigkeit von ihm nicht verlangt und auch nicht honoriert. Den vom Kläger behaupteten Arbeitsaufwand von 40 Stunden hat der Beklagte bestritten. Ein festangestellter Musikredakteur erbringe bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden die vierfache Sendeleistung des Klägers.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision, mit der der Kläger sein Klageziel weiterverfolgt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Das Feststellungsbegehren des Klägers ist zulässig (§ 256 Abs. 1 ZPO; vgl. BAG 41, 247, 250 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu A der Gründe), sachlich aber nicht gerechtfertigt.

A. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Revision statthaft.

Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor seines Urteils zugelassen, diese Entscheidung aber nicht näher begründet. Das war auch nicht erforderlich. Als formelle Zulässigkeitsvoraussetzung bestimmt das Gesetz lediglich, daß die Revision im Urteil zugelassen wird (§ 72 Abs. 1, 2. Halbs. ArbGG). Weitergehende formelle Anforderungen werden nicht aufgestellt, insbesondere fehlt es an einer Regelung, die das Berufungsgericht verpflichtet, diese Entscheidung zu begründen. Hätte der Gesetzgeber eine Begründung der Zulassung anordnen wollen, hätte er dies in § 72 Abs. 1 oder Abs. 3 ArbGG zum Ausdruck gebracht. Da es hieran jedoch fehlt, ist davon auszugehen, daß es für die wirksame Zulassung der Revision allein auf den Ausspruch als solchen ankommt und die Begründung überflüssig ist (so bereits BAG 21, 80, 82 = AP Nr. 3 zu § 72 ArbGG 1953 Zulassungsrevision, zu der insoweit entsprechenden Vorschrift des § 72 ArbGG 1953; Grunsky, ArbGG, 4. Aufl., § 72 Rz 23).

B. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet angesehen. Der Kläger steht nicht in einem Arbeitsverhältnis zu dem Beklagten, sondern ist für ihn als freier Mitarbeiter tätig.

I. 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unterscheidet sich ein Arbeitsverhältnis von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters (Dienstvertrag) durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in welcher der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils steht. Danach ist Arbeitnehmer derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation zu erbringen hat. Insoweit enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal. Nach dieser Bestimmung ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und daher persönlich abhängig ist folglich der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Zwar gilt die genannte Regelung unmittelbar nur für die Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters zum abhängig beschäftigten Handlungsgehilfen. Über diesen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus enthält die Bestimmung jedoch eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrags vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, zumal dies die einzige Norm ist, die Kriterien hierfür aufstellt (vgl. BAG 36, 77, 84 = AP Nr. 38 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 3 b der Gründe; sowie aus neuester Zeit BAG 41, 247, 253 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe). Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation wird insbesondere dadurch deutlich, daß ein Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Häufig tritt auch eine fachliche Weisungsgebundenheit hinzu, sie ist andererseits für Dienste höhere Art - auch künstlerische Tätigkeit gehört hierzu - nicht immer typisch (vgl. BAG 41, 247, 253 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe, m.w.N.).

2. Über die danach vorzunehmende Einordnung des Rechtsverhältnisses (Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag) entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge (z. B. Dienstvertrag ohne Kündigungsschutz) oder eine Bezeichnung, die dem Geschäftsinhalt in Wahrheit nicht entspricht. Der jeweilige Vertragstyp kann nur aus dem wirklichen Geschäftsinhalt erkannt werden. Dieser Geschäftsinhalt kann sich aus den getroffenen Vereinbarungen wie auch aus der praktischen Durchführung des Vertrags ergeben. Widersprechen Vereinbarung und tatsächliche Durchführung des Vertrags einander, ist die letztere maßgebend. Aus der praktischen Handhabung lassen sich nämlich Rückschlüsse darauf ziehen, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien ausgegangen sind (vgl. statt vieler BAG 41, 247, 258 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 3 der Gründe, m.w.N.).

II. Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt rechtsfehlerfrei gewürdigt und dabei eine persönliche Abhängigkeit des Klägers zutreffend verneint.

