Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung gemäß Einigungsvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einem Beschäftigten des öffentlichen Dienstes kann nach Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr 1 Abs 5 der Anlage I zum Einigungsvertrag (fortan: Absatz 5) aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn er für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR tätig war und deshalb ein Festhalten am Arbeitsverhältnis als unzumutbar erscheint. Absatz 5 regelt eigenständig und abschließend unbeschadet von § 626 BGB die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung im öffentlichen Dienst.

2. Absatz 5 schafft keinen absoluten Kündigungsgrund. Die Unzumutbarkeit muß sich aus einer Einzelfallprüfung ergeben. Vorrangiger Maßstab sind in der Vergangenheit liegende Vorgänge. Die Einzelfallprüfung gemäß Ziffer 2 des Absatzes 5 wird bei einem früheren hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit durch seine Stellung sowie die Dauer seiner Tätigkeit bestimmt.Ob das Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint, ist anhand objektiver Kriterien zu beurteilen. Dabei ist auf die vordergründige "Erscheinung" der Verwaltung mit diesem Mitarbeiter abzustellen.

3. Die auf Absatz 5 gestützte außerordentliche Kündigung ist Ausübung eines Sonderkündigungsrechts. § 626 Abs 2 BGB ist weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.

4. § 13 Abs 1 Satz 2 KSchG findet auf außerordentliche Kündigungen gemäß Absatz 5 Anwendung.

 

Normenkette

BGB § 626; KSchG §§ 4, 7; GG Art. 33 Abs. 2; EinigVtr Art. 38 Abs. 3, Art. 20 Abs. 1; KSchG § 13 Abs. 1 S. 2; EinigVtr Anlage I Kap. XIX A III Nr. 1 A

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 25.07.1991; Aktenzeichen 1 Sa 21/91)

KreisG Königs Wusterhausen (Entscheidung vom 12.03.1991; Aktenzeichen 22 Ca 114/91)

KreisG Königs Wusterhausen (Entscheidung vom 12.03.1991; Aktenzeichen Ca 85/91)

KreisG Königs Wusterhausen (Entscheidung vom 12.03.1991; Aktenzeichen Ca 86/91)

KreisG Königs Wusterhausen (Entscheidung vom 12.03.1991; Aktenzeichen Ca 83/91)

KreisG Königs Wusterhausen (Entscheidung vom 12.03.1991; Aktenzeichen Ca 84/91)

 

Tatbestand

Die Kläger waren im Ministerium für Staatssicherheit beschäftigt. In der Revision ist nur noch streitig, ob die ihnen gegenüber ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen wirksam sind.

Der am 20. Januar 1957 geborene Kläger zu 1) studierte nach Abitur und Wehrdienst ab 1978 Verarbeitungsmaschinenbau und schloß das Studium im Februar 1983 als Diplomingenieur ab. Zuvor hatte er ein Angebot des Ministeriums für Staatssicherheit zur künftigen Mitarbeit angenommen, weil eine solche Tätigkeit im Einklang zu seiner Einstellung zum damaligen Staat stand. Er trat am 1. März 1983 in die Kreisdienststelle K des Ministeriums für Staatssicherheit ein. Als Angehöriger der Arbeitsgruppe Sicherung der Volkswirtschaft hatte er die Aufgabe, Stimmungen und Meinungen in Betrieben durch Befragen inoffizieller Mitarbeiter zu erfahren und Berichte darüber zu verfassen, damit eine störungsfreie Produktion durch Ausschaltung schädlicher Faktoren gewährleistet war. Im Dezember 1989 schied er im Range eines Hauptmanns aus den Diensten des Ministeriums für Staatssicherheit aus.

Der am 28. Februar 1958 geborene Kläger zu 2) leistete nach dem Abitur den Wehrdienst als Offizier auf Zeit ab und erreichte den Dienstgrad eines Leutnants der Reserve. Er studierte bis 1984 Maschinenbau/Fachrichtung Fertigungsmeßtechnik und erreichte den Abschluß Dipl.-Ingenieur Maschinenbau. Während des Studiums wurde er zum Oberleutnant der Reserve befördert. Er trat am 1. März 1984 in das Ministerium für Staatssicherheit ein und hatte als operativer Mitarbeiter im Referat "Menschenhandel" die Aufgabe, Ausreisewillige zum Verbleib in der damaligen DDR zu bewegen. Ab 1. Januar 1987 arbeitete er in der Hauptabteilung Kader und Schulung im Disziplinarbereich und war zuständig für interne disziplinarische Vorermittlungen. Er schied im Februar 1990 im Range eines Hauptmanns aus den Diensten des Ministeriums für Staatssicherheit aus.