1. Das Berufungsgericht hat entscheidend darauf abgestellt, ob der Kläger seine Arbeitszeit und seinen Arbeitsort im wesentlichen selbst bestimmen kann oder insoweit Weisungen des Beklagten unterliegt, wie sie einem Arbeitsverhältnis wesenseigen sind. Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger wie ein freier Mitarbeiter seine Tätigkeit frei gestalten und über seine Arbeitszeit frei verfügen kann. Dem ist beizupflichten.

a) Nach der eigenen Darstellung des Klägers nehmen die vom Beklagten vorgegebenen Aufnahme- und Sendezeiten gegenüber den für die Sendungen erforderlichen Vorbereitungsarbeiten nur einen unerheblichen Umfang ein. Der Kläger trägt vor, daß er für Auswahl und Zusammenstellung der Musiktitel für eine Sendung zwei Stunden, für die Führung des Text und Plattenarchivs fünf Stunden, für das regelmäßige Studium der Fachliteratur ebenfalls fünf Stunden, für die Organisation der Interviews eine Stunde, für deren Aufzeichnung zwei Stunden und außerdem eine wöchentliche Reisezeit von sechs Stunden für jedes Interview brauche. Die Vorbereitungsarbeiten stehen danach zu den Sendeterminen in einem zeitlichen Verhältnis von etwa 7 zu 1. In diesen Vorbereitungsphasen unterliegt der Kläger keinen Anweisungen oder zeitlichen Bindungen durch den Beklagten. Es ist ihm überlassen, sich seine Arbeit selbst einzuteilen und darüber zu entscheiden, wann und wie er sich die für die Sendung erforderlichen Kenntnisse beschafft und seine Recherchen vornimmt. Die zeitliche Inanspruchnahme des Klägers ist - über die Sendezeiten hinaus - daher maßgeblich von ihm allein und seinen fachlichen Fähigkeiten abhängig. Er hat nicht nur die Möglichkeit, den zeitlichen Rahmen seiner Tätigkeit selbst zu bestimmen, er entscheidet auch allein darüber, wieviel Arbeitszeit er für die jeweilige Vorbereitung einer Sendung aufwendet. Das Berufungsgericht konnte daher davon ausgehen, daß die Tätigkeit des Klägers für den Beklagten ganz überwiegend durch eine freie Gestaltung der Arbeitszeit und des Arbeitsortes geprägt ist.

b) Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht dem Umstand, daß dem Kläger durch die Festlegung der Sendetermine bestimmte Zeiten vorgegeben sind, innerhalb welcher er die Vorarbeiten abgeschlossen haben muß, keine Indizwirkung für ein Arbeitsverhältnis beigemessen. Zeitliche Vorgaben oder die Verpflichtung, bestimmte Termine für die Erledigung der übertragenen Aufgaben einzuhalten, sind kein wesentliches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Auch im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen können von dem Dienstberechtigten oder dem Besteller Termine für die Erledigung der Arbeit bestimmt werden, ohne daß daraus eine zeitliche Weisungsabhängigkeit folgt, wie sie für Arbeitsverhältnisse kennzeichnend ist. Maßgeblich für ein Arbeitsverhältnis ist, daß der Arbeitgeber innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung des Mitarbeiters verfügen kann. Für eine derartige Bindung hat der Kläger jedoch nichts vorgetragen.

Die vertraglichen Verpflichtungen des Klägers unterscheiden sich damit auch wesentlich von den Fallgestaltungen, in denen der Senat eine fremdbestimmte Leistung aus der ständigen Dienstbereitschaft des Mitarbeiters abgeleitet hat (vgl. Urteil vom 9. März 1977 - 5 AZR 110/76 - AP Nr. 21 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu 2 b der Gründe; Urteil vom 7. Mai 1980 - 5 AZR 293/78 - AP Nr. 35 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu 3 b der Gründe und Urteil vom 7. Mai 1980 - 5 AZR 593/78 - AP Nr. 36 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 1 der Gründe). Von einer ständigen Arbeitsbereitschaft in diesem Sinne ist dann auszugehen, wenn nach der praktischen Handhabung des Vertrages der Mitarbeiter jederzeit damit rechnen muß, daß der Arbeitgeber seine Dienste in Anspruch nehmen werde (vgl. dazu besonders das Urteil vom 7. Mai 1980 - 5 AZR 293/78 - AP Nr. 35 aaO). Allein die Tatsache, daß der Kläger regelmäßig und jeweils zur gleichen Zeit in den Senderäumen des Beklagten erscheinen muß, um seine Musiksendungen durchzuführen, begründet noch keine vertragliche Verpflichtung, die auf eine ständige Arbeitsbereitschaft schließen läßt. Der Kläger kann vielmehr davon ausgehen, daß er zu anderen Zeiten als den Sendeterminen nicht mit Aufgaben im Sender oder gar mit anderen Arbeiten als den übertragenen beauftragt werden wird. Dies zeigt, daß die Vertragsbeziehung der Parteien durch die Herstellung und "Ablieferung" bestimmter Sendebeiträge seitens des Klägers gekennzeichnet ist und daß der Beklagte nicht wie ein Arbeitgeber über eine bestimmte Arbeitszeit und eine bestimmte Arbeitsleistung des Klägers oder dessen Bereitschaft zu einer solchen Leistung verfügen kann.

2. Unter Berücksichtigung dieser Umstände konnte das Landesarbeitsgericht weiter die für ein Arbeitsverhältnis typische Eingliederung des Klägers in den Sendebetrieb des Beklagten und die Abhängigkeit von dem technischen Apparat der Sendeanstalt verneinen. Schon vom zeitlichen Umfang und der räumlichen Zuordnung her ist der Kläger nur unwesentlich auf die Einrichtungen des Beklagten angewiesen. Den weitaus größten Teil seiner Tätigkeit kann er außerhalb des Senders verrichten. Zwar ist für die Sendetermine selbst und ihre unmittelbare Vorbereitung eine gewisse Eingliederung in den Betriebsablauf des Beklagten zu bejahen, das Berufungsgericht hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, daß hierdurch die Entscheidungsfreiheit des Klägers über zeitliche und inhaltliche Gestaltung seiner Tätigkeiten nicht wesentlich beeinflußt wird.

3. Entgegen der Auffassung der Revision konnte das Berufungsgericht auch davon ausgehen, daß der Kläger bei Vorbereitung und Durchführung der Musiksendungen nicht den für ein Arbeitsverhältnis typischen fachlichen Weisungen des Beklagten unterliegt.

a) Der Kläger moderiert Musiktitel, die er selbst ausgewählt hat; er spricht die verbindenden Texte und bestimmt schließlich, welche von ihm aufgenommenen Interviews in die Sendung eingespielt werden. Bei dieser Gestaltung der Sendung verbleibt dem Kläger ein hohes Maß an Entscheidungsbefugnis, Eigeninitiative und Selbständigkeit. Er gleicht in dieser Hinsicht einem freischaffenden Künstler, dessen Aufgabe es ist, ein Werk eigenverantwortlich herzustellen und abzuliefern. Daß der Kläger dabei einer gewissen Beobachtung und Kontrolle des verantwortlichen Redakteurs unterworfen ist, ist noch kein Anhaltspunkt dafür, daß er inhaltlichen Weisungen des Beklagten unterliegt. Das Berufungsgericht hat hierzu zu Recht darauf hingewiesen, daß der Status eines freien Mitarbeiters nicht notwendigerweise erfordert, daß der Mitarbeiter in jeder Beziehung frei den Gegenstand seiner Tätigkeit bestimmen kann. Er muß vielmehr damit rechnen, daß der Dienstberechtigte seine Arbeit einer ständigen Qualitätskontrolle unterzieht und auch Korrekturen verlangt. Ebenso verhält es sich im Rahmen eines Werkvertrages. Auch hier ist der Besteller eines Werkes berechtigt, die Abnahme zu verweigern, wenn das Werk nicht vertragsgemäß hergestellt ist. Ebenso kann einem freien Musikmoderator das Spielen bestimmter Musiktitel untersagt und können seine Sendungen insgesamt auf die Vereinbarkeit mit den Programmgrundsätzen des Senders überprüft werden. Der Kläger hat keine Umstände dafür vorgetragen, daß er über derartige Weisungen und Kontrollen hinaus weitere Vorgaben des Beklagten über die inhaltliche Ausgestaltung seiner Sendungen habe beachten müssen.