Der am 19. Mai 1949 geborene Kläger zu 3) war ab 1. November 1972 für das Ministerium für Staatssicherheit tätig und schied im Dezember 1989 mit dem Dienstgrad eines Oberleutnants aus. Er war beschäftigt als Nachrichtenoffizier mit Tätigkeiten aus dem Berufsfeld Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an fernmeldetechnischen Einrichtungen. Vor seiner Tätigkeit in den Diensten des Ministeriums für Staatssicherheit hatte er von 1966 bis 1968 eine Lehre als Fernmeldebaumonteur absolviert. Anschließend war er freiwillig drei Jahre bei den Grenztruppen. Dort führte er Wartungsarbeiten an feldtechnischen Geräten aus. Während seiner Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit nahm er an berufsbegleitenden Fortbildungsmaßnahmen teil.

Der am 13. Dezember 1953 geborene Kläger zu 4) absolvierte eine Lehre in der Fachrichtung Dreher mit Abitur. Während seines Wehrdienstes in der Zeit von 1973 bis 1976 erhielt er eine Ausbildung zum Facharbeiter für Nachrichtentechnik. Nach dem Wehrdienst wurde er während seiner Berufstätigkeit von Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit angesprochen. Er begann dort am 1. Februar 1977 seine Tätigkeit als operativer Mitarbeiter und nahm Aufgaben der Außensicherung für militärische Objekte wahr. Von 1983 bis Ende 1986 absolvierte er ein Hochschuldirektstudium an der Juristischen Hochschule Potsdam-Eiche und schloß als Diplom-Jurist ab. Anschließend war er in der Arbeitsgruppe Sicherung der Volkswirtschaft tätig. Er erledigte vorbeugende Sicherungsaufgaben und hielt in diesem Zusammenhang die Verantwortlichen in den Betrieben zur funktionellen Pflichterfüllung an. Nach einem Jahr leitete er eine Arbeitsgruppe. Im Dezember 1989 schied er als Hauptmann aus den Diensten des Ministeriums für Staatssicherheit aus.

Der am 22. Oktober 1946 geborene Kläger zu 5) beendete eine Lehre als Werkzeugmacher. 1966 willigte er nach Kontaktaufnahme durch Angehörige des Ministeriums für Staatssicherheit ein, seinen Wehrdienst beim dortigen Wachregiment abzuleisten. Er wurde zum Funker ausgebildet, erwarb das Großfunkzeugnis zweiter Klasse und machte die Fernschreibprüfung. Er war der Hauptverwaltung Aufklärung unterstellt und nach Ablegung seiner Prüfung zum Außenministerium delegiert. Dort arbeitete er als Funker. Er war mehrfach kurzfristig im Funkdienst bei DDR-Vertretungen im Ausland eingesetzt. Ab 1973 arbeitete er in der Funksendestelle des Ministeriums für Staatssicherheit in Z als Techniker im Sendebetrieb. In den letzten drei Jahren vor seinem Ausscheiden aus den Diensten des Ministeriums für Staatssicherheit war er als Lagerverwalter in der Materialverwaltung tätig. Im März 1990 schied er im Range eines Oberleutnants aus.

Die Kläger zu 1), 3) und 4) schlossen am 28. Dezember 1989 schriftliche Arbeitsverträge mit der damaligen Deutschen Post ab und zwar über eine Tätigkeit als Fernmeldemonteure für die Zeit ab 1. Januar 1990.

Der Kläger zu 2) wurde durch schriftlichen Arbeitsvertrag vom 22. Februar 1990 als Fernmeldemonteur ab 15. Februar 1990 bei der damaligen Deutschen Post eingestellt.

Der Kläger zu 5) wurde durch einen am 28. März 1990 mit dem "Funkamt N " vereinbarten Arbeitsvertrag ab 1. April 1990 als Betriebshandwerker und Heizer eingestellt.

In zeitlichem Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) erhielten alle Kläger ein Rundschreiben der Beklagten, in dem ihnen u.a. mitgeteilt wurde, die Deutsche Post werde ab 3. Oktober 1990 auf die Deutsche Bundespost überführt. Die Arbeitsverhältnisse der in den überführten Einrichtungen beschäftigten Arbeitnehmer bestünden vom 3. Oktober 1990 an zum Bund. Neue Arbeitsverträge würden nicht geschlossen.

Unter dem 2. Januar 1991 wurde den Klägern von der Beklagten mitgeteilt, sie seien mit Wirkung vom 1. Januar 1991 Mitarbeiter der Beklagten im Verantwortungsbereich des Fernmeldeamts Potsdam. Die bisherigen Besitzstände blieben ebenso wie die Arbeitsaufgabe zunächst unverändert, die neuen Arbeitsverträge würden zu einem späteren Zeitpunkt gefertigt. Den Klägern wurden Ende Januar 1991 neue Arbeitsverträge vorgelegt. Nur der Kläger zu 5) unterzeichnete diesen neuen Arbeitsvertrag, in dem u.a. festgehalten war, das Arbeitsverhältnis beginne am 1. Januar 1991.

Die Kläger waren am 11./12. Dezember 1990 in der Landespostdirektion Berlin zu ihrer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit angehört worden. Es wurden Verhandlungsniederschriften erstellt, die von den Klägern unterschrieben wurden. Mit Schreiben vom 15. Januar 1991 teilte die Bonner Generaldirektion der Beklagten dem Leiter der Direktion Telekom Potsdam mit, aufgrund der Ergebnisse der persönlichen Befragungen sei es erforderlich, den Klägern gemäß Einigungsvertrag zu kündigen. Mit Schreiben vom 31. Januar 1991, den Klägern am selben Tag zugegangen, sprach die Beklagte den Klägern "außerordentliche (fristlose)" Kündigungen gemäß Kapitel XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 5 Ziff. 2 der Anlage I zum Einigungsvertrag aus. Als Begründung war ausgeführt, ein Festhalten am Arbeitsvertrag erscheine unzumutbar, da die Kläger für das frühere Ministerium der Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit tätig gewesen seien.

Die Beklagte kündigte den Klägern vorsorglich ordentlich, und zwar gegenüber dem Kläger zu 3) mit Schreiben vom 28. Februar 1991, gegenüber den anderen Klägern mit Schreiben vom 27. Februar 1991. In allen Kündigungsschreiben hieß es, die ordentliche Kündigung erfolge hilfsweise vorsorglich für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung.

Die Kläger haben zunächst geltend gemacht, die fristlosen und die hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen seien unwirksam. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei hinsichtlich der außerordentlichen Kündigungen nicht eingehalten. Ihre frühere Tätigkeit sei bereits bei Begründung der Arbeitsverhältnisse bekannt gewesen. Die Frist habe daher spätestens am 3. Oktober 1990 zu laufen begonnen. Ein Kündigungsgrund bestehe nicht. Auch nach den Sonderregelungen im Einigungsvertrag müsse im Einzelfall die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung feststehen. Es sei für sie von Bedeutung, daß sie bei der Beklagten keine leitenden Positionen ausfüllten. Ihre Vergangenheit als Offiziere beim Ministerium für Staatssicherheit begründe nicht die Unzumutbarkeit. Die von ihnen erreichten Dienstränge seien nur das Ergebnis des normalen durchschnittlichen Werdegangs gewesen.

Soweit in der Revision noch erheblich, haben die Kläger

beantragt festzustellen, daß die ihnen am

31. Januar 1991 zum 31. Januar 1991 ausgesproche-

nen Kündigungen ihrer Arbeitsverhältnisse rechts-

unwirksam seien.Die Beklagte hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Sie hat vorgetragen, ihr sei die frühere Tätigkeit der Kläger bei Abschluß der Arbeitsverträge zwar bekannt gewesen. Die erforderlichen Einzelgespräche hätten allerdings erst am 11. bzw. 12. Dezember 1990 stattfinden können. Erst dabei sei festgestellt worden, daß die Kläger durch ein entsprechend starkes Engagement verhältnismäßig hohe Dienststellungen erreicht gehabt hätten. Es habe daher die Sorge bestanden, es fehle den Klägern an der notwendigen Loyalität zur Bundespost und an der Treue zum Grundgesetz. Nach den Gesprächen habe die Generaldirektion die Beschäftigungsdienststelle durch Schreiben vom 15. Januar 1991 angewiesen, die Kündigungen auszusprechen.

Das Kreisgericht hat hinsichtlich aller Kläger festgestellt, die außerordentlichen und die ordentlichen Kündigungen seien unwirksam. Es hat die Beklagte verurteilt, die Kläger weiterzubeschäftigen und "entsprechende Lohnfortzahlungen" zu erbringen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigungen richtete. Im übrigen hat es die Klagen abgewiesen (Feststellung der Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung, Weiterbeschäftigung, Lohnzahlung). Die Beklagte begehrt mit der Revision, die Klagen insgesamt abzuweisen. Die Kläger zu 1) - 4) haben beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der Kläger zu 5) war im Revisionsverfahren nicht vertreten. Die Beklagte hat insoweit beantragt, durch Versäumnisurteil zu entscheiden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil ist im Umfang der Anfechtung aufzuheben. Die Klagen sind auch insoweit abzuweisen. Hinsichtlich des Klägers zu 5) ergeht die Entscheidung durch Versäumnisurteil (§ 72 Abs. 5 Satz 1 ArbGG, §§ 557, 542 Abs. 2 ZPO).