b) Im übrigen ist der Vortrag des Klägers über die fachlichen Anweisungen durch Mitarbeiter des Beklagten widersprüchlich. Der Kläger hat einerseits behauptet, er habe Anweisungen durch den verantwortlichen Redakteur und den Abteilungsleiter erhalten, allerdings ohne im einzelnen zu konkretisieren, worin diese Weisungen bestanden haben und zu welchen Zeitpunkten und in Bezug auf welche Beiträge sie erteilt worden sind. Die Revision hebt dagegen hervor, daß der Kläger aufgrund seiner unbestritten hohen Qualifikation insbesondere während der letzten Monate und Jahre seiner Tätigkeit für den Beklagten immer weniger konkrete Anweisungen erhalten hat. Sie macht zudem darauf aufmerksam, daß der Kläger nur aufgrund seiner Arbeitsweise in der Lage ist, wöchentlich bzw. alle zwei Wochen eine Musiksendung zu gestalten, die bei den interessierten Hörern ein großes Echo findet. Damit räumt der Kläger aber selbst ein, daß er nach gewissen Anweisungen zu Beginn seiner Tätigkeit im Laufe der letzten Jahre die Sendungen, die offenbar seine ganz persönliche Färbung aufweisen, ohne konkrete Anweisungen gestalten konnte und kann.

Angesichts dieser Sachlage ist auch die Rüge der Revision nicht begründet, das Berufungsgericht hätte aufklären müssen, in welchem Umfang der Kläger fachlichen Weisungen des Beklagten unterliege.

4. Der Kläger kann sich ferner nicht mit Erfolg darauf berufen, daß andere Musikmoderatoren von dem Beklagten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt werden. Zwar kann im Einzelfall die Behandlung vergleichbarer Mitarbeiter ein gewichtiges Kriterium für die Statusbeurteilung eines Beschäftigten bilden (vgl. BAG Urteil vom 8. Oktober 1975 - 5 AZR 430/74 - AP Nr. 18 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 4 der Gründe). Zwischen den Parteien ist aber unstreitig, daß der Beklagte Musikredakteure und Musikmoderatoren sowohl als Arbeitnehmer als auch als freie Mitarbeiter beschäftigt. Für den Kläger ist jedoch entscheidend, daß auch die festgestellte praktische Durchführung des Vertrages nicht ergibt, daß er für den Beklagten in der für einen Arbeitnehmer typischen weisungsgebundenen Abhängigkeit tätig war.

5. Zu Unrecht nimmt die Revision schließlich an, aus der Dauerrechtsbeziehung der Parteien ergäben sich Anhaltspunkte für ein Arbeitsverhältnis. Der Senat hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß die Tatsache eines Dauerrechtsverhältnisses für sich genommen keinen arbeitsrechtlichen Indizwert hat und daß das Gericht daher bei Bestehen eines solchen Dauerrechtsverhältnisses stets gesondert prüfen muß, ob es sich dabei um ein Arbeitsverhältnis handelt (vgl. BAG 30, 163, 167 f. = AP Nr. 26 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B I 2 a der Gründe; Urteil vom 23. April 1980 - 5 AZR 426/79 - AP Nr. 34 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu I 4 der Gründe; zuletzt Urteil vom 24. Oktober 1984 - 5 AZR 346/83 -, zu B II 1 der Gründe, nicht veröffentlicht). Beide Rechtsformen, Arbeitsverhältnis und Dienstverhältnis, sind sowohl mit als auch ohne Dauerverpflichtung denkbar. Das zeigen beispielsweise die als freie Dienstverträge zu qualifizierenden Beraterverträge von Rechtsanwälten, Unternehmensberatern und Ärzten. Die aus einer dauerhaften Vertragsbeziehung hervorgehende Verpflichtung, bestimmte Dienste regelmäßig und wiederkehrend zu leisten, kann also für ein freies Mitarbeiterverhältnis ebenso typisch sein wie für ein Arbeitsverhältnis. Das Berufungsgericht konnte daher bei seiner Würdigung ohne Rechtsfehler außer Betracht lassen, daß der Kläger auf Dauer bei dem Beklagten tätig ist.

Dr. Thomas Dr. Gehring Michels-Holl

Pallas Dr. Frey

 

Fundstellen

AfP 1986, 265

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