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die außerordentlichen Kündigungen seien unwirksam. Es liege kein die Kündigungen rechtfertigender Grund vor. Bei der Regelung in Kapitel XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 5 Ziff. 2 der Anlage I zum Einigungsvertrag handele es sich um eine bloße Konkretisierung von § 626 Abs. 1 BGB. Es habe daher in jedem Einzelfall eine "normale" Zumutbarkeitsprüfung stattzufinden; ebenso gelte § 626 Abs. 2 BGB. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte sei der Beklagten ein Festhalten am Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar. Jedenfalls greife zugunsten der Kläger die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB.

Die Arbeitsverhältnisse mit den Klägern hätten jedoch durch die ordentlichen Kündigungen der Beklagten ihr Ende gefunden. Die ordentlichen Kündigungen seien berechtigt gewesen durch Gründe in der Person der Kläger i. S. von § 1 Abs. 2 KSchG. Alle Kläger seien für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit tätig gewesen. Die Beschäftigung derartiger Personen beeinträchtige auf Dauer den Ruf des öffentlichen Dienstes. Das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung solcher Arbeitsverhältnisse überwiege bei Ausspruch fristgerechter Kündigungen das Interesse der Arbeitnehmer an der Fortsetzung von Arbeitsverhältnissen.

B. Die Kläger haben keine Anschlußrevision eingelegt, so daß über die Wirksamkeit der hilfsweisen ordentlichen Kündigungen nicht zu befinden ist.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten hinsichtlich der außerordentlichen Kündigungen der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

I. Die außerordentlichen Kündigungen der Beklagten sind nicht bereits nach § 13 Abs. 1 Satz 2, §§ 4, 7 KSchG wirksam, denn die Kläger haben die angebliche Rechtsunwirksamkeit innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung durch Klage geltend gemacht.

§ 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG findet auf die ausgesprochenen Kündigungen Anwendung. Nach Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 der Anlage I zum Einigungsvertrag (fortan: Absatz 5) kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigen. Aus der Vorschrift ergibt sich nicht, daß diese außerordentliche Kündigung hinsichtlich ihrer Überprüfbarkeit durch die Gerichte für Arbeitssachen nicht den allgemeinen Regelungen unterliegen soll. § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG erfaßt nach seinem Wortlaut jede Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen Fehlens des Kündigungsgrundes. § 13 KSchG macht die Notwendigkeit einer fristgemäßen Klageerhebung nicht davon abhängig, auf welche Rechtsgrundlage die außerordentliche Kündigung gestützt ist. Mit der Fristenregelung des § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG soll eine schnelle und endgültige Klärung der Wirksamkeit nicht nur der dem allgemeinen Kündigungsschutz unterliegenden ordentlichen, sondern auch der außerordentlichen Arbeitgeberkündigung herbeigeführt werden, sofern die formellen Voraussetzungen für die Anwendung des allgemeinen Kündigungsschutzes (Wartezeit, Mindestgröße des Betriebes, § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG) erfüllt sind.

II. Die außerordentlichen Kündigungen sind wirksam. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen bei allen Klägern die Voraussetzungen nach Absatz 5 vor.

1. Nach Absatz 5 Ziff. 2 ist im Bereich des öffentlichen Dienstes ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung insbesondere dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit tätig war und deshalb ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint.

a) Absatz 5 regelt eigenständig und abschließend, unbeschadet von § 626 BGB die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung im öffentlichen Dienst.

Der Wortlaut beider Vorschriften weicht voneinander ab. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Demgegenüber gewährt Absatz 5 einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dann, wenn der Arbeitnehmer für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit tätig war und deshalb ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheint. Anders als bei § 626 Abs. 1 BGB wird in Absatz 5 ausdrücklich von einer "außerordentlichen Kündigung" gesprochen und damit in Abgrenzung zu Abs. 4 ("ordentliche Kündigung") der Regelungsgegenstand charakterisiert.

Der wichtige Grund i. S. des Absatzes 5 ist bereits erfüllt, wenn die Voraussetzungen des Konditionalsatzes gegeben sind. Dementsprechend genügt die Erfüllung der in Absatz 5 mit dem Wort "wenn" eingeleiteten Voraussetzungen zur Annahme des wichtigen Grundes. Einer Ergänzung des Absatzes 5 durch eine teilweise oder vollständige Anwendung des § 626 BGB bedarf es nicht.

Diese Notwendigkeit folgt auch nicht aus dem Wort "insbesondere". Hierdurch wird lediglich klargestellt, daß Absatz 5 eine auf § 626 BGB oder andere Normen gestützte außerordentliche Kündigung nicht ausschließt. Auch den Angehörigen des öffentlichen Dienstes der früheren DDR kann z. B. wegen einer Pflichtverletzung gemäß § 626 BGB außerordentlich gekündigt werden.

Die Eigenständigkeit der Kündigungsregelung des Absatz 5 wird durch den Einigungsvertrag selbst bestätigt, wenn es in Art. 38 Abs. 3 heißt: "Das Recht zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung dieser Arbeitsverhältnisse in den in Anlage I dieses Vertrags aufgeführten Tatbeständen bleibt unberührt". Somit sieht der Einigungsvertrag in Absatz 5 einen Kündigungstatbestand, der das Recht zur außerordentlichen Kündigung gibt.

Durch die Worte "für eine außerordentliche Kündigung" sind die dem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 5 eröffneten Handlungsmöglichkeiten abschließend und ausreichend konkret bezeichnet.

b) Aus dieser Eigenständigkeit der Kündigungsregelung des Absatzes 5 folgt zum einen,daß es keiner doppelten Unzumutbarkeitsprüfung bedarf. Die Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung bestimmen sich allein nach Absatz 5, der eine zusätzliche Interessenabwägung nach den Maßstäben des § 626 Abs. 1 BGB nicht vorsieht. Zum anderen findet § 626 Abs. 2 BGB keine Anwendung. Diese Regelung bezieht sich nach ihrer systematischen Stellung und ihrem Wortlaut nicht auf eine außerordentliche Kündigung gemäß Absatz 5. Anders als § 626 BGB stellt Absatz 5 nicht darauf ab, ob ein Festhalten am Arbeitsplatz "bis zu einem ordentlichen Kündigungstermin" zumutbar erscheint. Er bringt vielmehr zum Ausdruck, bei Beschäftigten, die die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllen, sei nicht hinzunehmen, daß sie überhaupt länger im öffentlichen Dienst verbleiben. Die Unzumutbarkeit i.S. des Absatz 5 besteht damit nicht nur zeitlich auf zwei Wochen befristet. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob der Arbeitgeber durch eine ungebührliche Verzögerung seinem eigenen Verhalten zuwiderhandelt oder ob er einen Verwirkungstatbestand gesetzt hat.

Im übrigen hat der Gesetzgeber in anderen Fällen außerordentlicher Kündigungen entweder gesondert bestimmt, daß eine Frist einzuhalten sei (vgl. z.B. § 15 Abs. 4 BBiG), oder er hat hiervon abgesehen (vgl. z.B. § 89 a HGB, § 64 SeemG).

c) Die Kündigungsvoraussetzungen im einzelnen: Gemäß Ziff. 2 des Absatzes 5 ist Kündigungsvoraussetzung eine Tätigkeit des Arbeitnehmers für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit. Die Verwendung der Präposition "für" anstelle der näherliegenden "beim" bedeutet, daß nur eine bewußte, finale Mitarbeit die Kündigung rechtfertigen kann. Bei einer hauptberuflichen Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit besteht zu einer solchen Erörterung keine Veranlassung.

Absatz 5 leitet die Unzumutbarkeit aus der früheren Tätigkeit her. Ihretwegen ("deshalb") muß ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar erscheinen. Einzelfallprüfungen sind daher unerläßlich. Da das Arbeitsverhältnis eine bestimmte Tätigkeit inhaltlich festlegt, ist bei jeder Kündigung zu prüfen, ob die frühere Tätigkeit ein Festhalten am Arbeitsverhältnis noch zu rechtfertigen vermag.

Eine Kündigung ist nach herrschender Ansicht zukunftsbezogen. Eine Störung im Arbeitsverhältnis ist nur dann kündigungsrelevant, wenn eine weitere Beschäftigung nicht in Betracht kommt (vgl. Erman/Hanau, BGB, 8. Aufl., § 626 Rz 29; MünchKomm-Schwerdtner, 2. Aufl., § 626 BGB Rz 29; U. Preis, Prinzipien des Kündigungsschutzrechts, S. 328; derselbe DB 1988, 1387, 1388; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis , 5. Aufl., Rz 611). In der Regel verwirklicht sich der Tatbestand einer außerordentlichen Kündigung dadurch, daß nach Begründung eines Arbeitsverhältnisses eine Störung auftritt, die zu einer fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses berechtigt. Diesen Regelfall erfaßt Absatz 5 nicht. Der Tatbestand dieser Norm ist bei einem früheren hauptamtlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit nur dann erfüllt, wenn der kündigungsrelevante Sachverhalt, der sich auf das bestehende Arbeitsverhältnis störend auswirkt, vor Begründung des Arbeitsverhältnisses realisiert wurde. Es wird angeknüpft an eine "frühere", vor dem jetzigen Arbeitsverhältnis liegende Tätigkeit. Dies wird noch dadurch unterstrichen, daß das Gesetz nicht von der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum ordentlichen Kündigungstermin, sondern vom "Festhalten am Arbeitsverhältnis" spricht. Die Unzumutbarkeit steht also nicht im Zusammenhang mit Störungen, die sich aus der Tätigkeit im jetzigen Arbeitsverhältnis ergeben haben, sondern mit solchen, die aus einer früheren Tätigkeit nachwirken.

Die Unzumutbarkeit darf dementsprechend nicht aus anderen Gründen als den in Ziff. 1 und Ziff. 2 des Absatzes 5 bezeichneten Tätigkeiten oder Verhaltensweisen hergeleitet werden. Da diese Tätigkeiten notwendigerweise vor dem 3. Oktober 1990 ausgeübt worden sein müssen, knüpft das Kündigungsrecht des Absatzes 5 allein an in der Vergangenheit liegende Vorgänge an. Dies wird durch weitere Abweichungen des Absatzes 5 von § 626 Abs. 1 BGB bestätigt. Während in § 626 Abs. 1 BGB vorausschauend die (befristete) "Fortsetzung" des Arbeitsverhältnisses den Beurteilungsmaßstab bildet, stellt Absatz 5 retrospektiv auf das "Festhalten" am Arbeitsverhältnis ab.

Darüber hinaus ist nach Ziff. 2 des Absatzes 5 entscheidend, ob der Arbeitnehmer bei der Staatssicherheit "tätig war". Die Vergangenheitsform erfordert Folgerungen aus einem abgeschlossenen Vorgang. Absatz 5 weist deshalb eine Nähe zu Anfechtungstatbeständen auf, die bei Beachtung der Jahresfrist (§ 124 BGB) ohne "umfassende Interessenabwägung" zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen können.

Die zutreffenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts zu Kündigungen, bei denen der Arbeitgeber die Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der DKP und die Kandidatur für diese Partei als Grund zur Kündigung aufgegriffen hatte (vgl. BAG Urteile vom 6. Juni 1984 - 7 AZR 456/82 - und 28. September 1989 - 2 AZR 317/86 - BAGE 63, 72 = AP Nr. 11 und 24 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung), können hier keine Berücksichtigung finden. Sie beziehen sich weder auf einen dem Absatz 5 ähnlichen Kündigungssachverhalt noch auf gleiche rechtliche Voraussetzungen. Es geht vorliegend nicht um die Mitgliedschaft in einer Partei, sondern um die Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit. Außerdem bestimmt Absatz 5, anders als § 626 Abs. 1 BGB, konkret den Kündigungsgrund.

Allerdings ist Absatz 5 nicht als "Muß"-Bestimmung ausgestaltet worden, so daß nicht jedem, der für das Ministerium für Staatssicherheit tätig war, zu kündigen ist. Vielmehr erfordert der Rechtsbegriff "unzumutbar" eine Einzelfallprüfung. Das individuelle Maß der Verstrickung bestimmt über die außerordentliche Auflösbarkeit des Arbeitsverhältnisses. Dieser Grad der Belastung wird bei einem hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit durch seine Stellung sowie die Dauer seiner Tätigkeit bestimmt. Berücksichtigungsfähig sind weiterhin Zeitpunkt und Grund der Aufnahme und der Beendigung dieser Tätigkeit für die Staatssicherheit. Ebensowenig wie besondere Einzelakte oder Auswüchse der Tätigkeit des Beschäftigten von Absatz 5 als Kündigungsgrund vorausgesetzt werden, besteht Grund zu der Annahme, etwaige Begünstigungen einzelner Verfolgter der Staatssicherheit fielen besonders ins Gewicht.

Die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung ist anhand objektiver Kriterien zu beurteilen. Über die Frage, ob der einzelne Mitarbeiter weiterhin einer demokratisch legitimierten und rechtsstaatlich verfaßten Verwaltung angehören darf, bestimmt der Arbeitgeber unter Beachtung der Anforderungen, die in einem Rechtsstaat an den öffentlichen Dienst gestellt werden. Es finden nur solche Tatsachen Berücksichtigung, die zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs vorlagen. Insofern kommt dem Merkmal "erscheint" besondere Bedeutung zu, denn damit hebt das Gesetz nicht auf eine intern ermittelbare Lage, sondern auf die vordergründige Erscheinung der Verwaltung mit diesem Mitarbeiter ab.

Das Kündigungsrecht gemäß Absatz 5 ist nur Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes eröffnet. Sie sollen nicht darin behindert werden, dauerhaftes Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu schaffen. Folglich wird in der Regel mit der Bedeutung der früheren Tätigkeit und der Stellung des Beschäftigten beim Ministerium für Staatssicherheit die Notwendigkeit einer außerordentlichen Kündigung korrespondieren. Je höher die Stellung oder je größer das Maß der Verstrickung, desto unwahrscheinlicher ist die Annahme, dieser Beschäftigte sei als Angehöriger des öffentlichen Dienstes der Bevölkerung noch zumutbar. Diese äußere Betrachtungsweise, die durch den Rechtsbegriff "erscheint" gefordert ist, hindert die Berücksichtigung von Entlastungstatsachen, sofern sich diese nicht in gleicher Weise wie die frühere belastende Tätigkeit manifestiert haben. Nur unter dieser Voraussetzung sind sie geeignet, das Erscheinungsbild der Vorbelastung zu erschüttern und der Feststellung der Unzumutbarkeit entgegenzuwirken.

d) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des Absatz 5 in der vorstehenden Auslegung bestehen nicht. Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG bestimmt sich der Zugang zum öffentlichen

Dienst neben der Befähigung und fachlichen Leistung nach der Eignung des Bürgers. Diesem verfassungsrechtlichen Gebot mag die Gesamtregelung des Kapitel XIX genügen, wenn darin die Übernahme der in nicht abzuwickelnden Einrichtungen beschäftigten Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes der DDR ohne individuelle Beurteilung ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vorgesehen ist, während möglicherweise besser geeignete und befähigte, aber in der DDR benachteiligte Bürger weiterhin außerhalb des öffentlichen Dienstes verbleiben müssen, weil dieser völlig überbesetzte Bereich personell verkleinert werden muß. Von gleichen Zugangsvoraussetzungen der Gruppen der in der Vergangenheit linientreu politisch aktiven Bürger der DDR einerseits und der (zumindest) passiven Bürger andererseits kann somit nicht die Rede sein (vgl. Jesse, ZTR 1992, 91, 94). Die Kündigungstatbestände der Absätze 4 und 5 sind insofern nur Ausdruck eines verfassungsrechtlich gebotenen Korrektivs. Daß eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit die Eignung des Mitarbeiters i. S. von Art. 33 Abs. 2 GG beeinflußt, dürfte dabei nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen sein. Dementsprechend folgt die gewonnene Auslegung des Absatz 5 dem verfassungsrechtlichen Gebot eines nach dem Leistungsprinzip gebildeten öffentlichen Dienstes und wirkt einer Perpetuierung politisch-ideologisch begründeter Strukturen entgegen.

III. Unter Anwendung dieser Grundsätze sind alle fristlosen außerordentlichen Kündigungen berechtigt.

Die abwägenden Überlegungen, die das Landesarbeitsgericht bei Prüfung der ordentlichen Kündigung angestellt hat, rechtfertigen die außerordentliche Kündigung der Beklagten. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, der öffentliche Dienst und damit die Beklagte als Teil des öffentlichen Dienstes habe ein anerkennenswertes schützenswertes Interesse daran, eine Dauerbeschäftigung ehemaliger Angehöriger des Ministeriums für Staatssicherheit zu verhindern. Die Besonderheiten des öffentlichen Dienstes und das ihm zu Recht entgegengebrachte Vertrauen erlaubten es, einen von der Allgemeinheit nicht akzeptierten Personenkreis von Dauerarbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst auszuschließen, weil dadurch das erforderliche Vertrauen der Allgemeinheit in dem öffentlichen Dienst zerstört würde.

Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wobei allerdings in jedem Einzelfall eine entsprechende Abwägung im Sinne der Überlegungen des Landesarbeitsgerichts zu erfolgen hat. Die Einzelabwägung in jedem Fall ergibt, daß die hier betroffenen Kläger ungeeignet sind, im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland tätig zu sein.

Alle Kläger üben ihre jetzige Tätigkeit in einem Bereich aus, in dem sie früher als Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit an der Verletzung des Fernmeldegeheimnisses mitgewirkt haben. Hierbei ist es unerheblich, auf welcher Ebene der Werteskala des öffentlichen Dienstes sowie der tariflichen Wertigkeit diese Funktion ausgeübt wurde.

Der Kläger zu 1) war seit 1983 hauptamtlich für das Ministerium für Staatssicherheit tätig und schied im Range eines Offiziers (Hauptmann) aus. Soweit er die Aufgabe hatte, Stimmungen und Meinungen in Betrieben durch Befragung inoffizieller Mitarbeiter zu erfahren und Berichte darüber zu verfassen, damit eine störungsfreie Produktion durch Ausschaltung schädlicher Faktoren gewährleistet war, hat er in rechtsstaatswidriger Weise zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit beigetragen.

Der Kläger zu 2) war seit 1984 beim Ministerium für Staatssicherheit hauptamtlich tätig und schied ebenfalls als Offizier (Hauptmann) aus. Soweit er als operativer Mitarbeiter die Aufgabe hatte, Ausreisewillige zum Verbleiben in der DDR zu bewegen, hat er sich aktiv daran beteiligt, dem betroffenen Personenkreis die Rechte vorzuenthalten, die in einem Rechtsstaat gewährleistet sein müssen.

Der Kläger zu 3) war bereits seit 1972 für das Ministerium für Staatssicherheit tätig und schied als Offizier (Oberleutnant) aus. Seine menschenverachtende und rechtsstaatswidrige Einstellung kommt dadurch zum Ausdruck, daß er sich freiwillig drei Jahre bei den Grenztruppen verpflichtete, wobei es dahingestellt bleiben kann, welche Pflichten er im einzelnen dort verrichtete.

Der Kläger zu 4) war seit 1977 operativer Mitarbeiter beim Ministerium für Staatssicherheit und schied ebenfalls als Offizier (Hauptmann) aus. Seine besondere Verbundenheit mit dem System kommt darin zum Ausdruck, daß ihm ein Studium an der Juristischen Hochschule Potsdam-Eiche ermöglicht wurde. Nach der Aufgabenbeschreibung hatte er in verantwortungsvoller Position "vorbeugende Sicherungsaufgaben zu erledigen" und damit dafür zu sorgen, daß das rechtsstaatswidrige System "störungsfrei" funktionieren konnte.

Der Kläger zu 5) arbeitete seit 1966 beim Ministerium für Staatssicherheit und schied wie die anderen Kläger, als Offizier (Oberleutnant) aus. Die Tatsache, daß er bei Vertretungen der DDR im Ausland eingesetzt war, zeigt, daß er als uneingeschränkt loyal galt und sich mit dem System völlig identifizierte.

IV. Der Wirksamkeit der Kündigungen steht nicht entgegen, daß den Klägern im Januar 1991 zunächst mitgeteilt wurde, sie seien Mitarbeiter der Beklagten im Bereich des Fernmeldeamts Potsdam, und daß ihnen sodann Ende Januar 1991 neue Arbeitsverträge vorgelegt wurden. Diese Maßnahme stand in keiner Beziehung zu dem daneben laufenden Überprüfungsverfahren, sondern diente der Vereinheitlichung der Arbeitsverträge. Die Beklagte hat weder durch den Versuch, die Arbeitsverträge formell zu vereinheitlichen, noch durch die spätere außerordentliche Kündigung einem eigenen Verhalten zuwidergehandelt, noch konnten die Kläger annehmen, aus dem Angebot dieser Verträge ergebe sich der Abschluß der durchgeführten Überprüfung.

Rechtsbehelfsbelehrung

Soweit die Entscheidung als Versäumnisurteil ergangen ist, steht dem Kläger zu 5) der Einspruch zu (§ 338 ZPO). Der Einspruch muß durch Einreichung einer Einspruchsschrift beim Bundesarbeitsgericht, Graf-Bernadotte-Platz 3, 3500 Kassel, von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden (§ 340 ZPO, § 11 Abs. 2 ArbGG). Die Einspruchsschrift muß die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird, sowie die Erklärung, daß gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde, enthalten. Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen. Sie beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils (§ 339 Abs. 1 ZPO).

Michels-Holl Dr. Ascheid Dr. Müller-Glöge

Dr. Pühler Hennecke

 

Fundstellen

Haufe-Index 441634

BAGE 70, 309-322 (LT1-4)

BAGE, 309

BB 1992, 1284

DB 1993, 175-176 (LT1-4)

EBE/BAG 1993, 11-15 (LT1-4)

BetrVG, (3) (LT1-4)

NZA 1993, 362

ZAP, RNB-Nr 14/93 (S)

AP, Nr 4 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap XIX (LT1-4)

AuA 1993, 222

EzA, (LT1-4)

EzBAT § 54 BAT Einigungsvertrag, Nr 1 (LT1-4)

LKV 1993, 240 (L)

ZfPR 1992, 151-152 (L)

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